12432/AB XXIV. GP

Eingelangt am 20.11.2012
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Landesverteidigung und Sport

Anfragebeantwortung

 

 

 


S91143/112-PMVD/2012                                                                                 20. November 2012

Frau
Präsidentin des Nationalrates

Parlament

1017 Wien

Die Abgeordneten zum Nationalrat Kunasek, Kolleginnen und Kollegen haben am 20. September 2012 unter der Nr. 12670/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend "Maßnahmen des Ministers zur Verbesserung des ‚mega-sinnlosen’ Grundwehrdienstes" gerichtet. Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu 1 bis 6, 13 und 14:

Im Artikel 9a Absatz 3 B-VG ist die umfassende Landesverteidigung festgeschrieben.

„Ihre Aufgabe ist es, die Unabhängigkeit nach außen sowie die Unverletzlichkeit und Einheit des Bundesgebietes zu bewahren, insbesondere zur Aufrechterhaltung und Verteidigung der immerwährenden Neutralität. Hiebei sind auch die verfassungsmäßigen Einrichtungen und ihre Handlungsfähigkeit sowie die demokratischen Freiheiten der Einwohner vor gewaltsamen Angriffen von außen zu schützen und zu verteidigen.“


Generalstabschef Mag. Edmund Entacher hat mir aber mitgeteilt, dass von 22.000 nur 8.000 Grundwehrdiener in Einsatzfunktionen eingeteilt waren. 60% der Rekruten werden laut Generalstabschef also nicht im Sinne des Auftrages nach Artikel 9a ausgebildet und eingesetzt.

Weiters berichtet der Chef des Generalstabes: „Der Grundwehrdienst auf Basis der allgemeinen Wehrpflicht kann per se nur begrenzt attraktiv sein.“         
„Derzeit hat das ÖBH sogar Probleme, jene, für die es grundsätzlich interessant ist, als Soldat zu dienen, an sich zu binden, der Versuch, auch für die wesentlich größere Gruppe der Grundwehrdiener attraktiver zu sein, ist in diesem Lichte ein hoher Anspruch.“     
„Eine Attraktivierung kann das Österreichische Bundesheer aus mannigfaltigen Gründen kaum leisten: die fordernde und interessante Ausbildung zum Einsatzsoldaten stößt sowohl beim Ausbildungssystem als auch bei der personellen und materiellen Sicherstellung an enge Grenzen.“

Dies bestätigt auch die Aussage von Generalleutnant Mag. Günter Höfler, Kommandant des Streitkräfteführungskommandos, welcher von der Kleinen Zeitung wie folgt zitiert wurde: „Nur jene, die länger als sechs Monate dienen, würden demnach eine Ausbildung an komplexen Waffensystemen erhalten“.

Basis meiner Überlegungen sind unter anderem diesbezügliche Äußerungen meiner Generäle. So hat Generalleutnant Höfler im Interview mit den Salzburger Nachrichten gesagt:  […] „Deshalb wollen wir die Grundwehrdiener auch nicht mehr an komplexen Waffensystemen ausbilden, sondern ausschließlich für Inlandsaufgaben, also dem sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatz, dem Schutz von Infrastruktur oder dem Katastrophenschutz“.

Ungeachtet des Umstandes, dass persönliche Einschätzungen von Mitgliedern der Bundes­regierung keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministeriums für Landesverteidi­gung und Sport im Sinne des Art. 52 B-VG in Verbindung mit § 90 Geschäftsordnungs­gesetz 1975 darstellen und somit nicht dem parlamentarischen Interpellationsrecht unter­liegen, ist festzuhalten, dass die Professionalisierung der Arbeitswelt auch vor dem Solda­tenberuf nicht halt gemacht hat und wir sukzessive rüstungstechnische und waffentechnolo­gische Entwicklungen erleben. Die Streitkräfte entwickeln sich analog gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Strömungen hin von Quantität zu Qualität. Dementsprechend ist die Wehr­pflicht meiner Meinung nach wenig effizient. Rekruten werden ausgebildet, um dann entlas­sen und nie wieder als Soldat verwendet zu werden. Zudem ist eine sechsmonatige Aus­bildungszeit zur Bewältigung der neuen Herausforderungen viel zu kurz bemessen. Aus meiner Sicht hat sich die Wehrpflicht somit überlebt.

Zu 7 bis 12:

In diesem Zusammenhang ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Präsenzdienst mit Wirkung vom 1. Jänner 2006 auf sechs Monate reduziert wurde. Dies machte es notwendig, auch die Grundlagen für die Ausbildung, im Konkreten die „Durchführungsbestimmungen für die Basisausbildung (DBBA)“, letztmalig aktualisiert mit Wirkung vom 1. Jänner 2012, anzupassen. Die DBBA enthält alle Ausbildungsziele, die für die einzelnen Funktionen auszubilden sind. Das Erreichen der Ausbildungsziele schafft die Grundlage für die Verwendung der Wehrpflichtigen im Grundwehrdienst. Bestimmte Funktionen können jedoch auf Basis eines sechsmonatigen Grundwehrdienstes nicht mehr zielgerichtet ausgebildet werden. Hierfür werden freiwillig längerdienende Soldaten vorgeschlagen.

Zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes wurde eine flexible, innovative Zeitordnung zur Einarbeitung der Samstagdienste von Dienstag bis Donnerstag eingeführt sowie Maßnahmen im Bereich Corporate Identity und zur Gesundheits- und Sicherheitsvorsorge gesetzt. Auch durch die Möglichkeit für Grundwehrdienst leistende Soldaten, das Österreichische Sport- und Turnabzeichen (ÖSTA) abzulegen, durch Wettkampforientierung und Würdigung besonderer Leistungen konnte die Motivation der Soldaten in der Ausbildung gesteigert werden. Darüber hinaus wurden umfassende Maßnahmen zur Sanierung von Unterkünften, Sani­täranlagen, Waschräumen, Küchen sowie die Erneuerung von Sportanlagen eingeleitet bzw. umgesetzt. Hierzu wurden alleine in den Jahren 2011 über 11,7 Mio. Euro und 2012 bisher über 14,8 Mio. Euro investiert. Zusätzlich erhielten die kleinen Verbände der Streitkräfte Budgetmittel zur unmittelbaren Verbesserung von Infra­struktur und Dienstbetrieb sowie zur „Attraktivierung des Grundwehrdienstes und des allgemeinen Dienstbetriebs“.