12235/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.09.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0218-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 12454/J-NR/2012

Der Abgeordnete zum Nationalrat Christian Lausch und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Tuberkulose, MRSA und andere ansteckende Infektionskrankheiten in Justizanstalten“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 12.3:

Das Bakterium Staphylococcus aureus kommt fast überall in der Natur, auch auf der Haut und in den oberen Atemwegen von vielen Menschen vor. Meist löst es keine Krankheitssymptome aus. Seit dem Jahr 2009 waren zwei Insassen in österreichischen Justizanstalten mit einer multiresistenten Form dieses Bakteriums (MRSA, multi-resistenter Staphylococcus aureus) infiziert; einmal in der Justizanstalt (JA) Stein (2011) und einmal in der JA Wien-Mittersteig, in der Folge in die JA Wien-Josefstadt verlegt (2012). Von einer Infektion von Bediensteten der JA mit dem MRSA-Keim im Zeitraum seit 2009 ist mir nichts bekannt. Es handelt sich allerdings auch um keine (schon gar nicht gegenüber dem Dienstgeber) meldepflichtige Erkrankung. Die Hygienevorschriften der Sonderkrankenanstalten Stein (siehe beiliegenden Hygieneplan), Wien-Josefstadt (beiliegender Hygieneordner) und Wilhelmshöhe (beiliegende Maßnahmen zur Infektionsverhütung) sehen Maßnahmen für den Fall des Auftretens von infektiösen Krankheiten vor. Grundsätzlich ist bei MRSA-Infektionen wie bei anderen ansteckenden Krankheiten auch vorzugehen. Die strikte Einhaltung der Händehygiene ist der wichtigste Teil der Vorsorge. Wird eine MRSA-Infektion festgestellt, wird der Insasse in einem besonderen Haftraum (Isolationshaftraum) untergebracht. Weiters sind besondere Richtlinien im Umgang mit dem Insassen einzuhalten. Dazu sind die Hygienevorschriften (siehe Frage 3) sowie besondere Verfügungen einzuhalten. Jene Bediensteten, die mit dem Insassen zu tun haben, sind über die Infektion und über den Umgang mit isolierten Insassen informiert. Im elektronischen Häftlingsregister können Insassen mit dem Sicherheitscode „ansteckende Krankheiten“ versehen werden, wodurch diese dann für jeden Bediensteten ersichtlich sind. Die Bediensteten der Sonderkrankenanstalt Wien-Josefstadt wurden über die MRSA-Infektion des Insassen, über die einzuhaltenden Hygienemaßnahmen und über die notwendige Schutzbekleidung mittels Aushang informiert. Bis zur Selbstbeschädigung des Insassen, die eine Ausführung notwendig machte, befand sich der Insasse im Isolationshaftraum der Sonderkrankenanstalt Wien-Josefstadt. Die Justizwachebediensteten, die ihn in das Krankenhaus ausgeführt haben, wussten von der Infektion und wurden über die einzuhaltenden Vorgangsweisen noch zusätzlich belehrt. Ferner war die Infektion des Insassen durch seine Schutzkleidung (Mundschutz, Haarbedeckung sowie Schutzmantel) für jedermann ersichtlich. Der Infektionsherd (Wunde am Bauch) war vorschriftsmäßig mit Wundabdeckung versorgt und somit die Umgebung gegen eine allfällige Kontaktinfektion abgesichert. Das aufnehmende Krankenhaus konnte vorweg von der JA Wien-Josefstadt nicht informiert werden, weil die Zuweisung von anderer Seite vorgenommen wurde. Hingegen waren die Besatzung des Krankentransportes samt Notarzt von der Infektion in Kenntnis gesetzt worden. Die Hygienevorschriften der Sonderkrankenanstalten Stein, Wien-Josefstadt und Wilhelmshöhe sehen Maßnahmen für den Fall des Auftretens von MRSA vor. Wenn diese eingehalten werden, wird eine Verbreitung der Infektion verhindert.

Bereits mit Erlass vom 30.11.1999, BMJ 52201/49-V.1/1999, wurde generell auf die im Umgang mit Insassen gebotene Umsicht hingewiesen.

Zu 13 bis 37:

Etwa ein Drittel der Weltbevölkerung ist mit Tuberkuloseerregern infiziert, wobei nur einige Prozent davon im Laufe ihres Lebens auch tatsächlich erkranken, betroffen sind besonders Menschen mit geschwächtem Immunsystem oder einer genetisch bedingten Anfälligkeit. Es wurden seit dem Jahr 2009 in den österreichischen Justizanstalten Tuberkulose-Erkrankungen wie nachstehend festgestellt: JA Eisenstadt 3x 2009 und 3x 2010, JA Garsten 1x 2011, JA Graz-Jakomini insgesamt 11x, JA Klagenfurt 2x 2010, 1x 2011 und 2x 2012, JA Krems 1x 2009, JA Leoben 1x 2010 und 1x 2011, JA Linz 2x 2010, 3x 2011 und 2x 2012, JA Salzburg 1x 2010, JA Wien-Simmering 1x 2010, JA Sonnberg 1x, JA Stein 1x 2009 und 1x 2011, JA Schwarzau 1x 2012, JA Wels insgesamt 5x, JA Wiener-Neustadt  2x 2009 und 1x 2011. Tuberkulose ist eine meldepflichtige Erkrankung. Umfelduntersuchungen werden von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde vorgeschrieben; Aufzeichnungen darüber, wie viele Bedienstete in diesem Zusammenhang untersucht wurden, stehen mir nicht zur Verfügung. Eine Infektion wurde im angefragten Zeitraum bei keinem Justizbediensteten festgestellt.

Jeder Neuzugang ist binnen 14 Tagen einem TBC-Screening zu unterziehen. Entweder die Anstalt führt das Lungenröntgen im eigenen Bereich durch oder mittels eines bestellten Röntgenbusses oder durch Ausführung zu einem Lungenröntgen. Personen in einem sichtbar allgemeinen schlechten Gesundheitszustand sowie Personen aus internationalen Risikogebieten mit multiresistenter TBC sollen innerhalb von fünf Tagen einer Untersuchung unterzogen werden; im Detail wird auf den beiliegenden Erlass vom 24.1.2007, BMJ-VD52201/1-VD 2/2007, hingewiesen. Die Vorgangsweise bei TBC-Verdacht ist im Tuberkulosegesetz, BGBl. Nr. 127/1968, und die dazu ergangenen Verordnungen der Landeshauptleute geregelt. Wenn der Verdacht auf TBC besteht, erfolgt eine sofortige Meldung an die Bezirksverwaltungsbehörde. Diese ordnet bei TBC-Fällen die weiteren Maßnahmen an und diese angeordneten Maßnahmen werden umgesetzt. Folgeschäden bei durch TBC infizierten Justizwachebeamten sind mir nicht bekannt.

Bei Verdacht einer TBC-Erkrankung wird der betroffene Insasse mit Mundschutz und Infektionsschutzmaßnahmen überstellt. Die Information über eine mögliche ansteckende Krankheit ist auch aus dem Sicherheitsvermerk in der IVV unter dem Kürzel K (Krankheit, ansteckend) im offenen Befehl sowie aus dem Notfallsprotokoll ersichtlich. In den Krankenakten sind detaillierte Angaben über sämtliche Krankheiten, Medikationen und Behandlungen ersichtlich. Die Einvernahme eines an TBC erkrankten Insassen kann auch durch Videokonferenz erfolgen, um so eine Ausführung zu vermeiden.

Die Überprüfungen bei TBC schreibt die Bezirksverwaltungsbehörde vor. Soweit dies geschieht, werden diese auch durchgeführt. Grundsätzlich werden alle Neuzugänge auf TBC untersucht. Kontrolluntersuchungen nach der Infektionskrankheit MRSA sind nicht vorgesehen. Für generelle (zwangsweise) periodische Kontrolluntersuchungen von Bediensteten oder Insassen gibt es keine gesetzliche Grundlage, zumal auch mit solchen Untersuchungen eine gewisse Belastung verbunden ist. In Verdachtsfällen findet eine ärztliche Abklärung statt. Der zitierte Erlass sieht vor, den Bediensteten freiwillig eine jährliche Kontrolluntersuchung zu ermöglichen.

Die besondere Problematik ansteckender Erkrankungen bei Insassen von Justizanstalten ist bekannt und wird laufend beobachtet. Soweit sich ungewöhnliche Entwicklungen ergeben sollten, werden die erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden. Die Justiz verfügt in den Sonderkrankenanstalten Stein, Wien-Josefstadt und Wilhelmshöhe über Isolationshafträum­lichkeiten für infizierte Häftlinge. Zudem kann im Bedarfsfall auf öffentliche Krankenhäuser zurückgegriffen werden. 

Am Stichtag  23.7.2012 waren in der JA Stein alle zehn Isolationshafträume belegt, in der JA Wien-Josefstadt zwei von fünf bestehenden Isolationshafträumen, auf der Wilhelmshöhe vier von sechs Isolationshafträumen, in keinem Fall jedoch mit infizierten Insassen.

Im angefragten Zeitraum sind mir keine Beschwerden über ansteckende Krankheiten oder Infektionen bekannt geworden.

 

Wien,      . September 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl