1236/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.05.2009
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
|
|
(5-fach) |
|
|
Frau Präsidentin des Nationalrates Parlament 1010 Wien |
|
GZ: BMASK-10001/0162-I/A/4/2009 |
Wien, |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1340/J der Abgeordneten Schatz, Freundinnen und Freunde, wie folgt:
Einleitend möchte ich bemerken, dass nach den Bestimmungen des Arbeitslosenversicherungsgesetzes bei der Beurteilung der Notlage als eine Anspruchsvoraussetzung für die Notstandshilfe die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse des/ der Arbeitslosen selbst sowie des im gemeinsamen Haushalt lebenden Ehepartners (Lebensgefährten bzw. Lebensgefährtin) zu berücksichtigen sind.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (z.B. Erkenntnis vom 27.3.1990, Zl. 89/04/0181) ist bei Prüfung der Frage, ob eine Lebensgemeinschaft vorliegt, von den Erfahrungen des Lebens auszugehen. Demnach sind die wichtigsten Merkmale einer Lebensgemeinschaft das gemeinsame Zusammenleben, die gemeinsame Aufbringung des Lebensunterhaltes und die gegenseitige Unterstützung. Die Erfahrung des Lebens begreift unter einer Lebensgemeinschaft in diesem Sinne die tatsächliche Verbindung zwischen Mann und Frau, die nach dem Willen der Partner eine praktisch nicht gewollte Ehe ersetzen soll (auch: Erkenntnis vom 9.6.1951, Slg. Nr. 2133A).
Das Wesen einer Lebensgemeinschaft besteht in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspricht. Dazu gehört im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder – mit Ausnahme der Wirtschaftsgemeinschaft - ganz fehlen kann.
Aus der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kann aber schon im Hinblick darauf, dass die landläufige Bedeutung des Begriffs Lebensgemeinschaft nach den Erfahrungen des Lebens zu beurteilen ist und somit auch bei Leistung werbenden Personen als bekannt vorausgesetzt werden kann, keine zwingende vorausgehende Begriffserläuterung durch das Arbeitsmarktservice (AMS) abgeleitet werden. Tatsächlich hat der Verwaltungsgerichtshof bereits entschieden, dass das Arbeitsmarktservice vom Vorliegen einer Lebensgemeinschaft im Sinne der Rechtsprechung ausgehen darf, wenn die Notstandshilfe beziehende Person selbst vom Vorliegen einer Lebensgemeinschaft spricht und dies im gesamten Verfahren auch nicht bestreitet (so im Erkenntnis vom 29.10.2008, Zl.2007/08/0170).
Eine Prüfung durch die Behörde ist damit nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes lediglich in jenen Fällen vorzunehmen, in denen das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft bestritten wird.
Fragen 1 und 2:
Die Vorgangsweise des AMS bei der Beurteilung etwaiger Einkommen von Lebensgefährten bzw Lebensgefährtinnen entspricht der eingangs dargestellten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, weshalb eine solche nicht gesondert sichergestellt werden muss. Aus dem gleichen Grund ist auch eine gesonderte Frage nach dem Bestehen eines Unterhaltsanspruches oder eines regelmäßigen Beitrages zum Lebensunterhalt nicht erforderlich.
Fragen 3 und 4:
Der Entwurf der Art. 15a B-VG Vereinbarung des Bundes und der Länder über eine Bedarfsorientierte Mindestsicherung sieht in Art. 13 in Bezug auf die Anrechnung eines Partnereinkommens folgende grundsätzliche Regelung vor:
„Bei der Bemessung von Leistungen (…) sollen die zur Deckung der eigenen Bedarfe (…) zur Verfügung stehenden Leistungen Dritter, Einkünfte und verwertbares Vermögen berücksichtigt werden. Zu den Leistungen Dritter zählt auch jener Teil des Einkommens des im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltspflichtigen Angehörigen bzw. des Lebensgefährten oder der Lebensgefährtin, der den für diese Person (…) vorgesehenen Mindeststandard übersteigt.“
Zum Wesen einer Art. 15a B-VG Vereinbarung wäre allgemein festzuhalten, dass deren Inhalt erst durch Gesetze bzw. Verordnungen umgesetzt werden muss, bevor er eine Rechtswirkung für die Normunterworfenen entfalten kann. Aufgrund des Grundgedankens der Vereinbarung steht es den Ländern frei, abweichende Bestimmungen zu implementieren, solange diese günstiger sind.
Frage 5:
Ich verweise auf meine Antwort zu den Fragen 3 und 4.
Fragen 6 bis 10:
Die Vollzugskompetenz in Angelegenheiten der Sozialhilfe liegt gemäß Art. 12 Abs. 1 B-VG alleine bei den Ländern. Ich ersuche daher um Verständnis, dass ich die Fragen 6 bis 10, die sich nicht auf Angelegenheiten des Zuständigkeitsbereiches meines Ressorts beziehen, nicht beantworte.
Zur Klarstellung möchte ich erwähnen, dass auch die geplante Art. 15a B-VG Vereinbarung keine Änderung der Kompetenzen zwischen Bund und Ländern im Bereich der Bedarfsorientierten Mindestsicherung vorsieht. Dies bedeutet, dass die Länder weiterhin für die Gesetzgebung und Administration der Sozialhilfe bzw. Bedarfsorientierten Mindestsicherung zuständig sind. Das alleinige Korrektiv zum Verwaltungshandeln der Länder bleibt somit in Gestalt des Verwaltungsgerichtshofes aufrecht.
Frage 11:
Einen wesentlichen Beitrag des Bundes zur Bedarfsorientierten Mindestsicherung stellt der in der Vereinbarung vorgesehene Ausbau der mindestsichernden Elemente im Arbeitslosenversicherungsgesetz in Bezug auf die Notstandshilfe dar. Als Teilmaßnahme ist in diesem Zusammenhang eine Veränderung bei der Anrechnung von Partnereinkommen in der Weise geplant, dass durch die Anrechnung eines Partnereinkommens das Haushaltseinkommen künftig nicht mehr unter den Familienausgleichszulagenrichtsatz fallen kann.
Frage 12:
Der Internetauftritt des AMS untersteht allein dessen zuständigen Organen. Ich werde bei diesen aber selbstverständlich anregen, die Informationen zur Anrechnung von Lebenspartnereinkommen, insoweit diese unklar erscheinen, verständlicher im Sinne der eingangs zitierten Judikatur zu fassen.
Mit freundlichen Grüßen