12828/AB XXIV. GP
Eingelangt am 16.01.2013
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0279-I/A/15/2012
Wien, am 14. Jänner 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 13101/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Die Verwendung von Gesundheitsdaten aus Gründen des öffentlichen Interesses – wie auch im ELGA-Gesetz vorgesehen - wird im Verordnungsvorschlag ausdrücklich für zulässig erklärt. Die geforderten angemessenen Garantien sind im beschlossenen ELGA-Gesetz, BGBl. I Nr. 111/2012, umfassend vorgesehen. Als Beispiele für derart „angemessene Garantien“ seien genannt:
· Die Möglichkeit des Widerspruchs und der Betrieb einer Ombudsstelle für die Sicherstellung der Rechte der ELGA-Teilnehmer (§ 17) schon vor der Inbetriebnahme von ELGA (§§ 27 Abs. 1 und 28 Abs. 2 Z 7);
· Umfassende Informationspflichten (§ 16 Abs. 2 Z 2, Abs 4 und sowie § 81 Abs. 1 ASVG);
· Strenge Verwendungsverbote für bestimmte Personen und Institutionen wie Arbeitgeber, Versicherungsunternehmen, Träger der gesetzlichen Sozialversicherung, Behörden, Gerichte (§ 14 Abs. 3 und 3a);
· Ausschluss von „staatsnahen“ Ärzten wie Amtsärzte, Schulärzte, Arbeitsmediziner (§ 2 Z 10 lit. a sublit. aa bis ff);
· Grundsätzlicher Ausschluss bestimmter Gesundheitsdaten (§ 2 Z 9 Schlussteil);
· Diskriminierungsverbot bei Wahrnehmung der Rechte (§ 16 Abs. 3) sowie verschärfte Strafbestimmungen (§ 25 und Artikel 7).
Fragen 2 und 3:
Aus gesundheitspolitischer Sicht sehe ich derzeit keinen zwingenden Grund, die vorgeschlagene Datenschutz-Grundverordnung zu verhindern. Rechtspolitisch ist die damit verbundene Harmonisierung der unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedstaaten zu begrüßen.
Frage 4:
Unmittelbare oder gar nachteilige Auswirkungen auf die Verwendung von Gesundheitsdaten sind durch den vorliegenden Verordnungsentwurf nicht erkennbar. Eine abschließende Beurteilung dieser Frage kann allerdings erst nach Vorliegen einer endgültigen Fassung erfolgen, da mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass der Entwurf durch die Ergebnisse der laufenden Verhandlungen noch geändert werden wird.
Frage 5:
Die grenzüberschreitende Weitergabe von personenbezogenen Daten im Allgemeinen ist derzeit im Wesentlichen in den §§ 12 und 13 DSG 2000 geregelt. Spezifische Vorschriften für den grenzüberschreitenden Verkehr mit Gesundheitsdaten, soweit sie überhaupt bestehen, zielen dzt. primär darauf ab, grenzüberschreitend in Anspruch genommene Versicherungsleistungen im Einzelfall zu verrechnen. Auch die sogenannte Patientenmobilitätsrichtlinie (2011/24/EU) lässt die Datenschutzregelungen der geltenden Datenschutzrichtlinie (95/46/EG) ausdrücklich unberührt und normiert keinerlei Ansprüche Dritter auf Zugriff auf Gesundheitsdaten. Art und Umfang von Zugriffsberechtigungen werden insofern durch die nationale Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats konkretisiert. Soweit derzeit absehbar ist, wird daran durch die Datenschutz-Grundverordnung keine Änderung eintreten.
Fragen 6 bis 9:
Wenn die Fragen dahingehend zu verstehen sind, dass mit der Wortfolge „beschlossenes System“ der Verordnungsvorschlag der Europäischen Kommission gemeint ist, ja. Auf Ersuchen des Bundeskanzleramtes wurde zu den gesundheits-spezifischen Regelungen eine Stellungnahme abgegeben. Darin habe ich u.a. meine Skepsis in Bezug auf die hohe Anzahl von Ermächtigungen der Europäischen Kom-mission zur Erlassung delegierter Rechtsakte und von Durchführungsbestimmungen geäußert. Dies jedoch nicht primär aus datenschutzrechtlichen Erwägungen, sondern im Hinblick auf die mit diesen Konkretisierungen allenfalls verbundenen, jedoch erst mit ihrem Vorliegen abschätzbaren finanziellen Auswirkungen. Ferner habe ich angeregt, das „Recht auf Vergessen“ zu den gesundheitsbezogenen Dokumentations-pflichten klarer abzugrenzen. Die österreichische Position wird in den laufenden Verhandlungen in der Ratsarbeitsgruppe DAPIX durch das federführend zuständige Bundeskanzleramt vertreten.
Frage 10:
Diesbezüglich verweise ich auf die Bestimmungen des ELGA-Gesetzes, BGBl. I Nr. 111/2012 (insb. § 14 Abs. 2 und 3), das die Verwendung von ELGA-Gesundheits-daten auf ausschließlich medizinische und pflegerische Zwecke einschränkt.
Die künftige Datenschutz-Grundverordnung regelt die zulässigen Fälle der Verwendung personenbezogener Gesundheitsdaten abschließend und restriktiv. Insbesondere für deren Verwendung für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung werden zudem in den Art. 81 und 83 des Verordnungsentwurfs enge Grenzen gezogen.
Frage 11:
Die Arbeitsgruppe der Europäischen Datenschutzbeauftragten (Art. 29 Datenschutzgruppe) hat in ihrem bereits 2007 verabschiedeten Arbeitspapier WP 131 den Rückgriff auf eine Opt out-Lösung, wie sie das ELGA-Gesetz vorsieht, grundsätzlich als zulässig angesehen. Die diesbezüglich von der Art. 29 Datenschutzgruppe gleichzeitig geforderten zusätzlichen angemessenen Garantien für die Betroffenen wurden im ELGA-Gesetz verankert (Beispiele siehe Antwort zu Frage 1). Dass durch die im ELGA-Gesetz festgelegte Art der Entscheidung, nämlich für die Nicht-Teilnahme, die faire Wahlmöglichkeit eingeschränkt würde, ist aus meiner Sicht somit nicht nachvollziehbar, zumal eine aktive, selbstbestimmte, zu jedem Zeitpunkt mögliche und auch widerrufbare Entscheidungsmöglichkeit der Bürgerinnen und Bürger garantiert wird.