12648/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.12.2012
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

BMJ-Pr7000/0267-Pr 1/2012


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 12883/J-NR/2012

Die Abgeordneten zum Nationalrat Josef Bucher, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „§ 220b StGB – BZÖ-Offensive: Mehr Kinderschutz jetzt!“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Eine Auswertung aus der Verfahrensautomation Justiz ergibt, dass seit dem Jahr 2009 in elf Fällen ein Tätigkeitsverbot ausgesprochen wurde, davon in den Jahren 2009 und 2010 jeweils zwei, im Jahr 2011 vier und im Jahr 2012 bis einschließlich 23. November 2012 drei. In zwei Fällen wurde ein Tätigkeitsverbot mit unbegrenztem Datum auferlegt, in sieben Fällen in der Dauer von fünf Jahren und in zwei Fällen in der Dauer von drei Jahren. Darüber hinausgehende Daten sind automationsunterstützt nicht auswertbar bzw. unterliegen datenschutzrechtlichen Einschränkungen.


Zu 4:

Die neue Richtlinie 2011/93/EU „zur Bekämpfung des sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der Kinderpornographie sowie zur Ersetzung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI“ sieht in Art. 10 Abs. 1 vor, dass Personen, die wegen eines Sexualdeliktes gegenüber einem Kind rechtskräftig verurteilt wurden, zur Vermeidung der Wiederholungsgefahr vorübergehend oder dauerhaft von zumindest beruflichen Tätigkeiten, bei denen es zu direkten und regelmäßigen Kontakten mit Kindern kommt, ausgeschlossen werden können.

Die in Geltung befindliche Bestimmung des § 220b StGB geht insofern über die Vorgaben dieser Richtlinie hinaus, als sie auch ehrenamtliche Tätigkeiten erfasst, bleibt aber anderer­seits insoweit hinter der Richtlinie zurück, als sie nur Tätigkeiten erfasst, die die Erziehung, Ausbildung oder Beaufsichtigung Minderjähriger einschließen, während sich die Richtlinie auf sämtliche – dafür aber nur berufliche – Tätigkeiten mit direkten und regelmäßigen Kontakten zu Kindern bezieht. Da die Richtlinie nur Mindeststandards in den Mitgliedstaaten vorschreibt, sind weitergehende nationale Regelungen selbstverständlich zulässig. In meinem Ressort wird derzeit die Umsetzung der Richtlinie 2011/93/EU vorbereitet, wobei ich hervorheben möchte, dass in Österreich aufgrund des bestehenden hohen Schutzniveaus nur punktuelle Änderungen erforderlich sind.

Auch die Richtlinie 2011/93/EU unterscheidet wie die österreichische Regelung des § 220b StGB zwischen einem befristeten und einem unbefristeten Tätigkeitsverbot, weil das Verbot einen schwerwiegenden Eingriff für den Betroffenen darstellt. § 220b StGB sieht sogar eine gerichtliche Strafbarkeit bei Verstoß gegen das Tätigkeitsverbot vor. Ein generelles lebens­langes Tätigkeitsverbot unabhängig von den Umständen des Einzelfalls ist hingegen auch unter dem Aspekt der verfassungsgesetzlich verankerten Erwerbsfreiheit bedenklich.

 

Wien,      . Dezember 2012

 

 

 

Dr. Beatrix Karl