13801/AB XXIV. GP

Eingelangt am 22.04.2013
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

BMJ-Pr7000/0055-Pr 1/2013


Republik Österreich
die bundesministerin für justiz

 

 

Museumstraße 7

1070 Wien

 

Tel.: +43 1 52152 0

E-Mail: team.pr@bmj.gv.at

 

 

Frau
Präsidentin des Nationalrates

 

Zur Zahl 14081/J-NR/2013

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Albert Steinhauser, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „gesetzlich zwingender Beratung bei einvernehm­licher Scheidung“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Das Kindschafts- und Namensrechts-Änderungsgesetz 2013 wurde am 20. Dezember 2012 im Plenum des Bundesrats behandelt. Das Gesetz und auch die Bestimmung des § 95 Abs. 1a AußStrG traten mit 1. Februar 2013 in Kraft. Da jährlich mehrere tausend Elternpaare von dieser neuen Vorschrift betroffen sind und jedenfalls vermieden werden musste, dass es zu – mangelnden Beratungsangeboten geschuldeten – längeren Wartezeiten im Vorfeld einvernehmlicher Scheidungen kommt, war in einem ersten Schritt sicherzustellen, dass es genügend Einrichtungen oder Personen gibt, die eine Elternberatung vor einvernehmlicher Scheidung im Sinn des § 95 Abs. 1a AußStrG anbieten.


Dazu hat das Bundesministerium für Justiz eine im Internet (unter www.justiz.gv.at) abrufbare Liste geschaffen, in die sich all jene Einrichtungen oder Personen eintragen können, die eine solche Beratung anbieten. Die Liste mit den Beratungsterminen bis zum Sommer 2013 umfasst mittlerweile – trotz laufender Bereinigung um die bereits vergangenen Termine – ca. 200 Seiten. Das Ziel, auf ein flächendeckendes österreichweites Angebot an Elternberatung hinzuweisen, konnte also erreicht werden. Dies bestätigen auch Richterinnen und Richter aus allen Bundesländern. Mittelfristig ist nun daran gedacht, die Liste nicht mehr zentral über das Bundesministerium für Justiz, sondern etwa bei den einzelnen Bezirks­gerichten zu führen, um eine Rückbindung an die lokalen Strukturen und eine bessere Übersichtlichkeit zu erreichen.

Zu 4 bis 7 und 9 bis 11:

In einem zweiten Schritt wird ein Impuls zur Entwicklung von Standards für diese spezifische Form der Beratung gegeben. Diesem Anliegen diente eine vom Bundesministerium für Justiz gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend sowie den Kinder- und Jugendanwaltschaften am 23. März 2013 in Salzburg veranstaltete Fachtagung. Auf dieser Veranstaltung erarbeiteten 170 Expertinnen und Experten aus den verschiedenen Bereichen der Familienberatung in mehreren Workshops Empfehlungen zu den Inhalten und Rahmenbedingungen für die Beratung nach
§ 95 Abs. 1a AußStrG. Die Ergebnisse der Tagung werden nun von einer Vertreterin des Instituts für Bildungswissenschaft der Universität Wien dokumentiert. Auf der Basis des solcherart gesicherten Materials der Tagung wird ein im Wesentlichen aus den Veranstaltern der Tagung zusammengesetzter Beirat die Liste von Empfehlungen zusammenstellen und veröffentlichen.

Nach § 95 Abs. 1a AußStrG obliegt die Beurteilung, ob eine Einrichtung oder Person geeignet ist, die Elternberatung vor einvernehmlicher Scheidung im Sinn des § 95 Abs. 1a AußStrG anzubieten, letztendlich dem Richter, der die einvernehmliche Scheidung vornehmen soll. Es dürfte in Fachkreisen – das hat auch die Fachtagung am 23. März 2013 gezeigt – einen allgemeinen Konsens darüber geben, welche Informationen Eltern in erster Linie benötigen, um auf die Bedürfnisse ihrer Kinder im Stadium der Trennung adäquat zu reagieren. Bescheinigen Eltern nun, dass sie sich bei einer solchen Einrichtung oder Person haben beraten lassen, die die genannten Empfehlungen berücksichtigt, so ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine an den Bedürfnissen der Kinder vorbeigehende Beratung stattgefunden hat, als sehr gering einzustufen. Dabei will ich selbstverständlich den unabhängigen Gerichten, die hier das letzte Wort haben, in keiner Weise vorgreifen.


Zu 8:

Das Gericht kann nur dann eine einvernehmliche Scheidung vornehmen, wenn es für bescheinigt hält, dass sich die Eltern über die spezifischen aus der Scheidung resultierenden Bedürfnisse ihrer minderjährigen Kinder bei einer geeigneten Person oder Einrichtung haben beraten lassen.

Zu 12:

Die Beantwortung dieser Frage hängt insbesondere davon ab, ob die Elternberatungs­stelle auf Fördermittel – z.B. des Bundesministeriums für Wirtschaft, Familie und Jugend oder eines Bundeslandes – zurückgreifen kann oder nicht. Bietet ein größerer Träger diese Beratungsleistungen an, so kann er allenfalls auf eine bestehende Infrastruktur aufbauen und daher günstigere Beratungsangebote machen.

Zu 13:

Der Gesetzgeber ist davon ausgegangen, dass die Information der Eltern auch in Form von Gruppen­veranstaltungen erfolgen kann (Erläuterungen zur Regierungsvorlage 2004 BlgNR 24. GP 35).

Auch im Rahmen der Fachtagung am 23. März 2013 war es überwiegende Meinung, dass die Information der Eltern etwa in Vorlesungsform einige Vorteile mit sich bringen könne: Neben dem günstigeren Preis komme hier vor allem die Überlegung zum Tragen, dass es für Eltern – anders als im Einzel- oder Paarsetting – weniger verlockend sein könnte, wiederum ihr „Paarproblem“ ins Zentrum zu stellen. Auch profitierten die Paare vom Austausch untereinander.

Das Feedback der Eltern zu dieser Form der Beratung soll – so erste Berichte der großen Träger der Familienberatung – ganz überwiegend positiv sein.

 

Wien, 16. April 2013

 

Dr. Beatrix Karl