12601/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.12.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

BMJ-Pr7000/0257-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 12810/J-NR/2012

Der Abgeordnete zum Nationalrat Heinz-Christian Strache und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Fußfessel für den Sexualstraftäter von Salzburg“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1, 2, 4 bis 15, 22, 23, 25 bis 27, 40 bis 42, 44 bis 47, 51, 52, 54 bis 56, 58 und 59 und 101:

Diese Fragen betreffen Akte der unabhängigen Rechtsprechung oder zielen auf die Bekanntgabe von Informationen über Verfahrensinhalte ab, die nur im Wege der Akteneinsicht erlangt werden können. Eine Bewilligung der Einsichtnahme in Gerichtsakten ist jedoch ein Akt der unabhängigen Rechtsprechung. Ich ersuche ferner um Verständnis, dass ich als Bundesministerin für Justiz Entscheidungen der unabhängigen Gerichte aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben inhaltlich weder zu erörtern noch zu kommentieren habe.


Zu 3:

Gegen H. B. wurde Anklage wegen Vergewaltigung, versuchter Vergewaltigung, Missbrauch eines Autoritätsverhältnisses und versuchter schwerer Nötigung erhoben.

Zu 16 und 17 bis 21:

Diese Fragen betreffen keine Angelegenheiten meines Vollziehungsbereichs, weil es ausschließlich Angelegenheit der Privatbeteiligten ist, ob diese auf Zahlung des gesamten, im Adhäsionserkenntnis zugesprochenen Geldbetrages bestehen und gegebenenfalls einen Exekutionsantrag stellen.

Ich darf aber an dieser Stelle daran erinnern, dass das Bundesministerium für Justiz seit dem Jahr 2000 Einrichtungen der Opferhilfe fördert, die juristische und psychosoziale Prozessbegleitung anbieten. Im Rahmen dieser Prozessbegleitung wird hilfsbedürftigen Gewaltopfern – vorwiegend Frauen, die Opfer von Sexualdelikten geworden sind, aber auch Kindern und jungen Menschen – kostenlos psychosoziale Betreuung und anwaltliche Vertretung gewährt. Seit dem 1. Jänner 2006 besteht ein Rechtsanspruch auf Prozessbegleitung für bestimmte Opfer und Angehörige von Opfern von Straftaten.

Die Psychosoziale Prozessbegleitung umfasst die Stärkung der Betroffenen zur Vorbereitung auf das Verfahren und die mit ihm verbundenen emotionalen Belastungen sowie die Begleitung zu Vernehmungen im Vor- und Hauptverfahren.

Die juristische Prozessbegleitung umfasst die rechtliche Beratung und Vertretung durch einen Rechtsanwalt. Die Prozessbegleiter sind berechtigt, die Schadenersatzansprüche im Strafverfahren (Rechte des Privatbeteiligten) geltend zu machen.

Das Bundesministerium für Justiz ersetzt den Prozessbegleitung gewährenden Einrichtungen die dadurch entstandenen Ausgaben. Im Jahr 2011 wurden für die Prozessbegleitung von 4.292 Betroffenen durch 45 Opferhilfeorganisationen 4.611.067,63 Euro aufgewendet.

Zu 24:

Ich kann mich in diesem Zusammenhang nur auf bekannt gewordene Tatsachen beziehen. Vom Opfer V. E. wurde am 12. November 2012 Anzeige gegen H. B. wegen des Verdachts der gefährlichen Drohung und der beharrlichen Verfolgung erstattet, wobei sich die Vorwürfe teils auch auf Handlungen beziehen, die nach der Verurteilung gesetzt worden sein sollen.

Zu 28 und 29:

Die Aussagen der vier Zeuginnen wurden auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft. Aus den Angaben der Zeugin C. T. ließ sich der Verdacht der Vergewaltigung ableiten.

Zu 30, 33 und 34:

Die Anzeige des Landeskriminalamtes Salzburg datiert vom 24. April 2006. Am 28. April 2006 wurde seitens der Staatsanwaltschaft der Antrag auf Einleitung der Voruntersuchung gegen H. B. und W. B. wegen §§ 201 ff StGB beim zuständigen Landesgericht Salzburg gestellt.

Am 7. Juni 2006 wurde die kontradiktorische schonende Vernehmung der C. T. durchgeführt.

Zu 31:

Bei allen vorgeworfenen Taten betreffend V. E. und C. T. wurden die Verjährungsfristen überprüft und als nicht vorliegend angenommen.

Zu 32 und 36:

Der Aktenvermerk ist der Staatsanwaltschaft Salzburg bekannt und war in der Strafanzeige des Landeskriminalamtes Salzburg gegen H. B. und W. B. enthalten. 

Zu 35 und 38:

Das Verfahren gegen H. B. im Umfang des Tatvorwurfes zum Nachteil der C. T. wurde mit Verfügung vom 21. Juli 2006 gemäß § 109 Abs. 1 StPO aF aus Beweisgründen (und nicht infolge Verjährung) eingestellt.

Zu 37:

Letztlich führten der Aktenvermerk und die niederschriftliche Einvernahme der C. T. zur Durchführung der kontradiktorischen Vernehmung der C. T. im Zuge der Voruntersuchung durch den Untersuchungsrichter.

Zu 39:

Die Belehrung in Richtung § 218 Abs. 3 StGB ist offenbar deshalb unterblieben, weil § 218 Abs. 1 Z 1 StGB (mit dem hier relevanten Norminhalt) erst mit 1. Mai 2004 in Kraft getreten ist und die von drei Zeuginnen geschilderten Handlungen jedenfalls vor diesem Datum gesetzt wurden, mithin bereits aus diesem Grund nicht tatbestandsmäßig waren.

Eine vierte Zeugin vermochte den Tatzeitpunkt nicht näher einzugrenzen, sodass auch in diesem Fall im Zweifel von einer Begehung vor dem 1. Mai 2004 auszugehen war. Lediglich der Vollständigkeit halber halte ich fest, dass die geschilderten Handlungen großteils auch nicht den Tatbestand des § 218 Abs. 1 Z 1 StGB idgF erfüllen.

Zu 43:

Im Verfahren gegen W. B. wurde – über die bereits im Verfahren gegen H. B. und W. B. bekannt gewordenen Vorwürfe hinaus – von der Zeugin R. J. angegeben, sie habe nach einem Streit zwischen V. E. und W. B. eine Rötung an der Wange der V. E. bemerkt. Da die Tatbestandsmäßigkeit iSd § 83 Abs. 1 StGB nicht zu erweisen war, wurde diesbezüglich gemäß § 190 Z 2 StPO vorgegangen.

Zu 48:

Maßnahmen zur Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes von Kindern und Jugendlichen gegen Gewalt wurden zuletzt mit der am 1. Jänner 2012 in Kraft getretenen Strafgesetznovelle 2011 getroffen. Dabei kam es insbesondere zu Strafschärfungen im Wege des neu geschaffenen § 39a StGB, dem neuen Straftatbestand gegen „Grooming“.

Derzeit wird in meinem Ressort die Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU “zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI” vorbereitet, wobei ich hervorheben möchte, dass in Österreich aufgrund des bestehenden hohen Schutzniveaus nur punktuelle Änderungen erforderlich sind.

Die Verbesserung des Opferschutzes stand auch im Zentrum nahezu aller strafprozessualer Änderungen der letzten Jahre.

Zu 49:

Der Freispruch durch das Schöffengericht erfolgte aus Beweisgründen. Da die Beweiswürdigung im schöffengerichtlichen Verfahren von der Staatsanwaltschaft zum Nachteil des Angeklagten nicht angefochten werden kann, hat sie den Freispruch nicht bekämpft.

Zu 50 und 53:

Im Wesentlichen bedingte das während 2008 und 2009 bis zum Einlangen des Gutachtens am 1. Februar 2010 abgewartete Verfahrensergebnis die lange Dauer des Wiederaufnahmeverfahrens. Danach schlossen sich zwei Rechtsgänge und eine Erkrankung der Vorsitzenden des Drei-Richter-Senats an, sodass letztlich (rechtskräftig) am 23. November 2011 über den Wiederaufnahmeantrag abgesprochen werden konnte.

Zu 57:

Diese Frage betrifft keinen Akt der Vollziehung.

Zu 60:

·         12. bis 14. Dezember 2007: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg

·         25. bis 29. Jänner 2008: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg

·         27. März bis 3. April 2008: Akt bei 27 Ur 154/07s Landesgericht Salzburg

·         20. bis 22. August 2008: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg

·         18. Dezember 2008 bis 19. Februar 2009: Akt bei der Staatsanwaltschaft

·         8. bis 27. Oktober 2009: Akt bei 5 E 1009/08z Bezirksgericht Salzburg

·         10. bis 22. Februar 2010: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg zu AZ 16 St 275/08y

·         28. bis 29. Oktober 2010: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg

·         15. November bis 13. Dezember 2010: Akt beim Oberlandesgericht Linz

·         23. bis 31. März 2011: Akt bei der Staatsanwaltschaft Salzburg

·         25. Juli 2011 bis 6. Dezember 2011: Akt beim Oberlandesgericht Linz

·         17. Februar bis 7. März 2012: Akt beim Oberlandesgericht Linz

·         3. April bis 10. August 2012: Akt bei der Justizanstalt Floridsdorf (Begutachtungs­stelle)

·         10. bis 20. August 2012: Akt bei der Vollzugskammer

·         3. September 2012: Akt bei der Vollzugskammer

·         10. September bis 31. Oktober 2012: Akt beim Verwaltungsgerichtshof

 

Zu 61:

·         16. Mai 2006: 45 Kopien an den Verteidiger

·         14. Dezember 2006: 61 Kopien an den Verteidiger

·         14. Mai 2008: 145 Kopien an Privatbeteiligte V. E. persönlich

Von der Staatsanwaltschaft Salzburg wurde im Ermittlungsverfahren 16 St 275/08y die Herstellung von Ablichtungen der Ordnungsnummern 2, 5, 6, 7, 9, 10, 12, 15, 16 und 35 aus dem Akt 40 Hv 147/06a des Landesgerichtes Salzburg verfügt und an die Sachverständige weitergeleitet, wo sie verblieben. Bei der Staatsanwaltschaft befindet sich nur noch die Ausfertigung des vom Verurteilten im Wiederaufnahmeantrag (vgl. Seite 3 des Antrages, Band I, Seite 455) vorgelegten (roten) Ordners, der auch im Strafakt erliegt. Dass der genannte Akt kopiert worden wäre, ist aus dem Akt nicht ersichtlich. Nach dem Bericht des Präsidenten des Oberlandesgericht Linz ist auch dem Vorsitzenden des Schöffensenates nicht erinnerlich, dass eine Kopie erstellt worden wäre.

Zu 62 und 63:

Dem Akt sind keine weiteren Anträge auf Akteneinsicht zu entnehmen. Amtsvermerke etc. über erfolglose Vorsprachen sind nicht aktenkundig.

Zu 64:

Grundsätzlich kommt einem Opfer das Recht auf Akteneinsicht zu (§ 66 Abs. 1 Z 2 StPO), allfällige Konsequenzen einer fehlenden Akteneinsicht sind je nach Ursache und Verfahrensstand unterschiedlich. Eine ungerechtfertigte Verweigerung einer Akteneinsicht ist aber nicht verifizierbar. Daher sind derzeit auch keine dienstaufsichtsbehördlichen Maßnahmen indiziert.


Zu 65 und 66:

Den Vorwürfen der V. E. ließ sich kein wie immer gearteter Hinweis auf eine Erfüllung der von § 220a StGB geforderten Publizitätserfordernisse entnehmen.

Zu 67:

V. E. hat einen solchen Vorwurf in einem E-Mail an den Sachbearbeiter des Landeskriminalamtes Salzburg erhoben (Verfahren 16 St 275/08y der Staatsanwaltschaft Salzburg). In Betracht zu ziehen sind die Tatbestände des § 208 Abs. 1 StGB, § 2 Abs. 1 lit. c Pornographiegesetz. W. B. wurde zu diesem Sachverhalt vernommen, weitergehende Ermittlungen gegen H. B. konnten im Hinblick auf § 192 Abs. 1 Z 1 StPO unterbleiben.

Zu 68 bis 100, 102 bis 106, 108 bis 112.2:

Die Beschäftigung des Verurteilten im Hausarrest wurde sowohl durch den Verein Neustart im Auftrag der Justiz, als auch durch vorgelegte Unterlagen (Bestätigung des Arbeitsgebers, Dienstvertrag, Versicherungsdatenauszug) sowie durch direkte Kontaktaufnahme mit dem Arbeitgeber eingehend kontrolliert. Das Beschäftigungsverhältnis wurde einerseits vor der Entscheidung über diese Vollzugsform und andererseits unmittelbar vor Haftantritt geprüft. Die regelmäßige Vorlage von Arbeitszeitbestätigungen ist Teil der dem Antragsteller erteilten Auflagen, darüber hinaus finden Kontrollen am Arbeitsplatz statt, wobei auch der Aufenthaltsort des Verurteilten während der vorgegebenen Arbeitsstunden bzw. dessen Übereinstimmung mit den Arbeitsadressen geprüft wird. Derzeit besteht kein Grund, am Vorliegen der gesetzlichen Bedingung des § 156c Abs. 1 Z 2 lit. b StVG zu zweifeln. Das Vorhandensein einer Beschäftigung während des Hausarrests ist gesetzliche Voraussetzung, nicht das Vorhandensein einer Beschäftigung in der Vergangenheit. Gerade darin, dass Menschen sich wieder in ein geregeltes Beschäftigungsverhältnis begeben, um eine Voraussetzung für den Hausarrest zu erfüllen, liegt ein wesentlicher Vorteil und Effekt dieser Vollzugsform. Der Arbeitslohn wird dem Verurteilten vom Arbeitgeber auf dessen Konto überwiesen. Durch die zum Einsatz kommende GPS-Überwachungstechnik können die jeweiligen Aufenthaltsorte nachvollzogen werden. Der Verurteilte arbeitet primär auf Baustellen, nicht in Privathaushalten.

Dass vom Verurteilten keine besondere Gefahr ausgeht, ist allerdings ohnehin Voraussetzung der Bewilligung dieser Vollzugsform und liegt den Entscheidungen, die ich zu vollziehen habe, auch zugrunde. Dem Arbeitgeber ist die Vorgeschichte des Verurteilten bekannt. Für entsprechende Mitteilungen an Dritte bestehen weder Anlass noch Rechtsgrundlage. Eine „garantierte Sicherheit“ besteht gegenüber niemandem; insbesondere Sexualdelikte werden größtenteils von bekannten Personen aus der persönlichen Umgebung eines Opfers begangen, selten von Fremden. Ob der Verurteilte vor Antritt seiner Haftstrafe an einer Party teilgenommen hat, ist ohne Einfluss auf die Entscheidung über diese Vollzugsform. Im Rahmen des Vollzugs unterliegt er einem Alkoholverbot. Der Verurteilte wohnt seit vielen Jahren in jener Unterkunft, in der er den elektronisch überwachten Hausarrest zu verbüßen hat. Ein besonderes Risiko, welches sich aus der Verbüßung des elektronisch überwachten Hausarrests ergeben sollte, ist nicht zu erkennen, zumal der Verurteilte nun engmaschig überwacht und sozialarbeiterisch betreut wird.

Wenn der Verurteilte in seinem Antrag im Gegensatz zum seinerzeitigen Prozessverhalten auf seine (nunmehrige) Akzeptanz der Entscheidung hinwies, so handelt es sich um ein Parteienvorbringen, das im Zuge der Entscheidung durch die Vollzugsbehörden zu prüfen und je nach Ausgang der Prüfung in die Entscheidung einzubeziehen war. Dasselbe gilt für die einzuholende Äußerung der BEST und den Bericht von NEUSTART.

Insofern der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2012, Zl. 2012/01/0119, einer gegen die bewilligende Entscheidung erhobenen Amtsbeschwerde keine Folge gegeben hat, ist davon auszugehen, dass diese Entscheidung der Vollzugskammer dem Gesetz entspricht.

Die Ergreifung einer solchen Amtsbeschwerde war das einzige mir dagegen zu Gebote stehende Mittel.

Die Einschätzung, ob eine Gefahr besteht, der Verurteilte werde die Vollzugsform des elektronisch überwachten Hausarrests missbrauchen, stellt eine Prognosebeurteilung dar, bei der vor dem Hintergrund der in den Gesetzesmaterialien genannten Aspekte auf die Wohnverhältnisse, das soziale Umfeld und allfällige Risikofaktoren abzustellen ist. Bei der Erstellung dieser Prognose besteht für die Strafvollzugsbehörden ein Beurteilungsspielraum, wobei die Entscheidung anhand der gesetzlichen Kriterien zu begründen ist. In diesem Zusammenhang stellt die Äußerung der BEST ein Element der Risikobeurteilung durch die Vollzugsbehörde dar, in die auch weitere Elemente wie das Verhalten des Verurteilten seit der Tat, die ohne weitere Straftaten vergangene Zeit, absolvierte Therapien, allfällige andere gutachterliche Stellungnahmen und insgesamt die konkreten Lebensumstände im Zeitpunkt der Entscheidung einzubeziehen sind.

Die BEST hat eine Äußerung abzugeben, eine Entscheidungskompetenz kommt ihr nicht zu, sie hat auch kein Gutachten zu erstatten, für das eine Befundung des Verurteilten erforderlich wäre. Die auf Basis statistisch-nomothetischer Untersuchungen abgegeben Äußerungen der BEST nehmen ausgehend von den Tatumständen zum Grad der relativen (Un-) Wahrscheinlichkeit Stellung, mit der mit einer einschlägigen Wiederholungstat zu rechnen ist, wobei im Rahmen einer Wahrscheinlichkeitsbetrachtung in der Zukunft liegende Straftaten naturgemäß weder mit absoluter Sicherheit angenommen, noch ausgeschlossen werden können. Die Bewilligung oder Nichtbewilligung hat diese Äußerung einzubeziehen, erfolgt daher „mit Rücksicht“ und nie „entsprechend“ oder „entgegen“ dieser Äußerung. Die Vollzugskammer hat sich im konkreten Fall sehr eingehend und im Bewusstsein der Umstände ihres Zustandekommens mit dieser Äußerung auseinandergesetzt. Die Vollzugsdirektion konnte hingegen bei ihrer Entscheidung die Tatsache mitberücksichtigen, dass seit dem Deliktszeitraum mehrere Jahre vergangen waren, ohne dass es zu weiteren Straftaten gekommen wäre und hat diesem Umstand maßgebliche Bedeutung zugemessen. Das Verfahren 16 St 275/08y (offenbar: der StA Salzburg), das nicht gegen den Verurteilten geführt wurde, wurde eingestellt. Ein amtsärztliches Gutachten zum Alkoholkonsum des Verurteilten wurde nicht eingeholt, ihm allerdings die Auflage erteilt, sich jedes Alkoholkonsums zu enthalten. Das Alkoholverbot wird durch stichprobenartige Kontrollen auf seine Einhaltung geprüft. Jeder Verstoß gegen diese Bedingung ist ein Widerrufsgrund. Das gesamte Verhalten des Verurteilten bis zu dieser Entscheidung wurde – soweit bekannt und von Relevanz – in die Entscheidung über die Vollzugsform des elektronisch Hausarrests einbezogen, insbesondere auch, ob es weitere Straftaten (Verurteilungen) gab. Insofern der Genannte jedoch von der Anklage, er habe das Opfer auch am Körper verletzt, rechtskräftig freigesprochen wurde, war dieser Vorwurf nicht einzubeziehen.

Im Übrigen habe ich diese unabhängig getroffene Entscheidung, die der Verwaltungsgerichtshof zwischenzeitig auch als dem geltenden Recht entsprechend bestätigt hat, nicht zu kommentieren, sondern zu vollziehen, wobei selbstverständlich auf die genaueste Einhaltung der auferlegten Bedingungen geachtet werden wird. Ergänzend weise ich auf die von mir vorgeschlagenen Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen hin, die künftig die gänzliche Verbüßung von Freiheitsstrafen im elektronisch überwachten Hausarrest in vergleichbaren Fällen ausschließen.

Ich gehe davon aus, dass alle an der Administration des elektronisch überwachten Hausarrests beteiligten Institutionen einschließlich NEUSTART entsprechend den Intentionen des Gesetzes größtes Interesse daran haben, dass es zu keinen Missbräuchen dieser Vollzugsform kommt, die wiederum diese Vollzugsform als solche (und damit auch die Aufgaben von NEUSTART in diesem Zusammenhang) in Frage stellen könnten. NEUSTART ist der Justiz seit vielen Jahren als verlässlicher Partner verbunden.

Zu 107:

Am 16. November 2012 langte eine neue Anzeige der V. E. bei der Staatsanwaltschaft Salzburg ein. Darüber hinaus wurde seit der Verurteilung des H.B. bzw. der Einstellung des gegen W.B. geführten Ermittlungsverfahrens nach den mir zur Verfügung stehenden Informationen keine Anzeige gegen H.B. oder W.B. an die Staatsanwaltschaften erstattet.

 

Wien,      . Dezember 2012

 

 

Dr. Beatrix Karl