13340/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.03.2013
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 13598/J der Abgeordneten Birgit Schatz, Freundinnen und Freunde, wie folgt:

Zunächst möchte ich meiner Beantwortung vorausschicken, dass zu den Fragen 1 bis 10 eine Stellungnahme des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger eingeholt wurde.

Frage 1:

In den angeführten Wirtschaftsklassen [ausgenommen Punkte c, d, l, m und o – diese sind nicht über den ÖNACE-Code (Wirtschaftstätigkeitenklassifikation) auswertbar] wurden in den Jahren 2008 bis 2012 insgesamt 33.822 Gemeinsame Prüfungen aller lohnabhängigen Abgaben (GPLA) durchgeführt. Dabei wurden 3.056.310 Versicherungsverhältnisse überprüft und sonstige Arbeitsverträge (stichprobenweise) kontrolliert.

Folgendes vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger übermittelte Datenmaterial enthält die Anzahl der in den Jahren 2008 bis 2012 durchgeführten GPLA und der geprüften Versicherungsverhältnisse - jeweils getrennt nach Sozialversicherung (SV) und Finanzverwaltung (FV).

Anzahl der GPLA durch SV

 

Jahr

Bgld

K

Sbg

Stmk

Tirol

Vbg

Wien

Ges.

2008

175

225

333

781

230

546

440

203

894

3827

2009

157

224

325

711

306

749

501

210

846

4029

2010

186

236

358

654

343

701

522

227

809

4036

2011

138

198

363

566

234

589

510

223

810

3631

2012

147

329

551

922

608

985

665

405

1862

6474

Ges.

803

1212

1930

3634

1721

3570

2638

1268

5221

21997

 

Anzahl der GPLA durch FV

 

Jahr

Bgld

K

Sbg

Stmk

Tirol

Vbg

Wien

Ges.

2008

98

160

279

260

169

180

154

60

383

1743

2009

73

173

290

299

163

237

231

76

523

2065

2010

72

189

351

330

167

268

231

90

518

2216

2011

78

169

339

331

139

247

210

109

526

2148

2012

134

240

536

555

324

462

356

198

848

3653

Ges.

455

931

1795

1775

962

1394

1182

533

2798

11825

 

Anzahl der Versicherungsverhältnisse – Prüfung durch SV

 

Jahr

Burgenland

Kärnten

Salzburg

2008

8.447

9.037

22.464

38.359

41.567

2009

8.671

14.785

12.886

43.547

28.136

2010

8.440

18.637

13.781

42.786

43.495

2011

8.836

11.909

24.161

47.545

16.183

2012

4.586

18.509

47.821

84.223

79.082

Summe

38.980

72.877

121.113

256.460

208.463

Jahr

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

Gesamt

2008

20.450

27.607

5.700

70.930

244.561

2009

40.780

59.524

7.359

165.301

380.989

2010

50.151

23.871

12.648

144.485

358.294

2011

31.188

39.790

8.334

208.020

395.966

2012

58.972

58.508

31.262

555.481

938.444

Summe

201.541

209.300

65.303

1.144.217

2.318.254

 

Anzahl der Versicherungsverhältnisse – Prüfung durch FV

 

Jahr

Burgenland

Kärnten

Salzburg

2008

11.592

27.829

14.534

21.589

7.789

2009

5.583

10.315

16.860

28.122

7.015

2010

12.813

8.508

17.341

21.627

6.966

2011

4.136

16.454

18.324

22.752

19.503

2012

7.683

14.463

56.799

28.651

12.458

Summe

41.807

77.569

123.858

122.741

53.731

Jahr

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

Gesamt

2008

5.365

5.999

1.176

25.390

121.263

2009

6.507

10.094

2.551

38.076

125.123

2010

14.441

8.159

4.415

33.077

127.347

2011

13.639

7.575

4.171

34.961

141.515

2012

22.130

25.487

14.206

40.931

222.808

Summe

62.082

57.314

26.519

172.435

738.056

 


Frage 2:

 

Ziel ist es, alle DienstgeberInnen in regelmäßigen zeitlichen Abständen zu prüfen. Die Auswahl der Prüffälle erfolgt auf Basis eines von den prüfenden Institutionen (Sozialversicherungsträger, Finanzämter) jährlich zu erstellenden Jahresprüfungsplanes. Dieser Jahresprüfungsplan wird in erster Linie unter Berücksichtigung der am zeitlich längsten ungeprüften DienstgeberInnen und unter Beachtung der vorhandenen personellen Kapazitäten routinemäßig erstellt. Neben den Routineprüfungen werden Bedarfsprüfungen auf Grund interner (Risikoanalyse) bzw. externer Auslöser (Anzeigen, Insolvenzeröffnungen und dergleichen) durchgeführt.

 

Frage 3:

 

Die Anzahl der DienstgeberInnen kann mangels konkret zuordenbarer statistischer Aufzeichnungen bzw. mangels Definition der Arten der „Umgehungsverträge“ nicht festgestellt werden. Ebensowenig ist eine branchenübergreifende Auswertung der Namen der DienstgeberInnen möglich.

 

Frage 4:

 

Im Zuge von GPLA werden bei Zutreffen der Voraussetzungen im Prüfzeitraum allfällig aushaftende Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen zuzüglich gesetzliche Verzugszinsen nachverrechnet. In Ausnahmefällen (Verhinderung oder Behinderung der Prüfung) werden Beitragszuschläge verhängt. Die Nachverrechnung offener Beiträge sowie die Verrechnung von Verzugszinsen und die Verhängung von Beitragszuschlägen ist im Übrigen keine „Strafe“.

 

Eine Statistik, welche die Zuordnung zu den in der parlamentarischen Anfrage genannten Branchen bzw. Bereichen ermöglicht, ist derzeit nicht vorgesehen.

 

Frage 5:

 

Den Gebietskrankenkassen werden laufend „Anzeigen“ (unter anderem von Finanzpolizei, Arbeiterkammer sowie Gewerkschaft) übermittelt. Es wird jeder eingegangenen „Anzeige“ unverzüglich nachgegangen. Über die angesprochenen Missstände werden keine statistischen Aufzeichnungen geführt.


Frage 6:

 

Detaillierte Angaben bzw. eine Aufschlüsselung nach „Umgehungsverträgen“ sind nicht möglich (vgl. Frage 3). In allen Fällen, in denen die gesetzlichen Voraussetzungen der Versicherungspflicht vorlagen, wurden Nachverrechnungen vorgenommen. Der Gesamtbetrag der nachgeforderten Sozialversicherungsbeiträge für den Zeitraum 2008 bis 2012 der auswertbaren (vgl. Frage 1) Branchen laut Wirtschaftsklassen (ÖNACE) beträgt € 282.243.731,22 (siehe nachfolgende Aufstellung, gesplittet nach Prüfung durch Sozialversicherung bzw. Finanzverwaltung und gegliedert nach Bundesländern und Jahren).

 

Nachverrechnete Beträge (in Euro) – Prüfung durch SV

 

Jahr

Burgenland

Kärnten

Salzburg

2008

1.112.377,81

1.406.230,60

4.950.682,04

4.489.306,71

1.507.841,40

2009

1.922.749,54

1.900.251,55

3.457.749,37

4.945.276,73

2.692.866,30

2010

1.916.705,65

2.866.446,40

5.177.501,83

4.416.928,98

1.995.899,00

2011

1.997.427,20

3.302.096,12

6.358.127,13

5.322.209,05

1.739.095,31

2012

1.639.213,94

4.517.727,51

7.655.230,98

7.370.394,83

3.996.464,52

Summe

8.588.474,14

13.992.752,18

27.599.291,35

26.544.116,30

11.932.166,53

Jahr

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

Gesamt

2008

3.572.131,91

2.030.842,44

730.409,65

9.958.290,32

29.758.112,88

2009

5.097.537,69

3.169.193,84

1.156.970,41

17.707.776,09

42.050.371,52

2010

5.160.445,44

2.580.060,88

1.043.969,62

20.350.891,37

45.508.849,17

2011

4.491.771,56

3.857.654,88

908.334,57

20.310.952,68

48.287.668,50

2012

9.133.244,59

3.919.997,99

1.477.410,78

30.356.645,04

70.066.330,18

Summe

27.455.131,19

15.557.750,03

5.317.095,03

98.684.555,50

235.671.332,25

 


Nachverrechnete Beträge (in Euro) – Prüfung durch FV

 

Jahr

Burgenland

Kärnten

Salzburg

2008

156.539,31

493.536,89

1.012.337,80

596.260,84

329.585,67

2009

498.356,11

429.114,39

1.176.036,84

1.225.589,86

282.695,52

2010

1.087.373,49

1.794.401,68

1.165.464,75

773.752,95

436.530,24

2011

173.080,52

551.485,27

1.253.687,10

428.379,44

1.198.177,22

2012

514.538,30

784.364,05

2.399.123,68

1.388.809,61

770.339,38

Summe

2.429.887,73

4.052.902,28

7.006.650,17

4.412.792,70

3.017.328,03

Jahr

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

Gesamt

2008

455.718,73

803.318,50

81.975,81

1.668.556,98

5.597.830,53

2009

401.196,61

1.301.150,43

447.026,56

3.682.207,89

9.443.374,21

2010

1.179.186,45

522.160,97

390.694,20

4.835.850,11

12.185.414,84

2011

967.687,78

519.968,12

242.614,64

2.732.370,74

8.067.450,83

2012

860.358,41

825.265,04

681.738,63

3.053.791,46

11.278.328,56

Summe

3.864.147,98

3.971.863,06

1.844.049,84

15.972.777,18

46.572.398,97

 

Frage 7:

 

Ob jemand den vorenthaltenen Lohn erhalten kann, hängt von den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ab. Theoretisch wäre das fast immer der Fall, in der Praxis gibt es Grenzen (Insolvenz, hoher Verfahrensaufwand und Verfahrensrisiko usw.). Darauf hat die Sozialversicherung jedoch keinen Einfluss. Die Rechtsdurchsetzung allfällig zu Unrecht vorenthaltener Löhne und Gehälter oder sonstiger arbeitsrechtlicher Ansprüche fällt auch nicht in den Aufgabenbereich der Gebietskrankenkassen. Sie müssen vom Arbeitnehmer/von der Arbeitnehmerin beim Arbeitgeber/bei der Arbeitgeberin eingefordert oder gerichtlich eingeklagt werden. Entsprechende statistische Aufzeichnungen durch Gebietskrankenkassen liegen daher nicht vor.

 

Aus arbeitsrechtlicher Sicht ist auf die mit 01.05.2011 mit dem Lohn- und Sozialdumpingbekämpfungsgesetz (LSDB-G) im Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz (AVRAG) geschaffenen Maßnahmen zur behördlichen Lohnkontrolle hinzuweisen. Zweck des LSDB-G ist die Sicherstellung der Einhaltung des österreichischen Lohnniveaus und damit der gleichen Lohnbedingungen für alle in Österreich tätigen Arbeitnehmer/innen.

Diese generalpräventive Wirkung auf aus- und inländische Arbeitgeber/innen ist aufgrund der empfindlichen Konsequenzen und der zahlreichen Kontrollen gegeben:

·          So hat die Finanzpolizei bis 21.12.2012 insgesamt 48.216 Betriebe (davon waren 1.122 Entsendungs- und Überlassungsbetriebe) und dabei 94.890 Arbeitnehmer/innen (davon sind 47.975 Arbeitnehmer/innen aus dem Ausland) kontrolliert. Anzumerken ist, dass sich die Kontrollen nicht nur auf die Unterentlohnung beziehen, sondern auch auf die anderen Zuständigkeitsbereiche der Finanzpolizei.

·          Die BUAK führte bis 30.11.2012 auf 6.122 Baustellen Lohnkontrollen durch, kontrolliert wurden insgesamt 9.251 Firmen mit 34.682 Arbeitnehmer/inne/n.

·          Die Krankenversicherungsträger nahmen bis 30.11.2012 insgesamt 459 Lohnkontrollen vor. Klarzustellen ist hier, dass die seitens der Krankenversicherungsträger durchzuführende GPLA in zeitlicher Hinsicht erst ab Mai des Folgejahres (nach Abschluss des Lohnzahlungszeitraumes des betreffenden Jahres) durchgeführt werden. Konkrete Zahlen, die sich für das Jahr 2011 aus der GPLA ergeben, können erst mit Ende des Jahres 2012 vollständig ermittelt werden. Weiters werden seitens der GKK nur jene Kontrollen (Erhebungen) separat erfasst, welche aufgrund von Hinweisen hinsichtlich eines Verstoßes gegen das LSDB-G durchge­führt werden bzw. wurden (z.B. Anzeigen Betroffener, Hinweise Dritter, Mitteilungen der Finanzpolizei).

·          Verdachtsfälle auf Unterentlohnung ergaben sich bis 05.12.2012 bei 653 Firmen mit 2.560 Arbeitnehmer/inne/n. Seit 01.05.2011 sind bislang 344 Anzeigen wegen Unterentlohnung erfolgt (davon sind 274 Auslandsfälle). Mittlerweile wurden Strafen in Höhe von 630.300 Euro verhängt, wobei 40 Bescheide rechtskräftig sind.
Eine Auswertung dieser Daten nach Branchen ergibt dabei Folgendes:

Ø Verdachtsfälle/Anzeigen auf/wegen Unterentlohnung im Baugewerbe und Bauhilfsgewerbe: 365/258

Ø Verdachtsfälle/Anzeigen auf/wegen Unterentlohnung im Bereich Werbung/ Marktkommunikation: 3/0

Ø Verdachtsfälle/Anzeigen auf/wegen Unterentlohnung in Gesundheits- und Sozialberufen: 3/1

Ø Verdachtsfälle/Anzeigen auf/wegen Unterentlohnung im Bereich Informationsdienstleistungen: 1/1

Ø Eine Auswertung nach den übrigen in der gegenständlichen Anfrage angeführten Branchen und Bereiche ist dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz auf Grund der im Bereich des LSDB-G geführten Statistiken nicht möglich. Anzumerken ist an dieser Stelle, dass der Bereich des öffentlichen Dienstes nicht unter das AVRAG fällt.

·          Außerdem wurden bislang 602 Anzeigen wegen Nichtbereithaltung der Lohnunterlagen bzw. wegen Verweigerung der Einsichtnahme in Lohnunterlagen erstattet.

 

Eine Auswertung, in wie vielen Fällen Arbeitnehmer/innen auf Grund einer behördlichen Lohnkontrolle den vorenthaltenen Lohn nachgezahlt bekommen haben, kann seitens des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz nicht vorgenommen werden.

 

In diesem Zusammenhang ist auf Folgendes hinzuweisen: Stellt die nach dem LSDB-G kontrollierende Stelle im Rahmen einer Lohnkontrolle fest, dass der/die Arbeitgeber/in nicht den Grundlohn leistet, hat die kontrollierende Stelle Anzeige an die zuständige Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten. Von dieser Anzeige ist nur dann abzusehen, wenn die Unterschreitung des Grundlohns gering und die Unterschreitung durch den Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin das erste Mal erfolgt ist und der Arbeitgeber/ die Arbeitgeberin den ausstehenden Lohn zur Gänze (und nicht nur die Differenz zum Grundlohn) nachzahlt.

 

Frage 8:

 

Die Anzahl (vermeintlicher) „Umgehungsverträge“ kann mangels statistischer Aufzeichnungen nicht festgestellt werden. Im Falle einer nicht korrekten sozialversicherungsrechtlichen Einstufung kommt es im Zuge einer Überprüfung im Amtswege zu einer Umwandlung nach den gesetzlichen Bestimmungen, soweit dies im Sinn des Sozialversicherungsrechts möglich ist. Eine beitragsrechtliche Nachverrechnung wäre ohne diese Umwandlung nicht möglich.

 

Zur frühzeitigen Erkennung von Unternehmen, welche ihren Melde- und Beitragsverpflichtungen nicht gesetzeskonform nachkommen, wurde ein automationsunterstütztes Risikobewertungssystem implementiert. Die Risikobewertung ist ein System zur Fallauswahl von GPLA und gibt das Risiko an, welches daraus resultiert, dass Dienstgeber/innen ihren Melde- und Beitragsverpflichtungen entweder gar nicht, nur teilweise oder nicht zeitgerecht nachkommen. Risikofaktoren sind Kenngrößen, die in ihrer Gesamtheit Rückschlüsse darauf zulassen, wie hoch das Risiko einer Dienstgeberin/ eines Dienstgebers im Hinblick auf Nichteinhaltung gesetzlicher Melde- und Beitragsverpflichtungen ist. Die monatlich durchzuführende Risikobewertung ist Informationsquelle für die Prüfungsplanung, Einsatzsteuerung und Prüfungsdurchführung.


Frage 9:

 

Allen bekannt gewordenen bzw. angezeigten Fällen – unabhängig von ihrer medialen Präsenz – wird ausnahmslos und umgehend nachgegangen. Das bedeutet aber nicht, dass medienwirksame bzw. nach außen erkennbare Aktivitäten gesetzt werden – Effizienz und Wirksamkeit sind dabei vorrangig.

 

Frage 10:

 

Die Steigerung der Effizienz der Kontrollen wird durch Schwerpunktkontrollen in „auffälligen“ Branchen und dem Nachgehen jeglichen Hinweises bzw. jeder Anzeige erzielt. Vom Rechnungshof wurde eine umfassende Evaluierung des Instrumentes GPLA durchgeführt und abgeschlossen. Im Hinblick auf mögliche Effizienzsteigerungen hat der Rechnungshof für die Adressaten Bundesministerium für Finanzen, Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger und Krankenversicherungsträger insgesamt 56 Empfehlungen erstellt. Abzuwarten bleibt die Diskussion innerhalb der Adressaten, an die der Rechnungshof seine Empfehlungen gerichtet hat, bezüglich deren Umsetzung.

 

In dem im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz durchgeführten Forschungsprojekt „Sozialbetrug, auch im Zusammenhang mit Lohn- und Sozialdumping“ wurden festgestellte Sachverhalte und Problemlagen typisiert, um Lösungsansätze in Form von Empfehlungen zur Effizienz- und Effektivitätssteigerung zur Vermeidung von Abgabenumgehung und -hinterziehung bzw. zur erfolgreichen Rechtsverfolgung zu erarbeiten. In Entsprechung der Empfehlungen dieser Studie wurde mittlerweile auch eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe, bestehend aus Expert/inn/en des Sozial-, Finanz-, Gesundheits-, Innen- und Justizministeriums und aus dem Forschungsteam der Universität Wien eingesetzt.

 

Außerdem können betroffene Arbeitnehmer/innen Anzeige bei den Gebietskrankenkassen erstatten bzw. werden Arbeitnehmer/innen auch durch die Interessenvertretungen (Kammern, Gewerkschaften, Verbände) über entsprechende Rechte und Möglichkeit aufgeklärt.

 

Für das Arbeitsrecht ist festzuhalten, dass die im LSDB-G bzw. im AVRAG vorgesehenen Maßnahmen zur behördlichen Lohnkontrolle einen wesentlichen Beitrag gegen Lohndumping und – soweit es dem ASVG unterliegende Arbeitnehmer/innen betrifft – auch gegen den aus der Lohnvorenthaltung resultierenden Entfall der Sozialversicherungsbeiträge und der Lohnsteuer leisten.

 

Das wichtigste Ziel ist die generalpräventive Wirkung auf aus- und inländische Arbeitgeber/innen, die Lohnregelungen in Österreich einzuhalten bzw. dass die Arbeitnehmer/innen ihre Bezahlung entsprechend den österreichischen Mindeststandards erhalten. Diese Wirkung ist aufgrund der empfindlichen Konsequenzen und der zahlreichen Kontrollen gegeben. Die massiv angestiegenen Anfragen aus dem In- wie aus dem Ausland zum Grundlohnbegriff bzw. zur Frage, welche Lohnunterlagen am Arbeitsort bereitzuhalten sind, zeigen, dass Unternehmen die neue gesetzliche Regelung kennen und sich deshalb auch verstärkt für die einzuhaltenden Verpflichtungen interessieren.

 

Ganz entscheidend für den „Erfolg“ des LSDB-G sind aber die Aktivitäten der im Vollzug des LSDB-G tätigen Kontrollstellen. Dem entsprechend hat mein Ressort in zahlreichen Workshops mit den Bezirksverwaltungsbehörden und den Krankenversicherungsträgern über die Inhalte des LSDB-G informiert. Weiters fanden und finden regelmäßige Treffen zwischen dem Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz  und den kontrollierenden Stellen statt, um durch eine enge Kooperation die Effizienz des LSDB-G zu optimieren. Zudem gab es - neben den laufenden Kontrollen - gemeinsame Kontrollaktionen, an denen sowohl Mitarbeiter/innen der GKK, der Finanzpolizei als auch der Arbeitsinspektion beteiligt waren.

 

Im Baubereich wurden zwischenzeitlich weitere Maßnahmen zur Bekämpfung von Sozialdumping gesetzt. Seit 01.04.2012 gibt es die Baustellendatenbank der BUAK und der Arbeitsinspektion. Diese Datenbank erfasst österreichweit alle aktuellen Baustellen und erleichtert damit die Kontrollen. Weiters dürfen nunmehr die Kontrolleure der BUAK auch an den Wochenenden kontrollieren. Seit 01.01.2013 ist im Baubereich zudem vorgesehen, dass Bauarbeiter/innen im Rahmen der bereits bestehenden Arbeitnehmer/inneninformation über Anzeigen der BUAK gegen ihren Arbeitgeber/ ihre Arbeitgeberin wegen Lohndumpings informiert werden, wenn ihr Arbeitsverhältnis davon betroffen ist (§ 24 Z 3 BUAG). Damit soll ihnen die Durchsetzung ihrer Ansprüche erleichtert werden.

 

Es ist vorgesehen, dass zwei Jahre nach In-Kraft-Treten, somit mit 01.05.2013 eine Evaluierung des LSDB-G erfolgt. Diese ist eingehend mit den Sozialpartnern zu diskutieren. Ein wesentliches Thema wird dabei im Sinne einer „Systempflege“ die Nachschärfung der bisherigen Kontrollmöglichkeiten, aber auch die Frage der Notwendigkeit von weiteren Maßnahmen bei der Bekämpfung von Sozialdumping sein. Dabei wird den Erfahrungen aller am Vollzug des LSDB-G beteiligten Behörden und Kontrollstellen eine besondere Bedeutung zukommen. In diesem Sinne hat das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz im Herbst 2012 die Bezirksverwaltungsbehörden sowie die Unabhängigen Verwaltungssenate um Bekanntgabe der bisherigen Erfahrungen im Rahmen des Vollzugs des LSDB-G gebeten. Ein weiterer zentraler Punkt wird die Frage der Verbesserung der Rechtsdurchsetzung für den Einzelnen/ die Einzelne sein. Dabei werden auch die Erfahrungen aus dem Baubereich zu berücksichtigen sein. Welche Maßnahmen letztlich im Rahmen der Evaluierung des LSDB-G vorgenommen werden, werden die Sozialpartnerhandlungen zeigen.


Zu den Fragen 11 und 12:

 

Zum Punkt „Reform des ArbeitnehmerInnenbegriffs im Sinne einer Erweiterung um die Dimension der wirtschaftlichen Abhängigkeit“ darf ich auf die im Regierungsprogramm für die laufende Legislaturperiode vorgesehenen Maßnahmen für eine Modernisierung und Flexibilisierung des Arbeitsrechts verweisen. Das Regierungsprogramm sieht zur Umsetzung dieses Zieles eine Neukodifizierung des Arbeitsrechts zur Beseitigung der derzeitigen Rechtszersplitterung sowie die Schaffung eines Arbeitsvertragsrechts nach Vorschlägen der Sozialpartner vor. Die gemeinsamen Vorschläge der Sozialpartner sollen auch Ansätze zu einer Schaffung eines modernen, einheitlichen ArbeitnehmerInnenbegriffs in allen relevanten Rechtsmaterien beinhalten.

 

Das Arbeitsvertragsrecht bildet die Grundlage der Rechtsbeziehungen zwischen Arbeitgeber/inne/n und Arbeitnehmer/inne/n. Im Hinblick auf die Bedeutung dieses Rechtsgebietes stellt die Schaffung eines einheitlichen und modernen Arbeitsvertragsrechts für die Bundesregierung eine große Herausforderung dar. In Anbetracht der Komplexität dieses äußerst ambitionierten Vorhabens geht es zunächst um die Klärung der zu regelnden inhaltlichen Schwerpunkte und die Festlegung der Struktur eines solchen Arbeitsvertragsrechtsgesetzes.

 

Die inhaltlichen Schwerpunkte dieses „Strukturierungsvorschlags“ ergeben sich grundsätzlich aus dem Regierungsprogramm. Dazu zählen insbesondere:

·          Die Zusammenfassung sämtlicher arbeitsvertragsrechtlicher Bestimmungen in einem einheitlichen Arbeitsvertragsrechtsgesetz mit dem Ziel, die bisherige Rechts­zersplitterung zu beseitigen.

·          Die Modernisierung des Arbeitsrechts unter Berücksichtigung der Rechtsprechung sowie der Erkenntnisse der Lehre; zu denken ist hier etwa an

Ø die Schaffung eines modernen Entgeltbegriffs,

Ø die Modernisierung der Fürsorge- und Treuepflicht oder

Ø die Modernisierung und Vereinheitlichung der derzeit bestehenden Austritts- und Entlassungsgründe im Angestelltengesetz und in der Gewerbeordnung.

·          Die Schaffung eines einheitlichen und modernen ArbeitnehmerInnenbegriffs:
Die unterschiedlichen arbeitsrechtlichen Bestimmungen für Arbeiter/innen und Angestellte sind historisch bedingt und beruhen nur zum Teil auf rational klar nachvollziehbaren Kriterien. Eine Gleichsetzung der Angestelltentätigkeiten mit Dienstleistungsarbeiten bzw. der Arbeitertätigkeiten mit Arbeiten in der Warenproduktion entspricht nicht mehr den heutigen betrieblichen Gegebenheiten. Durch den Einsatz neuer Technologien, aber auch durch die immer höhere Qualifikation vieler Arbeiter/innen und entsprechender Anforderungsprofile von ArbeiterInnentätigkeiten werden die Abgrenzungen immer unschärfer und ungerechter, was zu erheblichen Abgrenzungs- und Zuordnungsproblemen führt.


·          Maßnahmen im Bereich der (betrieblichen und überbetrieblichen) Mitbestimmung der Arbeitnehmer/innen und der Rechtsdurchsetzung:
Beim letzteren Thema wird es darum gehen, einen leichteren Rechtszugang für Arbeitnehmer/innen zu schaffen. Besondere Beachtung ist einer möglichst einfachen und wirksamen Durchsetzbarkeit der Normen zu schenken.

 

Die Bedeutung der Kodifikation des Arbeitsrechts sowie die Schaffung eines modernen und einheitlichen ArbeitnehmerInnenbegriffs zeigt sich bereits daran, dass ein Strukturierungsvorschlag zur Umsetzung dieses Gesamtpaketes - wie im Regierungs­programm vorgesehen – auf Grundlage von gemeinsamen Vorschlägen der Sozial­partner erarbeitet werden soll. Erst im Anschluss daran kann mit der konkreten Planung und Umsetzung dieses Vorhabens auf Expertenebene begonnen werden, wobei darauf geachtet werden muss, dass dieses Vorhaben der Bundesregierung sowohl aus rechtswissenschaftlicher, aber auch aus sozialpolitischer Hinsicht mit größter Gründ­lichkeit und Genauigkeit unter Einbeziehung der Sozialpartner vorbereitet und durch­geführt wird.

 

Bedauerlicher Weise sind allerdings die Gespräche mit den Sozialpartnern bis jetzt nicht zufriedenstellend verlaufen. Über erste Festlegungen zu einem Arbeitspaket zur Modernisierung bzw. Vereinheitlichung der Regelungen über die Dienstfreistellung für Angestellte und Arbeiter/innen und die Entlassungs- und Austrittsgründe insbesondere für den Arbeiter/innenbereich konnten die Verhandlungen nicht hinausgelangen. Da aber bei einer derart grundlegenden und für die nächsten Jahrzehnte wirkenden Reform im Arbeitsrecht darüber jedenfalls eine Einigung bzw. Zustimmung der Sozialpartner als den die Reform in der arbeitsrechtlichen Praxis mittragenden Akteuren notwendig erscheint, werden weiterhin Versuche unternommen werden müssen, um die Reform­gespräche wieder aufzunehmen und weiterzuführen. Selbstverständlich wird sich das Bundesministerium für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz weiterhin im Rahmen seiner Möglichkeiten mit Nachdruck für eine Umsetzung des Gesamtprojekts „Neukodifikation des Arbeitsrechts und Schaffung eines modernen und einheitlichen ArbeitnehmerInnenbegriffs“ einsetzen.