1307/AB XXIV. GP

Eingelangt am 09.05.2009
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BM für Verkehr, Innovation und Technologie

Anfragebeantwortung

 

 

 

GZ. BMVIT-10.000/0014-I/PR3/2009    

DVR:0000175

 

An die

Präsidentin des Nationalrats

Mag.a  Barbara PRAMMER

Parlament

1017    W i e n

 

 

 

Wien, am     . Mai 2009

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr. Moser, Freundinnen und Freunde haben am 13. März 2009 unter der Nr. 1341/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Elektronische Zugsicherungssysteme – ETCS (2) gerichtet.

 

Diese Anfrage beantworte ich nach Einholung der Informationen von den ÖBB wie folgt:

 


Zum Motiventeil und zu den Fragen 1 bis 6:

Ø      Was hat die ÖBB bewogen, wie aus der Beilage ersichtlich ist, ETCS auf der gesamten Strecke Wien Südbahnhof – Hegyeshalom ausser Betrieb zu nehmen (warum kam es zu Bauarbeiten, sind Fehler unterlaufen, …)?

Ø      Warum wurde meine Frage 1 in 408/AB nicht korrekt beantwortet, sondern der Betrieb von ETCS auf der genannten Strecke Wien – Nickelsdorf mitgeteilt?

Ø      Aus welchen Gründen werden nur 13 Lokomotiven für den Einsatz bei ETCS umgerüstet, warum keine größere Zahl? Warum wurden bis jetzt nur 4 von 13 Lokomotiven umgebaut?

Ø      Warum wurde im Ministerium eine Arbeitsgruppe aus eigenen Personen, Firmen- und ÖBB-Vertretern eingerichtet und nicht die eigene Kompetenz als Aufsichtsbehörde allein genützt? Bestand nicht durch die Heranziehung von Firmenvertretern die Gefahr der Beeinflussung in Richtung eines bestimmten Systems?

Ø      Warum wurde die Frage der Ausrüstung großer Bahnknoten nicht bereits früher gelöst, nachdem seit 1994 an der Umstellung der Zugsicherungssysteme gearbeitet wird?

Ø      Aus welchen Gründen entschieden sich die ÖBB entgegen der Empfehlungen der Zusammenfassung der ÖBB Holding AG Konzernstrategie ETCS vom 12.8.2008 auf vielen Strecken für das letztlich sowohl betriebs- als auch volkswirtschaftlich teurere Zugbeeinflussungssystem ETCS Level 1, das auch Nachteile bei Sicherheit, Streckenkapazität und Fahrtgeschwindigkeit mit sich bringt?

 

Im Hinblick auf die europaweite Durchgängigkeit des Zugverkehrs stellt die Harmonisierung der Vielzahl an derzeit vorhandenen Zugsicherungssystemen im EU-Raum die vordringliche Zielsetzung der europäischen Verkehrspolitik dar. Die Vorgangsweise bei der Ausrüstung der Strecke Wien – Nickelsdorf ist in diesem verkehrspolitischen Zusammenhang als Teil der Gesamtstrategie für den Korridor Wien – Budapest zu sehen. In diesem Sinne erfolgte die Ausrüstung des österreichischen Streckenteils mit dem interoperablen Zugsicherungssystem ETCS Level 1 in voller Übereinstimmung mit den geltenden Zielsetzungen und Richtlinien der EU.

Die in meinem Ressort im Zuge der Entscheidung für die Errichtung einer grenzüberschreitenden, mit dem System ETCS auszurüstende Strecke eingerichtete Arbeitsgruppe legte die für die Antragsteller ÖBB und Signalbauindustrie verbindlichen Verfahrensmodalitäten fest, welche unabhängig vom zur Anwendung kommenden ETCS-Level gelten.

 

Zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Ausrüstung der Pilotstrecke konnte auf Basis der damals verfügbaren Informationen nicht von der Marktreife des Systems ETCS Level 2 ausgegangen werden, womit die Entscheidung für ETCS Level 1 zu treffen war. Der Auswahl des Systems wurden die gemäß EisbG für die Sicherheit und Ordnung des Betriebes der Eisenbahn und des Verkehrs auf der Eisenbahn erforderliche Leistungsfähigkeit, Verfügbarkeit und Betriebszuverlässigkeit zu Grunde gelegt, die von ETCS Level 2 im Jahr 2002 und auch auf absehbare Zeit hinaus nachweislich nicht erbracht werden konnte.

 

In diesem Zusammenhang darf angemerkt werden, dass zur selben Zeit eine ETCS Level 2-Anwendung im Netz der Schweizerischen Bundesbahnen (SBB) wenig positive Erfahrungen lieferte, was schlussendlich zur Außerbetriebsetzung von Level 2 führte. Es erschien daher zweckmäßig, vor der Vergabe weiterer Abschnitte die Eignung von ETCS eingehend zu erproben, um die geforderten Eigenschaften sicherzustellen.

Bei den Ausschreibungen für die Strecken Wien – Nickelsdorf und Wels – Passau war absehbar, dass der Stand der europäischen Spezifikationen für ETCS Level 2 noch tiefgreifenden Veränderungen unterworfen sein wird, die dementsprechende zeit- und kostenintensive Änderungen im System (strecken- und fahrzeugseitig) notwendig machen würden. Erst mit der nun vorliegenden Version 2.3.0 mit subset 108 (sogenannte Version 2.3.0.d) kann von einer Baseline, welche eine europäische Interoperabilität gewährleistet, ausgegangen werden. Diese liegt auch den Ausschreibungen für die Neubaustrecken mit ETCS Level 2 zugrunde.

Der Abschlussbericht des Konzernprojektes ETCS sieht neben betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Maßstäben noch weitere maßgebliche Entscheidungskriterien vor; diese sind beispielsweise der zu erwartende Sicherheitsgewinn, der Ausgabenschwerpunkt für Investitionen und die Achsenbetrachtung. Im Zuge der Achsenbetrachtung wird evident, dass hochgeschwindigkeitstaugliche Neubaustrecken jedenfalls mit ETCS Level 2 auszustatten sind.

Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass mit der Anwendung des Systems ETCS Level 2 eine signifikante Erhöhung der Streckenkapazität einhergeht. Dies tritt erst unter Anwendung von zusätzlichen begleitenden Maßnahmen, wie z. B. einer Verdichtung von Blockabschnitten, ein, sodass sich bei der Ausrüstung von Bestandsstrecken eine systembedingte Kapazitätserhöhung im Bereich von max. 5% ergibt. Da der Unterschied zwischen Level 1 und Level 2 im Wesentlichen in der Art der Datenübertragung liegt und ansonsten dieselben Spezifikationen zur Anwendung gelangen, ist grundsätzlich kein geringeres Sicherheitsniveau für Level 1 zu erwarten.

 

Die Problematik der Verwaltung einer entsprechenden Anzahl von ETCS - geführten Fahrzeugen in großen Bahnhofsknoten liegt in der Entwicklung und Bereitstellung von Technologien und Produkten durch die europäische Signalbauindustrie, die bisher EU-weit nicht in der Lage war, entsprechende Lösungen anzubieten und ist im Wesentlichen durch die in GSM-R derzeit noch begrenzte Anzahl von Übertragungskanälen bestimmt.

Wie bereits ausgeführt, zielt die Strategie bei der Ausrüstung von Neu- sowie Ausbaustrecken auf das ETCS System Level 2 ab. Eine Bewertung der Bestandsstrecken nach den Maßstäben Leistungsfähigkeit, Verfügbarkeit und Betriebszuverlässigkeit muss im Sinne einer sparsamen Verwendung öffentlicher Gelder maßgeschneidert für die konkrete Bestandsstrecke, ihre speziellen Anlagenverhältnisse sowie der aktuellen und prognostizierten kapazitativen Auslastung erfolgen. Eine Anwendung des ETCS Systems Level 1 bei Bestandsstrecken ist diesbezüglich, primär aufgrund der allgemein geringeren Ausrüstungskosten, nicht generell auszuschließen. Der Abschlussbericht des Konzernprojektes ETCS sieht die Migration sowohl von Level 1 als auch von Level 2 vor.

 

Die probeweise auf der Strecke Wels – Passau eingeführte GSM-R Ausrüstung ist als Ersatz für das bestehende analoge Zugfunksystem konzipiert und erfüllt derzeit nicht die Verfüg-barkeitsanforderungen der Europäischen Spezifikationen für ETCS Level 2.

Nachdem ETCS auf ungarischer Seite im Laufe des Jahres 2008 in Betrieb genommen wurde, sind Maßnahmen zur Realisierung der vollen Funktionalität des Systems am Übergang zu Ungarn erforderlich. Des Weiteren ergaben sich aus dem laufenden Betrieb Erfordernisse, die betriebliche Funktionalitäten in einigen Streckenabschnitten zu verbessern und so eine effizientere Betriebsführung zu ermöglichen. Zudem sind behördliche Vorschreibungen, wie z.B. die Behandlung von Langsamfahrstellen, zu erfüllen. Diese Umprojektierungen haben entsprechende Auswirkungen auf die eingesetzten Software- und Hardwarekomponenten. Zur raschen Umsetzung der Maßnahmen ohne störende Auswirkungen auf den laufenden Betrieb wurde das System ETCS, nachdem es sich bis Ende 2008 in Vollbetrieb befand, bis zur Wiederherstellung der vollen Funktionalität vorübergehend außer Betrieb genommen.

 

Derzeit besitzen 13 Lokomotiven der Baureihe 1116 mit ETCS-L1 Onboard Equipment eine behördliche Zulassung. In Anbetracht der internationalen Vorreiterrolle der Achse Wien - Budapest erfolgte eine Förderung der ETCS-Pilotstrecke durch die EU. Diese umfasst sowohl Infrastruktur als auch Fahrzeuge. Auf die ÖBB entfiel diesbezüglich eine Förderquote für 13 Lokomotiven, die dementsprechend mit der ETCS-Fahrzeugausrüstung ausgestattet wurden. Aktuell ist eine EU-weite Ausschreibung für die Ausrüstung von Fahrzeugen mit dem System ETCS im Gange.

 

 

Zu Frage 7:

Ø      Wie erfolgte die Ausschreibung für ETCS Level 1 und Level 2?

 

Nach Auskunft der ÖBB erfolgte die Ausschreibung für ETCS Level 1 und Level 2 im Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung.

 

 

Zu Frage 8:

Ø      Wann und wie erfolgte die Ausschreibung für die Fahrzeugausstattung?

 

Nach Auskunft der ÖBB erfolgte die Ausschreibung für die Fahrzeugausrüstung ETCS Level 2 im Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung.

 

 

Zu Frage 9:

Ø      Wie soll diese finanziert und bedeckt werden?

 

Dazu teilt die ÖBB mit, dass die Finanzierung der Fahrzeugausstattung gemäß den Finanzplänen der Absatzgesellschaften des ÖBB-Konzerns erfolgt.


Zu den Fragen 10 und 11:

Ø      Wie erfolgte die Ausschreibung für die Einrichtung von ETCS für das Inntal?

Ø      Wie erfolgte die Leistungsvergabe für die Einrichtung von ETCS beim Wienerwaldtunnel?

 

Nach Auskunft der ÖBB erfolgte die Ausschreibung im Verhandlungsverfahren mit vorheriger EU-weiter Bekanntmachung. Die ETCS Ausrüstung für die beiden Projekte wurde gemeinsam im Zuge dieses Verfahrens ausgeschrieben.

 

 

Zu Frage 12:

Ø      Ist bei den Ausschreibungen eine X25-Schnittstelle vorhanden, wenn nicht, warum nicht?

 

Gemäß ÖBB wurde im Hinblick auf die bestehende Infrastruktur bei der Ausschreibung die X25-Schnittstelle auch als Schnittstelle zu ETCS mitausgeschrieben.

 

 

Zu Frage 13:

Ø      Wer hat das Pflichtenheft für die Ausschreibung von ETCS erstellt?

 

Das Pflichtenheft wird gemäß ÖBB auf Basis des vom ÖBB-Konzern vorgegebenen Lastenheftes vom Auftragnehmer für ETCS erstellt und muss vom Auftraggeber genehmigt werden.

Das für die Spezifikation der ETCS-Leistungen notwendige Lastenheft für ETCS Level 2 wurde von Spezialisten des ÖBB-Konzerns in Zusammenarbeit mit einem Ziviltechnikerbüro mit Erfahrungen im Bereich von ETCS und der Unterstützung der Spezialisten der SBB erstellt.

 

 

Zu Frage 14:

Ø      Wer hat sich bei der Ausschreibung im Unterinntal und bei der Westbahn-Neubaustrecke Wien – St. Pölten beteiligt?

 

Da es sich gemäß Auskunft der ÖBB derzeit noch um ein laufendes Vergabeverfahren handelt, darf gemäß BVergG 2006 bis zum Abschluss des Verfahrens keine diesbezügliche Aussage gemacht werden.