13104/AB XXIV. GP

Eingelangt am 13.02.2013
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

Alois Stöger

Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

GZ: BMG-11001/0320-I/A/15/2012

Wien, am 11. Februar 2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 13364/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 6:

Unter Berücksichtigung der Erwerbsfreiheit steht es grundsätzlich jeder Ärztin/jedem Arzt offen, einer gewerblichen Tätigkeit, wie z. B. dem Verkauf oder der Vermittlung von Nahrungsergänzungsmitteln bzw. sonstiger in der parlamentarischen Anfrage angeführten Produkte nachzugehen. Die genannten Tätigkeiten sind dabei jedenfalls unter Beachtung der einschlägigen gewerberechtlichen Bestimmungen auszuüben. Ebenso hat die Ärztin/der Arzt die Bestimmungen des Ärztegesetzes, die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ der Österreichischen Ärztekammer wie auch den gemäß

§ 117 Abs. 2 Z 9 lit. f ÄrzteG erlassenen Ärztlichen Verhaltenskodex („Code of conduct“) zu beachten.


In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass gemäß § 49 Abs. 1 ÄrzteG die Ärztin/der Arzt ihre/seine ärztlichen Tätigkeiten insbesondere nach Maßgabe der ärztlichen Erfahrung und unter Wahrung des Wohls der Kranken und des Schutzes

der Gesundheit auszuüben hat. Bei der Behandlung hat sie/er daher grundsätzlich das Wohl und die Interessen der Patientin/des Patienten zu achten. Die Ärztin/Der Arzt hat demnach bei der Tätigkeit als Gewerbetreibende/r diese Tätigkeit von der ärztlichen Tätigkeit (Behandlung, Vorbeugung, Diagnostik von Erkrankungen) klar zu trennen und darf ihre/seine ärztliche Tätigkeit nicht missbräuchlich ins Spiel bringen, indem sie/er auf Patient/inn/en einen Kaufdruck ausübt oder die ärztliche Tätigkeit an einen Kauf der in Rede stehenden Produkte bindet.

 

Auch hinsichtlich der Evidenz einer positiven gesundheitlichen Wirkung durch die Einnahme von durch Ärztinnen/Ärzte empfohlener Nahrungsergänzungsmittel ist wohl im Bezug auf die ärztliche Beratung ein höherer Anspruch zu stellen als beispielsweise an das Verkaufspersonal in Supermärkten. Ein Verweis auf eine heilende oder krankheitslindernde bzw. krankheitsvorbeugende Wirkung eines Nahrungsergänzungsmittels ist grundsätzlich verboten. Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel. Eine Aussage über gesundheitsbezogene Wirkungen eines Nahrungsergänzungsmittels muss nach Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel zugelassen sein. Die Nahrungsergänzungsmittelverordnung (NEMV, BGBl II 2004/88 idgF) verbietet jeden Hinweis, mit dem behauptet oder der Eindruck erweckt wird, dass bei einer ausgewogenen, abwechslungsreichen Ernährung im Allgemeinen die Zufuhr angemessener Mengen an Nährstoffen nicht möglich ist. Begründet ist dies im Irreführungsverbot, eines der zentralen Elemente im Lebensmittelrecht, denn grundsätzlich ist durch die Einnahme von Nahrungsergänzungsmittel bei einem Nichtvorliegen einer zumindest latenten Unterversorgung an einem oder mehreren Nährstoffen keine gesundheitlich positive Wirkung (mit Ausnahme von Placebo) erwartbar. Die Lebensmittelkennzeichnungsverordnung (LMKV; BGBl 1993/72 idgF) gilt in Kombination mit den zusätzlichen Kennzeichnungsvorgaben der Nahrungsergänzungsmittelverordnung auch für die Abgabe bzw. den Verkauf von Nahrungsergänzungsmittel durch Ärztinnen und Ärzte.

 

Es gibt kein Verbot, Nahrungsergänzungsmittel per Nachnahme zu beziehen und im Rahmen privatärztlicher Tätigkeit Beratungshonorare in Rechnung zu stellen. Hier wird wohl – wie bei jedem Vertrag – ausschlaggebend sein, ob eine ausreichende vorvertragliche Aufklärung über die zu erwartende Leistung erfolgt ist, die es dem Vertragspartner – in diesem Fall den Patientinnen und Patienten -  ermöglicht, die Angemessenheit des Preises für die Beratungsleistung bzw. das angepriesene Produkt abzuschätzen, damit ein Vertrag wirksam zustande kommen kann.

 

Gemäß § 108 Medizinproduktegesetz ist es im Rahmen der Verkaufsförderung für Medizinprodukte bei den Personen, denen im Rahmen der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung Aufgaben zukommen, verboten, diesen eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu gewähren, anzubieten oder zu versprechen, es sei denn, sie sind von geringem Wert und für die medizinische oder medizintechnische Praxis von Belang. Den Personen, denen im Zusammenhang mit der Verschreibung, Abgabe, Beschaffung für Einrichtungen des Gesundheitswesens, Errichtung, Inbetriebnahme oder Anwendung von Medizinprodukten Aufgaben zukommen, ist es untersagt, eine Prämie, finanzielle oder materielle Vorteile zu fordern, sich versprechen zu lassen oder anzunehmen.

 

Sollten mit „anderen Produkten“ auch Arzneimittel gemeint sein, ist darauf hinzu-weisen, dass die Abgabe von Arzneimitteln durch Ärztinnen/Ärzte (soweit es sich nicht um unentgeltliche Ärztemuster handelt oder die Ärztin/der Arzt über die Bewilligung zur Führung einer ärztlichen Hausapotheke verfügt) verboten ist.

 

Frage 2, 3 und 5:

Diese Informationen liegen weder meinem Ressort noch der Österreichischen Ärztekammer oder den Landesärztekammern vor. In diesem Zusammenhang darf

ich auch auf meine Ausführungen in der an mich gerichteten parlamentarischen Anfrage Nr. 3895/J vom 10. Dezember 2009 verweisen.

 

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf meine Ausführungen in der Beantwortung der Voranfrage 3895/J verweisen.

 

Frage 4:

Der Handel von den in der parlamentarischen Anfrage genannten Produkten bedarf einer Gewerbeberechtigung, demnach dürfen diese Produkte nur unter den in der Gewerbeordnung enthaltenen Voraussetzungen angeboten werden. In diesem Zusammenhang wird auf die einschlägigen gewerberechtlichen Regelungen verwiesen. Für die jeweils gehandelten Waren gelten jedenfalls auch die jeweiligen Sicherheits-, Hygiene- und Kennzeichnungsbestimmungen der entsprechenden Materiengesetze bzw. aufgrund dieser erlassener Verordnungen (Lebensmittel- und Verbraucherschutzgesetz, Medizinproduktegesetz, Arzneimittelgesetz).

 

Frage 7:

Ein völliges Verbot steht dem Grundrecht auf Erwerbsfreiheit entgegen. Sicherzustellen ist, dass eine Trennung der ärztlichen von den gewerblichen Tätigkeiten und ausreichend Transparenz darüber für die Patientinnen und Patienten gewährleistet ist.

 

Frage 8 und 9:

Derzeit sind mangels gesetzlicher bzw. gesamtvertraglicher Regelungen die in Rede stehenden Nebengeschäfte von Ärztinnen und Ärzten  weder den Ärztekammern noch den zuständigen Sozialversicherungsträgern zu melden.

 

Die das Verhältnis der Ärztinnen/ Ärzte zu den Sozialversicherungsträgern regelnden Gesamtverträge und die auf deren Grundlage abgeschlossenen Einzelverträge beziehen sich nur auf ärztliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Krankenbehandlung, wozu die in der Anfrage angeführten Vorgänge nicht zu zählen sind.

 

Für die gesetzliche Krankenversicherung ist von Bedeutung, dass die mit ihr verrechneten Leistungen im Sinne des § 133 Abs. 2 ASVG ausreichend und zweckmäßig erbracht werden, ohne das Maß des Notwendigen zu überschreiten, und dass die den Kassenvertragsärztinnen und –ärzten obliegenden, dem Vertragsverhältnis entspringenden Behandlungsverpflichtungen nicht beeinträchtigt werden.

 

Bezüglich Ärztegesetz verweise ich auf die Beantwortung der Frage 1.

 

Frage 10:

Nahrungsergänzungsmittel werden entsprechend dem Revisions- und Probenplan gemäß § 31 des Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetzes - LMSVG regelmäßig untersucht. Eine Schwerpunktaktion betreffend den Verkauf von Nahrungsergänzungsmitteln in Arztordinationen ist derzeit nicht geplant und auch kaum durchführbar, da die Lebensmittelaufsicht in der Regel über derartige gewerbliche Tätigkeiten in Arztpraxen keine Kenntnis hat.

 

Frage 11:

Eine Untersuchung und Begutachtung gemäß dem LMSVG von Produkten der „Nicapur-Linie“ ist noch nicht erfolgt. Am österreichischen Markt gibt es eine Vielzahl

von Nahrungsergänzungsmitteln. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelkontrolle besteht das Bemühen, sich einen möglichst umfassenden Überblick über die Marktsituation zu verschaffen.

 

Frage 12:

Mir sind keine rechtlichen Einschränkungen hinsichtlich der Auflage von Prospekten privater Handelsunternehmen über Nahrungsergänzungsmittel in Arztordinationen bekannt. Für die Prospekte gilt, dass die darin enthaltenen Informationen nicht irreführend sein dürfen, krankheitsbezogene Aussagen verboten sind und im Prospekt vorkommende gesundheitsbezogene Werbung durch Angaben, die nach der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel EU-weit zugelassen sind, abgedeckt sein müssen. Zudem sind nach der genannten Verordnung auch folgende Angaben in Prospekten bzw. generell in der Werbung für Lebensmittel unzulässig:

·        Angaben, die den Eindruck erwecken, durch einen Verzicht auf das Produkt könnte die Gesundheit beeinträchtigt werden

·        Angaben über Dauer und Ausmaß einer Gewichtsabnahme

·        Angaben, die auf Empfehlungen von einzelnen Vertretern aus der Ärzteschaft oder anderen medizinischen Berufe verweisen