12611/AB XXIV. GP

Eingelangt am 17.12.2012
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

 

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

Beschreibung: Logo-solo

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0412-III/4a/2012

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 12. Dezember 2012

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 12838/J-NR/2012 betreffend Beschimpfungen von Lehrerinnen und Lehrern an Österreichs Schulen, die die Abg. Dr. Walter Rosenkranz, Kolleginnen und Kollegen am 17. Oktober 2012 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Fragen 1 und 2:

Der genannte Vorfall war dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur vor der Parlamentarischen Anfrage nicht bekannt. Lokale schulische Konflikte sind folgend der Konzeption des Bundes-Schulaufsichtsgesetzes von der zuständigen Schulbehörde erster Instanz zu lösen.

 

Im Zusammenhang mit den gegenständlichen Fragestellungen wurde im Wege der Befassung des zuständigen Landesschulrates für Oberösterreich der Sachverhalt erhoben. Entsprechend der Berichterstattung ereignete sich der im einleitenden Teil der Parlamentarischen Anfrage unter Bezugnahme auf einen Artikel in der GÖD-Fachzeitschrift „Weg in die Wirtschaft“ geschilderte Vorfall an der Bundeshandelsakademie und Bundeshandelsschule in Gmunden wie folgt:


Der Schüler der 1. Klasse der Handelsakademie beschimpfte am Donnerstag, den 15. März 2012 die Lehrkraft in Rechnungswesen. Vorangegangen war offensichtlich eine mündliche Aufgabe durch die Lehrkraft (Buchungssatz). Der Schüler nannte gemäß eigener Aussage und Aussagen der Mitschülerinnen und Mitschüler insgesamt dreimal die richtige Zahl des Ergebnisses und erhielt ein Minus, da diese Zahl laut der Lehrkraft falsch war. Nach Angaben der Mitschülerinnen und Mitschüler gab der nächste mit der Aufgabenstellung konfron­tierte Mitschüler die gleiche Zahl als Ergebnis an, die von der Lehrkraft als richtig bestätigt wurde. Daraufhin fühlte sich der Schüler ungerecht behandelt und lief aus der Klasse. Als er zurückkam, ging er laut Aussage der Lehrkraft in Richtung seines Platzes, blieb wieder stehen und beschimpfte sie – wie im genannten Artikel der GÖD-Fachzeitschrift „Weg in die Wirtschaft“ zitiert – äußerst grob und beleidigend.

 

Zu Frage 3:

Auf Betreiben des Schulleiters wurde der Schüler mit Bescheid des Landesschulrates für Oberösterreich vom 16. März 2012 aufgrund der ordinären Beschimpfungen und der verbalen Bedrohung gegenüber der Lehrkraft vom Unterricht suspendiert.

 

Nach Auskunft des Landesschulrates für Oberösterreich besteht an der Bundeshandels­akademie und Bundeshandelsschule in Gmunden ein Maßnahmenkatalog bei Fehlverhalten und disziplinären Verstößen. Gemäß Punkt 4 dieses Kataloges ist vor Einberufung einer Disziplinar­konferenz eine Konfliktregelung bzw. Schadenswiedergutmachung anzustreben. Mit der Konfliktregelung wurde seitens der Schulleitung eine dafür speziell ausgebildete Lehrkraft beauftragt.

 

Die Suspendierung des Schülers dauerte bis zum 10. April 2012. Nach Ablauf der Suspen­dierung wurde am 11. April 2012 eine Unterschriftenliste zur Anberaumung einer Disziplinar­konferenz vorgelegt. Seitens des Schulleiters wurde am selben Tag eine kurze Dienst­besprechung durchgeführt, wobei den Lehrkräften mitgeteilt wurde, dass mit der verhängten Suspendierung die Angelegenheit abgeschlossen sei. Im Anschluss fanden mehrere Besprechungen, zum Teil auch im Beisein des zuständigen Schulaufsichtsorgans, statt, in deren Rahmen Gespräche mit der Klasse und dem Lehrerkollegium geführt wurden. Die gewählte Vorgangsweise von einer Disziplinarkonferenz Abstand zu nehmen wurde gemäß Darstellung der Schulleitung von der Kollegenschaft akzeptiert. Desgleichen wurde seitens der Personal­vertretung eine Disziplinarkonferenz als nicht mehr notwendig erachtet. Die Schülervertretung setzte sich ebenfalls für den Schüler ein und bat um eine „zweite Chance“, wobei sich die Schülervertretung überzeugt zeigte, dass er diese nützen werde. Bis zum Vorfall am 15. März 2012 war der Schüler disziplinär nicht in Erscheinung getreten. Auch im aktuellen Schuljahr 2012/2013 gab es bisher keine disziplinären Vorfälle.

 

Die Konsequenz für den Schüler aus seinem Fehlverhalten war daher die Suspendierung vom 16. März 2012 bis zum 10. April 2012. Aus den oben genannten Gründen wurde in der Folge von der Schulkonferenz kein Antrag auf Ausschluss des Schülers gemäß § 49 Abs. 2 des Schulunterrichtsgesetzes an den Landesschulrat für Oberösterreich gestellt.

 

Zu Fragen 4, 5 und 6:

Den zuständigen Organisationseinheiten im Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur sind keine anderen Fälle der angesprochenen Art bekannt. Hinsichtlich „Beschimpfungen“ und „Attacken“ gegen Lehrkräfte ist zu bemerken, dass im Hinblick auf die gegebene Dezentrali­sierung im Schulwesen und im Zusammenhang mit den Zuständigkeiten bei Schulen und Schul­behörden weder eine entsprechende Datenbasis zu den angesprochenen Themenfeldern noch einheitliche statistische Verfahren existieren.

 

Zu Frage 7:

Entsprechend der Berichterstattung des Landesschulrates für Oberösterreich hat das zuständige Schulaufsichtsorgan die Lehrkraft gebeten durch das Zurücknehmen der Anzeige einen Beitrag zur Deeskalation zu leisten. Die Lehrkraft ist diesem Ersuchen nicht nachgekommen und hat die Anzeige nicht zurückgezogen. In der Folge hat die Staatsanwaltschaft die Anzeige – vor der Veröffentlichung des im einleitenden Teil der Parlamentarischen Anfrage zitierten Artikels – zurückgelegt.

 

Zu Frage 8:

Eine derartige Vorgehensweise fand – wie in den Ausführungen zu Frage 7 dargelegt – nicht statt.

 

Zu Frage 9:

Die genannte berufsbildende Schule fällt in den Zuständigkeitsbereich des Landesschulrates für Oberösterreich.

 

Zu Fragen 10 und 15:

Gewaltprävention an Schulen ist dem Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ein wichtiges Anliegen. Die laufende Initiative „Weiße Feder – Gemeinsam für Fairness und gegen Gewalt“ steckt sich die Ziele, zu sensibilisieren, soziale Kompetenzen von Lehrkräften sowie von Schülerinnen und Schülern zu stärken sowie die Verantwortlichkeit und Zivilcourage zu fördern. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur fördert die Etablierung einer Verein­barungskultur an Schulen, im Rahmen derer Verhaltensvereinbarungen mit genau definierten Pflichten und Konsequenzen bei Nichteinhaltung festgelegt werden. Im Rahmen von Präven­tionsprojekten und Schulentwicklungsprozessen werden Schulen dabei unterstützt, sich derartiger Problemlagen in grundsätzlicher Weise anzunehmen. Dazu dienen auch die im Rahmen der Initiative „Weiße Feder“ entwickelten Angebote (siehe www.weissefeder.at). Im Rahmen der Initiative sind an thematischen Schwerpunkten weiters etwa die Professionali­sierung der Lehrerinnen- und Lehreraus- und -fortbildung zur Stärkung der Sozialkompetenz, der Ausbau von Programmen zur Gewaltprävention und der Ausbau des Unterstützungssystems für die Schulen vorgesehen. Alle Maßnahmen und Programme, die im Zusammenhang mit sozialem Lernen und Gewaltprävention an Schulen gesetzt werden, kommen auch den Lehr­kräften zugute.

 

Zu Frage 11:

Wie den Ausführungen zu Frage 3 zu entnehmen ist, wurde die zuständige Schulbehörde sofort aktiv und hat den Schüler vom Schulbesuch suspendiert. Eine Körperverletzung fand im gegen­ständlichen Fall nicht statt.

 

Zu Fragen 12 und 13:

Nach der Berichterstattung des Landesschulrates für Oberösterreich war das im Artikel geschilderte Ritual des Verbrennens der Sachverhaltsdarstellung, die im Auftrag der Schul­leitung von einem Lehrer mit Kommunikationstrainerausbildung initiiert und begleitet wurde, symbolhaft als ein „abschließendes Zeichen“, das Geschehene hinter sich zu lassen und einen Neustart zu versuchen, intendiert. Da die gewählte Vorgehensweise mehrdeutig interpretiert werden konnte, wurde dem Lehrer vom zuständigen Schulaufsichtsorgan die Weisung erteilt, im konkreten Fall nicht mehr als Mediator zu fungieren.

 

Zu Frage 14:

Im Rahmen der Mitwirkung der Schule an der Erziehung der Schülerinnen und Schüler hat die Lehrkraft gemäß § 47 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes in ihrer Unterrichts- und Erziehungs­arbeit die der Erziehungssituation angemessenen persönlichkeits- und gemeinschaftsbildenden Erziehungsmittel anzuwenden, die insbesondere Anerkennung, Aufforderung oder Zurecht­weisung sein können. Diese Maßnahmen können auch vom Klassenvorstand und von der Schulleitung, in besonderen Fällen auch von der Schulbehörde erster Instanz ausgesprochen werden.

Darüber hinaus kann die Schulleitung gemäß § 47 Abs. 2 des Schulunterrichtsgesetzes, wenn es aus erzieherischen Gründen oder zur Aufrechterhaltung der Ordnung notwendig erscheint, eine Schülerin bzw. einen Schüler in eine Parallelklasse, bei lehrgangsmäßigen Berufsschulen auch in einen anderen Lehrgang versetzen. Wenn mit einer solchen Maßnahme nicht das Auslangen gefunden werden kann, kann die Schulkonferenz (bei Schulen, die in Fach­abteilungen gegliedert sind, die Abteilungskonferenz) die Stellung eines Antrages auf Ausschluss der Schülerin bzw. des Schülers gemäß § 49 Abs. 2 des Schulunterrichtsgesetzes androhen.

Wenn eine Schülerin bzw. ein Schüler seine Pflichten in schwerwiegender Weise verletzt und die Anwendung von Erziehungsmitteln gemäß § 47 des Schulunterrichtsgesetzes oder von Maßnahmen gemäß der Hausordnung erfolglos bleibt oder wenn das Verhalten eine dauernde Gefährdung von Mitschülerinnen bzw. Mitschüler oder anderer an der Schule tätigen Personen hinsichtlich ihrer Sittlichkeit, körperlichen Sicherheit oder ihres Eigentums darstellt, ist die Schülerin bzw. der Schüler gemäß § 49 Abs. 1 des Schulunterrichtsgesetzes von der Schule auszuschließen.

Bei Gefahr im Verzug hat die Schulbehörde erster Instanz gemäß § 49 Abs. 3 des Schul­unterrichtsgesetzes eine Suspendierung auszusprechen, welche mit höchstens vier Wochen bemessen werden darf.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.