12465/AB XXIV. GP

Eingelangt am 30.11.2012
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0399-III/4a/2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 29. November 2012

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12699/J-NR/2012 betreffend Disziplinlosigkeit im Unterricht, die die Abg. Rupert Doppler, Kolleginnen und Kollegen am 2. Oktober 2012 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 7:

Gerade der in der im einleitenden Teil der gegenständlichen Parlamentarischen Anfrage hervor­gehobene Teilbefund der Studie, wonach in segregierten Gruppen die Gefahr besteht, dass Lernmotivation und Lernklima beeinträchtigt werden, unterstreicht die Notwendigkeit der vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur verfolgten Reformbestrebungen hin zu gemeinsamen Schulen mit adäquater Berücksichtigung und Nutzung von Diversität.

Für den Bereich der Neuen Mittelschulen wird bemerkt, dass durch eine engagierte, inklusive pädagogische Praxis eine Vielzahl von Problemen gar nicht eskaliert und die angesprochene „Disziplinlosigkeit“ so in vielen Fällen nicht zum Tragen kommt. Maßnahmen wie Verhaltensvereinbarungen und gemeinsam beschlossene Hausordnungen sollen dabei präventiv wirken. In besonderer Weise beinhaltet die Individualisierung entsprechendes Potenzial: Schülerinnen und Schüler, die sich im Unterricht herausgefordert und von den Lehrpersonen optimal beim Lernen unterstützt fühlen, übernehmen Verantwortung für das eigene Lernen und fördern Lernmotivation und Lernklima im Gesamten. Das pädagogische Konzept der Individualisierung wird in besonderer Weise an den Neuen Mittelschulen entwickelt und gepflegt.

Handelsschulen weisen durchaus eine inhomogene Zusammensetzung auf. Oftmals fordern Schülerinnen und Schüler Aufmerksamkeit und Zuwendung ein, die sie an anderer Stelle nicht erhalten. Dies nur als „Disziplinlosigkeit“ zu werten, wird allerdings dem Anspruch der Lehrerinnen und Lehrer der Handelsschule bei weitem nicht gerecht, einander wertschätzend zu begegnen. Um allfällige Defizite noch besser und effizienter abzubauen, wird derzeit an einem neuen Lehrplan für die Handelsschule (Praxis-Handelsschule) gearbeitet. Dabei wurde etwa auch die Stundendotierung im Unterrichtsgegenstand Deutsch deutlich angehoben. Weiters wird derzeit in einem Schulversuch die verbindliche Übung „Kompetenzorientiertes eigenverant­wortliches Lernen“ erprobt, die ganz gezielt der Steigerung des Leistungspotentials der Schülerinnen und Schüler der Handelsschule gewidmet ist, da in diesen Stunden Lernbegleitung und Coaching in den Bereichen Selbstorganisation, Problemlösungsstrategien, Motivations­strategien im Mittelpunkt stehen. Die Forschungsberichte zum derzeit laufenden Schulversuch „Praxis Handelsschule Neu“, die dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur kürzlich von der Wirtschaftsuniversität Wien (Institut für Wirtschaftspädagogik) und Karl-Franzens-Universität Graz (Institut für Wirtschaftspädagogik) vorgelegt wurden, bestätigten die positive Wirkung der geplanten Neuerungen. Grundsätzlich ist dieser Lehrplan kompetenz­orientiert angelegt und soll anhand handlungsorientierter Lehr- und Lernformen, wie insbe­sondere kooperatives offenes Lernen, dazu beitragen, Schülerinnen und Schüler zu eigen­ständiger und selbstverantwortlicher Arbeitsweise hinzuführen, für Einzelarbeit und besonders für Teamarbeit zu befähigen sowie zu sozialem und solidarischem Lernen und Handeln zu motivieren.

Dieser Schulversuch, der seit dem Schuljahr 2011/12 läuft, zeigt unter anderem, dass die verstärkte Arbeit im Klassenlehrkräfte-Team dazu führt, rascher als früher Probleme in der Klasse zu orten und diese in weiterer Folge konsequent zu beheben. Weiters zeigt sich, dass gemeinsam entwickelte und im Unterricht verfolgte Vorgaben nachhaltiger in der Klasse durch­gesetzt werden können. Verstärktes Team-Teaching führt dazu, dass eine individuellere Auseinandersetzung mit der einzelnen Schülerin bzw. dem einzelnen Schüler möglich wird. Auch die deutliche Anhebung der Stundendotierung des Unterrichtsgegenstandes „Persönlich­keitsbildung und Soziale Kompetenz“ auf insgesamt fünf Unterrichtsstunden zielt darauf ab, dass die Jugendlichen hinsichtlich ihrer personalen und sozialen Kompetenzen eine positive Entwicklung erfahren. Die verbindliche Übung „Kompetenzorientiertes eigenverantwortliches Lernen“, die mit fünf Stunden in der ersten Klasse angesiedelt ist, soll zu einer deutlichen Steigerung des Leistungspotentials der Schülerinnen und Schüler der Handelsschule führen.

Darüber hinaus wird auf die Beantwortung der Fragen 4, 5 und 6 hingewiesen.

 

Zu Frage 2:

Die Zuordnung zu den Leistungsgruppen wird im Rahmen der Bildungsdokumentation nicht erhoben. Es stehen daher auch keine statistischen Auswertungen der angefragten Art zur Verfügung. Zudem ist anzumerken, dass sich eine Schülerin oder ein Schüler in den verschiedenen Gegenständen, die in Leistungsgruppen gegliedert geführt werden, durchaus in unterschiedlichen Leistungsgruppen befinden kann und daher diese oder dieser über alle Gegenstände gesehen häufig nicht eindeutig einer Leistungsgruppe zugeordnet werden könnte.


Zu Frage 3:

Sprachliche Barrieren können vielfältige Folgen haben, es sind jedoch keine Befunde der ange­sprochen Art bekannt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 1 und 7 hingewiesen.

 

Zu Fragen 4 und 5:

Bereits im Rahmen der Ausbildung werden Studierende in den Bereichen Sozialkompetenz, Umgang mit Konflikten, Kommunikation und Persönlichkeitsbildung geschult und damit auf zukünftige Herausforderungen im Arbeitsbereich Schule vorbereitet. Auch wird besonderes Augenmerk auf die Kompetenzbereiche, Individualisieren, Differenzieren, Kooperation und Arbeiten in Teams und Reflexionsfähigkeit gelegt (Domänen der Lehrerinnen- und Lehrer­professionalität).

Auch im Bereich der Fort- und Weiterbildung werden in diesen Kompetenzfeldern Schwerpunkte gesetzt. Siehe dazu das Rundschreiben Nr. 22/2009 des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur zu den längerfristigen Schwerpunktsetzungen im Bereich der Fort- und Weiter­bildung, wo unter anderem „Gewaltprävention/der Umgang mit Konflikten“ zu den Leitprojekten und Ressortschwerpunkten entsprechend dem geltenden Regierungsprogramm gehört. Dazu werden von den Pädagogischen Hochschulen bedarfsorientiert Lehrveranstaltungsangebote erstellt bzw. werden Schulen ganz gezielt bei deren Fortbildungs- bzw. Entwicklungsvorhaben zu dieser Thematik im Rahmen von schulinternen Programmen unterstützt und begleitet.

 

Zu Frage 6:

Für Führungspersonen im Bildungsbereich ist es erforderlich, pädagogische, funktions­bezogene, soziale und personale Kompetenzen zu entwickeln, zu fördern und zu professionali­sieren. Führen ist heute eine kooperative Tätigkeit und verlangt hohe personale und kommuni­kative Kompetenzen. Auch erfolgreiches Klassenmanagement ist nicht allein das Ergebnis des Lehrkräftehandelns, es entsteht vielmehr innerhalb einer Schule, die sich der wechselseitigen Beziehung zwischen Schulmanagement als Voraussetzung erfolgreichen Klassenmanagements bewusst ist. Um schulische Führungskräfte auf diese anspruchsvollen Aufgaben vorzubereiten und sie in ihrer Tätigkeit begleiten zu können, werden im Rahmen der Aus-, Fort- und Weiter­bildung laufend Lehrveranstaltungen durchgeführt, die gezielt auf Persönlichkeitsbildung und Professionalisierung in der Führungsrolle abzielen. Insbesondere wurde durch das ab dem Studienjahr 2012/13 startende Angebot von Hochschullehrgängen mit Masterabschluss „Schul­management: Professionell führen – nachhaltig entwickeln“ ein besonderer Fokus auf Leadership-Kompetenzen gelegt, die dazu beitragen, eine partizipative Lernkultur für Lehrende und Lernende zu entwickeln und zu fördern. Neben dem Erwerb grundlegender Kompetenzen zur Führung schulischer Einheiten sollen Kompetenzen in den Bereichen Personalentwicklung und Teamentwicklung, Qualitätsmanagement und Qualitätsentwicklung, Schul- und Unterrichts­entwicklung sowie Außenbeziehung und Öffnung von Bildungseinrichtungen erworben werden.

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.