12122/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.09.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

 

 

BMJ-Pr7000/0206-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 12323/J-NR/2012

Die Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Dagmar Belakowitsch-Jenewein und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Pädophile als Lehrer“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1:

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Sexualdelikten stellt für mich eine zentrale Aufgabe dar. Insbesondere in den letzten Jahren ist es gelungen, das bestehende Schutzniveau durch ein Bündel von Maßnahmen kontinuierlich auszubauen.

In diesem Zusammenhang darf ich vor allem auf die mit dem Zweiten Gewaltschutzgesetz (BGBl. I Nr. 40/2009) erfolgte Verbesserung des strafrechtlichen Instrumentariums zum Schutz der Opfer von strafbaren Handlungen gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung verweisen. Mit dieser Gesetzesnovelle wurde zur Verbesserung der Prävention die vorbeugende Maßnahme eines Tätigkeitsverbotes (§ 220b StGB) eingeführt. Demnach hat das Strafgericht einem Täter, der eine Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließende Erwerbstätigkeit oder in einem Verein oder in einer anderen Einrichtung ehrenamtlich geleistete Tätigkeit ausübt oder auszuüben beabsichtigt und der ein Sexualdelikt zum Nachteil eines Minderjährigen begangen hat, die Ausübung dieser Tätigkeit oder eines Teilbereichs für bestimmte oder unbestimmte Zeit zu untersagen, wenn die Gefahr besteht, dass er sonst unter Ausnützung einer ihm durch eine solche Tätigkeit gebotenen Gelegenheit eine weitere derartige strafbare Handlung mit nicht bloß leichten Folgen begehen werde. Im Verhältnis zu Weisungen hat das Tätigkeitsverbot, das nicht nur bei bedingten Entlassungen zur Anwendung kommen kann, den weitergehenden personellen Anwendungsbereich und bedeutet auch den schwerwiegenderen Eingriff (gerichtliche Strafbarkeit bei Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot) für den Betroffenen.

Weiters wurde im Zuge des Zweiten Gewaltschutzgesetzes durch die Schaffung des Instituts der gerichtlichen Aufsicht bei Sexualstraftätern (§ 52a StGB) sichergestellt, dass Rechtsbrecher nach bedingter Entlassung einer geeigneten Überwachung und Betreuung unterstehen. Auch durch neue Straftatbestände, wie dem wissentlichen Zugriff auf Kinderpornographie im Internet (§ 207a Abs. 3a StGB), wurde der Schutz von Kindern und Jugendlichen verbessert. Um dem durch Sexualstraftaten verwirklichten Unrecht angemessen begegnen zu können, wurde überdies u.a. in § 202 Abs. 1 StGB (Geschlechtliche Nötigung) eine Strafuntergrenze eingeführt und der Strafrahmen des § 207 Abs. 3 StGB (Sexueller Missbrauch von Unmündigen) von einem bis zu zehn Jahren auf fünf bis zu fünfzehn Jahren bzw. von fünf bis zu fünfzehn Jahren auf zehn bis zu zwanzig Jahren oder lebenslanger Freiheitsstrafe erweitert.

Schließlich wurde mit der Strafgesetznovelle 2011 (BGBl. I Nr. 130/2011) in konsequenter Fortschreibung der Maßnahmen zum 2. Gewaltschutzgesetz der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Pädophilen durch die Einführung neuer Straftatbestände gegen die Anbahnung von Sexualkontakten zu Unmündigen (sog. „Grooming“, § 208a StGB) und die wissentliche Betrachtung pornographischer Darbietungen Minderjähriger (§ 215a Abs. 2a StGB) sowie durch die Schaffung bzw. Anhebung von Strafuntergrenzen bei strafbaren Handlungen einer volljährigen Person gegen eine unmündige Person, die unter Anwendung von Gewalt oder gefährlicher Drohung begangen worden sind (§ 39a StGB), weiter ausgebaut.

Aufgrund der in den letzten Jahren getroffenen Maßnahmen entspricht die österreichische Rechtslage auch bereits weitestgehend den Vorgaben der Richtlinie 2011/93/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie. Allfällige Umsetzungsnotwendigkeiten aus der neuen EU-Richtlinie werden derzeit in meinem Ressort geprüft.


Zu 2 bis 4:

Der Bundesministerin für Justiz steht es als Mitglied der Bundesregierung und Teil der staatlichen Verwaltung schon auf Grund der von der österreichischen Bundesverfassung vorgegebenen Gewaltentrennung nicht zu, Entscheidungen der unabhängigen Rechtsprechung zu beurteilen oder gar zu überprüfen.

Zu 5:

Fragen des materiellen Arbeitsrechts fallen nicht in die Zuständigkeit der Bundesministerin für Justiz.

 

Wien,       . September 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl