12190/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.09.2012
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                Wien, am      September 2012

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0198-I/4/2012

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12417/J vom 6. Juli 2012 der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Die zunehmende Globalisierung der Handelsströme und der freie Binnenmarkt innerhalb der EU haben natürlich starke Auswirkungen auf die Konsummuster der Industrieländer und selbstverständlich auch Konsequenzen für die Entwicklungsländer. Generelle Aussagen über die Auswirkungen auf die nachhaltige Entwicklung von Entwicklungsländern sind nicht möglich, im Idealfall können durch freien Warenaustausch beide Seiten Vorteile daraus ziehen. Eine Einbeziehung aller „externen Effekte“ (Umweltkosten, Gesundheitskosten, soziale Kosten, etc.) in die Preisgestaltung wäre natürlich wünschenswert. Da wir global gesehen davon noch weit entfernt sind, kommt insbesondere den Konsumentinnen und Konsumenten in den Industrieländern eine wichtige Rolle bei ihrer Kaufentscheidung zu.


Zu 2.:

Nein.

 

Zu 3., 4., 8., 9. und 10.:

Auf Initiative der Bundesregierung und unter Federführung des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wurde der Nationale Aktionsplan zur Förderung einer nachhaltigen öffentlichen Beschaffung (im Folgenden kurz „NAP“) erstellt, welcher vom Ministerrat am 20. Juli 2010 beschlossen wurde (siehe hierzu auch die Ausführungen zu den Fragen 21. bis 24.). Der NAP verfolgt vier Ziele:

a)   nachhaltige Beschaffung bei allen öffentlichen Beschafferinnen und Beschaffern zu verankern,

b)   Vorreiterrolle Österreichs bei der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung in der EU sichern,

c)    Aktivitäten bei der nachhaltigen öffentlichen Beschaffung innerhalb Österreichs koordinieren und Kräfte bündeln und

d)   Hemmnisse für die nachhaltige Beschaffung abbauen.

 

Im NAP werden durch verschiedene Anforderungen mögliche Zielkonflikte im Vorfeld der Beschaffung aufgezeigt. Solche Anforderungen sind beispielsweise möglichst geringe Umweltbelastungen, möglichst hohe soziale Standards bei Produktion bzw. Erbringung und möglichst geringe Gesamtkosten. Bei Anwendung der vom NAP empfohlenen Kriterien ist aus Sicht des Bundesministeriums für Finanzen ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den genannten Anforderungen gegeben, sodass weitere Kohärenzprüfungen im Vorfeld eines Beschaffungsvorhabens nicht erforderlich sind.

 

Der Prozess der Anwendung, Überprüfung und Verbesserung des NAP wird von einer Steuerungsgruppe begleitet, an der sich Delegierte der Bundesministerien, der Länder, des Städte- und Gemeindebundes, der Sozialpartner, der Bundesbeschaffung GmbH (BBG) und der BIG Bundesimmobiliengesellschaft m.b.H (BIG) beteiligen. In regelmäßigen Abständen sollen die Kernkriterien überarbeitet werden, mit dem Ziel, den NAP entsprechend fortzuschreiben. Die Erarbeitung des NAP erfolgte unter Einbeziehung von Beschaffungsverantwortlichen aus allen Gebietskörperschaften sowie ausgelagerten Rechtsträgern. Auch die BBG und Vertreter des Bundesministeriums für Finanzen waren in den Arbeitsgruppen, welche die Erstellung des NAP zum Ziel hatten, vertreten.


Die Feststellung der Auswirkungen sozialer und ökologischer Kriterien auf das Vergaberecht fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Finanzen. Ebenso wenig kann seitens des Bundesministeriums für Finanzen beurteilt werden, welche weiteren Standards bzw. Verwaltungsvorschriften für andere Bundesministerien gelten.

 

Zu 5. und 20.:

Entsprechend dem Ministerratsvortrag vom 20. Juli 2010 wurde die BBG angewiesen, bei Beschaffungen für den Bund gemäß BB-GmbH-Gesetz die Vorgaben des NAP zu beachten (siehe hierzu auch die Ausführungen zu den Fragen 21. bis 24.). Demzufolge soll die BBG den NAP bei künftigen Ausschreibungen zu 100% umsetzen.

 

Zu 6. und 7.:

Die Erstellung und Weiterentwicklung des NAP erfolgte bzw. erfolgt unter Federführung und Koordination des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft. Hinsichtlich der Einbeziehung des Bundesministeriums für Finanzen wird auf die Ausführungen zu den Fragen 3., 4., 8., 9. und 10. verwiesen. Darüber hinaus obliegen die Fragestellungen nicht dem Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.

 

Zu 11. und 12.:

Entsprechend einer von der BBG eingeholten Stellungnahme wird über die nachhaltige Beschaffungspraxis über folgende Medien informiert: BBG-Homepage, e-Shop der BBG, Veranstaltungen im Rahmen der Veranstaltungsreihe BBG-Forum, Veranstaltungen in Kooperation mit dem Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und dem Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich (BMÖ), Teilnahme und Präsentation der Themen bei der Beschaffungsplattform der Bundesländer sowie bei nationalen (z.B. BBG-Messe Nutzen.Leben, IIR-Fachtagung) und internationalen Konferenzen, Praxisaustausch im EU-learning Lab sowie auf Beschaffernetzwerk.de, Informationsaustausch im Aufsichtsrat und Nutzerbeirat der BBG sowie einschlägige Beiträge in den Printmedien Beschaffung Austria, Republik sowie im Geschäftsbericht der BBG.

 

Der Fokus der Informationen der BBG liegt innerhalb Österreichs und der EU. Jedem weiteren Interessenten stehen die Informationen via Internet zur Verfügung.


Zu 13.:

Spezielle Maßnahmen auf bilateraler Ebene, welche Wirtschafts- und Handelsstrukturen in Entwicklungsländern unterstützen, um Klein- und Mittelbetriebe beim Zugang zu Zertifizierungsprozessen zu unterstützen, werden insbesondere durch einzelne Projekte der Oesterreichischen Entwicklungsbank AG (OeEB) und der Austrian Development Agency (ADA) im Rahmen ihrer Wirtschaftspartnerschaften umgesetzt.

 

Zu 14.:

Die strategische Ausrichtung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit liegt in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten, wobei die bilaterale Kooperation von der ADA umgesetzt wird. Das Bundesministerium für Finanzen ist in der Kooperation mit den internationalen Finanzinstitutionen, welche in seiner unmittelbaren Zuständigkeit liegen, bestrebt, auf die Einhaltung möglichst hoher sozialer und ökologischer Standards bei der Vergabe von Aufträgen im Rahmen der IFI Projekte zu achten. Die Einhaltung der „Safeguard Policies“ und die Beibehaltung dieses hohen Standards bei Vergabeverfahren innerhalb von IFI Projekten sind auch Prinzipien, die im strategischen Leitfaden des Bundesministeriums für Finanzen gegenüber den IFIs verankert sind.

 

Zu 15.:

Das WTO-Übereinkommen über die öffentliche Beschaffung („Agreement on Government Procurement“ – „GPA“) ist ein plurilaterales Übereinkommen, dem bisher nur eine kleine Zahl der WTO-Mitgliedsländer als Vertragsparteien beigetreten sind. Die in der gegenständlichen Frage genannten WTO-Mitgliedsländer befinden sind in unterschiedlichen Stadien dieses Beitrittsprozesses. Für die Verhandlungen im Rahmen der WTO ist das Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend federführend zuständig, für die Umsetzung von EU-Richtlinien im Zusammenhang mit der öffentlichen Beschaffung im Inland das Bundeskanzleramt. Das Bundesministerium für Finanzen ist in den innerösterreichischen Koordinierungsprozess über den handelspolitischen Ausschuss der EU (TPC) eingebunden.

 

Österreich tritt für einen möglichst umfassenden GPA-Mitgliederkreis ein. Zur Frage der Anwendung sozialer und ökologischer Kriterien wird auf das im Rahmen des GPA-Reviews festgelegte Arbeitsprogramm über die Nachhaltigkeit in der öffentlichen Beschaffung hingewiesen.


Zu 16.:

Nach Mitteilung der BBG liegen vergleichende Studien nicht vor.

 

Zu 17.:

Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.

 

Zu 18. und 19.:

Nach Mitteilung der BBG ist in der BBG ein Spezialist zum Thema nachhaltige Beschaffung beschäftigt. Darüber hinaus verfügen alle Einkäufer der BBG über Grundkenntnisse der nachhaltigen Beschaffung. Hinsichtlich der Weiterbildungsaktivitäten wird auf die Ausführungen zu den Fragen 11. und 12. verwiesen.

 

Das Bundesministerium für Finanzen sichert beispielsweise die Qualität bei allen Beschaffungsthemen mittels zweier BBG-Koordinatoren, die eng mit den BBG-Spezialisten kooperieren und ressortintern die einzelnen Beschaffungsverantwortlichen in der Steuer- und Zollkoordination sowie in den jeweiligen Dienstbehörden fachlich unterstützen. Deren Tätigkeiten werden dazu noch durch die Umwelt-Beauftragten der Zentralstelle des Bundesministeriums für Finanzen themenbezogen begleitet.

 

Zu 21. bis 24.:

In Umsetzung des Ministerratsbeschlusses vom 20. Juli 2010 wurde die Geschäftsführung der BBG vom Bundesministerium für Finanzen angewiesen, den Bundesministerinnen und Bundesministern für den jeweiligen Ressortbereich und den Bereich der nachgeordneten Dienststellen bei Beschaffungsvorgängen Verträge zur Verfügung zu stellen, die den im NAP angeführten ökologischen Kriterien entsprechen und weiters diese Kriterien auch für Beschaffungsvorhaben zur Deckung des BBG-Bedarfes zu beachten. Entsprechend diesem Ministerratsbeschluss wurde den übrigen Rechtsträgern, deren Verwaltung der Anteilsrechte dem Bundesministerium für Finanzen zugewiesen sind, im Sinne des § 19 Abs. 5 Bundesvergabegesetz die Anwendung dieser Kriterien empfohlen.

 

Zu 25. und 26.:

In Bezug auf die BBG wird auf die Beantwortung der Fragen 11. und 12. verwiesen. Darüber hinaus ist das Thema Nachhaltigkeit regelmäßig ein Tagesordnungspunkt bei den Sitzungen des Nutzerbeirates der BBG. Laut Auskunft der BBG gibt es mit der Wirtschaftskammer Österreich eine Zusammenarbeitsvereinbarung und demnach einen regelmäßigen Informationsaustausch. Im Übrigen fällt die Fragestellung nicht in den Vollzugsbereich des BMF.

 

Zu 27.:

Zu dieser Fragestellung wird auf die Ausführungen der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 12419/J vom 6. Juli 2012 an den Herrn Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft verwiesen.

 

Zu 28.:

Die Beantwortung dieser Frage fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.

 

Zu 29.:

Nach Mitteilung der BBG werden folgende ILO-Kernarbeitsnormen derzeit in den Ausschreibungsunterlagen unter dem Punkt „Allgemeine Ausschreibungsbedingungen“ vom Bieter verlangt:

 

Zu 30.:

Nach Mitteilung der BBG werden folgende Gütesiegel mit sozialen und ökologischen Kriterien anerkannt: Österreichisches Umweltzeichen, Energy Star, Blauer Engel, Nordischer Schwan, Fairtrade-Gütesiegel, Forest Stewardship Council - FSC, PEFC, Tjänstemännens-Centralorganisation - TCO, Europäisches Umweltzeichen, AMA-Gütesiegel, ISO 14.001, EMAS, Öko-Tex Standard 100, EU-Energielabel für Haus- und Elektrogeräte, Kennzeichnung des Produkts als ökologisches/biologisches Produkt gemäß der Verordnung (EG) Nr. 834/2007, Euro IV-Standard gemäß Richtlinie 2005/55/EG bzw. EURO V oder EEV sowie weitere im NAP angeführte Gütesiegel und Nachweise.

 

Je nach konkretem Beschaffungsvorhaben und Marktlage kommen jeweils unterschiedliche Gütesiegel und Zertifikate zur Anwendung.

 

 

Mit freundlichen Grüßen