13501/AB XXIV. GP
Eingelangt am 28.03.2013
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möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0020-Pr 1/2013 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 13720/J-NR/2013
Der Abgeordnete zum Nationalrat Christian Lausch und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „externe Betreuungen bei Therapien und Freizeitgestaltungen von Häftlingen“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage – zusammenfassend – wie folgt:
Zu 1 bis 13:
Das österreichische Strafvollzugsgesetz normiert die Verpflichtung zur Betreuung der Insassen unter verschiedensten Gesichtspunkten (von der medizinischen Versorgung über verschiedenste therapeutische und pädagogische Maßnahmen bis hin zu einer möglichst sinnvollen Freizeitbeschäftigung). Diese Einwirkung ist dem Willen des Gesetzgebers entsprechend durch Einzel- und Gruppenaussprachen, auf andere geeignete Art und Weise und bei Bedarf auch durch psychohygienische und psychotherapeutische Maßnahmen umzusetzen. Nicht geregelt ist, ob die erzieherische Betreuung und Beschäftigung durch interne oder externe Ressourcen abzudecken sind. Bedacht zu nehmen ist auf den Grundsatz der sparsamen, wirtschaftlichen und zweckmäßigen Verwaltung. Therapeutische Maßnahmen richten sich nach den Bedürfnissen der Insassen unter dem Aspekt der Vermeidung künftigen Fehlverhaltens und stehen oft im Zusammenhang mit gerichtlichen Entscheidungen. Sie sind vom Straf- und Maßnahmenvollzug im Rahmen seines gesetzlichen Auftrags zu erbringen, und werden, soweit es möglich ist, „intern“, also durch eigene Bedienstete erbracht. Die Gestaltung und Organisation obliegt der einzelnen Justizanstalt nach allgemeinen Vorgaben im eigenen Wirkungsbereich. Die therapeutische Behandlung und Betreuung der Insassinnen und Insassen ist eine Grundaufgabe des Straf- und Maßnahmenvollzugs. Auch hier wird versucht, diese Leistungen primär durch eigene Bedienstete (Psychologen, Psychiater, Sonder- und Heilpädagoginnen bzw -pädagogen, Psycho-, Ergo- und weitere Therapeutinnen und Therapeuten unterschiedlichster Professionen) in Einzel- und Gruppensettings zu erbringen, was jedoch nicht in allen Bereichen und vollumfänglich möglich ist. Der Zukauf erfolgt einerseits im Wege der Justizbetreuungsagentur, andererseits direkt durch die einzelne Justizanstalt und betrifft insbesondere verschiedenste delikts- und/oder persönlichkeitsstörungsbezogene Therapien, Drogen-, Antigewalt-, Alkohol-, Spielsuchttherapien. „Schlaftherapien“ und „Schneckentherapien“ sind davon nicht umfasst. Eine zentrale Evidenz der durch die einzelnen Justizanstalten oft auch nur anlass-, einzelfall- und eben bedarfsbezogen zugekauften therapeutischen Leistungen besteht nicht und würde zunächst eine präzise Begriffsdefinition erfordern. Mit dieser Unschärfe können jedoch die Ausgaben für Zukäufe therapeutischer Natur mit jährlich etwa drei Millionen Euro beziffert werden. Ausgehend davon und im Hinblick darauf, dass therapeutische Leistungen in erheblichem Umfang auch durch eigene Bedienstete erbracht werden, die im Rahmen ihrer Arbeitszeit aber auch weitere Aufgaben (z.B. die Verfassung von Berichten und Stellungnahmen für Gerichte und Vollzugsbehörden, verschiedene Verwaltungstätigkeiten) zu erbringen haben, sind präzise Angaben über die Gesamtkosten der Insassentherapien ohne unverhältnismäßigen Erhebungsaufwand nicht möglich.
Die Inanspruchnahme therapeutischer Maßnahmen wird nur bei Vorliegen einer nachvollziehbaren Zuweisung bzw. Anordnung durch die jeweilige Justizanstalt durchgeführt und bezahlt. Bei pädagogischen Maßnahmen, worunter auch diverse Berufsausbildungen fallen, werden die Kosten nicht ausschließlich durch den Straf- und Maßnahmenvollzug getragen, sondern maßgeblich durch Einrichtungen wie das Arbeitsmarktservice, das Berufsförderungsinstitut oder die Arbeiterkammer übernommen, welche einzelne pädagogische Maßnahmen auch völlig kostenneutral für die Justizverwaltung umsetzen.
Soweit sich der Begriff der „externen Betreuung“ auf Freizeitangebote bezieht, so werden anstaltsspezifisch wechselnd und bedarfsbezogen im Freizeitbereich verschiedenste Aktivitäten mit unterschiedlich stark ausgeprägten therapeutischen und/oder didaktischen Hintergrund angeboten, wobei in erster Linie versucht wird, diese Angebote durch eigene Bedienstete zu erbringen. Im Einzelnen werden darüber hinaus externe Trainerinnen und Trainer für Alphabetisierungs-, Deutsch- und Englischkurse, Mathematikunterricht sowie Kreatives Werken, Theater, Kompensatorischen Unterricht, ECDL-Unterricht, Zeichen-, Mal-, Schreib-, Literatur-, Musik-, Koch- und verschiedenste Kreativgruppen, Erste-Hilfe-Kurse, Denktraining, Gesprächsführung, Motivationstraining, Bewerbungstraining und verschiedene Sportangebote zugekauft, wofür österreichweit bei einem Insassenstand von knapp 9.000 jährlich in Summe rund 200.000 Euro ausgegeben werden. Eine Aufgliederung auf einzelne Jahre, Aktivitäten und Anstalten würde jedoch einen unverhältnismäßigen, im Rahmen einer Anfragebeantwortung nicht leistbaren Aufwand erfordern.
Der gesetzliche Auftrag zielt auf eine sinnvolle Gestaltung der Freizeit ab und nennt demonstrativ einige Angebote, die verpflichtend zu gewährleisten sind (Bibliothek, Fernseh- und Radioempfang) sowie einmal im Vierteljahr eine belehrende, künstlerische oder unterhaltende Veranstaltung. Zusätzlich hat jede Justizanstalt jährlich ein Konzept für die Freizeitgestaltung zu erstellen, das der zuständigen Fachabteilung in der Vollzugsdirektion zur Genehmigung vorzulegen ist. Zu berücksichtigen sind inhaltliche Aspekte ebenso wie der damit im Zusammenhang stehende Kostenaufwand. Da für den angefragten Zeitraum keine aussagekräftigen Statistiken existieren, wäre die zur Beantwortung erforderliche Recherche mit einem nicht vertretbaren Personalaufwand verbunden.
Für die Auswahl externer Anbieter gibt es kein allgemeingültiges Verfahren. In erster Linie geht es hier um die Abdeckung eines konkreten, insbesondere therapeutischen Bedarfs. Die Auswahl obliegt grundsätzlich der einzelnen Justizanstalt im eigenen Wirkungsbereich, eine entsprechende Überprüfung der Qualifikation und der persönlichen Eignung erfolgt dem Anlassfall entsprechend.
Gerade im Bereich der Freizeitgestaltung gibt oft das Naheverhältnis des externen Anbieters einer Freizeitmaßnahme zu einzelnen Bediensteten des Straf- und Maßnahmenvollzugs den Anstoß dafür, „etwas für die Insassen tun zu wollen“. Im Übrigen gehe ich davon aus, dass die Bediensteten die dienst- und strafrechtlichen Bestimmungen zu Fragen der Befangenheit und den Konsequenzen eines Missbrauchs eingeräumter Befugnisse kennen und einhalten. In diesem Sinn hat eine Beschäftigung bei Vorliegen von Interessenskonflikten oder zum Nachteil des Straf- und Maßnahmenvollzuges nicht stattzufinden.
Das österreichische Strafvollzugsgesetz regelt auch die Beschäftigung von Insassinnen und Insassen in der Freizeit. Diese sind im Hinblick auf eine sinnvolle Gestaltung ihrer Freizeit anzuleiten und zu diesem Zweck ist ihnen (Rechtsanspruch) insbesondere Gelegenheit zum Lesen (Bibliotheken), zur Teilnahme am Empfang von Rundfunksendungen (Hörfunk und Fernsehen), zur sportlichen Betätigung oder auch zu Gesellschaftsspielen zu geben. Die Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags bedingt eine entsprechende Organisations- und Personalstruktur der Justizanstalten ebenso wie eine entsprechende Infrastruktur und Sachmittel. In Bezug auf die Gewährung von Internetzugängen gilt die einheitliche Regelung, dass nur ein beschränkter und kontrollierter Zugang in eigenen Räumlichkeiten zu Aus- und Fortbildungszwecken ermöglicht wird. Spielkonsolen können auf begründete schriftliche Ansuchen hin im Einzelfall als Vergünstigung bewilligt werden. Sie müssen aber aus eigenen finanziellen Mitteln bestritten werden.
Auch dazu liegen keine statistischen Aufzeichnungen vor, sodass die Erhebungen mit einem nicht vertretbaren Personalaufwand verbunden wären.
Diese Kosten für die angesprochenen Aktivitäten werden unter Finanzposition 1-7271.990 (Werkleistungen durch Dritte – Sonstige) gebucht. Die Vorgehensweise bei der Anweisung von Geldern regelt das Haushaltsrecht. Barauszahlungen gibt es nicht, die Gelder werden nach Überprüfung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit durch die Buchhaltungsagentur des Bundes angewiesen.
Wien, . März 2013
Dr. Beatrix Karl