12862/AB XXIV. GP

Eingelangt am 18.01.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

Alois Stöger

Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien    

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0286-I/A/15/2012

Wien, am 16. Jänner 2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 13113/J des Abgeordneten Doppler und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Hinsichtlich der Daten zu Erkrankungsfällen an Tuberkulose beim Menschen verweise ich auf die in der Beilage angeschlossenen Tabelle, wobei zu den für das 1. Halbjahr 2012 angeführten Zahlen festzuhalten ist, dass es sich dabei nicht um verbindliche Daten, sondern um vorläufige Schätzungen handelt.

 

Veterinärrechtlich ist nur die Anzeigepflicht von Tuberkulose beim Rind geregelt, wobei bis 2008 nur Erkrankungen auf Grund von Mycobacterium bovis erfasst wurden; allenfalls sind Differentialdiagnosen bekannt.


Österreich ist seit dem Jahr 1999 amtlich anerkannt frei von Rindertuberkulose

(Mycobacterium bovis), es wurden auch in den Jahren 2002 bis dato keine Fälle festgestellt.

Mit Inkrafttreten der Rindertuberkuloseverordnung, BGBl. II Nr. 322/2008, idgF. sind in Österreich - über internationale und EU-Verpflichtungen hinausgehend - auch Tuberkulose-Erkrankungen bei Rindern auf Grund anderer Tuberkuloseerreger (Mykobakterien des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes) anzeigepflichtig. Damit kann auf den vermehrten Eintrag von Mycobacterium caprae aus dem Rotwild in die Nutztierpopulation reagiert werden.

 

Jahr

Anzahl positiver Rinder*

Anmerkungen

2002

1

Mycobacterium caprae

2003

0

 

2004

0

 

2005

0

 

2006

0

 

2007

1

Mycobacterium caprae (Tirol)

2008

21

Mycobacterium caprae (Tirol: 14 Bestände)

2009

5

Mycobacterium caprae (Tirol: 2 Bestände, 4 Tiere;

Vorarlberg: 1 Tier, 1 Bestand)

2010

8

Mycobacterium caprae (Tirol: 6 Tiere, 6 Bestände;

Vorarlberg: 2Tiere, 2 Bestände)

2011

3

Mycobacterium caprae (Tirol; 3 Bestände)

2012

(bis einschl. 26.11.2012)

27

Mycobacterium tuberculosis complex nachgewiesen: die Differenzierung und Genotypisierungsergebnisse sind frühestens in 12 Wochen zu erwarten

*Quelle: Jahresberichte BMG/AGES

 

Mit 17. Juni 2011 trat zur Bekämpfung der Tuberkulose beim Rotwild die in Zusammenarbeit mit der Jägerschaft und den betroffenen Behörden auf Bundes- und Landesebene erarbeitete Rotwild-Tbc-Verordnung, BGBl. II Nr. 181/2011, in Kraft. Die damit geschaffene Rechtsgrundlage ermöglicht es der Veterinärbehörde, entsprechende Bekämpfungs- und Überwachungsmaßnahmen in Gebieten zu ergreifen, in denen auf Grund wissenschaftlicher Studien die Verbreitung der Tuberkulose im Wildbestand belegt wird.

Im Jahr 2011 wurde zum ersten Mal ein entsprechendes Seuchengebiet im Bundesland Tirol definiert und ausgewiesen.

Im Tiroler Seuchengebiet wurden im Jahr 2011 86 Fälle und im Jahr 2012 neun Fälle von Mycobacterium caprae bei Rotwild festgestellt (Stand 8. November 2012).

 

Frage 3:

Seit 1998 ist eine Häufung von Infektionen mit Mycobacterium caprae bei Wildtieren, insbesondere bei Rotwild, im Bereich des oberen Lechtales, Bezirk Reutte, sowie im Bezirk Bludenz festzustellen. In zwei Studien wurde als Haupt-


ursache die Schalenwild-Überpopulation in den von Tuberkulose betroffenen Jagdrevieren festgestellt. Der Ausbreitung des Erregers in diesem Gebiet wurde zusätzlich durch verstärkten Tierkontakt bei Winterfütterungen bzw. Zusatz-fütterungen weiter Vorschub geleistet.

Durch Kontakt der Wildtiere mit Rindern während der Alpungsperiode kam es auch zu einem Eintrag von Mycobacterium caprae in die Nutztierpopulation.

 

Frage 4:

Nutztiere:

Da Mykobakterien des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes auch Rinder infizieren und tuberkulöse Prozesse auslösen können und überdies zoonotische Eigenschaften besitzen, wurde, wie bereits zu den Fragen 1 und 2 erwähnt,

2008 auf Grundlage des Tierseuchengesetzes die Rindertuberkuloseverordnung, BGBl. II Nr. 322/2008, erlassen.

Um eine mögliche Gefährdung des Menschen auszuschließen, sind die darin enthaltenen Bestimmungen für die Überwachung und Bekämpfung von Mycobacterium bovis analog auch auf Tiere und Betriebe anzuwenden, bei welchen andere Mykobakterien des Mycobacterium tuberculosis-Komplexes
(z.B. Mycobacterium caprae) nachgewiesen wurden.

In ausgewiesenen Risikogebieten (Sonderuntersuchungsgebiete und Sonder-überwachungsgebiete) werden dabei flächendeckende Untersuchungen mittels Intrakutan-Tests durchgeführt. Derzeit sind solche Gebiete in Tirol und Vorarlberg ausgewiesen.

 

Wildtiere:

Mit der Rotwild-Tbc-Verordnung, BGBl. II Nr. 181/2011, wurde die Ergreifung von Bekämpfungs- und Überwachungsmaßnahmen in Gebieten ermöglicht, in denen die Verbreitung der Tuberkulose im Wildbestand belegt ist. Ziel ist die Minderung des Infektionsdrucks durch Reduzierung des Rotwildbestandes sowie die Festlegung von Maßnahmen zur Vermeidung der Verschleppung der Krankheit in den Haustierbestand; zu näheren Details darf ich auf meine diesbezüglichen Ausführungen zu den Fragen 1 und 2 verweisen.

Zur weiteren Ermittlung des Vorkommens von Tuberkulose in alpinen Rotwild-Beständen und zur Erarbeitung von Maßnahmen zur Verhinderung der Einschleppung von TBC in Haustierbestände läuft ein länderübergreifendes Projekt im Rahmen der EU-Forschungsförderung EMIDA/ERA-NET (Schweiz, Deutschland, Italien) unter österreichischer Federführung, welches 2013 abgeschlossen wird.

 

Frage 5:

Ein Risiko für die Bevölkerung besteht vor allem dann, wenn Tuberkulosebakterien von Nutztieren ausgeschieden werden. Insbesondere spielt hierbei neben dem direkten Kontakt zu Ausscheidern der Genuss von Rohmilch eine Rolle. Die Gefahr der Ansteckung von Personen durch Rohmilch ist bei gesunden Tieren und bei Einhaltung der Hygienemaßnahmen gering, aber nicht auszuschließen.

 

Beilage


 

 

 

Parl. Anfrage 13113/J

Beilage


Neuerkrankungen und Todesfälle* an Tuberkulose beim Menschen nach Bundesländern, 2002 bis 2012*

2002

2003

2004

2005

2006

2007

Bundesland

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu

Erkrankungen

Todes-

fälle

Burgenland

25

2

29

2

36

4

25

4

16

4

18

2

Kärnten

65

10

57

6

40

1

45

4

56

2

57

2

Niederösterreich

151

16

126

9

161

14

153

12

143

11

138

13

Oberösterreich

179

21

156

19

151

16

170

20

135

15

184

24

Salzburg

53

5

60

5

53

3

57

4

46

6

37

0

Steiermark

159

16

136

17

169

12

124

14

128

14

114

11

Tirol

59

9

66

13

66

8

59

5

57

8

49

2

Vorarlberg

39

6

40

3

41

6

28

1

30

4

31

2

Wien

350

38

320

30

362

24

346

19

290

33

267

24

Gesamt

1080

123

990

104

1079

88

1007

83

901

97

895

80

 

 

 

 

2008

2009

2010

2011

2012 (Jänner - Juni)*

 

Bundesland

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

Neu-

Erkrankungen

Todes-

fälle

 

Burgenland

22

2

4

0

13

1

19

2

4

1

 

Kärnten

36

2

42

7

41

5

37

1

20

0

 

Niederösterreich

137

6

112

13

81

6

91

4

63

1

 

Oberösterreich

143

7

120

11

119

11

116

15

48

0

 

Salzburg

33

3

42

4

35

4

26

2

17

3

 

Steiermark

92

11

76

11

94

7

89

2

31

2

 

Tirol

65

3

38

5

50

3

49

3

12

1

 

Vorarlberg

18

3

20

3

28

2

24

0

6

0

 

Wien

271

11

242

21

230

20

236

8

138

5

 

Gesamt

817

48

696

75

691

59

687

37

339

13

 

 

Todesfall = Tod einer Person, bei der zum Zeitpunkt des Todes eine Erkrankung an Tuberkulose vorlag, unabhängig von der tatsächlichen Todesursache

*2012 - vorläufige Zahlen