12145/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.09.2012
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

GZ. BMVIT-12.000/0008-I/PR3/2012    

DVR:0000175

 
 


An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

Wien, am      . September 2012

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Maier und GenossInnen haben am 5. Juli 2012 unter der Nr. 12291/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Überarbeitung der International Telecommunication Regulations (ITR) der ITU gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 und 2:

Ø  Ist das Ressort in der Überarbeitung der „International Telecommunication Regulations“ der ITU eingebunden?

Wenn nein, welches Ressort dann in Österreich?

Was ist dem Ressort über diesen Novellierungsprozess bekannt?

Wenn ja, wer vertritt Österreich bzw. Ihr Ressort bei diesen Verhandlungen?

Ø  Wie ist der aktuelle Stand der Verhandlungen?

 

Das BMVIT ist in die Überarbeitung der „International Telecommunication Regulations“ (ITR) der ITU als das für die Regulierung des Telekommunikationswesens zuständige Ressort, unter Befassung des Bundeskanzleramtes, eingebunden.


Die Überarbeitung der „International Telecommunication Regulations“ (ITR) der ITU wird im Rahmen der World Conference on International Telecommunications in 2012 (WCIT-12) in Dubai vom 3. bis 14. Dezember 2012 erfolgen.

 

Entsprechend den „General Rules of Conferences, Assemblies and Meetings of the Union“ (Verfahrensgrundlangen für Konferenzen der ITU) können alle Mitgliedstaaten, jede Regionalorganisation der ITU, Staatengemeinschaft bzw. internationale Organisationen (wie z.B. die Afrikanische Union, Mercosur oder die Gruppe der afrikanischen, karibischen und pazifischen Staaten) Vorschläge erstatten, auf deren Grundlage die ITU eine Liste der Vorschläge erstellt. Diese Vorschläge werden, nicht im Rahmen von Vorbereitungskonferenzen, sondern unmittelbar bei der Plenartagung nacheinander entsprechend der Tagesordnung behandelt werden.

Die Behandlung der Vorschläge zur Überarbeitung der International Telecommunication Regulations ist für die Tagung der World Conference on International Telecommunications (WCIT-12) unter Teilnahme der 193 Mitgliedstaaten vorgesehen. Derzeit liegen noch nicht alle Vorschläge vor. Die Frist für die Vorlage von Dokumenten, somit auch von Vorschlägen, zur WCIT-12 wurde durch Entscheidung Nr. 573 des ITU-Rates mit 3. November 2012 festgelegt.

 

Ein auf CEPT-Ebene (CEPT-Conférence Européenne des Administrations des Postes et des Télecommunications) erstellter Vorschlag wird als „European Common Proposal“ der CEPT-Mitgliedstaaten vorgelegt werden. Die Beurteilung des European Common Proposals wird daher noch eingehend erfolgen.

 

Die Europäische Kommission (EK) hat am 2. August 2012  einen Vorschlag für einen Beschluss des Rates zur Festlegung des Standpunktes der EU bezüglich der Überarbeitung der internationalen Telekommunikationsvorschriften auf der Weltkonferenz zur internationalen Telekommunikation oder in vorbereitenden Instanzen vorgelegt (COM(2012) 430 final). Die Kommission empfiehlt, dass der Rat den Beschluss annehmen möge, um der EU Verhandlungen über eine Änderung der ITR in Dubai zu ermöglichen. Damit soll sichergestellt werden, dass die in Aussicht genommenen Änderungsvorschläge hinsichtlich allfälliger Auswirkungen auf den EU-Acquis geprüft werden und nicht dem EU-Recht widersprechen.

Österreich ist sowohl auf ITU- und CEPT-Ebene als auch auf EU-Ebene hinsichtlich eines von der Europäischen Kommission in Aussicht genommenen Ratsbeschlusses für eine gemeinsame EU-Position eingebunden.

 

Österreich wird durch das BMVIT bei den Tagungen der ITU einschließlich der Plenipotentiary Conference und der World Conference on International Telecommunications 2012 (WCIT-12) vertreten


Zu den Fragen 3 bis 6:

Ø  Werden Sie dafür eintreten, dass alle diesbezüglichen Verhandlungsdokumente veröffentlich werden, um ein Desaster wie bei ACTA auszuschließen?

Wann werden die österreichischen Positionen veröffentlicht?

Ø  Wie wird bei diesen Verhandlungen gewährleistet, dass alle Interessensgruppen einbezogen werden, also auch die zivilgesellschaftlichen Gruppen (z.B. Konsumentenschutz, Datenschutz)?

Ø  Welche Positionen nimmt das Ressort bzw. Österreich bei diesen Verhandlungen ein?
Was sind die sensiblen Problem- und Fragestellungen?

Ø  Werden Sie bei diesen Verhandlungen für ein offenes und freies Internet eintreten?

 

Österreich hat bereits bei der Tagung des Rates der ITU (ITU-Councils) vom 4. bis 13. Juli 2012 die diesbezüglichen Vorschläge der schwedischen Delegation nachdrücklich unterstützt und die Einbeziehung der Zivilgesellschaft gefordert, obwohl Österreich nicht Mitglied des Rates der ITU ist, sondern nur Beobachter. Die gleiche Position wurde von Österreich in der ad hoc Working Group on modalities of international Internet public policy issues im Rahmen des Rates der ITU vom 4. bis 13. Juli 2012 aktiv vertreten.

 

Als Ergebnis können alle Interessengruppen Vorschläge einbringen, die im Zusammenhang mit den Themen der World Conference on International Telecommunications in 2012 (WCIT-12) in Dubai stehen. Frist für die Vorlage ist der 3. November 2012.

 

Die österreichische Position wird in den European Common Proposals der CEPT enthalten sein, deren Veröffentlichung auf der ITU-Webseite erfolgen wird. Der in Aussicht genommene Ratsbeschluss für eine gemeinsame EU-Position wird ebenfalls auf der Website der ITU veröffentlicht werden.

 

Österreich bzw. das Ressort treten in allen relevanten Gremien für ein offenes und freies Internet ein. Dies entspricht auch den vom Rat der Europäischen Union (Verkehr, Telekommunikation und Energie) bei seiner 3134. Tagung am 12. und 13. Dezember 2011 angenommenen Schlussfolgerungen des Rates zum Thema „Offenes Internet und Netzneutralität in Europa“.

 

 

Zu Frage 7:

Ø  Ist es richtig, dass bereits Vorschläge zur Harmonisierung nationaler Regelungen bei der Bekämpfung von Cybercrime, zu Datenschutz, zur Vorratsdatenspeicherung etc. von Mitgliedstaaten vorgelegt wurden?

Wenn ja, welche Positionen nimmt das Ressort bzw. Österreich dazu ein?

 

Konkrete Vorschläge zur Harmonisierung nationaler Regelungen bei der Bekämpfung von Cybercrime, zu Datenschutz, zur Vorratsdatenspeicherung etc. im Rahmen der ITU sind derzeit nicht bekannt.


Zu Frage 8:

Ø  Welche Haltung nimmt das Ressort zur Forderung einiger Staaten ein, zentrale Funktionsbestandteile des Internets stärker staatlich zu kontrollieren?

 

Forderungen einiger Staaten, zentrale Funktionsbestandteile des Internets stärker staatlich zu kontrollieren, sind derzeit im Rahmen der ITU nicht bekannt.

 

 

Zu Frage 9:

Ø  Warum sind bei diesen internationalen Verhandlungen – so wie bei ACTA – keine Vertreter nationaler Parlamente beigezogen?

 

Artikel 2 und 3 der Verfassung bzw. „Constitution“ der ITU regeln die Mitgliedschaft und die Rechte und Pflichten der Mitgliedstaaten. Der bisherigen Praxis entsprechend erfolgt die Vertretung Österreichs in der intergouvernementalen Organisation ITU durch das bmvit.

 

Soweit derzeit absehbar und aus der bisherigen Erfahrung annehmbar, werden durch die geplante ITR-Überarbeitung keine gesetzesändernden oder gesetzesergänzenden Maßnahmen im Sinne des Art. 50 B-VG erfolgen

 

Hinsichtlich des von der EK in Aussicht genommenen Vorschlags zu einem Ratsbeschluss für eine gemeinsame EU-Position wird der Nationalrat und der Bundesrat entsprechend der Unterrichtungsverpflichtungen gemäß EU-Informationsgesetz informiert werden.

 

 

Zu Frage 10:

Ø  Muss eine Neufassung der ITR in Österreich durch den Nationalrat beschlossen und umgesetzt werden?

Oder muss ein Beschluss auf europäischer Ebene durch Rat und EP gefasst werden?

 

Das in Aussicht genommene Ergebnis der Verhandlungen der WCIT-12 in Dubai wird voraussichtlich keine gänzliche Neufassung, sondern nur eine Anpassung der ITR darstellen, die auf Grundlage der nationalen Verfassungen mit nationalen Instrumenten umzusetzen sind.