12863/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0284-I/A/15/2012
Wien, am 16. Jänner 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 13116/J des Abgeordneten Doppler und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Frage 1:
Die tagesklinische Durchführung von Katarakt-Operationen ist in Österreich eine eingeführte Routine, jedoch werden derartige Operationen bei uns noch nicht in so hohem Umfang wie in anderen europäischen Ländern tagesklinisch durchgeführt.
Die Schwankungsbreite des Anteils tageschirurgisch erbrachter Katarakt-Operationen zwischen den Krankenanstalten ist derzeit noch sehr unterschiedlich und schwankt zwischen 0 und mehr als 90 %. Aktuell werden von den rund 69.000 Eingriffen in den österreichischen Fondskrankenanstalten (Zahlen für das Jahr 2011) knapp die Hälfte in tagesklinischer Form (und davon wiederum rund 13.500 in eigenen tagesklinischen Einheiten und rund 20.500 tageschirurgisch auf Vollstationen) durchgeführt. Trotz
erheblicher Steigerungen in den letzten Jahren ist diese Zahl im Vergleich mit vielen anderen europäischen Ländern und insbesondere mit den USA oder Kanada noch vergleichsweise gering; so wird beispielsweise von einschlägigen Fachgesellschaften als internationaler Benchmark ein Zielwert von 90 % an tagesklinischen bzw. ambulanten Eingriffen bei Katarakt-Operationen definiert.
Die tatsächliche Kostenersparnis wird derzeit durch die Gesundheit Österreich GmbH analysiert, eine abschließende Validierung der Untersuchungsergebnisse im Rahmen der Erstellung des Endberichtes steht aber noch aus. Es ist jedoch davon auszugehen, dass bei einer verstärkten tagesklinischen Leistungserbringung die Wartezeiten für die Patientinnen und Patienten wesentlich verkürzt wird und dass gleichzeitig die Anzahl der benötigten vollstationären Betten entsprechend reduziert werden kann.
Eine Berechnung des Rechnungshofes für die Steiermark (Tagesklinische Leistungserbringung am Beispiel des Landes Steiermark, 2011/7) ermittelte einen Kostenvorteil von rund 650 Euro pro Eingriff (Vergleich Kosten dislozierte Augenklinik inkl. Kosten der Vor- und Nachbetreuung versus Kosten vollstationärer Bereich anhand der LKF-Pauschale). Auf ein ähnliches Ausmaß des Kostenvorteils eines tagesklinischen Aufenthaltes deuten auch die vorläufigen Untersuchungsergebnisse der Gesundheit Österreich GmbH hin, wobei dieser Kostenvorteil nur dann realisiert werden kann, wenn der tageschirurgische Katarakt-Eingriff in einer eigenen, organisatorisch getrennten tagesklinischen Einheit erfolgt. Bei einem tagesklinischen Eingriff auf einer Vollstation können – nicht zuletzt auf Grund der fehlenden Effekte der (Fix-)Kostenreduktion (siehe auch Beantwortung der Frage 3) – keine wesentlichen Kostenvorteile beobachtet werden.
Eine weitere Untersuchung der Kostenunterschiede bei Katarakt-Operationen in
neun
europäischen Ländern kommt an Hand eines Regressionsmodells ebenfalls
zum Schluss, dass das vollstationäre Setting teurer ist als das
tagesklinische. Durch die Durchführung der Intervention im
„outpatient hospital setting“ (also tagesklinisch oder auch
spitalsambulant) könne eine bis zu 69%ige Reduktion der Gesamtkosten
erzielt werden (Fattore G, Torbica A: Cost and Reimbursement of Cataract
Surgery
in Europe: A Cross-Country Comparison, 2008).
Frage 2:
Bei einer Katarakt-Operation handelt es sich im Regelfall um einen kurzen ca.
20-minütigen Eingriff in Lokalanästhesie. Katarakt-Operationen werden stationär und tagesklinisch in identer Weise durchgeführt.
Ein Unterschied besteht lediglich in der Nachsorge, da im stationären Bereich Patientinnen und Patienten anders als tageschirurgisch behandelte Patientinnen und Patienten die erste Nacht nach der Operation im Krankenhaus bleiben. Eventuelle Infektionen, die besonders während der ersten vier Tage auftreten können, betreffen stationäre und tageschirurgisch behandelte Patientinnen und Patienten gleichermaßen. So ist es grundsätzlich wichtig, die Patientinnen und Patienten gut zu instruieren und zu informieren.
Eine Übersichtsarbeit der Cochrane Collaboration (eine der maßgeblichen, internationalen und gemeinnützigen Organisationen zur Schaffung und Verbreitung medizinischer Evidenz – vgl. www.cochrane.org bzw. www.cochrane.at), die randomisierte kontrollierte Trials (RCTs) einschloss, zeigt keine signifikanten Unterschiede im Ergebnis der Katarakt-Operation (Verbesserung der Sehschärfe) und postoperativen Komplikationen bei den Vergleichsgruppen. Es sei keine Frage mehr, ob tagesklinisch oder stationär versorgt wird, sondern für welche Patientengruppen eine stationäre Aufnahme erforderlich ist (Federowitz et al.: Day care versus in-patient surgery for age-related cataract, 2011).
Ein
3-Jahres Projekt, co-finanziert von der Europäischen Union und der
European Society of Cataract & Refractive Surgeons (Lundström et al.:
Evidence-based guidelines for cataract surgery: Guidelines based on data in the
European Registry
of Quality Outcomes for Cataract and refractive Surgery database), kommt ebenso
zum Schluss, dass aus medizinischer Sicht eine Katarakt-Operation nicht
stationär erbracht werden muss. In speziellen Fällen (z. B. bei
schweren Komorbiditäten oder auch bei geistiger
Beeinträchtigung) kann eine stationäre Aufnahme aber notwendig sein.
Die Wartezeit für Katarakt-Operationen kann für Patientinnen und Patienten durch die erhöhte tagesklinische Kapazität verkürzt werden. Auch ist angesichts der demographischen Entwicklung (steigender Anteil älterer Menschen) mit einer steigenden Nachfrage nach Katarakt-Eingriffen zu rechnen, der durch tagesklinische Betreuung kostengünstiger und rascher entsprochen werden kann.
Frage 3:
Die im Zusammenhang mit einer vollstationären Aufnahme zu erbringenden pflegerischen Leistungen, insbesondere die erforderlichen Nacht-, Feiertags- und Wochenenddienste fallen in einer Tagesklinik weg und können damit anderwärtig genutzt werden. Der Bettenbedarf ist auf Grund der Belagsdauerreduktion entsprechend geringer, zudem gibt es ein Kosteneinsparungspotenzial bei belagsdauerabhängigen Kostenfaktoren (wie beispielsweise Verpflegung).
Nach Berechnungen des Rechnungshofes könnten bei Umwandlung einer Station
in eine Tagesklinikeinheit eine Fixkostenreduktion von rd. 500.000,- Euro jährlich
erzielt werden (Rechnungshofbericht Steiermark 2011/7). Hierbei ist erneut
darauf hinzuweisen, dass diese Entlastungen nur dann erzielt werden
können, wenn es zu entsprechenden strukturellen Anpassungen (wie eben die
Umwandlung einer Station in eine Tagesklinikeinheit) kommt, die auch mit einer
entsprechenden Reorganisation des Personaleinsatzes sowie allfälligen
Kapazitätsanpassungen einhergehen.