13276/AB XXIV. GP

Eingelangt am 08.03.2013
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

 

BMJ-Pr7000/0006-Pr 1/2013


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

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E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

 

Zur Zahl 13510/J-NR/2013

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Abberufung des Mediensprechers des LG Klagenfurt“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 6:

In Punkt II. 4. des Erlasses des Bundesministeriums für Justiz vom 12. November 2003 über die Zusammenarbeit mit den Medien (Medienerlass) wird festgelegt, dass der Mediensprecher vom Leiter der jeweiligen Dienststelle bestimmt wird. Bei größeren Organisationseinheiten ist auch ein Stellvertreter des Mediensprechers zu bestellen. Die Bestellung und Abberufung des Mediensprechers bzw. stellvertretenden Mediensprechers ist eine organisatorische Maßnahme im Rahmen der vom Präsidenten eines Gerichtshofes zu treffenden Geschäftseinteilung. Der Medienerlass stellt in Punkt II. 3. zudem klar, dass Medienstellen als Einrichtungen der Justizverwaltung an die Anweisungen übergeordneter Justizdienststellen gebunden sind.


Die grundsätzliche Aufgabe der Medienstellen bei den Gerichtshöfen besteht darin, der Öffentlichkeit die Kenntnis von Fakten und Zusammenhängen zu vermitteln und so das Verständnis und das Vertrauen der Bevölkerung in die Einrichtungen der Justiz und ihre Entscheidungen zu fördern. Grundvoraussetzung für eine korrekte Wahrnehmung der Funktion des Mediensprechers ist die gebotene sachliche Distanz zu den Fällen, über die Auskunft erteilt werden soll. Von Wertungen ist grundsätzlich abzusehen (Punkt III. 5.). Ein Mediensprecher muss auch erkennen, wo die Grenzen der gesetzlichen Zulässigkeit einer Auskunftserteilung liegen; im Zweifel hat er mit dem Leiter seiner oder der übergeordneten Dienststelle Verbindung aufzunehmen (Punkt IX. 6.).

An diesen Leitlinien ist das Verhalten des damaligen stellvertretenden Mediensprechers des Landesgerichtes (LG) Klagenfurt in der Strafsache gegen U. S., insbesondere anlässlich der Berufungsverhandlung vom 19. Dezember 2012 im Oberlandesgericht (OLG) Graz zu messen.

Dem OLG Graz als reinem Rechtmittelgericht stehen keine größeren Verhandlungssäle zur Verfügung; daher war es – im Hinblick auf den zu erwartenden Andrang und zur Wahrung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Volksöffentlichkeit von Gerichtsverhandlungen (Art. 90 B-VG, Art. 6 Abs. 1 MRK) – erforderlich, interessierten Medienvertreterinnen und ‑vertretern vorweg Akkreditierungen zu erteilen und die verbliebenen Plätze der Öffentlichkeit zur Verfügung zu stellen, wobei im Sinne einer objektiven und fairen Vorgangsweise der Zutritt an den Besitz von Zählkarten gebunden war, die im Eingangsbereich ausgegeben wurden.

Obwohl der damalige stellvertretende Mediensprecher des LG Klagenfurt über keine Zählkarte verfügte, reservierte er für sich und drei begleitende Personen vier Plätze und beharrte selbst dann noch auf einer Sonderbehandlung, als er vom stellvertretenden Mediensprecher des OLG Graz und dem mit Sicherheitsfragen des OLG Graz beauftragten Richter unmissverständlich darauf hingewiesen wurde, dass ein Aufenthalt im Verhandlungssaal ohne eine der zu diesem Zeitpunkt bereits vergebenen Zählkarten nicht zulässig ist.

Als Motivation für seine Teilnahme an der Berufungsverhandlung gab er in einem in weiterer Folge mit dem Präsidenten des OLG Graz geführten Dienstgespräch unter anderem an, dass er sich angesichts vielfach geäußerter Vermutungen über einen „milden“ Ausgang des Verfahrens selbst einen Eindruck habe verschaffen wollen; er sei erleichtert gewesen festzustellen, dass die Berufungsverhandlung keinerlei Anhaltspunkte für eine nicht ausschließlich am Gesetz orientierte Rechtsprechung ergeben habe.

Einem Richtersenat von vornherein parteiliches Verhandeln zuzusinnen, entbehrt nicht nur jeder sachlichen Grundlage, sondern weckt auch Zweifel an der für die Funktion eines (stellvertretenden) Mediensprechers gebotenen Sachdistanz zu diesem – im Blickpunkt der Medien stehenden – Verfahren.


Ausgehend von diesen Erwägungen erachtete der Präsident des OLG Graz, der im Rahmen der ihm obliegenden Dienstaufsicht dafür zu sorgen hat, dass die Justizverwaltungsaufgaben bestmöglich wahrgenommen werden, die oben genannten, an einen Mediensprecher zu stellenden Anforderungen bei dem damaligen stellvertretenden Mediensprecher des LG Klagenfurt nicht mehr für gegeben, weshalb er als notwendige und im Interesse einer objektiven Medienberichterstattung gebotene Maßnahme den Präsidenten des LG Klagenfurt um die Enthebung des stellvertretenden Mediensprechers ersuchte.

Zu 7:

Ich meine, dass für eine funktionierende, den rechtsstaatlichen Grundsätzen verpflichtete Justiz die Gleichbehandlung von nicht verfahrensbeteiligten Gerichtspersonen mit interessierten Personen aus der Bevölkerung unabdingbar ist. Nur so kann der Bevölkerung ermöglicht werden, Verhandlungen kritisch zu verfolgen und sich einen unmittelbaren Eindruck von der Tätigkeit der Gerichte zu verschaffen. Jedes andere Verständnis, insbesondere ein „Auffüllen“ von Verhandlungssälen mit Gerichtsbediensteten würde die interessierte Öffentlichkeit unsachlich benachteiligen und dem Ruf und dem Ansehen der Justiz schaden.

Ich lehne aber auch eine wie immer geartete Sanktionierung von kritischen Stimmen innerhalb der Justiz entschieden ab. Die hier relevierte Abberufung des Mediensprechers hatte keinerlei Sanktionscharakter, sondern orientierte sich ausschließlich an den im Medienerlass zum Ausdruck kommenden, eingangs wiedergegebenen Sacherwägungen.

 

Wien,        . März 2013

 

 

 

Dr. Beatrix Karl