12518/AB XXIV. GP

Eingelangt am 05.12.2012
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                              Wien, am          November 2012

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0224-I/4/2012

 

 

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12737/J vom 5. Oktober 2012 der Abgeordneten Werner Neubauer, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1., 2. und 6.:

Das Pensionskassensystem wurde im Jahr 1990 als ein kapitalgedecktes Altersvorsorgesystem (2. Säule) in Ergänzung zur gesetzlichen Pensionsversicherung (1. Säule; Umlageverfahren) konzipiert. Das zu einem bestimmten Stichtag vorhandene Kapital wird verrentet und lebenslang ausbezahlt. Bei einem beitragsorientierten Modell besteht – im Gegensatz zum leistungsorientierten Modell – keine Nachschusspflicht des Arbeitgebers. Das Wesensmerkmal eines kapitalgedeckten Verfahrens ist, dass sich die jeweilige Kapitalmarktentwicklung sowohl zu Gunsten (höhere Pension) als auch zu Lasten (niedrigere Pension) der Pensionsberechtigten auswirken kann. Das Pensionskassensystem ist somit Teil der betrieblichen Altersvorsorge, dem der Kollektivgedanke zu Grunde liegt. Die Auszahlung von Pensionsleistungen erfolgt auf Grundlage eines Pensionskassenvertrages, der zwischen der Pensionskasse und dem Arbeitgeber abgeschlossen wird. Die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten sind aus diesem Vertrag als Vertrag zu Gunsten Dritter zwar berechtigt, jedoch nicht selbst Vertragspartner. Eine Beendigung des Pensionskassenvertrages kann daher auch nur durch die beiden Vertragspartner erfolgen; eine Ausstiegsmöglichkeit für aus dem Vertrag bloß begünstigte Anwartschafts- und Leistungsberechtigte ist nur als Ausnahme vorgesehen.

 

Wesentlich für das Pensionskassensystem ist der Grundgedanke der Langfristigkeit. Diesem Gedanken der Langfristigkeit würde es widersprechen, wenn einzelne Personen sich auf Grund aktueller negativer Entwicklungen auf den Kapitalmärkten ihre Pension abfinden lassen und damit die Veranlagungs- und Risikogemeinschaft verlassen könnten. § 12 PKG normiert, dass die Anwartschafts- und Leistungsberechtigten einer Pensionskasse hinsichtlich der versicherungstechnischen Risiken und der Veranlagungsrisiken grundsätzlich eine Gemeinschaft bilden. Das bedeutet, dass im Falle günstiger Entwicklungen auf den Kapitalmärkten und damit verbundener günstiger Entwicklung des veranlagten Vermögens einer Pensionskasse alle Leistungsberechtigten einer Pensionskasse profitieren, während im umgekehrten Fall einer negativen Entwicklung alle Leistungsberechtigten gleich betroffen sind. Auch diesem Gedanken der Risikogemeinschaft würde eine unbeschränkte Abfindungsmöglichkeit einer Einzelperson widersprechen.

 

Der Regelfall des Pensionskassengesetzes stellt daher die lebenslange Erbringung von Pensionsleistungen durch die Pensionskassen dar. Dies entspricht auch den allgemein anerkannten Regeln der Versicherungsmathematik. Eine lebenslange Pension kann nur dann bezahlt werden, wenn die vor dem statistischen Todeszeitpunkt Sterbenden den länger Lebenden etwas hinterlassen. Durch das Herausnehmen von Pensionskapital auf willkürlicher Basis würden die Rechnungsparameter der Rechnungsgrundlagen außer Kraft gesetzt werden, weil bei einer Auszahlungsmöglichkeit die Sterblichkeit nicht mehr bei der Berechnung der Pensionshöhe berücksichtigt werden dürfte. Dadurch würde sich auch eine etwaige Pensionshöhe verringern, was wohl auch nicht im Sinne des Gesetzgebers wäre. Eine derartige Auszahlungsmöglichkeit würde zu einer nachhaltigen Schädigung der im Pensionskassensystem Verbleibenden führen und dem kollektiven Charakter des Pensionssystems widersprechen. Ein Rückkauf von Pensionen ist auch bei der Lebensversicherung im Regelfall nicht möglich.


Das gemeinschaftliche Tragen von Gewinnen und Verlusten aus der Veranlagung des der Veranlagungs- und Risikogemeinschaft zugeordneten Vermögens ist mit einer Abfindung in Höhe der gesamten für den einzelnen Leistungsberechtigten gebildeten Deckungsrückstellung auf individueller Basis nicht vergleichbar.

 

Zu 3. und 4.:

Im Zuge der Vorwegbesteuerung gemäß § 48b PKG erfolgt keine vollständige Kapitalentnahme, sondern lediglich ein pauschaler Steuerabzug samt nachfolgender Steuerbegünstigung. Dieser Fall ist daher mit einer Abfindung in Höhe der gesamten für den einzelnen Leistungsberechtigten (Pensionsbezieher) gebildeten Deckungsrückstellung auf individueller Basis nicht vergleichbar.

 

Zu 5.:

Die Abfuhr aus der Vorwegbesteuerung gemäß § 48b PKG erfolgt einmalig zum Stichtag 30. November 2012. Seitens des Bundesministeriums für Finanzen ist weder eine Verlängerung noch eine andere vergleichbare Maßnahme geplant.

 

Zu 7.:

Der Wechsel von der Pensionskasse in die betriebliche Kollektivversicherung und auch umgekehrt von der betrieblichen Kollektivversicherung in die Pensionskasse ist nur in der Anwartschaftsphase bzw. spätestens zum Pensionsantritt zulässig. Darüber hinaus verbleibt das Kapital im System der betrieblichen Vorsorge. Dieser Fall ist daher ebenfalls mit einer Abfindung in Höhe der gesamten für den einzelnen Leistungsberechtigten gebildeten Deckungsrückstellung auf individueller Basis nicht vergleichbar.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen