11654/AB XXIV. GP

Eingelangt am 09.08.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 11950/J des Abgeordneten Ing. Hofer und weiterer Abgeordneter betreffend unbezahlte Praktikanten für den Verein „SOS Mitmensch“ wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

 

Die von Ihnen genannte Annonce war meinem Ressort bislang nicht bekannt.

 

Es stimmt leider, dass der Rechtsstatus von PraktikantInnen in der Praxis oft unklar ist. Grundsätzlich kann ein Praktikum als Arbeitsverhältnis, freies Dienstverhältnis oder als Ausbildungsverhältnis ausgestaltet sein. Welches Vertragsverhältnis konkret vorliegt, ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen. Ausschlaggebend dafür ist nicht die Bezeichnung des Vertrages oder die schriftliche Gestaltung der Vertragsvereinbarungen, sondern die tatsächliche Ausgestaltung des Praktikums.

 

Sofern es sich bei der im Rahmen des Praktikums beim Verein SOS Mitmensch ausgeübten Beschäftigung um ein Arbeitsverhältnis handelt, stehen dem Praktikanten/der Praktikantin selbstverständlich alle arbeitsrechtlichen Ansprüche zu. Liegt hingegen ein echtes Praktikum im Sinne eines bloßen Ausbildungsverhältnisses vor, ist Arbeitsrecht grundsätzlich nicht anzuwenden.

 

Aus der Annonce selbst kann nicht der Schluss gezogen werden, dass damit die Umgehung von Arbeitsrecht intendiert ist und es sich in Wahrheit um Arbeitsverhältnisse handelt.


Zu Frage 3:

Wie aus meiner früheren Beantwortung zur Anfrage Nr. 10332/J „Subventionen an den Verein SOS-Mitmensch“ vom Februar dieses Jahres ersichtlich ist, wurden von meinem Ressort in den Vorjahren keine Förderungen an den Verein SOS-Mitmensch vergeben, sondern lediglich Inserate im MO-Magazin geschaltet. Bei Informationskampagnen, die inhaltlich auf den Rezipientenkreis der Medien des Vereins SOS-Mitmensch abzielen, können Informationsschaltungen auch künftig nicht a priori ausgeschlossen werden.

Die angesprochene Annonce gibt – wie aus meiner Beantwortung zu den Fragen 1 und 2 hervorgeht – allein noch keinen hinreichenden Grund, Konsequenzen in Bezug auf Förderungen für die Zukunft zu ziehen.

Das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz prüft im Rahmen der Vergabe von Förderungen grundsätzlich sämtliche Anträge auf die Einhaltung der Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundesmitteln sowie auf die Einhaltung der arbeits- und sozialrechtlichen Bestim-mungen (bezogen auf das jeweilige Projekt).

 

Zu Frage 4:

 

Die von meinem Ressort in Auftrag gegebene Studie zum Thema „Praktika und PraktikantInnen in Österreich – Empirische Analyse von Praktika sowie der Situation der PraktikantInnen“ (Endbericht: Juni 2010) zeigte, dass Pflichtpraktika, die im Rahmen einer Schul- oder Berufsausbildung absolviert werden, meist gut geregelt sind, sowohl hinsichtlich der Lerninhalte wie auch der sozial- und arbeitsrechtlichen Absicherung, während dies für Praktika, die nach einem Hochschulstudium gemacht werden, weniger zutrifft. Hier werden junge Menschen oft unter Umgehung regulärer Beschäftigungsverhältnisse eingesetzt, sind sozialrechtlich nicht abgesichert und werden in der Hoffnung, doch in ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden, „ausgenutzt“.

 

Festzuhalten ist jedoch, dass das in Österreich derzeit kein Massenphänomen ist und Praktika für Jungakademiker/innen nur eine von mehreren Varianten eines atypischen bzw. potentiell prekären Arbeitsmarkteinstieges sind. Besonders betroffen sind Branchen wie Kunst, Kultur, Gesundheits- und Sozialwesen, Forschungs- und Medienbereich, NGOs, Architektur oder in kleinbetrieblichen Strukturen.

 

Zur Lösung dieser Problemlage wird von verschiedenen Seiten die Schaffung eines eigenen Gesetzes gefordert. Bei der Schaffung einer gesetzlichen Regelung sind jedoch mögliche Gefahren wie das Ausweichen auf Werkverträge und Freiwilligenarbeit, das Absenken bisheriger Standards auf das Mindestniveau, die Reduktion des Praktika-Angebots sowie das Risiko der Erhöhung der Arbeitslosigkeit bei Jungakademiker/inne/n zu berücksichtigen. Auch aus dem gehäuften Auftreten problembehafteter Praktika bei einer begrenzten Anzahl von Branchen ergibt sich ein Einwand gegen eine rechtliche Neugestaltung des Praktikumsbereichs. Das grundlegende Problem der Rechtsdurchsetzung und mangelnden Information wird mit einer solchen gesetzlichen Regelung nicht gelöst.

 

Um das Problem zu entschärfen, sind eine Verbesserung der Information und Rechtsdurchsetzung, das Einbeziehen der (Fach)Schulen bzw. Hochschulen (Stichworte zur Etablierung 3-seitiger Verträge, Kontrolle der Erfüllung des Ausbildungszweckes), das Publizieren von Best-Practice-Beispielen oder die Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes erforderlich. Mein Ressort ist derzeit bemüht, einige der Vorschläge aufzugreifen, mit den relevanten Interessengruppen zu diskutieren und gegebenenfalls umzusetzen. Auch liegt es in der Verantwortung der Kollektivvertragspartner, Regelungen für Praktika in Kollektivverträgen vorzusehen.