12738/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.01.2013
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BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 
Anfragebeantwortung

NIKOLAUS BERLAKOVICH

Bundesminister

 

 

 

 

 

 

 

 

An die                                                                                                Zl. LE.4.2.4/0201 -I 3/2012

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien                                                                                        Wien, am 7. JAN. 2013

 

 

 

 

Gegenstand:   Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Harald Jannach, Kolleginnen

                        und Kollegen vom 09. November 2012, Nr. 13015/J, betreffend

                        Rechnungshofbericht - Leaderproblematik

 

 

 

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Harald Jannach, Kolleginnen und Kollegen vom 09. November 2012, Nr. 13015/J, teile ich Folgendes mit:

 

Eingangs darf darauf hingewiesen werden, dass der Ausdruck „Leaderproblematik“ aus der Sicht des BMLFUW inadäquat ist und nicht der grundsätzlich erfolgreichen Umsetzung des Schwerpunktes „Leader“ im Rahmen des Österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums 2007 – 2013 entspricht.


Seit Beginn der Programmumsetzung wurden in den 86 österreichischen Leader-Regionen über 6.800 Projekte umgesetzt, die ihre Ziele in großem Umfang erreichten und enorm positive Effekte auf die Entwicklung der jeweiligen Region und des ländlichen Raums insgesamt haben. Der Rechnungshof hat lediglich Potenziale zur Verbesserung der Programmverwaltung aufgezeigt und leistet damit einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Umsetzungsstrukturen. Daraus den Begriff „Leaderproblematik“ zu konstruieren ist eine unseriöse Polemik.

 

Zu Frage 1:

 

Der Standpunkt des Rechnungshofes, dass eine nationale finanzielle Beteiligung über die Mindestkofinanzierung hinaus weder rechtmäßig noch angebracht sei, wird nicht geteilt. Vielmehr sehen die EU-Rechtsgrundlagen – in diesem Fall Artikel 70(3) der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005[1] nationale Beteiligungen bis zu 80 % der öffentlichen Mittel vor. Ebenfalls nicht zutreffend ist die verwendete Formulierung „nicht notwendigerweise“, da der Finanzplan auf Basis der Analyse des Programmgebietes und der darauf basierenden Strategie erstellt wurde. Die über die Mindestkofinanzierung hinaus im Schwerpunkt Leader eingesetzten Mittel unterliegen keinem Earmarking und kommen daher nicht spezifisch definierten Vorhaben zu Gute.

 

Zu Frage 2:

 

Nationale Kofinanzierungsmittel im Rahmen des österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums 2007 – 2013 sind jene Mittel des Bundes und der Bundesländer, die den ELER-Mitteln gegenübergestellt und als öffentliche Mittel von der Zahlstelle AMA an die Projektträger angewiesen werden. Ist eine Gemeinde Projektträger oder an einem Projektträger beteiligt (wie das beispielsweise bei lokalen Aktionsgruppen der Fall ist) sind die eingesetzten Gemeindemittel Eigenmittel des Projektträgers. Über die Zusammensetzung der Eigenmittel aller Projektträger liegen keine aggregierten Daten vor.

 

Zu Frage 3:

 

Die erste Runde zur Auswahl von Leader-Regionen wurde im Dezember des Jahres 2007 abgeschlossen. Die Jahre 2008 und 2009 standen im Zeichen der Etablierung der Leader-Regionen, der Projektplanung und der Projektvorbereitung. Im Laufe des Jahres 2010 nahm die Projektumsetzung verstärkt zu. Die Prüfung des Rechnungshofes begann bereits im ersten Halbjahr 2010, zu einem Zeitpunkt, zu dem nur sehr wenige Projekte bereits vollständig umgesetzt waren und daher noch keiner abschließende Bewertung unterzogen werden konnten. Auch muss eingeräumt werden, dass in der Startphase die Abläufe für die Meldung der Evaluierungsdaten durch die bewilligenden Stellen (z.B. in den Bundesländern) nicht problemlos funktioniert haben.

 

Zu Frage 4:

 

Die Vorwürfe und Kritikpunkte des Rechnungshofes können weder alle bestätigt noch vollständig abgelehnt werden. Generell ist festzuhalten, dass die Prüfungen des österreichischen Rechnungshofes eine wichtige Funktion zur Weiterentwicklung von Politik und ihrer Umsetzung haben. Das trifft  auch auf das Programm für die ländliche Entwicklung zu.

 

Die Leader-Prüfung selbst fand teilweise bereits im ersten Halbjahr 2010 statt, zu einem Zeitpunkt, als die Leader-Regionen gerade erst einmal ein Jahr als solche bestanden und vieles noch in der Anlaufphase war.

 

Zahlreiche Empfehlungen und Anregungen des Rechnungshofes wurden bereits vor dessen Prüfung bzw. im Zuge dessen Prüfung umgesetzt. Dazu zählen beispielsweise die Aktualisierung von Basisdaten, die Überarbeitung von Zielindikatoren oder die Entwicklung und Implementierung eines Monitoring-Tools innerhalb der Zahlstellensoftware, das eine bessere Steuerung der Umsetzung ermöglicht. Weitere Anregungen wurden auf der Basis des Berichts aufgenommen und umgesetzt, einige – aufwändig umsetzbare – lassen sich effektiv erst in der nächsten Periode berücksichtigen. Einige Punkte werden nicht umgesetzt werden, überwiegend dann, wenn der zusätzliche Aufwand im Vergleich zum erkennbaren bzw. merkbaren Nutzen nicht gerechtfertigt erscheint.

 

Der Prüfbericht erweckt den Eindruck, dass der Rechnungshof den Punkten Effizienz, Sparsamkeit und Einfachheit in der Programmverwaltung zu wenig Bedeutung beigemessen hat. Die administrativen Anforderungen an die Programmverwaltung würden bei Umsetzung aller Vorschläge des Rechnungshofes sukzessive nach oben geschraubt, auch wenn der damit erzielbare Nutzen nur bedingt erkennbar ist. Auf die Angemessenheit der Empfehlungen des Rechnungshofes ist daher besonderes Augenmerk zu legen. In einigen Bereichen wurden die Recherchen offenbar zu oberflächlich durchgeführt. Aus den Programmevaluierungen – die bei diesem Programm in besonderer Dichte vorliegen – lässt sich zweifellos mehr ableiten als dies der Rechnungshof zugesteht.

Einige wesentliche Kritikpunkte treffen schlicht und einfach nicht zu, oder zumindest bestehen dazu unterschiedliche Sichtweisen zwischen der prüfenden und der geprüften Stelle. Das betrifft in erster Linie den Einsatz von nationalen Mitteln über das Mindesterfordernis hinaus (vgl. Antwort zu Frage 1).

 

Zu Frage 5:

 

Seitens der Programmverwaltung – in die auch die Bundesländer eingebunden sind – wurden alle notwendigen Schritte unternommen, um eine ordnungsgemäße und qualitativ hochwertige Durchführung des Programms sicherzustellen. Jedes Projekt wird dementsprechend auf seine Förderfähigkeit geprüft und evaluiert. Dabei sind selbstverständlich auch die geplanten Wirkungen der Vorhaben darzustellen.

 

Es ist aber auch anzumerken, dass bei der für Leader typischen hohen Vielfalt an Projekten – bislang wurden über 6.800 Projekte mit einer enormen thematischen Vielfalt fördertechnisch genehmigt – die Einhaltung der hohen Qualitätsanforderungen in Einzelfällen von einer zentralen Stelle nicht vollständig garantiert werden kann. Dies kann insbesondere bei innovativen Projekten der Fall sein, für deren Umsetzung keine Erfahrungswerte vorliegen oder bei denen sich die Rahmenbedingungen in eine andere Richtung entwickelt haben.

 

Zu den Fragen 6 bis 8:

 

Einige Empfehlungen wurden bereits umgesetzt, das betrifft sowohl die Bundes- als auch die Landesebene. Beispielsweise wurden in Kärnten die Umsetzungsstrukturen angepasst, etwa durch die Auflösung der Regionalmanagement Kärnten GmbH. In Salzburg wurden die Genehmigungsverfahren geändert. Auf Bundesebene wurden die Basisdaten aktualisiert und die Zielindikatoren angepasst. Weiters wurde das Monitoring-Tool der AMA-Datenbank zur Überwachung der Umsetzung zwischenzeitlich vollständig implementiert, die Auswahlkriterien in der Sonderrichtlinie Leader angepasst, die Datenbank dahingehend angepasst, dass eine Endauszahlung ohne erfasste Evaluierungsindikatoren nicht mehr möglich ist oder der Begleitausschuss über Evaluierungsergebnisse informiert (was auch ohne Hinweis des Rechnungshofes geplant war).


Auch war es von Anfang an geplant, zusätzlich zu den In-House-Vergaben laufend Evaluierungsaufträge an Dienstleister zu vergeben (wird umgesetzt). Ein Training für Förderabwickler zur Sensibilisierung in Fragen der Chancengleichheit wurde durchgeführt.

 

Für die kommende Programmplanung wird eine Vielzahl an Empfehlungen berücksichtigt werden, beispielsweise werden Zielwerte zeitgerecht festgelegt werden, das Abwicklungssystem wird überprüft werden, das LAG-Auswahlverfahren wird die entsprechenden Empfehlungen beinhalten, die Vorgaben für die Gestaltung des LAG-Managements werden konkreter festgelegt werden, genauso wie Vorgaben für die Geschäftsordnungen, um Beispiele zu nennen. Allerdings ist anzumerken, dass diese Schritte nicht allein auf Basis der Empfehlungen des Rechnungshofes gesetzt werden. Diese Weiterentwicklung der Umsetzungsvorgaben wäre auch aufgrund von Evaluierungen bzw. neuen Vorgaben der europäischen Rechtsgrundlagen entsprechend vorgenommen worden.

 

Der Bundesminister:

 



[1] Vgl. ABl. L 277 vom 21.10.2005, S. 1