12995/AB XXIV. GP
Eingelangt am 05.02.2013
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
GZ.
BMVIT-10.000/0045-I/PR3/2012 DVR:0000175
An die
Präsidentin des Nationalrats
Mag.a Barbara PRAMMER
Parlament
1017 W i e n
Wien, am . Jänner 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.in Moser, Freundinnen und Freunde haben am 5. Dezember 2012 unter der Nr. 13222/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Eisenbahnsicherheitsvorschriften als Sicherheitsgefährdung – legistischer Lapsus oder Absicht? gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zum Motiventeil:
Zu Frage 1:
Ø Die Verordnung über die Eisenbahnschutzvorschriften wurde nach einer jahrzehntelangen „Wartezeit“ erst 2012 erlassen und ist am 1.9.2012 in Kraft getreten. Weshalb wurde mit der Erlassung dieser wichtigen Regelung derartig lange zugewartet, obwohl sie schon seit dem Eisenbahngesetz 1957 zu erlassen gewesen wäre?
Die wesentlichen Verhaltensanordnungen für Bahnbenützende sind bereits im Eisenbahngesetz selbst geregelt. Anlass für die Erlassung dieser weiteren auf § 47c (bzw. vor der Novelle 2006 auf § 46) EisbG gestützten Verordnung waren die technischen und betrieblichen Entwicklungen der letzten Jahre, die eine Konkretisierung der bestehenden Anordnungen an diese geänderten Anforderungen (Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf über 200 km/h, Reduktion der Mitarbeiter, z.B. infolge von Betriebsformen ohne Zugbegleiter) als zweckmäßig erscheinen haben lassen.
Zu den Fragen 2 und 3:
Ø Nach einer derartig langen Vorbereitungszeit sollte wohl zumindest eine gewissenhafte Erstellung der Verordnung unter Einbeziehung aller Beteiligten erwartet werden können. Welche der betroffenen Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen wurden bei der Erarbeitung der Verordnung einbezogen? In welcher Form wurden die betroffenen Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen einbezogen?
Ø Nach § 2 Abs. 7 der Verordnung dürfen Angehörige von Einsatzorganisationen und sonstige Hilfskräfte im Zuge eines Hilfseinsatzes die nicht dem „allgemeinen Verkehrsgebrauch“ dienenden Eisenbahnanlagen nur betreten, wenn durch betriebliche Maßnahmen und vor Ort anwesende geschulte Eisenbahnbedienstete ein gefahrloses Betreten gewährleistet wird. Somit dürfen Feuerwehr, Rettung, Polizei und andere Einsatzorganisationen und Hilfskräfte die Eisenbahnanlagen ausnahmslos erst dann betreten, wenn „geschulte Eisenbahnbedienstete“ vor Ort eingetroffen sind. Ist diese Regelung mit den betroffenen Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen abgestimmt?
Die Bestimmung des § 2 Abs. 7 EisbSV wird nach Ansicht meiner ExpertInnen falsch wiedergegeben; die Darstellung und die daraus gezogenen Schlussfolgerungen sind unrichtig.
Vor Erlassung der Verordnung wurde ein normales Begutachtungsverfahren durchgeführt.
Zu Frage 4:
Ø Halten Sie es für sinnvoll Verordnungsregelungen zu treffen, nach denen die Einsatzkräfte nach Hilfe schreienden Opfern im brennenden Eisenbahnwagen so lange aus sicherer Entfernung „zusehen“ müssten, bis ein „geschulter Eisenbahnbediensteter“ vor Ort eingetroffen ist und sie erst dann die Gleisanlagen betreten dürfen? Falls ja – warum? Falls nein – was werden Sie konkret unternehmen?
Eine derartige Regelung existiert nicht. Grundsätzlich wird aber davon ausgegangen, dass auch für die Sicherheit der Einsatzkräfte so weit als möglich Vorkehrungen getroffen werden müssen. Zu diesen Vorkehrungen gehört entsprechendes Wissen hinsichtlich der besonderen im Eisenbahnbetrieb auftretenden Gefahren.
Zu den Fragen 5 bis 7:
Ø Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen dürfen die Eisenbahnanlagen außerhalb des „allgemeinen Verkehrsgebrauchs“ erst dann betreten, wenn durch betriebliche Maßnahmen und vor Ort anwesende geschulte Eisenbahnbedienstete ein gefahrloses Betreten gewährleistet wird. Es müssen daher natürlich auch von den Eisenbahnunternehmen ausreichend „geschulte Eisenbahnbedienstete“ organisatorisch vorgehalten werden. Welche diesbezüglichen Veranlassungen haben Sie rechtzeitig vor Inkrafttreten der Verordnung getroffen, damit es zu keinen Sicherheitsdefiziten kommt?
Ø Es dürfte Ihnen bekannt sein, dass Eisenbahnbedienstete in der Fläche verstärkt eingespart werden (Fahrdienstleiter, Fahrkartenschalter usw.). Inwieweit ist der zusätzliche Personalbedarf von „geschulten Eisenbahnbediensteten“ vor Ort mit dieser Entwicklung abgestimmt? Welche Vorbereitungen haben Sie diesbezüglich mit den betroffenen Eisenbahnunternehmen getroffen?
Ø Das Erfordernis „geschulter Eisenbahnbediensteter“ vor Ort zur Unterstützung der Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen muss natürlich im Notfallmanagement der Eisenbahnunternehmen entsprechend berücksichtigt werden. Inwieweit haben Sie im Rahmen der Aufsicht die Einhaltung dieser Voraussetzung überprüft?
Die Darstellung ist nach Auskunft meiner ExpertInnen unrichtig. Sofern bestehende Sicherheits- und Rettungskonzepte künftig adaptiert würden, hätte ein Eisenbahnunternehmen vorher die entsprechenden Vorkehrungen zu treffen, zu denen wie bisher auch eine Abstimmung mit den örtlich betroffenen Einsatzorganisationen gehört.
Zu Frage 8:
Ø In merkwürdigem Gegensatz zu den überstrengen Regelungen für Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen dürfen alle Angehörigen des Österreichischen Bundesheeres die Eisenbahnanlagen ohne Einschränkung und ohne jede Ausbildung überall ohne vor Ort anwesende „geschulte Eisenbahnbedienstete“ betreten. Aus welchem Grund bestehen zum Beispiel für einen Koch oder eine Reinigungskraft des Österreichischen Bundesheeres – oder auch: sämtliche Präsenzdiener – derart großzügige Regelungen, während die Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen vor ihrem Einsatz auf den „geschulten Eisenbahnbediensteten“ vor Ort warten müssen?
Bei allen in § 3 EisbSV angeführten Personen ist das Betreten ohne Erlaubniskarte überdies nur zulässig, „wenn und solange dies zur Ausübung ihrer Dienstobliegenheiten erforderlich ist“.
Zu den Fragen 9 bis 11:
Ø Unter den betroffenen Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen herrscht bereits spürbarer Ärger über die unpraktikablen Regelungen des § 2 Abs. 7 der Verordnung. Es werden Befürchtungen laut, dass die Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen unter derartigen Rahmenbedingungen ihren Sicherheitsaufgaben nicht mehr verlässlich nachkommen können. Bis wann ist daher eine Überarbeitung und Anpassung dieser Regelungen vorgesehen?
Ø Durch die unpraktikable Regelung des § 2 Abs. 7 der Verordnung und damit verbundener Verzögerungen beim Einsatz von Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen durch die Wartezeit auf „geschulte Eisenbahnbedienstete“ kann es zu riskanten Verzögerungen bei Hilfseinsätzen, zum Beispiel durch Feuerwehr, Rettung oder Polizei, kommen. Wie werden Sie sicherstellen, dass es hier nicht zu Vorwürfen an Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen kommen kann? Wie werden Sie sicherstellen, dass die Angehörigen der Einsatzorganisationen und Hilfsorganisationen für diese Verzögerungen nicht haftbar gemacht werden?
Ø Sollte es bei Hilfseinsätzen wegen der unpraktikablen Regelung des § 2 Absatz 7 der Verordnung durch die Wartezeit auf „geschulte Eisenbahnbedienstete“ zu Verzögerungen kommen, wo würden Sie die politische Verantwortung für allfällige Folgen dieser Verzögerungen zuordnen?
Aus der EisbSV ergibt sich laut den ExpertInnen meines Hauses keine Notwendigkeit, die bisherigen Vorgaben für Einsätze abzuändern. Sollte von den neuen Möglichkeiten Gebrauch gemacht werden und z.B. das Handbuch 8.5.2-009 „Feuerwehreinsatz im Gleisbereich“ durch Bundesfeuerwehrverband und ÖBB-Infrastruktur Aktiengesellschaft überarbeitet werden, so können allfällige durch Falschinformationen ausgelöste Verunsicherungen durch Rücksprache bei der Behörden beseitigt werden.
Zu Frage 12:
Ø Wer trug in Ihrem Haus die federführende Verantwortung für die Textierung der „Verordnung über die Eisenbahnschutzvorschriften“ in der letztlich in BGBl II Nr. 219/2012 erlassenen Form?
Die Vorbereitungsarbeiten zur Verordnung oblagen, wie auch bei den anderen Verordnungen zu Sicherheitsvorschriften, den FachbeamtenInnen des bmvit. Vor der Erlassung der Verordnung erfolgte jeweils eine allgemeine Begutachtung und deren Auswertung.