12874/AB XXIV. GP
Eingelangt am 18.01.2013
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BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 13349/J der Abgeordneten Magistra Helene Jarmer, Freundinnen und Freunde wie folgt:
Im Zuge der Bundessozialamtsreform 2003 kam es auch zu einer Aufgabenentflechtung zwischen Bund und Ländern. Da die Zuständigkeit für Angelegenheiten von Menschen mit Behinderung im Bundes-Verfassungsgesetz nicht geregelt ist, kommt diese Materie in erster Linie den Ländern zu. Ausnahmen sind verfassungsrechtlich beispielsweise für die berufliche Eingliederung von begünstigten Behinderten im Behinderteneinstellungsgesetz vorgesehen.
Die Förderung der Mobilität von Menschen mit Beeinträchtigungen, für die die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel unzumutbar erscheint, ist in diesem Zusammenhang nur insoweit eine Angelegenheit beruflicher Rehabilitation, als sie die nachhaltige Eingliederung ins Arbeitsleben zu ermöglichen bzw. zu erleichtern vermag. Die Gewährung von Einkommensersatzleistungen mit sozialhilferechtlichen Aspekten ist hingegen ausdrücklich nicht Aufgabe des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz.
Aus diesem Grund wurde für die von der Antragstellung befreite automationsunterstützte Ermittlung der Bezieher/innen von Mobilitätszuschüssen das Kriterium einer aufrechten Vollversicherung in der gesetzlichen Sozialversicherung gewählt.
Darüber hinaus ist es jeder/jedem Antragswerber/in unbenommen, in einem Antrag an das Bundessozialamt zu begründen, warum sie/er glaubt, dennoch dem bezugsberechtigten Personenkreis anzugehören. Dies wird etwa dann der Fall sein können, wenn ein Mensch mit Behinderung am Beginn seiner Berufslaufbahn steht und die geringfügige Beschäftigung dem Start in das Berufsleben darstellt oder wenn aus in der Behinderung gelegenen Gründen keine andere als eine geringfügige Beschäftigung ausgeübt werden kann. Das Bundessozialamt ist ermächtigt, bei einem derartigen anhand des konkreten Sachverhalts zu beurteilenden Einzelfall ebenfalls einen Mobilitätszuschuss zuzuerkennen.
Fragen 1 und 2:
Laut Auskunft des Bundesrechenzentrums haben 7.528 Personen 2012 einen Mobilitätszuschuss erhalten. Das entspricht einer Ausgabensumme von € 4.366.240. 449 Personen (das entspricht weniger als 6% der Bezieher/innen) haben wegen Geringfügigkeit der Beschäftigung keinen Zuschuss erhalten. Inklusive dieser Personen wäre das Ausgabenvolumen um € 260.420 (= ebenfalls nicht ganz 6%) höher gelegen.
Frage 3:
Zur Verdeutlichung der oben dargelegten Abgrenzung zu Aufgaben der sozialen Rehabilitation der Länder wird der Förderzweck in den geltenden öffentlich zugänglichen Richtlinien für Individualförderungen wie folgt definiert:
„Berufliche Eingliederung versteht sich in diesem Zusammenhang als die Erlangung einer den Lebensunterhalt sichernden Erwerbstätigkeit, im Regelfall im Rahmen einer sozialversicherungsrechtlichen Vollversicherung bzw. als die Absolvierung einer beruflichen Ausbildung auf dem Weg dorthin“ (Punkt 2 der Richtlinien, Förderzweck). Die dahinter liegende Intention wurde dem Bundessozialamt gegenüber bereits vorweg in nachstehender Form dargelegt:
„Eine Person, die aktuell in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis steht, kann Zuschüsse im Rahmen der Beschäftigungsoffensive für Menschen mit Behinderung erlangen, wenn glaubhaft eine Laufbahnplanung vorliegt, die mittelfristig mit Wahrscheinlichkeit zu einer beruflichen Eingliederung in dem Sinne führt, dass die Person in die Lage versetzt wird, ihren Lebensunterhalt aus Erwerbsarbeit zu bestreiten.
Übt hingegen eine Person, die dauerhaft nicht in der Lage ist, die Kriterien für Arbeitsfähigkeit im sozialversicherungs- und arbeitslosenversicherungsrechtlichen Sinn zu erfüllen, eine geringfügige Beschäftigung gleichsam aus therapeutischen Gründen aus, so erschienen Förderungen des Bundessozialamts nicht geeignet, zur beruflichen Eingliederung im oben beschriebenen Sinne beizutragen. Förderungen für diesen Personenkreis wären daher der sozialen Rehabilitation und nicht den Förderzwecken der Beschäftigungsoffensive zuzurechnen.“
Es handelt sich hier nicht um eine Sparmaßnahme, vielmehr liegt hier ein Ausfluss der Umsetzung der geltenden Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Ländern vor.
Wie gesagt bleibt es jedem betroffenen Menschen mit Behinderung unbenommen, in einem Individualantrag darzulegen, inwieweit eine aktuell vorliegende geringfügige Beschäftigung Teil eines nachhaltigen (Wieder-)Eingliederungsplans in das allgemeine Erwerbsleben ist. Bei Pensionistinnen und Pensionisten, die zu Ihrer Pension geringfügig „dazuverdienen“, wird dieser Fall typischerweise nicht vorliegen. Damit soll diesen Personen nicht ein allfälliger Unterstützungsbedarf abgesprochen werden, es handelt sich aber um keine Aufgabe meines Ressorts im Rahmen der Beschäftigungspolitik für Menschen mit Behinderungen.
Behindertenorganisationen waren in die Entscheidung insofern eingebunden, als Vertreter/innen von Menschen mit Behinderungen Sitz und Stimme im Ausgleichstaxfondsbeirat haben. Dem Beirat gehören vier Vertreter/innen der organisierten Menschen mit Behinderungen und zwei Vertreter/innen der organisierten Kriegsopfer an. Der Beirat ist vor der Erlassung von Richtlinien anzuhören, was auch im vorliegenden Fall geschehen ist. Kein Mitglied des Beirats hatte Einwände gegen die Präzisierung des Förderzwecks in Punkt 2 der Richtlinien.