1296/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.05.2009
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                         Wien, am       Mai 2009

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0043-I/4/2009

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1201/J vom 10. März 2009 der Abgeordneten Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Eingangs ist zu anzumerken, dass bei der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage davon ausgegangen wird, dass sich die Fragestellungen 11 bis 43 (ausgenommen die Frage 37) nicht – wie ausgeführt – auf § 2 Abs. 2 bis 5 FinStaG, sondern vielmehr auf
§ 2 Abs. 1 Z 1 bis 5 FinStaG beziehen, weil nur durch die Bezugnahme auf letztere Bestimmungen eine befriedigende Beantwortung möglich ist.

 

Zu 1.:

Mit 17. November 2008 wurde vom Bundesminister für Finanzen für die Clearingbank eine Haftung als Garant gemäß § 880a ABGB in Höhe von 4 Mrd. Euro übernommen. Der Bund ist verpflichtet, für den Fall, dass die gesetzlichen Eigenmittelerfordernisse der Clearingbank durch Forderungsausfälle aus Geschäften im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 1 IBSG unterschritten werden, ihr den daraus resultierenden erforderlichen Unterschiedsbetrag bis zum Höchstbetrag von insgesamt 4 Mrd. Euro in eigenkapitalfähiger Form zu leisten.

 

Zu 2.:

Das an den Bund zu entrichtende Haftungsentgelt beträgt 0,5% vom durchschnittlich ausgeschöpften Haftungsrahmen. Die Kontrolle erfolgt auf Quartalsbasis. Für weitere Details zu den Konditionen, die im Wesentlichen auf europarechtlichen Vorgaben beruhen, wird auf den Bericht an den Hauptausschuss des Nationalrates zum 31. Dezember 2008 verwiesen.

 

Zu 3. und 4.:

Es wurden keine Sicherheiten seitens der Clearingbank mit ihren Entleihern vereinbart. Dem Bundesministerium für Finanzen sind die Gründe dafür nicht bekannt.

 

Zu 5. bis 8.:

Bis zum Zeitpunkt des Einlangens der gegenständlichen Anfrage (10. März 2009) sind keine Haftungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 2 IBSG eingegangen worden.

 

Zu 9.:

Im Rahmen von § 1 Abs. 4 IBSG wurden Haftungen in Höhe von 16.817.537.863,56 Euro übernommen. Diese verteilen sich wie folgt:

 

Erste Group Bank AG                                                8.500.000.000,-- Euro

Raiffeisen Zentralbank Österreich AG                            2.750.000.000,-- Euro

Österreichische Volksbanken AG                                  3.000.000.000,-- Euro

Kommunalkredit Austria AG                                        2.467.537.863,56 Euro

Hypo Alpe Adria AG                                                  1.350.000.000,-- Euro

 

Anzumerken ist, dass einzelne Haftungen Emissionsprogramme betreffen, die revolvierend sind und in Abhängigkeit des jeweiligen Refinanzierungsbedarfs ausgenützt werden.

 

Zu 10.:

Das Haftungsentgelt bemisst sich nach der Bestimmung des § 9 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen zur Festlegung näherer Bestimmungen über die Bedingungen und Auflagen für Maßnahmen nach dem Finanzmarktstabilitätsgesetz und dem Interbankmarktstärkungsgesetz, BGBl. II Nr. 382/2008. Hinsichtlich der Details wird auf die umfangreichen Ausführungen im Bericht an den Hauptausschuss des Nationalrats zum 31. Dezember 2008 verwiesen.

 

Zu 11. bis 17.:

Das Bundesministerium für Finanzen führt derzeit keine Gespräche über weitere Stabilisierungsmaßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 1 FinStaG. Betreffend die bereits durchgeführten Maßnahmen (Constantia Privatbank AG, Kommunalkredit AG) wird auf die detaillierten Ausführungen in dem Bericht an den Hauptausschuss des Nationalrates zum 31. Dezember 2008 verwiesen. Möglich ist eine Verlängerung der im April 2009 auslaufenden Garantie an die Constantia Privatbank AG.

 

Zu 18. bis 20.:

Eine Stabilisierungsmaßnahme im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 FinStaG als Bilanzierungshilfe wird derzeit nur für die Kommunalkredit Austria AG geprüft. Unter der Voraussetzung, dass sich die Maßnahme als geeignet erweist, müsste der Haftungsvertrag auch im Hinblick auf die für Kreditinstitute geltenden Bilanzierungsvorschriften bis 30. Juni 2009 finalisiert werden. Ein konkreter Betrag steht angesichts der laufenden Evaluierung noch nicht fest.

 

Zu 21. bis 23.:

Bisher wurden keine Haftungen im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 2 FinStaG übernommen.

 

Zu 24. bis 26.:

Gespräche über die Zuführung von Eigenmittel gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG wurden bis zum Einlangen der gegenständlichen Anfrage (10. März 2009) mit der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG, der Österreichischen Volksbanken AG und der BAWAG P.S.K. AG geführt.

 

Dabei wurden seitens der Kreditinstitute folgende Beträge angefragt:

 

Zwischenzeitlich wurden die Verträge mit der Raiffeisen Zentralbank Österreich AG und der Österreichischen Volksbanken AG finalisiert. Hinsichtlich der Vertragsdetails wird auf die periodische Berichterstattung an den Hauptausschuss des Nationalrates verwiesen.


Zu 27. bis 29.:

Verträge über die Zuführung von Eigenmittel in Form von Partizipationskapital gemäß § 2 Abs. 1 Z 3 FinStaG wurden mit der Hypo Alpe Adria AG am 29. Dezember 2008 und der Erste Group Bank AG am 26. Februar 2009 abgeschlossen. Zu den Details der Vereinbarung mit der Hypo Alpe Adria Bank AG wird auf den Bericht an den Hauptausschuss des Nationalrates zum 31. Dezember 2008 verwiesen.

 

Der Grundsatzvereinbarung mit der Erste Group Bank AG vom 26. Februar 2009 folgte am 9. März 2009 der Abschluss der Zeichnungsvereinbarung mit folgenden Eckpunkten: Zeichnung von maximal 1,89 Mrd. Euro in zwei Tranchen:

Erste Tranche:         1 Mrd. Euro Partizipationskapital; Zuzählung am 10. März 2009;

Zweite Tranche:        maximal 0,89 Mrd. Euro, abhängig von dem bei Privaten platzierbaren Volumen; eine weitere Zeichnung ist bis spätestens 29. Mai 2009 in Form von Hybridkapital möglich, das Gesamtengagement des Bundes darf jedoch 2,7 Mrd. Euro nicht überschreiten.

 

Die Verzinsung des Partizipationskapitals beträgt 9,3% p.a. vom Nennbetrag nach Steuern. Unter der Voraussetzung, dass eine Beteiligung von Privaten von mindestens 30% erreicht wird, sinkt die Verzinsung auf 8,0% p.a. vom Nennbetrag.

 

Allfälliges Hybridkapital wird mit einem fixen Zinssatz von 8,15% verzinst. Für den Fall der Veräußerung bzw. des Rückerwerbs von Hybridkapitalschuldverschreibungen steht dem Bund je nach Zeitpunkt des Verkaufs bzw. des Rückerwerbs eine Veräußerungsprämie nach folgendem Schema zu:

im Jahr 6: 1%

im Jahr 7: 2%

im Jahr 8: 4%

im Jahr 9: 7%

im Jahr 10: 9%

danach jeweils 13%.

 

Die Veräußerungsprämie errechnet sich jeweils vom Nominale des veräußerten bzw. rückerworbenen Volumens.

 


Zu 30. bis 36.:

Explizite Gespräche über den Erwerb von Gesellschaftsanteilen oder Wandelanleihen im Zusammenhang mit Kapitalerhöhungen gemäß § 1 Abs. 1 Z 4 FinStaG werden aktuell nicht geführt. Allerdings enthalten einzelne Verträge gemäß Z 3 leg.cit. auch Wandlungsbestimmungen für den Fall, dass der Emittentin eine Abschichtung des Partizipationskapitals wirtschaftlich nicht möglich sein sollte.

 

Zu 37.:

Betreffend die Maßnahmen gemäß § 2 Abs. 1 Z 1 FinStaG, die nicht anrechenbare Zinsen und Kosten verursachen können, ist auf die Beantwortung der Fragen 11 bis 17 zu verweisen. Im Fall der Constantia Privatbank AG ist die Haftung des Bundes auf den Betrag von 400 Mio. Euro inklusive banküblicher Zinsen und Kosten beschränkt. Es fallen daher keine auf den Betrag von 15 Mrd. Euro nicht anrechenbare Zinsen und Kosten an. Bei der Kommunalkredit AG summieren sich Zinsen und Kosten für die beiden Fixzinsanleihen außerhalb des Rahmens auf 63.221.694,67 Euro.

 

Zu 38. bis 40.:

Bisher wurden keine Gespräche über Stabilisierungsmaßnahmen gemäß § 2 Abs. 1 Z 5 FinStaG geführt.

 

Zu 41. bis 43.:

Auf Basis des § 2 Abs. 1 Z 5 FinStaG wurde die Übernahme der von der Österreichischen Volksbanken AG und der Dexia Crédit Local gehaltenen Anteile an der Kommunalkredit AG durch den Bund zum symbolischen Preis von jeweils 1 Euro abgewickelt. Das Closing dieser Transaktion erfolgte am 5. Jänner 2009.

 

Zu 44.:

Eine Offenlegung der einzelnen Verträge ist nicht vorgesehen, jedoch werden alle wesentlichen Informationen zur Inanspruchnahme von Maßnahmen gemäß IBSG und FinStaG in die jeweiligen Berichte an den Hauptausschuss des Nationalrates aufgenommen.

 

Zu 45. und 46.:

Im Zuge der Gebarungskontrolle steht dem Rechnungshof eine Einsichtnahme in die verschiedenen Verträge jederzeit offen.

 


Zu 47.:

Herr KR Dr. Klaus Liebscher hat im Kontext des zitierten Interviews auf die Bedeutung einer soliden Kapitalausstattung der Banken für ein gutes Rating und für die Inanspruchnahme der internationalen Geld- und Kapitalmärkte zu wirtschaftlichen vernünftigen Konditionen hingewiesen. Diesem zweifellos richtigen Hinweis ist nichts hinzuzufügen.

 

Zu 48.:

Unter Berücksichtigung der bereits veröffentlichten Jahresergebnisse für 2008 haben die Mehrzahl der österreichischen Banken trotz Finanz- und Wirtschaftskrise solide Ergebnisse erzielt, während viele Großbanken in Amerika und Europa mit Geschäftsschwerpunkt Investment Banking mit desaströsen Verlusten zu kämpfen haben. Die Konzentration auf ein bewährtes Geschäftsmodell in einer Österreich historisch vertrauten Region hat sich für die österreichischen Banken damit bewährt. Vom hohen Wachstum in Osteuropa in den vergangenen Jahren haben aber keineswegs nur die Banken profitiert, vielmehr war die Region ein Wachstumsmotor für die gesamte EU. Die Region ist nunmehr von der Wirtschaftskrise deutlich schwerer betroffen als noch vor wenigen Monaten erwartet. Die von Österreich auf europäischer Ebene eingemahnte Solidarität hat vor diesem Hintergrund kein „Osteuropabankenpaket“ zum Gegenstand, sondern eine abgestimmte Aktion zur wirtschaftlichen Stimulierung Osteuropas im gemeinsamen Interesse aller Mitgliedstaaten.

 

Zu 49., 52., 54. und 55.:

Bei der gemäß § 3 Abs. 5 FinStaG errichteten FIMBAG Finanzmarktbeteiligung AG des Bundes ist aufgrund der genannten Gesetzesbestimmung ein Aufsichtsrat einzurichten, wobei der nicht auf die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entfallende Teil der Mitglieder des Aufsichtsrates und die Vorstände nach Vorschlag der Bundesregierung zu bestellen sind. Die Bundesregierung hat die persönlichen und fachlichen Qualifikationen der allgemein anerkannten Persönlichkeiten des Wirtschaftslebens ihrem gesetzlich normierten Vorschlagsrecht zugrunde gelegt. Im Übrigen verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 465/J vom 12. Dezember 2008, wonach das ehemalige Vorstandsmitglied der Wiener Börse, Herr Dipl.-Ing. Dr. Stefan K. Zapotocky, sein Mandat im Aufsichtsrat der FIMBAG mit Wirkung vom 19. Dezember 2008 zurückgelegt hat. Gemäß Artikel 126 B-VG darf kein Mitglied des Rechnungshofes an der Leitung und Verwaltung von Unternehmungen beteiligt sein, die der Kontrolle durch den Rechnungshof unterliegen.


Zu 50.:

Unter Berücksichtigung der Aufgaben der FIMBAG laut Satzung sowie der Aufgaben des Aufsichtsrates gemäß den Bestimmungen des Aktiengesetzes ist eine Konfliktsituation des Aufsichtsratsvorsitzenden, in der dieser zwischen den Interessen der Industrie und den Interessen der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler abwägen muss, ausgeschlossen.

 

Zu 51.:

Die Kreditstatistik der Oesterreichischen Nationalbank bietet keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Kreditklemme, weder im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe noch im Bereich der Industrie. Gerade für KMU wurde im Zuge der verabschiedeten Konjunkturpakete ein erleichterter Zugang zu Kreditfinanzierungen im Wege der Austria Wirtschaftsservice GmbH geschaffen.

 

Zu 53.:

Es ist nicht Aufgabe des Bundesministers für Finanzen, den Zugang einzelner Unternehmer zu Krediten zu begünstigen oder zu erschweren. Darüber hinaus ist ein erleichterter Zugang zu Krediten von Organmitgliedern der FIMBAG bzw. Unternehmen, an denen Organmitglieder beteiligt sind, schon auf Grund von Gesetz und Satzung ausgeschlossen.

 

Zu 56.:

Bei der am 1. April 2009 abgehaltenen Hauptversammlung der Clearingbank wurden auf Vorschlag des Bundes Frau Mag. Regina Reitböck und Herr Univ.Doz. Dr. Josef Christl in den Aufsichtsrat gewählt.

 

Zu 57.:

Der Zinsaufwand im Jahr 2008 beläuft sich auf 14,1 Mio. Euro. Diesem Zinsaufwand steht ein Zinsertrag von 13,2 Mio. Euro gegenüber, da nur 900 Mio. Euro im Jahr 2008 von den Banken abgerufen wurden.

 

Zu 58.:

Der durchschnittlich gewichtete Zinssatz im Jahr 2008 für diese Mittelaufnahmen lässt sich mit 2,80% p.a. beziffern.


Zu 59.:

Über die Motive der Kreditinstitute liegen keine Detailinformationen vor. Aus den verschiedenen Gesprächen ist allerdings zu schließen, dass die von der Europäischen Kommission im Zuge der wettbewerbsrechtlichen Billigung des Bankenhilfspakets normierten Auflagen, insbesondere zur Höhe der Verzinsung und zur Auszahlung von Dividenden, zu einer sehr eingehenden Abwägung von Kosten und Nutzen einer Inanspruchnahme seitens der Kreditwirtschaft geführt haben.

 

Zu 60.:

Die Entscheidung über die Inanspruchnahme des Bankenhilfspakets liegt zunächst in der Ingerenz der Kreditinstitute. Damit sind eine zwangsweise Eigenkapitalzufuhr, wie in einzelnen Ländern diskutiert, ebenso ausgeschlossen, wie ein Aufweichen der geltenden Konditionen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Josef Pröll eh.