11727/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.08.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0165-I/A/15/2012

Wien, am 13. August 2012

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 11977/J der Abgeordneten Hermann Schultes und Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Den nachstehenden Ausführungen zu den einzelnen Fragen ist folgende grundsätzliche Information voranzustellen:

 

Die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) hinsichtlich der Bienengesundheit ist festgehalten im Bienenseuchengesetz, BGBl. Nr. 290/1988 idgF.

Folgende Bienenkrankheiten unterliegen gemäß dem Bienenseuchengesetz einer Anzeigepflicht:

 

·        Amerikanische Faulbrut

·        Aethina Tumida (kleiner Bienenstockkäfer)


·        hochgradiger Befall mit der Varroa Milbe (Varroose)

·        Befall mit  Milben der Gattung Tropilaelaps (Tropilaelapsose)

 

Zudem ist jeder Verlust von mehr als 30 Prozent des Bestandes bei der zuständigen Behörde anzuzeigen, um entsprechende Untersuchungen in die Wege zu leiten, die ein Vorliegen einer der genannten anzeigepflichtigen Krankheiten bestätigen oder ausschließen. Für Bienenverluste auf Grund von anderen Krankheiten bzw. Ursachen besteht keine gesetzliche Grundlage und somit keine Zuständigkeit meines Ressorts.

 

Die Bienenhalter/innen unterliegen keiner gesetzlichen Erfassungspflicht. Erst beim Auftreten einer der oben genannten Krankheiten ist der Bestand vom Amtstierarzt/von der Amtstierärztin in die amtliche Datenbank (Verbrauchergesundheitsinformationssystem - VIS) aufzunehmen. Mit Ausnahme der Bienenhalter/innen, welche die Haltung freiwillig der Behörde melden, sowie jener Halter/innen, bei denen die Meldung im Rahmen des jährlichen Mehrflächenantrages erfolgt, gibt es somit keine Daten über die Anzahl und Lokalisation der Bienenhaltungen. Bienenhalter/innen, welche um Förderungen ansuchen, werden von der Landwirtschaftskammer erfasst, das BMG hat in diese Listen keine Einsicht.

 

Im Jahr 2011 wurden meinem Ministerium insgesamt 116 Fälle der Amerikanischen Faulbrut und 3 Fälle von Varroose gemeldet. Ein Befall mit Tropilaelaps-Milben sowie dem kleinen Bienenstockkäfer wurde in Österreich bisher noch nie verzeichnet.

 

Diese geringen Zahlen legen nahe, dass das kolportierte massive Bienensterben in Österreich in keinem direkten Zusammenhang mit den in die Zuständigkeit des BMG fallenden anzeigepflichtigen Bienenkrankheiten steht.

 

Eine im Frühjahr 2012 stattgefundene Kontrollmission des Food and Veterinary Office (FVO) der EU bescheinigt Österreich eine korrekte und vollständige Umsetzung der EU-Vorgaben hinsichtlich der Erfassung und Bekämpfung anzeigepflichtiger Bienenkrankheiten.

 

Dennoch ist die Relevanz der Bienengesundheit meinem Ressort bewusst und wurde eine Arbeitsgruppe zur Bienengesundheit gegründet, welche sich aus Teilnehmer/inne/n des BMG, des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW), der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES), der veterinärmedizinischen Universität Wien (VMU), der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU), des Imkereidachverbandes „Biene Österreich“, der Wirtschaftskammer Österreich sowie Amtstierärzt/inn/en zusammensetzt.

 

Wenngleich zahlreiche Studien darauf hinweisen, dass ein direkter Zusammenhang zwischen hoher Bienensterblichkeit und der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln besteht und dieser Zusammenhang insbesondere bei „unpassender“ Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (Wirkstoff, Menge, Anwendungshäufigkeit und Zeitpunkt) als gesichert erachtet wird, können Erkrankungen von Bienen - unabhängig von deren Anzeigepflicht - die Sterblichkeitsrate als relevanter Sekundärfaktor beeinflussen, weshalb mein Ressort hier eine Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden und den betroffenen Stakeholdern initiiert hat. Ähnliche Initiativen seitens des für Pestizidzulassungen und -anwendungen zuständigen BMLFUW sind bis dato nicht bekannt, obwohl auch das Food and Veterinary Office sowie Expert/inn/en der EU-Gremien auf die Notwendigkeit derartiger Kooperationen eindringlich hingewiesen haben.

 

Frage 1:

Basis eines effektiven flächendeckenden Überwachungsprogrammes und Grundvoraussetzung für eine allfällige Kofinanzierung durch die EU ist die lückenlose Erfassung aller Bienenhalter/innen (auch Hobbyhaltungen). Hierfür wäre eine neue gesetzliche Grundlage zu schaffen; zu einem vom BMG gestellten Vorschlag konnte bisher jedoch kein Konsens in der erwähnten Arbeitsgruppe erzielt werden. Somit war und ist eine wesentliche Voraussetzung für eine Teilnahme an dem kofinanzierten Pilotprojekt nicht gegeben.

 

Seitens meines Ministeriums wurde somit aus veterinärfachlichen (siehe Auflistung der anzeigepflichtigen Krankheiten - ein Großteil der im Projekt behandelten Bienenkrankheiten ist in Österreich nicht anzeigepflichtig beziehungsweise nicht präsent) als auch wegen (noch) nicht ausreichender Kooperationsbereitschaft der Stakeholder und der anderen Behörden von einer Teilnahme abgesehen.

 

Frage 2:

Die angegebene Summe von 3,3 Mio. € wurde als Gesamtbudget für alle teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten in Aussicht gestellt, nicht pro Mitgliedstaat. Kosten für die dafür erforderliche Etablierung einer Datenbank werden nicht mitfinanziert. Neben den Kosten für die Erfassung der Bienenhalter/innen wären mindestens 30 Prozent der entstehenden Gesamtkosten von Österreich zu tragen gewesen. Der Kompetenzbereich des BMG umfasst nur Teilbereiche des Pilotprojektes (anzeigepflichtige Bienenkrankheiten), die Finanzierung der erwachsenden Kosten kann daher nicht aus dem Budget meines Ressorts getragen werden. Die entsprechenden anderen (teil)zuständigen Stellen waren von der Möglichkeit der Teilnahme informiert. In meinem Ministerium sind aber keine Anträge oder Willensbekundungen von anderen (teil)zuständigen Stellen eingegangen, die eine - auch finanzielle - Kooperation in Aussicht gestellt hätten. Auch das war ein Grund dafür, dass von einer Teilnahme abgesehen wurde.

 

Fragen 3 und 4:

Ich trete diesen Vorwürfen entschieden entgegen und verweise grundsätzlich auf meine einleitenden Ausführungen sowie die Beantwortung der Fragen 1 und 2.

 

Die folgenden Tabelle zeigt keine signifikanten Änderungen bei den Meldungen anzeigepflichtiger Bienenkrankheiten. Ein monofaktorieller Zusammenhang von gemäß Bienenseuchengesetz anzeigepflichtigen Krankheiten mit dem Bienensterben wird - auch in Fachkreisen - ausgeschlossen.

 

 

2007

2008

2009

2010

2011

Amerikanische Faulbrut

120

169

122

148

116

Varroose

0

0

1

1

3

Kl. Bienenstockkäfer

0

0

0

0

0

Tropilaelapsose

0

0

0

0

0

 

Sowohl in nationalen (AGES Projekt „Melissa“ im Auftrag des BMLFUW) als auch in internationalen Studien wird hingegen ein statistischer Zusammenhang zwischen erhöhtem Bienensterben und der Verwendung von Pestiziden beschrieben. Fragen die Qualität dieser Studie betreffend und inwieweit die Ergebnisse als fundiert zu bezeichnen sind, wären an den Auftraggeber (BMLFUW) zu richten.

 

Fragen 5 und 6:

Ich verweise auf meine Ausführungen zu den Fragen 3 und 4.

Fachleute und Studien sind sich trotz komplizierter Sachlage weitgehend einig, dass die in der letzten Zeit nicht nur in Österreich bemerkbaren hohen Bienenverluste auf multifaktorielle Gründe zurückzuführen sind, eine Korrelation mit dem Einsatz von Pestiziden gilt international als gesichert. Das Food and Veterinary Office der EU sowie Expert/inn/en der EU-Gremien erachten eine gemeinsame Behandlung dieser Thematik als essentiell. Ich bin daher meiner Verantwortung nachgekommen und habe durch die Gründung der Arbeitsgruppe Bienengesundheit einen ersten Schritt zur gemeinsamen Behandlung dieses Themas unternommen.

 

Frage 7:

Fragen über die Anwendung von Pestiziden wären an das BMLFUW zu richten. Inwieweit es Regionen gibt, in welchen keinerlei Pestizide angewendet werden, beziehungsweise welche nicht indirekt durch Anwendungen in angrenzenden Gebieten betroffen sind, ist meinem Ressort nicht bekannt.

 

Fragen 8 und 9:

Die Varroa-Milbe wird bereits seit Ende der 1970er Jahre in Europa häufig nachgewiesen. Die Imker/innen sind sich dieser latenten Bedrohung bewusst und unternehmen große Anstrengungen bei der Bekämpfung dieses Bienenschädlings. Als effektivste Maßnahme, um der Ausbreitung der Varroa-Milbe vorzubeugen,

empfehlen Expert/inn/en prophylaktische Behandlungen der Bienenvölker (Bienenbrut). Diese sind im Rahmen eines „guten Betriebsmanagements“ („Gute Imker Praxis“) durchzuführen, um Schäden zu minimieren und anzeigepflichtigen Verlusten von mehr als 30 Prozent vorzubeugen. Das BMG unterstützt und organisiert dahingehende Schulungen von Amtstierärzt/inn/en.

 

Ein hochgradiger Befall mit der Varroa-Milbe ist gemäß Bienenseuchengesetz dem Amtstierarzt/der Amtstierärztin anzuzeigen. In diesen Fällen erfolgen Bekämpfungsmaßnahmen durch die lokalen Veterinärbehörden, wobei mein Ressort den Amtstierärzt/inn/en im Bedarfsfall Sachverständige der Bienenzucht zur Seite stellt und finanziert. Das als in Kombination pathogen beschriebene „Dark Wing Virus“ (DWV) unterliegt keiner Anzeigepflicht und damit verbundenen hoheitlichen Bekämpfungsmaßnahmen.

 

Frage 10:

Nosema Ceranae unterliegt keiner Anzeigepflicht nach dem Bienenseuchengesetz, meinem Ministerium sind keine dahingehenden Informationen und Daten verfügbar. Grundlagenforschung zu einzelnen Krankheiten liegt nicht im Aufgabengebiet des BMG.

 

Frage 11:

Nein, ich verweise auf die Ausführungen in der Einleitung und die Beantwortung der Fragen 1 und 2.

 

Frage 12:

Bei allen angezeigten Verlusten erfolgte eine Abklärung gemäß Bienenseuchengesetz und den darin vorgesehenen Maßnahmen. Im Übrigen verweise ich auf die Ausführungen in der Einleitung und die Beantwortung zu den Fragen 3 und 4.

 

Frage 13:

Ich darf grundsätzlich auf meine einleitenden Ausführungen und die Beantwortung der Fragen 3 und 4 verweisen.

Bei allen angezeigten Verlusten haben eine Abklärung gemäß Bienenseuchengesetz und die darin vorgesehenen Maßnahmen zu erfolgen. Die initiierte Zusammenarbeit im Rahmen der Arbeitsgruppe wird forciert, meine Mitarbeiter/innen und ich stehen der Kooperation mit betroffenen Stakeholdern und Behörden offen gegenüber. Sollten aufgrund massiver wirtschaftlicher Verluste Expert/inn/en die Ausdehnung der Anzeigepflicht auf andere als die derzeit erfassten Bienenkrankheiten empfehlen, wäre auch eine Änderung des Bienenseuchengesetzes denkbar. Dies kann - nicht zuletzt aus budgetären Gründen - jedoch nur in jenen Fällen unterstützt werden, in welchen ein direkter Zusammenhang der zu inkludierenden Krankheit mit Tierverlusten zweifelsfrei belegt ist.