13768/AB XXIV. GP

Eingelangt am 19.04.2013
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0074-III/4a/2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 17. April 2013

 

 

 

Die schriftlichen parlamentarischen Anfragen Nr. 14063/J-NR/2013, Nr. 14064/J-NR/2013, Nr. 14065/J-NR/2013, Nr. 14066/J-NR/2013, Nr. 14067/J-NR/2013, Nr. 14068/J-NR/2013, Nr. 14069/J-NR/2013, Nr. 14070/J-NR/2013 und Nr. 14071/J-NR/2013 betreffend unternehmerische Bildung an Burgenländischen Schulen, an Kärntner Schulen, an Niederösterreichischen Schulen, an Oberösterreichischen Schulen, an Salzburger Schulen, an Steirischen Schulen, an Tiroler Schulen, an Vorarlberger Schulen und an Wiener Schulen, die die Abg. Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen am 20. Februar 2013 an mich richteten, werden wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Wie der im einleitenden Teil der gegenständlichen Parlamentarischen Anfrage genannte 5. Platz Österreichs beim Global Entrepreneurship Monitors (GEM) 2012 belegt, setzt das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur im Bereich der unternehmerischen Bildung in den Sekundarstufen I und II Initiativen.

 

Aufgrund der Empfehlung 2005/962/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Dezember 2006, Amtsblatt L 394 vom 20. Dezember 2006, implementiert das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur die acht Schlüsselkompetenzen für das lebensbegleitende Lernen bei der Erstellung neuer Lehrpläne. Eine Schlüsselkompetenz umfasst Entrepreneurship, dh. die Förderung von Unternehmergeist und Eigeninitiative. Es handelt sich um die Fähigkeit, Ideen in die Tat umzusetzen. Dies erfordert Kreativität, Innovation und Risikobereitschaft sowie die Fähigkeit, Projekte zu planen und durchzuführen, um bestimmte Ziele zu erreichen.

Entrepreneurship Education umfasst im weiteren Sinn alle Bildungsmaßnahmen zur Weckung unternehmerischer Einstellungen und Fertigkeiten und bezieht sich auf die Entwicklung bestimmter persönlicher Qualifikationen, die nicht unmittelbar zur Gründung eines Unternehmens führen müssen. Im engeren Sinn bedeutet Entrepreneurship Education die Vermittlung von Fachwissen und Fertigkeiten, die für eine erfolgreiche Unternehmensgründung und Unternehmensführung erforderlich sind.

 

Zur Präsenz einer „unternehmerischen Bildung“ im allgemein bildenden Bereich ist auf die jeweilige Bildungsaufgabe der einzelnen Schularten der allgemein bildenden Schulen in der Sekundarstufe I und II, die entsprechenden Lehrpläne sowie den Unterrichtsprinzipien „Politische Bildung“ und „Wirtschaftserziehung und Verbraucherbildung“ als Anknüpfungspunkte für Entrepreneurship Education hinzuweisen. Maßgeblich kommt hier der Pflichtgegenstand Geographie und Wirtschaftskunde zum Tragen. Im Mittelpunkt von Geographie und Wirtschaftskunde in der Sekundarstufe I stehen der Mensch, seine Aktivitäten und Entscheidungen in allen Lebensbereichen. Besonders thematisiert werden Vernetzungen am Beispiel der Wirtschaft und es werden unterschiedliche Wirtschafts- und Gesellschaftssysteme, die Bedeutung der Berufswahl und Wege der Berufsfindung sowie der Aus- und Weiterbildung unter dem Aspekt weltwirtschaftlicher und technologischer Veränderungen behandelt. Im Bereich der allgemein bildenden höheren Schulen – Sekundarstufe II stehen im Bereich der Wirtschaftskompetenz das Verständnis grundlegender Zusammenhänge im betriebs-, volks- und weltwirtschaftlichen Bereich, der Erwerb grundlegender Kenntnisse und konkreter Einblicke in innerbetriebliches Geschehen, die Einsicht in den Wandel der Produktionsprozesse und das Verständnis für Veränderungen der Arbeits- und Berufswelt unter dem Einfluss wachsender Globalisierung sowie die Interessensweckung für ein Erwerbsleben im selbständigen Bereich im Vordergrund.

 

Unterricht im unternehmerischen Denken und Handeln an allgemein bildenden Schulen inkludiert in den entsprechenden Lehrplänen die Weiterentwicklung der persönlichen Qualitäten wie Eigeninitiative, Kreativität und Selbständigkeit als Voraussetzung zur Entwicklung der eigenen Lebenspläne und Vorstellungen von beruflichen Möglichkeiten. Autonome und aktive Lernformen und Unterrichtsorganisation in Form von Projektarbeit, Präsentation helfen diese Bildungsziele zu erreichen. Unternehmensbegründungen sind im Bereich der allgemein bildenden Schulen folgend den Bildungsaufgaben nicht prioritär.

 

Im Sinne der Eigenverantwortung und der Schulautonomie sind Lehrpersonen, Schulleitungen und allenfalls die Schulaufsicht gefordert, die pädagogische Nutzung von weiteren Initiativen von Akteuren im Bildungsbereich an den Schulen, etwa dem Projekt Junior oder dem „Unternehmerführerschein“, abzuwägen und darüber zu entscheiden in welcher Weise eine allfällige pädagogische Einbeziehung derartiger Angebote in die konkrete Unterrichtsarbeit erfolgen soll.

 

Zur „unternehmerischen Bildung“ im berufsbildenden Bereich ist darauf hinzuweisen, dass dem Bildungsauftrag des berufsbildenden Schulwesens entsprechend die berufsbildenden mittleren und höheren Schulen den Schülerinnen und Schüler jene fachliche Bildung bzw. das fachliche grundlegende Wissen und Können vermitteln, das unmittelbar zur Ausübung eines (gehobenen) Berufes auf gewerblichem, technischem, kunstgewerblichem, kaufmännischem oder hauswirtschaftlichem und sonstigem wirtschaftlichen oder sozialem Gebiet befähigt. Es kommt daher grundsätzlich jede Schülerin bzw. jeder Schüler an einer berufsbildenden Schule nicht nur in Kontakt, sondern auch zu einer Zusammenarbeit mit Unternehmen. Entrepreneurship Education ist im berufsbildenden Schulwesen wesentlicher Bestandteil in den kompetenzorientiert formulierten Lehrplänen.

Bei der Erstellung der neuen Lehrpläne für Handelsschulen und Handelsakademien wurde bereits auf die Empfehlungen des Europäischen Referenzrahmens für Entrepreneurship Bezug genommen. Inhalte der Entrepreneurship Education werden in den unterschiedlichsten verpflichtenden Unterrichtsangeboten vermittelt, wie Rechnungswesen, Betriebswirtschaft, Volkswirtschaft, Wirtschaft und Recht, Projektmanagement, Qualitätsmanagement, Marketing und internationale Geschäftstätigkeit, Persönlichkeitsbildung und soziale Kompetenz, Übungsfirma, Controlling und Jahresabschluss.

 

Im Bereich der Bildungsanstalten für Kindergartenpädagogik wurde der Pflichtgegenstand „Organisation, Management und Recht“ geschaffen, im Rahmen dessen Betriebsorganisation und Management institutioneller Kinderbetreuungseinrichtungen, betriebswirtschaftliche Grundlagen, Projektmanagement, Leitungskompetenz sowie wesentliche gesetzliche Bestimmungen vermittelt werden.

 

Zu Frage 2:

Im Bereich der allgemein bildenden Schulen sind der Bildungsaufgabe dieser Schulen entsprechend Standards nicht prioritär auf unternehmerische Bildung fokussiert. Im Rahmen der bereits erfolgten Bildungsstandardüberprüfungen, die eine systematische Auswahl grundlegender Kompetenzen darstellen, die für die weitere schulische und berufliche Bildung von zentraler Bedeutung sind, werden aber auch Inhalte der unternehmerischen Bildung mitabgebildet. Im Rahmen der Schulqualität Allgemeinbildung (SQA) werden Evaluierungen im allgemein bildenden Bereich für alle Pflichtschulen ab dem Schuljahr 2014 obligatorisch. Die konkreten Inhalte hängen vom pädagogischen Schwerpunkt der Schulen ab bzw. werden vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur und der Schulaufsicht vorgegeben.

 

Im Bereich der berufsbildenden Schulen beinhalten die Lehrpläne, die kompetenzorientiert formuliert sind, die Kompetenzen, die ua. für eine unternehmerische Tätigkeit benötigt werden. Im Bereich der kaufmännischen Schulen – die klassischen Schulen zur Vorbereitung auf eine unternehmerische Tätigkeit – gibt es zudem Bildungsstandards für Entrepreneurship und Management. Zur Unterstützung der Erreichung dieser Bildungsstandards sind auf der Plattform http://www.bildungsstandards.berufsbildendeschulen.at/ Unterrichtsbeispiele, die den Kompetenzaufbau fördern, enthalten. Diese Bildungsstandards forcieren den kompetenzorientierten Unterricht, die Überprüfung erfolgt im Rahmen des Unterrichts.

 

Als wichtigste strategische Ziele wurden zB. in einem Landesqualitätsbericht die Initiative „Praktika für Schülerinnen und Schüler“ sowie der Fokus auf die verpflichtend vorgesehenen Übungsfirmen gelegt. Dort betreiben Schülerinnen und Schüler ein Jahr eine „Übungsfirma“ mit einer betriebswirtschaftlichen Zielsetzung und Lernumgebung und erfahren praktisches Arbeiten und betriebliche Prozesse realitätsnah. In anderen berufsbildenden Schulen wie Höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe, für Tourismus und für Mode wird die „Übungsfirma“ im Rahmen eines Wahlpflichtfaches durchgeführt. Die genannten Landesqualitätsberichte enthalten auch strategische Ansätze zur Personalentwicklung, die insbesondere auch den Aufbau unternehmerischer Kompetenz beinhalten.

 

Zu Frage 3:

Eine bundesländerspezifische Evaluierung nach Schultypen ist weder im allgemein bildenden Schulbereich noch im Bereich des berufsbildenden Schulwesens vorgesehen.

Im Bereich des berufsbildenden Schulwesens liegen zwar Landesqualitätsberichte vor, deren Basis eine Evaluierung wesentlicher Standards im Schulbereich bilden, so werden insbesondere im Bereich der Individualisierung Einschätzungen der Lehrkräfte und Schülerinnen und Schüler zu unternehmerischen Kompetenzen wie die Förderung der Eigenständigkeit, persönliche Stärken- und Schwächenanalysen, Teamarbeit, Kompetenzorientierung, projektorientiertes Arbeiten evaluiert, jedoch werden die genannten Landesqualitätsberichte zu Bundesberichten zusammengefasst, die allgemein zugänglich eingesehen werden können (https://www.qibb.at/de/downloads.html). Darüber hinaus erfolgen Zertifizierungen von Übungsfirmen, besteht die Qualitätsmarke Übungsfirma sowie gibt es die im Vorjahr im Bereich der berufsbildenden Schulen initiierte Zertifizierung von Entrepreneurship-Schulen.

 

Zu Frage 4:

Ein zentrales Thema in der Fortbildung ist der Umgang mit Evaluationsergebnissen und es wurden und werden diesbezüglich zahlreiche Schulungsmaßnahmen durchgeführt. Dazu ergänzend sind unterschiedliche Förderprogramme wie Förderkurse, kompetenzorientiertes eigenverantwortliches Lernen eingerichtet.

 

Zu Frage 5:

Es wird auf die Ausführungen zu Fragen 1 bis 4 sowie 6 bis 9 verwiesen.

 

Zu Fragen 6 und 7:

Vorweg wird festgehalten, dass es sich bei dem „Unternehmerführerschein“ um eine kostenpflichtige Initiative der Wirtschaftskammer Österreichs für Jugendliche zwischen 13 und 19 Jahren handelt, die aus vier Modulen besteht, wobei das letzte Modul, die Unternehmerprüfung eine kommissionelle Prüfung darstellt, die bei einer Meisterprüfungsstelle abzulegen ist (http://www.unternehmerfuehrerschein.at). Bei erfolgreicher Absolvierung des Unternehmerführerscheins der Wirtschaftskammer Österreichs entfällt nach Maßgabe des § 8a der Unternehmerprüfungsordnung, BGBl. Nr. 453/1993 idF. BGBl. II Nr. 114/2004, die gewerberechtliche Unternehmerprüfung.

 

Da gemäß § 8 der Unternehmerprüfungsordnung die Unternehmerprüfung ua. für alle berufsbildenden mittleren und höheren Schulen mit mindestens 160 einschlägigen Unterrichtseinheiten entfällt, richtet sich diese Initiative der Wirtschaftskammer Österreichs überwiegend an Bildungseinrichtungen, die diese Anforderungen von ihrem Bildungsauftrag her nicht abdecken, wie etwa an allgemein bildende Schulen. Wesentlich ist es in diesem Zusammenhang hervorzuheben, dass die Ablegung des Unternehmerführerscheins ausschließlich freiwillig erfolgt und aufgrund des Engagements von Lehrkräften Schülerinnen und Schüler dazu animiert werden können, diese Zusatzqualifikation im Rahmen allgemein bildender Schulen zu erbringen.


Im Hinblick darauf, dass diese Initiative nicht unmittelbar vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur durchgeführt wird, liegen dem Bundesministerium zentral keine Daten betreffend die Absolvierung des Unternehmerführerscheins vor.

 

Zu Fragen 8 und 9:

Besonders zu erwähnen sind im Zusammenhang mit Entrepreneurship Education die oben genannten und im Bereich der kaufmännischen Schulen sowie der höheren Lehranstalten für wirtschaftliche Berufe, für Tourismus und für Mode vorgesehenen „Übungsfirmen“. Jährlich arbeiten etwa 13.000 Schülerinnen und Schüler im Rahmen dieser 900 schulischen Übungsfirmen.

 

Ebenfalls von zentraler Bedeutung für unternehmerische Bildung sind Diplomarbeiten im Rahmen der Reife- und Diplomprüfung an den berufsbildenden höheren Schulen. Diese häufig in Zusammenarbeit mit Unternehmen durchgeführten Arbeiten werden in Kleingruppen eigenständig abgeschlossen und verfolgen überwiegend unternehmerische Ziele. Dabei werden Entrepreneurship-Kompetenzen realitätsnah gefördert.

 

Das Projekt Junior - Schülerinnen und Schüler gründen Unternehmen – ist ein internationales Programm, welches Schülerinnen und Schülern ermöglicht, eine reale Unternehmensgründung innerhalb der Schule zu erleben. Es wird durch die volkswirtschaftliche Gesellschaft Österreich, eine Einrichtung regional vernetzter Non-Profit-Organisationen mit nationalen und internationalen Partnern, bundesweit veranstaltet (http://www.junior.cc/junior.html).

 

Da dieses Programm nicht unmittelbar vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur durchgeführt wird, liegen im Bundesministerium zentral keine Daten betreffend Teilnehmendenzahlen auf.

 

Zu Frage 10:

Die Lehrerinnen- und Lehrerausbildung findet in Österreich nicht nach Bundesländern gegliedert statt, sondern je nach Art des Lehrpersonals werden an Pädagogischen Hochschulen und Universitäten Angebote der Lehrkräfteausbildung gesetzt. Ein weiterer Schwerpunkt der Pädagogischen Hochschulen sind umfangreiche Fort- und Weiterbildungsangebote.

Das Entrepreneurship Education für schulische Innovationen – Impulszentrum (EESI) des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur bietet in Kooperation mit den Pädagogischen Hochschulen, insbesondere mit der Kirchlichen Pädagogischen Hochschule Wien/Krems, ein bundesweites Programm und ein Set an schulinterner Lehrkräftefortbildung an, in dessen Rahmen ein Kompetenzkompass mit Kompetenzraster für Entrepreneurshiplehrkräfte entwickelt wurde. Weiters wird am 7. Oktober 2013 der bereits 10. Entrepreneurship Summit stattfinden.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.