13044/AB XXIV. GP
Eingelangt am 07.02.2013
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am Jänner 2013
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0291-I/4/2012
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 13302/J vom 7. Dezember 2012 der Abgeordneten Josef Jury, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich, Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Die vom Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (“BCBS”) vorgeschlagenen Standards („Basel III“) umfassen Regelungen, die Aufsichtslücken unter anderem im Bereich der Liquiditätsvorschriften schließen werden, was vom Bundesministerium für Finanzen positiv bewertet wird.Dies fördert die Stabilität des Finanzmarktes und mindert u.a. negative Auswirkungen möglicher Finanzkrisen in der Realwirtschaft. Die Anreize, die durch die Liquiditätskennzahlen des BCBS gesetzt werden, werden überdies bis Inkrafttreten der neuen Regelungen (d.h. 1. Jänner 2015) intensiv geprüft. Der Vorbereitungszeitraum bis zur vollumfänglichen Einführung der Anforderungen der LCR für die Banken wurde auch deutlich verlängert, um mögliche negative Auswirkungen auf die Vergabe von Krediten zu vermeiden.
Festzuhalten ist, dass keine „Euro-Krise“ vorliegt, sondern dass einzelne Staaten Verschuldungsprobleme haben. Das Bundesministerium für Finanzen erkennt keinen direkten Zusammenhang zwischen den hohen Refinanzierungskosten einiger Euro-Länder und den frühestens ab 2015, beziehungsweise in der Endausbaustufe 2019, verbindlich einzuhaltenden Liquiditätskennzahlen für Banken.
Zu 2.:
Aufgrund ihrer großen Bedeutung für Wachstum und Beschäftigung (99% der Unternehmen, über 60% der unselbstständig Beschäftigten) sind KMU grundsätzlich eine wichtige Zielgruppe der österreichischen (und europäischen) Wirtschaftspolitik. In jüngerer Vergangenheit wurden diesbezüglich eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt bzw. auf Schiene gebracht (Auszug):
Der 9. Kreditbericht der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), der Mitte Dezember 2012 veröffentlicht wurde, geht von einem leicht abgeschwächten Wachstum der Kredite österreichischer Banken an Unternehmen und Haushalte, nicht aber von einer drohenden Kreditklemme aus. Die OeNB verweist dabei allerdings auch auf aktuelle Umfragen bei Unternehmen, die eine leichte Verschlechterung der Verfügbarkeit von Bankkrediten im Verlauf des Jahres 2012 signalisieren. Neben der Eintrübung der Konjunkturaussichten wird hier auf bankinterne Gründe verwiesen, da bei den Kreditrichtlinien eine leichte Verschärfung der Sicherheitserfordernisse und Nebenvereinbarungen von Unternehmen beobachtet wird.
Das Bundesministerium für Finanzen schließt aus den Ergebnissen dieses Berichts der OeNB nicht auf eine drohende „Kreditklemme“, ist aber grundsätzlich der Überzeugung, dass alle Bemühungen gesetzt werden müssen, um einerseits die sich abzeichnende konjunkturelle Erholung nicht zu gefährden und andererseits die Steigerung der Finanzmarktstabilität sicherzustellen. Wir setzten uns daher seit Beginn der Verhandlungen im Rat zur EU-Verordnung über Kapitalanforderungen („CRR“) dafür ein, dass kreditorientierte Geschäftsmodelle von Banken nicht unnötig belastet werden und mögliche negative Auswirkungen auf die Kreditvergabe durch die Regelungen von „Basel III“ bedacht und vermieden werden.
Folgende Änderungen in diesem Sinn wurden in den Verhandlungen zur CRR erreicht:
Zu 3.:
Die konkreten Bedingungen für eine reibungslose Mittelstandsfinanzierung hängen in hohem Ausmaß von den regulatorischen Rahmenbedingungen ab, über die gerade in diesen Wochen und Monaten auf europäischer Ebene entschieden wird. Das Bundesministerium für Finanzen setzt sich daher auf europäischer Ebene vehement dafür ein, dass das traditionelle kreditbasierte Geschäftsmodell auf keinen Fall regulatorisch benachteiligt wird. Besonderes Augenmerk liegt dabei auch auf dem Erhalt der für die österreichische Wirtschaft so wichtigen regionalen Finanzierungsstrukturen. Diese Bemühungen gelten ebenso für die nationale Umsetzung des EU-Rechts.
Zu 4.:
Wie bereits unter 3. ausgeführt, hat sich das Bundesministerium für Finanzen auf europäischer Ebene vehement dafür eingesetzt, dass das traditionelle kreditbasierte Geschäftsmodell und die regional verankerten Strukturen auf keinen Fall regulatorisch benachteiligt werden. Betreffend bereits erreichter konkreter Maßnahmen bzw. Verhandlungserfolge wird auf die Beantwortung der Fragestellungen 2. und 3. verwiesen. Ergänzend wird angemerkt, dass das Bundesministerium für Finanzen auf akute Krisen erwiesenermaßen rasch und effizient reagiert; so wurde z.B. mit den Maßnahmen des Interbankmarktstärkungsgesetzes erfolgreich verhindert, dass Störungen des Refinanzierungsmarktes zu einer Gefährdung des Aktivgeschäftes und damit der Kreditvergabe führen. Weiters erfolgt im Rahmen der institutionalisierten Zusammenarbeit von Bundesministerium für Finanzen, Finanzmarktaufsicht und OeNB eine laufende Beobachtung des Finanzmarktes, insbesondere der Marktstabilität.
Zu 5.:
Das Bundesministerium für Finanzen unterstützt eine Basel III-konforme Umsetzung der neuen Aufsichtsanforderungen innerhalb der Europäischen Union zur Sicherstellung der Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen Finanzmarktes und der Stärkung der Stabilität des Finanzmarktes. Dabei ist die angemessene Kreditversorgung der Realwirtschaft und der Bevölkerung sicher zu stellen. Eine Aufweichung von Basel III-Bestimmungen wird vom Bundesministerium für Finanzen nicht unterstützt, es darf jedoch der global unterschiedliche Anwendungsbereich der Regulierungen nicht übersehen werden. Während in einigen Volkswirtschaften lediglich große, grenzüberschreitend aktive Finanzkonzerne Zielgruppe sind, ist eine sachlich gerechtfertigte Adaptierung durchaus dort angebracht, wo eine „Übererfüllung“ der Basel-Vorgaben dadurch erfolgt, dass auch kleine und kleinste Banken mit regional eingeschränktem Wirkungsbereich unter den Rechtsrahmen fallen. Darüber hinaus wird auf die Beantwortung der Frage 6. verwiesen.
Zu 6.:
Es ist darauf hinzuweisen, dass § 30 Abs. 2a BWG bereits durch das BGBl. I Nr. 107/2010 aufgehoben wurde, ein aktueller Zusammenhang mit Basel III-Vorschriften besteht daher nicht. Basel III richtet sich grundsätzlich an international aktive Großbanken, die meist in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft gegründet sind. Innerhalb der EU und Österreichs sind die neuen Anforderungen allerdings auch von anderen Gesellschafts- und Organisationsformen einzuhalten (z.B. Genossenschaften, Sparkassen). Um eine möglichste Rechtsformneutralität sicherzustellen und zusätzliche Belastungen für solche Gesellschafts- und Organisationsformen zu reduzieren, war es daher immer auch im Interesse des Bundesministeriums für Finanzen, Spezifika und Besonderheiten dieser Systeme in Einklang mit den EU-rechtlichen Rahmenbedingungen zu berücksichtigen. In den Verhandlungen konnten diesbezüglich Erleichterungen erreicht werden, bei denen als Konsequenz auch mit einer Reduzierung der Komplexität solcher Organisationsformen gerechnet wird. Hinsichtlich der Beschränkung von Bonifikationen für Bankmanager ist im Zusammenhang mit der Kreditvergabe durch Banken und der Frage einer Aufweichung der Bestimmungen von Basel III Folgendes festzuhalten:
Bereits mit Umsetzung der Richtlinie Nr. 2010/76/EU wurden weitgehende Anforderungen an die Vergütungsstrukturen von Kreditinstituten festgelegt. Im Zuge der gegenwärtigen Umsetzung der internationalen Standards von „Basel III“ werden diese bestehenden Grundsätze nunmehr weiter konkretisiert und teilweise erweitert.
Unangemessene Vergütungssysteme setzen häufig Anreize für das Eingehen übermäßiger Risiken und das Anstreben lediglich kurzfristiger Erfolge für das Institut. Derartige Praktiken haben im Zuge der Finanzkrise mitunter zum Entstehen von Systemrisiken und der Notwendigkeit staatlicher Beihilfen im Bankensektor geführt. Ziel der umzusetzenden Bestimmungen im Bereich der Vergütungsbeschränkungen ist es deshalb, übermäßiges Risikoverhalten von Organen und Mitarbeitern, die maßgeblichen Einfluss auf das Risikoprofil des jeweiligen Institutes haben, zu verhindern und Bestandteile variabler Vergütungen unter entsprechender Berücksichtigung langfristiger und nachhaltiger Erfolge leistungsabhängig festzulegen.
Durch die zahlreichen Vergütungsbeschränkungen ist deshalb nicht nur eine Verbesserung des Risikomanagements von Banken zu erwarten, sondern auch die zusätzliche Unterstützung einer ausreichenden Eigenmittelausstattung. In Bezug auf die Kreditvergabe durch Banken sind deshalb keinesfalls negative, sondern allenfalls positive Effekte für österreichische Unternehmen zu erwarten, da die Vergütungsregelungen unter anderem dazu beitragen werden, dass Kreditinstitute durch angemessene Bonizahlungen und gezielte Steuerung des Risikoverhaltens ihrer Mitarbeiter nicht in finanzielle Schieflagen geraten und sich die Frage nach Einschränkungen der Kreditvergabe in diesem Zusammenhang erst gar nicht stellt. Eine Aufweichung der Vergütungsbestimmungen erscheint aus den angeführten Gründen nicht erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen