12087/AB XXIV. GP

Eingelangt am 04.09.2012
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

Alois Stöger

Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien    

 

 

 

GZ: BMG-11001/0226-I/A/15/2012

Wien, am 4. September 2012

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 12470/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Die im Einleitungstext der parlamentarischen Anfrage angesprochene Studie „Hospital-aquired Clostridium difficile infection: determinants for severe disease“ von Wenisch JM et al.  (publiziert Dezember 2011 Eur J Clin Microbiol Infect Dis 2011) ist mir bekannt. Untersucht wurde die Situation in einer Krankenanstalt mit 777 Betten. Eine Hochrechnung von der speziellen Situation in einer bestimmten Krankenanstalt auf alle Krankenanstalten in Österreich ist problematisch. Es ist aber nicht notwendig, Hochrechnungen für die Beurteilung der Situation heranzuziehen. In Österreich besteht gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Epidemiegesetz eine Anzeigepflicht für Erkrankungs- und Todesfälle an schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankungen. Die meinem Ressort gemeldeten Fälle für die Jahre 2010 und 2011 können der beiliegenden Anlage bzw. den Antworten zu Fragen den 10 und 11 entnommen werden.

 

Wegen der in Österreich bestehenden Anzeigepflicht gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Epidemiegesetz für Erkrankungs- und Todesfälle an schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankungen liegen seit Jahren für das gesamte Bundesgebiet Zahlen zu Clostridium difficile vor. Die Zahlen werden monatlich auf der Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit (unter Berücksichtigung des Datenschutzes) veröffentlicht (www.bmg.gv.at). Die Situation in Österreich kann somit  auf der Homepage meines Ministeriums verfolgt werden.

 

Aufgrund der von meinem Ressort erhobenen Daten halte ich die Beachtung von hohen Hygienestandards für sehr wesentlich: Bereits Im Oktober 2002 erstellte ein interdisziplinäres Expert/inn/enteam mit PROHYG (= Organisation und Strategie der Krankenhaushygiene) einen österreichweiten fachlichen Standard für Krankenhaushygiene, welcher inzwischen eine unersetzliche Basis in der täglichen Arbeit der Hygieneteams in den Krankenanstalten darstellt.  Im Jahr 2011 wurde PROHYG von einem interdiziplinären Exper/inn/enteam in meinem Auftrag auf den neuesten fachlichen Stand gebracht und als PROHYG 2.0 veröffentlicht (www.bmg.gv.at). Selbstverständlich ist auch eine optimale Diagnostik und adäquate Therapie von essentieller Bedeutung.

 

Frage 3:

Meinem Ressort liegen die  bekannten wissenschaftlichen Informationen vor.

Eine Besiedelung von Menschen mit Clostrium difficile ist ohne Erkrankung  möglich.

Das Auftreten einer Infektion mit  Clostrium difficile kann Erkrankung  und Tod verursachen. Naturgemäß erhöht sich das gesundheitliche Risiko von Patient/inn/en, wenn während eines Krankenhausaufenthaltes eine Infektion mit Clostrium difficile auftritt. Die mit dem Stuhl ausgeschiedenen Sporen sind sehr umweltresistent und können bei Hygienefehlern weiterverbreitet werden. Daher sind die Einhaltung von Hygienevorschriften, gute Diagnostik und rationale Therapie wichtig.

 

Die Überwachung/Surveillance in einer bettenführenden Krankenanstalt hat nach einem anerkannten, dem Stand der Wissenschaft entsprechenden Surveillance-System zu erfolgen (wie dies bereits vor Jahren im § 8a des Krankenanstalten- und Kuranstaltengesetzes festgelegt wurde).


 

Frage 4:

Durch wissenschaftliche Untersuchungen wurde der übermäßige Einsatz von Antibiotika als ein prädisponierender Faktor für die das Auftreten einer Clostridium difficile assoziierten Erkrankung nachgewiesen. Wichtig ist mir daher, den rationalen Einsatz von Antibiotika zu forcieren. Deshalb wird dieser Aspekt in der von mir im Jahr 2012 gestarteten Nationalen Initiative zur Bekämpfung der Antibiotikaresistenz massiv berücksichtigt.

 

Frage 5:

Die Erfahrungen der letzten Jahrzehnte haben gezeigt, dass Antibiotika nicht unkritisch eingesetzt werden dürfen. Infektionen durch resistente Erreger sind schwierig zu therapieren, erhöhen in vielen Fällen die Behandlungsdauer und verursachen in der Regel höhere Kosten.

 

Sowohl WHO als auch EU-Gremien haben die Mitgliedstaaten aufgrund der zunehmenden Resistenzentwicklung gegen Antibiotika zu verstärkten Aktivitäten aufgerufen und entsprechende Aktionspläne erstellt. Das Europäische Zentrum für die Prävention und Bekämpfung von Krankheiten veranstaltet jährlich einen Europäischen Antibiotikatag (EAAD = European Antibiotic Awareness Day) an dem auch mein Ressort aktiv teilnimmt.

 

Das Bundesministerium für Gesundheit arbeitet seit Jahren im Bereich der Bekämpfung der Antibiotikaresistenz und hat folgende wichtige Aktionen gesetzt:

 

·        Im Jahr 2003 wurde von meinem Ressort das nationale Referenzzentrum für nosokomiale Infektionen und  Antibiotikaresistenz (Wien und Linz) eingerichtet, welches neben konkreter fachlicher Unterstützung  auch umfangreiches Informationsmaterial bietet.

 

·        Seit über 10 Jahren ist Österreich an den Europäischen Netzwerken zur Sammlung von Resistenzdaten (EARS-Net = European Antibiotic Resistance Surveillance Network) und Antibiotikaverbrauchsdaten (ESAC =European Surveillance of Antibiotic Consumption) beteiligt:


 

o    In Österreich beteiligen sich 40 mikrobiologische Laboratorien freiwillig an der EARS-Net Datenmeldung. Insgesamt werden damit Daten von 90 % der Krankenanstalten (Akutversorgung) gesammelt, dies entspricht einem Erfassungsgrad von rund 90 % (115 von 128 Krankenanstalten).

 

o   Seit 2001 werden in Österreich Antibiotikaverbrauchsdaten für ESAC bereitgestellt. Ab dem Jahr 1998 stehen die österreichischen Gesamtdaten des Verbrauchs aus dem niedergelassenen Bereich vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Verfügung.

 

·        Unter Koordination des nationalen Referenzzentrums für nosokomiale Infektionen und Antibiotikaresistenzen stellten mit Oktober 2010 die österreichischen mikrobiologischen Labors, welche an EARS-Net teilnehmen,  auf die europäische Norm EUCAST um. EUCAST definiert  europaweite Standards zur Bestimmung der Wirksamkeit von Antibiotika im Einsatz gegen bakterielle Infektionen in der Humanmedizin.

 

·        Seit 2003 werden im ANISS (= Austrian Nosokomial Infections Surveillance System) österreichweit die nosokomialen Infektionen überwacht und mit der EU-weiten Situation verglichen.

 

·        Seit 2005 werden die Resistenzdaten aus dem Human- und Veterinärbereich jährlich im AURES-Bericht (= Österreichischer Resistenzbericht) veröffentlicht. (www.bmg.gv.at)

 

·        Im Jahr 2002 wurde die 1. Auflage von PROHYG  herausgegeben Die 2. Auflage von PROHYG wurde im Jahr 2011veröffentlicht.

 

·        In meinem Ministerium wurde aus bereits bestehenden Arbeitsgruppen im Human- und Veterinärbereich eine gemeinsame  AMR-Plattform gegründet, welche derzeit eine Nationale  Strategie zur Eindämmung der Antibiotikaresistenz erarbeitet. Im Zentrum der Strategie stehen Maßnahmen zur Verbesserung der Patientensicherheit:


 

o   Lösungsansätze zur Verminderung der Resistenzproblematik müssen Maßnahmen im niedergelassenen Bereich, in den Krankenanstalten und auch im Veterinärbereich inkludieren.

 

o   Grundziel der Strategie ist, die Entstehung und Ausbreitung von Antibiotikaresistenz tatsächlich und nachhaltig zu vermindern. Dies erfordert flächendeckend einen sachgerechten Einsatz von Antibiotika und die konsequente Anwendung der Infektionshygiene. 

 

o   Strategische Ziele sind die Verbesserung der Koordination der Aktivitäten, die Stärkung der Surveillance-Netzwerke, die Umsetzung von Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung der Ausbreitung von resistenten Erregern durch die Bereitstellung nötiger Strukturen sowie die Förderung der umsichtigen Verwendung von Antibiotika.

 

o   Durch ständige Aufklärungsarbeit muss in der Bevölkerung Bewusstsein für die Entstehung von Resistenzen sowie deren Folgen für die Patient/inn/ensicherheit erzielt werden.

 

·        Selbstverständlich hat mein Ressort bereits eine nationale Referenzzentrale für Clostridium difficile etabliert.

 

·        In Österreich besteht eine Anzeigepflicht für Erkrankungs- und Todesfälle an schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankungen.

 

 

Frage 6:

Weltweit ist eine Zunahme der Resistenzen und auch der Mehrfachresistenzen zu beobachten. Obwohl Österreich nach wie vor eine gute Position bei Antibiotikaresistenzen aufweist, ist heute die Antwort auf die Frage „Sind Sie der Auffassung, dass das Risiko der Antibiotikabehandlung in Österreich steigt? Wenn nein warum nicht?“ differenzierter zu gestalten. Hierbei gilt es, die verschiedenen Antibiotikaklassen einzeln zu betrachten und zu beurteilen, da sich unterschiedliche Trends je nach Klasse zeigen.

 

Frage 7:

Unbeschadet der in Rede stehenden Publikation waren und sind nachstehende Punkte wichtig:

·        Umsetzung von Hygiene (-Richtlinien)

·        gute Diagnostik

·        rationale Therapie

·        Überwachung/Surveillance

 

Die Umsetzung der PROHYG 2.0 Inhalte ist somit wesentlich. 


 

Fragen 8 und 9:

Unbeschadet der in Rede stehenden Publikation propagiert sowohl die EU-Kommission wie auch die WHO den rationalen Antibiotikaeinsatz.

 

Fragen 10 und 11:

In Österreich besteht gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Epidemiegesetz eine Anzeigepflicht für Erkrankungs- und Todesfälle an schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankungen. Die meinem Ressort gemeldeten Fälle für die Jahre 2010 und 2011 können der beiliegenden Anlage entnommen werden (Stand: 24.7.2012).

 

Frage 12:

Repräsentative Untersuchungen mit entsprechender Aussagekraft über eine Besiedelung von Menschen mit  Clostridium difficile (ohne Erkrankung) liegen für Österreich derzeit nicht vor. Bezüglich Erkrankungs- und Todesfälle an schwer verlaufenden Clostridium difficile assoziierten Erkrankungen verweise ich auf die Beantwortung der Fragen 10 und 11.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Beilage


BEILAGE zu  12470/J

Clostridium difficile Infektionen (CDI) – Gefahr auch in Österreich?

Beantwortung der Fragen 10 und 11

 

Frage 10

Erkrankungen im Jahr 2010: in Krankenanstalten

Bundesland

(Einwohner)

Krankenanstalt

Anzahl der Erkrankungsfälle

Anzahl der an der Krankheit Verstorbenen

Gesamtzahl

Burgenland

LKH Oberwart

5

2

7

LKH Kittsee

1

 

1

Kärnten

LKH Klagenfurt

1

 

1

LKH Villach

1

1

2

Krankenanstalt nicht bekannt

1

1

2

Niederösterreich

LKH St. Pölten

14

 

14

LKH Zwettl

3

 

3

Landesklinikum Mostviertel/Scheibbs

4

 

4

Landesklinikum Weinviertel/Stockerau

1

 

1

Landesklinikum Neunkirchen

1

 

1

LKH Horn

1

1

2

LKH Waldviertel

1

 

1

Landesklinikum Hainburg

2

1

3

Landesklinikum Mödling

1

 

1

Landesklinikum Wr. Neustadt

1

 

1

Landesklinikum Gmünd

1

 

1

LKH Hollabrunn

1

1

2

LKH Tulln

 

1

1

Marienkrankenhaus Vorau

1

 

1

AKH Wien

1

 

1

Krankenanstalt nicht bekannt

10

 

10

Oberösterreich

LKH Steyr

3

 

3

Klinikum Wels-Grieskirchen

1

 

1

KH Barmherzige Brüder Linz

1

 

1

Krankenanstalt nicht bekannt

1

 

1

LKH Salzburg

1

 

1

LKH Vöcklabruck

 

1

1

KH Barmherzige Schwestern Ried/Innkreis

 

1

1

Salzburg

KH Mittersill

2

 

2

Christian Doppler-Klinik

1

 

1

Krankenanstalt nicht bekannt

3

1

4

SALK

 

1

1

Steiermark

LKH Rottenmann

1

 

1

LKH Oberwart

1

 

1

Tirol

Krankenanstalt unbekannt

1

1

2

Tilak

1

 

1

KH Hall/Tirol

2

1

3

BKH Kufstein

4

 

4

Vorarlberg

LKH Bludenz

5

 

5

Krankenanstalt nicht bekannt

1

 

1

LKH Feldkirch

1

 

1

Kliniken Oberallgäu Oberstdorf, DE

1

 

1

Wien

KFJ

3

4

7

Krankenanstalt nicht bekannt

8

2

10

Wilhelminenspital

6

2

8

KH Hietzing

3

1

4

Geriatriezentrum Wienerwald

1

 

1

AKH Wien

1

2

3

Kaiserin Elisabeth Spital

1

 

1

KH Lorenz Böhler

1

 

1

Barmherzige Brüder Wien

1

 

1

SMZ Floridsdorf

1

2

3

Donauspital SMZ Ost

1

3

4

Hanuschkrankenhaus

 

2

2

Rudolfstifung

 

1

1

 


 

Erkrankungen im Jahr 2011: in Krankenanstalten

Bundesland

(Einwohner)

Krankenanstalt

Anzahl der Erkrankungsfälle

Anzahl der Todesfälle

Gesamtzahl

Burgenland

Krankenanstalt unbekannt

1

 

1

KH Güssing

3

 

3

KH Wr. Neustadt

2

 

2

KH Kittsee

1

 

1

LKH Oberwart

1

 

1

Kärnten

LKH Klagenfurt

1

 

1

Krankenanstalt unbekannt

1

 

1

Niederösterreich

Landesklinikum Mostviertel/Scheibbs

3

 

3

KH Hainburg

1

 

1

LKH St. Pölten

15

 

15

LKH Baden

7

 

7

LKH Horn

1

 

1

Landesklinikum Mistelbach

1

 

1

Landesklinikum Tulln

2

 

2

LKH Wr. Neustadt

2

 

2

Landesklinikum Neunkirchen

1

 

1

AKH Wien

1

 

1

Krankenanstalt unbekannt

1

1

2

LKH Waidhofen/Ybbs

2

 

2

Oberösterreich

LKH Steyr

1

 

1

Barmherzige Schwestern Linz

1

1

2

Barmherzige Schwestern Ried

 

1

1

KH St. Josef Braunau

 

1

1

LKH Freistadt

 

1

1

Klinikum Wels-Grieskirchen

 

1

1

Krankenanstalt unbekannt

 

1

1

Salzburg

Salk

1

1

2

KH Mittersill

1

 

1

Landesklinikum Zwettl

1

 

1

Christian Doppler Klinik

 

1

1

Krankenanstalt unbekannt

 

1

1

LKH Salzburg

 

3

3

Steiermark

LKH Leoben

1

 

1

Krankenanstalt unbekannt

 

1

1

Barmherzige Brüder Graz

 

1

1

KH der Elisabethinen

 

1

1

Tirol

-

 

 

0

Vorarlberg

KH Dornbirn

3

 

3

LKH Feldkirch

1

 

1

LKH Bludenz

1

 

1

LKH Rankweil

 

1

1

Wien

Rudolfstiftung

1

 

1

AKH Wien

3

 

3

Wilhelminenspital

5

4

9

LKH Zwettl

1

 

1

Krankenanstalt unbekannt

 

4

4

KH Hietzing

 

1

1

Donauspital SMZ Ost

 

2

2

SMZ Floridsdorf

 

1

1

 


Frage 11

Erkrankungen im Jahr 2010: außerhalb von Krankenanstalten

Bundesland

Anzahl der Erkrankungsfälle

Anzahl der Todesfälle

Gesamtzahl

Burgenland

3

2

5

Kärnten

1

 

1

Niederösterreich

15

 

15

Oberösterreich

0

 

0

Salzburg

2

1

3

Steiermark

2

 

2

Tirol

1

 

1

Vorarlberg

0

 

0

Wien

2

1

3

 

Erkrankungen im Jahr 2011: außerhalb von Krankenanstalten

Bundesland

Anzahl der Erkrankungsfälle

Anzahl der Todesfälle

Gesamtzahl

Burgenland

2

 

2

Kärnten

1

 

1

Niederösterreich

17

 

17

Oberösterreich

0

 

0

Salzburg

5

 

5

Steiermark

0

 

0

Tirol

1

 

1

Vorarlberg

0

 

0

Wien

2

 

2