12743/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.01.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

GZ. BMVIT-11.000/0034-I/PR3/2012    

DVR:0000175

 
An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 


Wien, am       . Jänner 2013

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Moser, Freundinnen und Freunde haben am 8. November 2012 unter der Nr. 12999/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Mittelverwendung des Verkehrssicherheitsfonds (VSF, „Wunschkennzeichen-Fonds“) gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

 

Zu den Fragen 1 bis 8:

Ø  Trifft es zu, dass bei der Vergabe der aus VSF-Mitteln finanzierten, ab Herbst 2009 durchgeführten „Alkohol am Steuer“-Kampagne trotz eines nach der ersten Runde des Vergabeverfahrens gefundenen Bestbieters überraschend eine zweite Runde angesetzt wurde?

Ø  Wenn nein, in welcher anderen Weise stellen sich Ablauf und Ergebnis dar?

Ø  Trifft es zu, dass in dieser zweiten Runde ein neuer, in der ersten Runde unterlegener Bieter trotz höherer Kosten als Bestbieter festgelegt wurde?

Ø  Wenn ja, wie erklären Sie dies im Sinne Ihrer vehementen Ausführungen, wonach hier alles „sparsam, wirtschaftlich und zweckmäßig“ abgelaufen sein soll?

Ø  Wenn nein, in welcher anderen Weise stellen sich Ablauf und Ergebnis dar?

Ø  Trifft es zu, dass dessen Gewinner-Idee der des Bestgereihten aus der ersten Reihe erstaunlich ähnlich war?

Ø  Wenn nein, in welcher anderen Weise stellt sich dies dar?

Ø  Ist es richtig, dass solcherart letztlich eine Agentur aus einer in intensiven Geschäftsbeziehungen zum BMVIT stehenden Gruppe, in der auch die SPÖ-Personalie Niko P. nach dem Scheitern beim Anlauf aufs Vorzimmer des ORF-Generals versorgt werden konnte, zum Zug kommen konnte?


Bei dem von der Bundesbeschaffung GmbH als vergebende Stelle im Auftrag des bmvit eigenverantwortlich durchgeführten Vergabeverfahren kam ein zweistufiges Verfahren (Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung) zur Anwendung. In der ersten Stufe erfolgte eine Interessentensuche. Die besten fünf Agenturen wurden zur Angebotslegung eingeladen. Die Angebote wurden geprüft und im Beisein jeder Agentur hinsichtlich Adaptierungen / Verbesserungen / Ergänzungen besprochen. Die entsprechend adaptierten Angebote waren die Letztangebote („last and final offer“) und wurden sodann kommissionell bewertet. Aus dieser Bewertung ging die Agentur LOWE GGK als Bestbieter hervor, weshalb ihr der Zuschlag erteilt wurde. Somit ist der Bestbieter aus dem Vergabeverfahren und die mit der Umsetzung der Kreation beauftragte Agentur ident (LOWE GGK).

 

 

Zu den Fragen 9 bis 13:

Ø  Ist es richtig, dass eine Jury über die Vergabe der VSF-Kampagnen entscheidet, in der unter anderem der Beirat des VSF - allerdings durch einen weisungsgebundenen Ressort-Mitarbeiter - vertreten ist?

Ø  Wenn ja, wie passt dies zur wiederholt bemühten, formalistischen Verteidigungslinie, dass das BMVIT mit dieser Vergabe nichts zu tun habe, weil alles bei der BBG liege?

Ø  Trifft es zu, dass die Rechtmäßigkeit der Vergabepraxis „bereits im Sommer“ (2012, also Jahre nachdem es immer wieder Kritik daran gab) „genau geprüft und als korrekt beurteilt worden“ sei?

Ø  Trifft es zu, dass genau derjenige hohe Beamte des BMVIT diese Prüfung und Beurteilung selbst vorgenommen hat, der die vom Kabinett veranlassten Inseratenschaltungen etc abzusegnen hatte?

Ø  Was können Sie dem Eindruck entgegenhalten, dass diese von höchster BMVIT-Ebene präsentierte Rechtfertigung unterm Strich wenig Substanz hat, wenn ein Hauptinvolvierter letztlich seinem eigenen Handeln einen Persilschein ausstellt?

 

Das Vergabeverfahren wurde im Auftrag des bmvit eigenverantwortlich von der BBG als vergebende Stelle durchgeführt. Die Besetzung von Vergabekommission und Bewertungskommission erfolgte in Abstimmung mit der BBG. Die Vergabekommission bestand aus zwei VertreterInnen der BBG und drei VertreterInnen des bmvit. Die Bewertungskommission setzte sich aus je einer/einem VertreterIn der Projektpartner (AUVA, Wr. Städtische, KfV) sowie vier VertreterInnen des bmvit zusammen. Der Geschäftsführer der Bundesbeschaffungsgesellschaft (BBG) hat klargestellt, dass das Verfahren zur Vergabe der Kampagne "vergaberechtskonform abgewickelt" und "der Vertrag bestandsfest" ist.

 


Zu den Fragen 14 bis 17:

Ø  Ist es zutreffend, dass mit dem Amtsantritt Ihres Amtsvorgängers Werner Faymann im BMVIT der Anteil von Inseratenkampagnen u.dgl. an den (ebenfalls massiv angehobenen) Ausgaben des VSF a) sprunghaft anstieg und b)auch nach dem Wechsel an der Ressortspitze weiterhin hoch blieb?

Ø  Wenn ja, wie erklären Sie dies?

Ø  Wenn nein: Wie anders als in Frage 8 skizziert stellt sich dies dar?

Ø  Wie hoch waren seit 2006 bis heute a) die jährlichen Gesamtausgaben des VSF, b) der Anteil von Medienkampagnen, Inseratenvergaben, Medienkooperationen u.dgl. an diesen Gesamtausgaben? Bitte um tabellarische Darstellung.

 

Gemäß VSF-Richtlinien und gesetzlicher Vorgaben (§ 131a Kraftfahrgesetz) fördert der VSF – unabhängig von der jeweiligen Ressortleitung – seit jeher "Maßnahmen zur Hebung der Verkehrssicherheit, wenn an ihnen ein erhebliches öffentliches Interesse besteht und sie daher geeignet sind, zur Sicherung oder Steigerung des Gemeinwohles [...] beizutragen". Die Finanzierung von Verkehrssicherheitskampagnen gehört somit zu den ureigensten Aufgaben des Verkehrssicherheitsfonds. Kampagnen, wie zum Beispiel gegen Alkohol am Steuer, für die Verwendung von Gurten oder mehr Rücksichtnahme im Verkehr sind unerlässlich, um das Bewusstsein der VerkehrsteilnehmerInnen für verantwortungsvolles Verhalten im Straßenverkehr zu schärfen. Der Erfolg und die Wirkung der zum Teil sogar preisgekrönten Kampagnen werden regelmäßig evaluiert und zeigen sich in der Zahl kontinuierlich sinkender Unfallzahlen. Die Zahl der Verkehrstoten ist, nicht zuletzt auf Grund intensiver Informationsarbeit, im Jahr 2011 auf einem historischen Rekordtief gelegen.

Alle weiteren Informationen können Sie dem Tätigkeitsbericht des Verkehrssicherheitsfonds entnehmen.

 

 

Zu den Fragen 18 bis 20 und 25 bis 30:

Ø  Wie hoch war seit 2006 bis heute der Anteil a) der im Wege des Direktzugriffs des Ressortchefs/der Ressortchefin vergebenen VSF-Gelder, b) der im Wege von Beiratsempfehlungen vergebenen VSF-Gelder an den jährlich insgesamt ausgegebenen VSF-Geldern? Bitte um tabellarische Darstellung.

Ø  Welche Evaluierungsprojekte zu Erfolg und Wirkung der aus VSF-Mitteln finanzierten Kampagnen, Inseratenvergaben, Medienkooperationen u.dgl. wurden seit 2007 konkret wann, von wem und mit welchem Mittelaufwand durchgeführt? Bitte um tabellarische Darstellung.

Ø  Wo und seit wann sind die Ergebnisse dieser Evaluierungsprojekte im Einzelnen öffentlich zugänglich?

Ø  Trifft es zu, dass VSF-Beiratsmitglieder „keinen Einblick in die genauen Abrechnungen“ des VSF nehmen durften und ihnen dies vorenthalten wurde, wie von einem Ex-Beirat in der Tageszeitung „Kurier“ angegeben?

Ø  Wenn ja, wie erklären Sie diese Vorgehensweise?

Ø  Wenn nein, wie ist die Vorgangsweise bei der Offenlegung von genauen Abrechnungen für VSF-finanzierte Projekte tatsächlich?

Ø  Warum sind die jährlichen Tätigkeitsberichte des VSF für die Öffentlichkeit nicht ohne weiteres einsehbar?


Ø  Warum liegt – der BMVIT-Homepage zufolge – noch kein Tätigkeitsbericht des VSF für das Jahr 2011 vor?

Ø  Werden Sie eine Verbesserung in diesem Bereich, zB eine zeitnahe Download-Möglichkeit über die Ministeriums-Homepage, vorsehen? Wenn nein, warum nicht?

 

Alle gewünschten Informationen sind dem Tätigkeitsbericht zu entnehmen. Der gemäß VSF-Richtlinien zu erstellende Tätigkeitsbericht wurde in schriftlicher bzw. elektronischer Form allen Beiratsmitgliedern, den Ersatzmitgliedern sowie den VertreterInnen der Länderverkehrssicherheitsfonds übermittelt. Dies ist aktenmäßig dokumentiert. Weiters können interessierte Personen die Tätigkeitsberichte des VSF bereits jetzt jederzeit auf der bmvit-Webseite (http://www.bmvit.gv.at/verkehr/strasse/sicherheit/fonds/index.html) anfordern. Der aktuelle Tätigkeitsbericht ist jener aus dem Jahr 2011. Gemäß VSF-Richtlinien hat die Geschäftsführung des VSF der Ressortleitung spätestens bis zum 30. April des Folgejahres den Tätigkeitsbericht vorzulegen. Ab diesem Zeitpunkt kann der Bericht auch über die bmvit-Webseite angefordert werden.

 

 

Zu Frage 21:

Ø  Wie gelangen höchste Kreise des BMVIT zur öffentlich vertretenen Ansicht, dass die Kampagne „äußerst erfolgreich“ gewesen sei - angesichts der Tatsache, dass die Alkoholunfälle im Umsetzungszeitraum nur geringfügig stärker als die Gesamt-Unfälle und nur halb so stark wie in Deutschland sanken, wobei dieser Rückgang überdies von fachkundigen Experten auf die Wirtschaftskrise (signifikant weniger Lokalbesuche, daher weniger Freizeitfahrten mit Alko-Risiko) zurückgeführt wird?

 

Die mehrdimensionale Evaluierung der Alkoholkampagne zeigte Effekte in mehreren Bereichen, die unmittelbar im Zusammenhang mit dieser Präventionsmaßnahme stehen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Ergebnisse im Verhaltensbereich. Hier ist der Anteil der auf Alkohol positiv getesteten LenkerInnen rückläufig, wobei sich deutliche Zusammenhänge mit den beiden Kampagnenschaltungswellen finden. Auch ist ein Rückgang der Anzeigen wegen Überschreitung der gesetzlichen Alkoholgrenzen nach alkoholbezogenen Verkehrskontrollen zu verzeichnen, wobei vor allem die Anzeigen ab 0,8 Promille zurückgegangen sind. Dies bedeutet, dass die Kampagne vor allem LenkerInnen erreicht hat, von denen ein erhöhtes Verkehrssicherheitsrisiko ausgeht, was im Sinne der Effizienz als besonders positiv zu bewerten ist. Außerdem findet sich auch bei den Alkoholunfällen ein rückläufiger Trend, der im Zusammenhang mit der Alkoholkampagne zu sehen ist. Unter Berücksichtigung der altersgruppenspezifischen Ergebnisse kann festgestellt werden, dass die Kampagne insbesondere LenkerInnen der jüngeren und mittleren Altersgruppe angesprochen hat.

 


Zu den Fragen 22 bis 24:

Ø  Trifft es zu, dass andere im VSF eingereichte Projekte aufgrund des stark zunehmenden Volumens der Inseratenschaltungen und Spot-Platzierungen nicht umgesetzt werden konnten, wofür offenbar auch „Geldmangel“ als Begründung genannt wurde?

Ø  Wenn ja, wie erklären Sie diese im Hinblick auf einen optimalen, „zweckmäßigen“ Einsatz der für Verkehrssicherheitsarbeit zur Verfügung stehenden Mittel aufklärungsbedürftige Vorgehensweise?

Ø  Wenn nein, ist es also nicht zutreffend, dass im VSF eingereichte Projekte abgelehnt werden „mussten“?

 

Projekte wurden nur dann abgelehnt, wenn fachliche Gründe gegen eine Unterstützung gesprochen haben. Ablehnungen aus rein finanziellen Gründen erfolgten nicht.

 

 

Zu den Fragen 30 und 31:

Ø  Welche Inhalte und Aussagen des medial (u.a. SN 9./10.8.2012) vielzitierten mehrseitigen Aktenvermerks zur Inseraten-Vergabepraxis im BMVIT sind konkret NICHT zutreffend?

Ø  Wie begründen Sie Ihre angesichts der mittlerweile bekannt gewordenen, in der Anfragebegründung beschriebenen und u.a. auch gerichtsanhängigen Fakten zur Inseratenvergabepraxis der BMVIT-Spitze offenkundig falsche Antwort in einer Parl. Anfragebeantwortung von Jänner 2012 („Die Einschaltungen erfolgten zu den bestmöglichen Konditionen. Mein Ressort ist stets bestrebt, sämtliche verfügbaren Rabattmöglichkeiten auszuschöpfen, die natürlich von verschiedenen Faktoren wie Zeitpunkt der Schaltung, Platzierung und Anzahl der Schaltungen im betreffenden Medium abhängig sind bzw. auch von der Reichweite des Mediums bestimmt werden.“)?

 

Im Auftrag der Ressortleitung wurden die im Aktenvermerk festgehaltenen Punkte der Beamtin bereits im Sommer 2012 von der Sektionsleitung überprüft. Die Prüfung hat zu folgendem Ergebnis geführt: Die Inseratenschaltungen erfolgten unter Einhaltung aller rechtlichen Bestimmungen und nach den Geboten der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Alle Medienangebote wurden auf ihre inhaltliche und formale Richtigkeit überprüft und Rabatte wurden geltend gemacht. Darüber hinaus verweise ich auf meine Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 10380/J vom 19.01.2012.