12586/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.12.2012
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

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Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0408-III/4a/2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 10. Dezember 2012

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12800/J-NR/2012 betreffend „politische Bildung in Österreich“, die die Abg. Herbert Scheibner, Kolleginnen und Kollegen am 16. Oktober 2012 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Inhalte und Methodik der Politischen Bildung sind in den kundgemachten Lehrplänen geregelt. Diese sind nicht nur allen Schulpartnern, sondern der gesamten interessierten Öffentlichkeit auch auf verschiedenen Internetportalen zugänglich. Die Serviceeinrichtung Zentrum polis – Politik Lernen in der Schule bietet darüber hinaus eine zusammenfassende Darstellung (http://www.politik-lernen.at/site/basiswissen/politischebildung/lehrplaene). Aufgrund der Vielfalt der Lehrpläne würde eine Darstellung im Einzelnen den Rahmen der Beantwortung sprengen.

Politische Bildung wird je nach Schulart als selbständiges Unterrichtsfach oder als Kombina­tionsfach (zB. mit Geschichte und Sozialkunde) und als Unterrichtsprinzip unterrichtet. In der Volksschule sind beispielsweise wesentliche Inhalte des Sachkundeunterrichts der Politischen Bildung zuzuordnen. Im Bereich des berufsbildenden Schulwesens werden Politische Lehr­inhalte nicht nur an berufsbildenden höheren Schulen, sondern auch an berufsbildenden mittleren Schulen und Berufsschulen vermittelt, manchmal als eigener Gegenstand „Politische Bildung und Recht“, manchmal in Kombination mit „Geschichte“.

Im Rahmen der Demokratie-Initiative der österreichischen Bundesregierung wurde ein Kompe­tenzmodell zur Politischen Bildung erarbeitet, das seither schrittweise implementiert wird. Ziel eines kompetenzorientierten Unterrichts ist ein reflektiertes und (selbst)reflexives Politik­bewusstsein. Dabei geht es nicht vorrangig um den Erwerb möglichst umfangreichen Wissens, sondern um Lernangebote, die zum politischen Denken und Handeln befähigen. Politische Urteils-, Handlungs- sowie Sachkompetenz und politikbezogene Methodenkompetenz zielen auf eine politische Mündigkeit, die eine politische (und gesellschaftliche) Teilhabe ohne Anleitung durch Dritte ermöglicht (zB. zivilcouragiert handeln, Verantwortung als Wählerin bzw. Wähler wahrnehmen etc.).

 

Zu Fragen 2 und 3:

Es wird auf das Prinzip der Methodenfreiheit gemäß § 17 Schulunterrichtsgesetz verwiesen, wonach die Lehrkraft in eigenständiger und eigenverantwortlicher Unterrichts- und Erziehungs­arbeit – in Entsprechung des Lehrplanes der betreffenden Schulart – die Aufgabe der österreichischen Schule im Sinne des § 2 Schulorganisationsgesetz zu erfüllen hat. Die „Lern­inhalte“ sind in den Lehrplänen verankert, die als Verordnungen der Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur erlassen und kundgemacht werden. Für die Politische Bildung gelten dieselben Richtlinien wie für alle anderen Unterrichtsgegenstände. Anlassbezogen können einzelne Aktivitäten – wie zB. Klassenfahrten – nach Maßgabe der schulrechtlichen Bestimmungen mit den Schulpartnern beraten werden.

 

Zu Fragen 4 und 5:

Die Lehrkräfte sind nach Maßgabe der schul- und dienstrechtlichen Bestimmungen verpflichtet eine Unterrichts- und Erziehungsarbeit entsprechend den in Beantwortung der Fragen 2 und 3 postulierten Grundsätzen zu leisten.

Dazu wird auch auf den Grundsatzerlass Politische Bildung, RS Nr. 15/1994, verwiesen, in dem Folgendes ausgeführt wird: „Erzieherischer Grundsatz muß es sein, daß bei Stellungnahmen und Wertungen stets auch abweichende Meinungen aufgezeigt werden im Hinblick darauf, daß in der Demokratie auch verschiedene Wertvorstellungen und Meinungen nebeneinander bestehen können, sofern sie den für unsere Gesellschaft gültigen Grundwerten verpflichtet sind bzw. diese nicht verletzen. Gegensätzliche Interessen sollen offen dargestellt und unter­schiedliche Auffassungen im Dialog ausgetragen werden, zumal das Gespräch eine wichtige Voraussetzung dafür ist, einen Konsens zu finden oder einen Kompromiß zu erzielen. Diese Art der Unterrichtsführung und des Erziehens stellt hohe Ansprüche an das fachliche und päda­gogische Können und an die Einsatzfreude des Lehrers sowie an seine Fähigkeit, auf den Schüler in partnerschaftlicher Weise einzugehen. Der Lehrer wird Politische Bildung (gerade angesichts der oft starken Bindungen zwischen Lehrer und Schüler) keinesfalls zum Anlaß einer Werbung für seine persönlichen Ansichten und politischen Auffassungen machen. Erfordert es die Situation, daß der Lehrer seine persönlichen Ansichten darlegt, so wird er streng darauf zu achten haben, daß durch seine Stellungnahme abweichende Meinungen nicht diskreditiert werden und daß die Schüler eine kritisch-abwägende Distanz zu dieser persönlichen Stellung­nahme des Lehrers aufrechterhalten können.“

Die Überprüfung der Einhaltung der genannten Grundsätze wird durch die Schulleitungen gewährleistet und durch Visitationen der Schulaufsicht sichergestellt.


Zu Fragen 6 und 7:

Den zuständigen Organisationseinheiten im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind keine Fälle der angesprochen Art bekannt bzw. es liegen keine diesbezüglichen Beschwerden vor.

 

Zu Frage 8:

Grundsätzlich werden Lehrpläne regelmäßig aktualisiert; Inhalte werden angepasst und sowohl Themen als auch Methodik/Didaktik unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Fachexpertise aktualisiert. Dazu finden regelmäßige Fachtagungen von Expertinnen und Experten der einzelnen Fachgruppen statt, auf denen über die Aktualität von Lehrplaninhalten diskutiert wird und diese laufend überarbeitet werden.

 

Zu Frage 9:

Dazu wird auf das Rundschreiben des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur vom 7. Oktober 2008, RS Nr. 13/2008, hingewiesen, das in diesem Zusammenhang ausführt, dass die Entscheidung über die Zulässigkeit schulfremder Werbung dem Schulleiter bzw. der Schul­leiterin obliegt. Dieser bzw. diese hat in einem ersten Schritt darüber zu befinden, ob Werbung im Sinne des § 46 Schulunterrichtsgesetz vorliegt. Der Besuch von Schulen durch Politiker oder Politikerinnen lässt jedenfalls – unabhängig vom deklamierten Grund dieses Besuches – eine zumindest latente Werbewirkung für die entsprechende politische Partei bzw. Ideologie nicht ausschließen. Politiker und Politikerinnen sind Personen des öffentlichen Lebens und werden daher selbst bei Auftritten mit nicht politischen Inhalten als parteizugehörig wahrgenommen. Eine getrennte und somit objektivierte Wahrnehmung der werbenden Person und deren partei­politischen oder ideologischen Zugehörigkeit durch Schüler und Schülerinnen ist kaum vorstell­bar.

Sofern Lehrer und Lehrerinnen im Rahmen ihrer eigenständigen und eigenverantwortlichen Gestaltung des Unterrichts (§ 17 Schulunterrichtsgesetz) die Einbeziehung von außer­schulischen Experten oder Expertinnen in den Unterricht in Erwägung ziehen, ist ebenso darauf zu achten, dass im oben dargestellten Sinn von den konkreten Personen keinerlei Werbe­wirkung für eine politische Partei ausgeht.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.