11878/AB XXIV. GP
Eingelangt am 22.08.2012
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12295/J des Abgeordneten Walter Schopf und weiterer Abgeordneter wie folgt:
Zur Frage 1:
Laut Auskunft der Statistik Austria (Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung) ist die Zahl der geleisteten Mehr- und Überstunden im Jahr 2011 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 4,1% gesunken, betrug aber insgesamt immer noch mehr als 303 Millionen.
Davon wurden 217,8 Millionen Stunden von Männern geleistet und 85,3 Millionen von Frauen. Bei den Männern bedeutet dies eine Reduktion um 0,6%, bei den Frauen um 3,5% im Vergleich zu 2010.
Zur Frage 2:
Derzeit liegen laut Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria nur die Zahlen für das 1.Quartal 2012 vor. Demnach betrug die Zahl der geleisteten Mehr- und Überstunden in dieser Zeit 76,2 Millionen Stunden (Männer 56 Mio., Frauen 20,2 Mio.).
Das bedeutet gegenüber dem 4. Quartal 2011 (Vorquartal) einen Rückgang von 2,7% (Männer -0,8%, Frauen -1,7%) und gegenüber dem 1. Quartal 2011 (Vorjahresquartal) einen Rückgang von insgesamt 1,2%, wobei dies bei Männern sogar eine Steigerung um 0,6% bedeutet, beiden Frauen dagegen eine Reduktion um 1,8%.
Zur Frage 3:
Da seitens der Statistik Austria keine Unterscheidung zwischen Geld- und Zeitzuschlägen getroffen wird, kann diese Frage nicht beantwortet werden.
Zur Frage 4:
Laut Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria wurden im Jahr 2011 66,9 Millionen Mehr- bzw. Überstunden nicht bezahlt, das heißt, es wurde weder ein Geldzuschlag ausbezahlt, noch ein Zeitausgleich gewährt, das entspricht 22% der geleisteten Mehrarbeit.
Dazu ist allerdings anzumerken, dass der Anteil der unbezahlten Mehrarbeit in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken ist und etwa im Jahr 2004 noch 37,6% und im Jahr 2008 immerhin noch 29,3% betragen hat.
Zu berücksichtigen ist dabei allerdings auch, dass die Mehrarbeit von Teilzeitbeschäftigten bis zum Jahr 2007 nicht automatisch zuschlagspflichtig war und erst seit dem Jahr 2008 ein gesetzlicher Mehrarbeitszuschlag von 25% gebührt.
Zur Frage 5:
Die Nichtbezahlung von Überstunden/Mehrarbeit bzw. die Nichtgewährung von Freizeitausgleich stehen nicht unter Strafsanktion, die Arbeitnehmer/innen müssen diese Forderungen beim Arbeitsgericht geltend machen.
Bei Überschreitung der Arbeitszeitgrenzen durch ungesetzliche Überstunden sind – je nach Ausmaß der Überschreitung – im Arbeitszeitgesetz Verwaltungsstrafen von 72 € bis 3600 € vorgesehen.
Zur Frage 6:
In den letzten drei Jahren wurden folgende Beanstandungen betreffend
Arbeitszeitaufzeichnungen ausgesprochen:
2009 1 513
2010 1 431
2011 1 231 mangelhaft geführte, 2 144 fehlende
Arbeitszeitaufzeichnungen
Im Jahr 2011 wurde auf Grund einer Schwerpunktaktion bei den Kontrollen zwischen nicht geführten bzw. mangelhaft geführten Arbeitszeitaufzeichnungen unterschieden. Falsche (im Sinne von gefälschte) Arbeitszeitaufzeichnungen können nur sehr schwer und meist nicht ohne Zeugenaussage von Arbeitnehmer/innen nachgewiesen werden, wobei dies wegen der negativen Auswirkungen auf deren Arbeitsverhältnis von den Arbeitsinspektoraten möglichst vermieden wird. Bei bisher erfolgte Anzeigen der Arbeitsinspektorate an die Staatsanwaltschaft wegen Fälschung von Beweismitteln wurden die Verfahren eingestellt.
Zur Frage 7:
Im Jahr 2011 führten die Arbeitsinspektorate eine besondere Schwerpunktaktion im Bereich Arbeitszeit durch, wobei bei jeder Kontrolle auch eine Kontrolle der Arbeitszeit stattfand (Ausnahmen bestanden z.B. bei Unfallerhebungen).
Die Nichtführung bzw. mangelhafte Führung von Arbeitszeitaufzeichnungen unterliegt einer eigenen Strafbestimmung. Es kann auch eine Strafe pro Arbeitnehmer/in beantragt werden, wenn durch das Fehlen der Aufzeichnungen die Feststellung der tatsächlich geleisteten Arbeitszeit unmöglich oder unzumutbar wird.
Zu den Fragen 8 und 9:
Auch diese Fragen können nicht beantwortet werden, da die Daten weder von der Statistik Austria noch von der Arbeitsinspektion erhoben werden.
Zur Frage 10:
Das ist richtig. Während im Jahr 2011 bei den Männern nur 19,65% der Mehr- bzw. Überstunden nicht bezahlt wurden, betrug dieser Anteil bei den Frauen 28,25%. Wie aber schon zu Frage 4 erwähnt, ist die Zahl der nicht bezahlten Überstunden in den letzten Jahren gesunken und dies bei den Frauen sogar in höherem Ausmaß als bei den Männern. So ist der Anteil der unbezahlten Überstunden bei den Männern von 33,8% im Jahr 2004 auf 25,3% im Jahr 2008 und zuletzt 19,65% zurückgegangen, bei den Frauen hingegen von 47,25% im Jahr 2004 auf 40,9% im Jahr 2008 auf nunmehr 28,25%.
Die Differenz zwischen Männern und Frauen konnte daher von 14,6% im Jahr 2004 auf 9% im Jahr 2011 reduziert werden. Dies ist unter anderem auf die erwähnte Einführung des Mehrarbeitszuschlags für Teilzeitbeschäftigte im Jahr 2007 zurückzuführen, der aufgrund der hohen Teilzeitquote überwiegend den Frauen zugutekommt.
Zur Bekämpfung der bestehenden Einkommensschere zwischen Frauen und Männern wurde weiters in Umsetzung des Nationalen Aktionsplans für Gleichstellung im Rahmen einer Novelle zum Gleichbehandlungsgesetz, die Verpflichtung für Unternehmen zur Legung eines Einkommensberichtes aufgenommen. Unternehmen einer bestimmten Größe müssen alle zwei Jahre – erstmals 2011 für das Jahr 2010 – einen Einkommensbericht (anonymisierte Darstellung der Entgelte von Frauen und Männern) erstellen; im Endausbau erfasst diese Pflicht über 40 % aller Arbeitnehmer/innen. In den Einkommensberichten muss angegeben werden, wie viele Frauen und Männer in einer kollektivvertraglichen Verwendungsgruppe eingestuft sind sowie das arbeitszeitbereinigte Durchschnittseinkommen für Frauen und Männer in der jeweiligen Gruppe.
Darüber hinaus sind in Stellenausschreibungen das mit der ausgeschriebenen Stelle verbundene Mindestentgelt und die Bereitschaft zur Überzahlung anzugeben. Diese Maßnahmen stellen einen wichtigen Schritt auf dem Weg, die teilweise massiven Einkommensunterschiede zwischen Frauen und Männern abzubauen, dar.
Frage 11:
Die arbeitsvertragsrechtlichen Details der „All-in-Verträge“ sind von der Arbeitsinspektion nicht zu überprüfen. Für Arbeitnehmer/innen, die nicht unter die Ausnahmebestimmung des AZG für leitende Angestellte fallen, müssen Arbeitszeitaufzeichnungen geführt werden, es gelten die im AZG festgelegten Arbeitszeitgrenzen und deren Einhaltung wird von der Arbeitsinspektion auch bei „All-in-Verträgen“ kontrolliert.
Es ist richtig, dass „All-in-Verträge“ früher nur mit leitenden Angestellten abgeschlossen wurden, die aufgrund der Übertragung maßgeblicher Führungsaufgaben ohnehin nicht unter das Arbeitszeitgesetz fallen und dass sich dieser Personenkreis jedoch in den letzten Jahren rasch und deutlich vergrößert hat, da solche Verträge zunehmend auch mit Arbeitnehmer/innen abgeschlossen werden, die keine Leitungsfunktionen innehaben.
Es ist nicht zu bestreiten, dass diese Entwicklung Probleme mit sich bringt, insbesondere dann, wenn solche Verträge mit dem vornehmlichen Ziel einer Verschleierung der tatsächlichen Arbeitszeiten abgeschlossen werden und damit die Kontrolle der Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes erschweren. Gleichzeitig ist aber auch festzuhalten, dass All-in-Verträge nicht zwangsläufig für die Arbeitnehmer/innen nachteilig sein müssen, insbesondere für jene Gruppe an Arbeitnehmer/innen, die zwar keine leitenden Angestellten sind und daher unter das AZG fallen, aber Leitungsfunktionen innehaben. Ein generelles Verbot halte ich daher für wenig zielführend.
Vielmehr muss es aus meiner Sicht darum gehen zu einem gesetzeskonformen und sachgerechten Einsatz dieser besonderen Entlohnungsform zu kommen. Diesbezügliche Überlegungen werden zu gegebenem Zeitpunkt auch mit den Sozialpartnern zu besprechen sein.
Frage 12:
Da von den Arbeitsinspektoraten die Einhaltung der Höchstgrenzen der Arbeitszeit, nämlich Tagesarbeitszeiten bis zu 10 Stunden und Wochenarbeitszeiten bis zu 50 bzw. 48 Stunden zu kontrollieren ist und bei Vorliegen eines „erhöhten Arbeitsbedarfs“ bis zu diesen Grenzen gearbeitet werden darf, wird das Vorliegen der genannten Voraussetzung von den Arbeitsinspektoraten nicht überprüft.
Überstunden über die im AZG festgelegten Arbeitszeitgrenzen hinaus werden entsprechend der im Arbeitsinspektionsgesetz festgelegten Vorgangsweise zunächst beanstandet bzw. bei neuerlicher Feststellung bei der Verwaltungsstrafbehörde angezeigt. Eine Anzeige ist auch sofort möglich, wenn es sich um Arbeitszeitüberschreitungen größeren Ausmaßes handelt.