13917/AB XXIV. GP
Eingelangt am 03.05.2013
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BM für Gesundheit
Anfragebeantwortung

Alois Stöger
Bundesminister
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien
GZ: BMG-11001/0074-I/A/15/2013
Wien, am 2. Mai 2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 14204/J der Abgeordneten Mag. Johann Maier und GenossInnen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:
Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass eine exakte und direkte Vergleichbarkeit der Zahlen von Jahr zu Jahr nur bedingt gegeben ist, da sehr viele unterschiedliche Parameter zu berücksichtigen sind; wie z.B. unterschiedliche Schwerpunktsetzungen von durchgeführten Aktionen oder das oft von der öffentlichen Risikowahrnehmung beeinflusste Untersuchungsgeschehen in anderen Staaten, das über RAPEX auch auf Österreich rückwirken kann.
Frage 1:
Rückholaktionen von nicht sicheren Waren geschehen im Bewusstsein einer klaren Verantwortung und gehören gemäß § 38 Lebensmittelsicherheits- und Verbraucher-schutzgesetz (LMSVG) zu den grundlegenden Pflichten der Unternehmer/innen.
Von Rückholaktionen betroffene Produkte waren:
Produkt Gefahr
Plüschhase Verletzungsrisiko
Puppe Weichmacher
Plastikschnüre Weichmacher
Buntstifte Weichmacher
Flechtbänder Weichmacher
Spirale Weichmacher
Luftballon N-Nitrosamin
Kugelpistole Schalldruckpegel überschritten, Warnhinweis fehlt
Spielzeugsaxophon Kleinteile
Spielzeug-Puzzle-Matte Erstickungsrisiko
Plastikschnüre Weichmacher
Scoubidous Weichmacher
Frage 2:
Da bei Kenntnis des Mangels Unternehmen regelmäßig ihrer Verantwortung nach dem LMSVG unmittelbar und freiwillig nachkommen, liegen mir keine Zahlen über behördlich angeordnete Rückrufe vor.
Frage 3:
Behördliche Maßnahmen gemäß § 39 Abs. 2 LMSVG können zunächst auch ohne einen schriftlichen Bescheid angeordnet werden. Solche Sofortmaßnahmen sind nicht zwangsläufig Rückholungen, sondern betreffen auch andere mögliche Maßnahmen.
Bei Beprobungen wurde nach Einlangen der Gutachten, die eine Gesundheits-schädlichkeit der Ware aufzeigten, eine RAPEX-Meldung (in Verbindung mit einer Meldung nach § 42 LMSVG) erstattet und die Ware bei den Unternehmer/inne/n aus dem Verkehr genommen. Ähnliche dort vorrätige Produkte wurden in der Regel zusätzlich beprobt. Darüber hinaus wurden Unternehmer/innen gegebenenfalls angewiesen, eine Information der Öffentlichkeit zu machen. Die Durchführung der Veröffentlichung wird überwacht. Was Verordnungsverstöße anlangt, wurden gemäß § 42 LMSVG alle betroffenen Bundesländer informiert und die Produkte meist seitens der Unternehmen unmittelbar und freiwillig aus dem Verkehr genommen.
Insgesamt wurden 2012 mehr als 25 Sofortmaßnahmen gesetzt, diese umfassten u.a. folgende Produkte:
· Puppen
· Luftballons
· Stofftiere
· Bastelsets
· Kinderwagenketten
· Spieluhren
· Plastikschnüre
· Buntstifte
· Flechtbänder
· Spiralen
· Badeball
· Musikspiele
· Geschoßspielzeug/Spielzeugpistolen/Armbrust
· Musikinstrumente
Frage 4:
§ 38 LMSVG regelt grundlegende Unternehmer/innenpflichten, wie sie für die diesem Gesetz unterliegenden Warengruppen aus dem Europäischen Lebensmittelrecht (v.a. der VO (EG) Nr. 178/2002 über das Allgemeine Lebensmittelrecht) sowie auch aus dem Europäischen Produktsicherheitsrecht (und seiner österreichischen Umsetzung durch das PSG 2004) heraus anzuwenden sind. Durch diese Verpflichtungen und den Umstand, dass viele Handelsketten und Vertriebsorganisationen ihren Firmensitz nicht in Österreich haben, werden Rückrufe fehlerhafter Waren überwiegend von Seiten der Firmen veranlasst. Die zugehörige Zahl ist nicht lückenlos zu erheben; insbesondere sind keine Daten zu Rückholungen über Versicherungen bekannt.
Frage 5:
Im Jahr 2012 wurden von der AGES-Kontaktstelle 11 Meldungen betreffend Spielzeug an das RAPEX-System weitergegeben, diese betrafen folgende Produkte:
· 6 Geschoßspielzeuge
· 2 Spieldosen
· 2 Stoffhunde
· 1 Sandspielzeug
Frage 6:
Das RAPEX-System und die damit verbundenen Abläufe gehören heute zum Standard und haben sich in Österreich und in der EU bewährt. Nach Erstinformation durch die EU-Kommission wird eine Kurzbewertung des Gefahrenpotentials durch die AGES-ILMU vorgenommen. Davon abhängig erfolgen sofort Kontrollen durch die Lebensmittel-Aufsichtsdienststellen der Länder.
Übliche Maßnahmen waren Nachschau in Betrieben aufgrund der RAPEX-Meldungen, gegebenenfalls Anzeige gemäß LMSVG, Auftrag zur unschädlichen Beseitigung und Rückholung vom Markt, Einleitung von Strafverfahren, Anpassung der Kennzeichnung sowie Information an die zuständige Behörde gemäß § 42 LMSVG, gegebenenfalls Überprüfung der ordnungsgemäßen Rücknahme vom Markt. Nicht selten befanden sich die via RAPEX gesuchten Waren auch gar nicht auf dem österreichischen Markt. Im Übrigen darf ich auf meine Ausführungen zu Frage 3 verweisen.
|
Produkt |
Mangel |
AGES Beurteilung |
|
Airpower Gun |
äußere Verletzung |
gesundheitsschädlich |
|
batteriebetriebenes Stofftier Hund |
Erstickungsgefahr |
gesundheitsschädlich |
|
Plüschhase |
Verletzungsgefahr |
gesundheitsschädlich |
|
Armbrust |
kinetische Energie |
gesundheitsschädlich |
|
Wings Paw Set |
kinetische Energie |
gesundheitsschädlich |
|
BS Schaumstoffkanone |
Explosionsgefahr |
gesundheitsschädlich |
RAPEX 1548/11 Spielzeug-Puzzle-Matte (Erstickungsgefahr)
RAPEX 0103/12 Badewannenspielzeug - Erstickungsgefahr
RAPEX 0107/12 Puppen-Set - chemisch (Phthalate)
RAPEX 0110/12 Pfeil und Bogen - Augenschäden
RAPEX A110008/12 Pfeil und Bogenset Far West - Augenverletzungen
RAPEX 250/12 Prinzessin Lillifee
RAPEX 362/12 Kinderwagenkette - Strangulation
RAPEX 349/12 „Fluffy Ball“ - Strangulation
RAPEX 397/12 Schwimmreifen - Erstickungsgefahr/chemisch: Phthalate
RAPEX 418/12 Spielzeug: Stofftiere - Erstickungsgefahr
RAPEX 410/12 Nachziehspielzeug - Erstickungsgefahr
RAPEX 725/12 Bären-Schlüsselanhänger
RAPEX 924/12 Plastikschnüre - Weichmacher
RAPEX 926/12 Seifenblasen - Keimzahl
RAPEX 960/12 Plastikschnüre - Weichmacher
RASFF 1192/12 Schwimmring - chemisch (DEHP)
RASFF 1194/12 Faschingskostüm (Bienenkostüm)
RAPEX 1207/12 Seifenblasen
RAPEX 1208/12 Seifenblasen
RAPEX 1514/12 3 Scoubidous - Weichmacher
RAPEX 811/2012 Pfeil und Bogen Far West
RAPEX 801/2012 Noahs Arche
RAPEX 1439/2012 Schaufel
RAPEX 1473/2012 Magnetangelspiel
RAPEX 100/2012 Nähmaschine
RAPEX 1827/2012 Ball
RAPEX 1841/2012 Angel
RAPEX 1347 Sandschaufel mit Holzgriff
RAPEX 99/12 Hello Kitty
RAPEX 250/12 Prinzessin Lillifee
RAPEX 1524/12 Doll Set
RAPEX 1537/12 Spielzeugtrompete
Abgesehen vom Generalauftrag an die Lebensmittelaufsicht, in ihrem Wirkungs-bereich RAPEX-Meldungen nachzugehen, hat mein Ressort auch Prüfschwerpunkte in dieser sehr vielgestaltigen Warengruppe gesetzt. Billige “No-Name”-Produkte zeigten öfter Mängel als Markenware.
Die vom Bundesministerium für
Gesundheit im Jahr 2012 angeordneten Schwer-punktaktionen unterschiedlicher
Laufzeiten waren:
A-007-12 Rollenspielzeug und Perücken für Kinder bis zum vollendeten 14. Lebensjahr
A-024-12 Billigspielzeug von Jahrmärkten und Messen
A-025-12 Spielzeug, das das Gewicht eines Kindes tragen soll
A-037-12 Geschoßspielzeug – Gefahrenpotenzial
Damit wurde auch dem risikobasierten Ansatz des österreichischen MIK (Mehrjähriger Integrierter Kontrollplan) Rechnung getragen.
Frage 7:
Kontrollen von Spielwaren erfolgten bei Importeur/inn/en, im Großhandel und im Spielzeug-Facheinzelhandel, auf Messen, Kirtagen etc.; in anderen Betriebsarten, die ebenfalls Spielzeug führen, kann die Kontrolltätigkeit nicht separat auf Spielzeug bezogen ausgewiesen werden (z.B. Drogeriemärkte, Lebensmittelhandel). Oft sind auch mehrmalige Kontrollen (Ermittlung, Maßnahmensetzung) - besonders nach Beanstandungen im einschlägigen Handel - erfolgt. Es wurden Rückholaktionen überwacht und auch auf Grund von RAPEX-Meldungen in Betrieben Nachschau gehalten.
Die Gesamtzahl der im Bundesgebiet für das Jahr 2012 erfolgten Probenahmen
liegt in der Größenordnung von mehr als 400 Probenziehungen mit
anschließender Begut-achtung. Auch Handelskontrollen und Recherchen zu
mehr als 360 RAPEX-Meldungen wurden durchgeführt. Zudem wurden
Probenziehungen aufgrund angeordneter Schwerpunktaktionen meines Ressorts durchgeführt
(ich verweise diesbezüglich auch auf meine Ausführungen zu Frage 6).
Weiters haben zahlreiche Ermittlungen im Handel und im Rahmen von
Betriebsrevisionen stattgefunden.
Sofern von den Bundesländern verfügbar und angegeben sind nachstehende Zahlen orientierend zu werten:
Burgenland: 360 RAPEX-Meldungen bearbeitet; 20 Probenziehungen
Niederösterreich: 70 Revisionen, 81 Probenziehungen, Ermittlungen/Kontrollen im Handel
Steiermark: Ermittlungen/Kontrollen im Handel
Oberösterreich: 107 Probenziehungen, Ermittlungen/Kontrollen im Handel,
Tirol: 27 Kontrollen/Ermittlungen im Handel
Kärnten: 318 RAPEX-Einsätze; Ermittlungen/Kontrollen im Handel (4 Betriebs-Revisionen, 15 Probenziehungen)
Vorarlberg: Angeordnete Maßnahmen auf Grund von Aufträgen des BMG, RAPEX-Erhebungen bei Landesbezug, Kontrollen im Fachhandel
Salzburg: 37 Probenziehungen; Ermittlungen/Kontrollen im Handel
Wien: Ermittlungen/Kontrollen im Handel (469 Kontrollen, 159 Probenziehungen, 450 RAPEX-Erhebungen)
Frage 8:
Spielzeugkontrollen werden im Rahmen der üblichen Kontroll- bzw. Ermittlungs-tätigkeit überwiegend von allen Organen der Lebensmittelaufsicht wahrgenommen.
In den Bundesländern Vorarlberg, Kärnten und Wien werden diese auch von spezialisierten Organen der Lebensmittelaufsicht durchgeführt.
Verfügbare Bundesländerdaten:
Burgenland: 7
Niederösterreich: 31
Oberösterreich: 33
Steiermark: 25
Tirol: 19
Salzburg: 12
Kärnten: 3
Vorarlberg: 3
Wien: 7(zu 15% der Gesamttätigkeit)
Frage 9:
Die Arbeitsgruppe hat einen Vorschlag für die Änderung der Grenzwerte für Blei, Cadmium und Arsen (Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug, Anhang II) erarbeitet. Der neue Grenzwert für Cadmium wurde mittlerweile angenommen und ist durch die Richtlinie 2012/7/EU zur Änderung von Anhang II Abschnitt III der Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug in Kraft. Die Änderung wurde durch die Verordnung BGBl. II Nr. 38/2013 in österreichisches Recht umgesetzt.
Der Grenzwert für Arsen bleibt vorläufig wie in der Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug festgelegt.
Bezüglich des Grenzwertes für Blei wurde von der Europäischen Kommission ein „impact assessment“ durchgeführt. Dieses Verfahren ist zwar bereits abgeschlossen, die Ergebnisse sind jedoch von der Europäischen Kommission noch nicht bekannt gegeben worden. Es ist davon auszugehen, dass es im Laufe des Jahres - basierend auf dem Ergebnis des „impact assessment“ - zu einer Reduzierung des Grenzwertes für Blei kommen wird.
Im Jahr 2012 wurde auch intensiv über den in der Spielzeugrichtlinie festgelegten Migrationsgrenzwert für Barium verhandelt. Der Entwurf einer Änderung der Spielzeugrichtlinie bezüglich der Herabsetzung des Bariumgrenzwertes wurde am 15. März 2013 an die Mitgliedstaaten zur schriftlichen Abstimmung ausgeschickt.
Mit einem Votum im Sinne des Verbraucher/innenschutzes ist zu rechnen: Es ist daher davon auszugehen, dass die Herabsetzung des Bariumgrenzwertes in der Spielzeugrichtlinie noch vor Juli 2013 erfolgt, d.h. noch kurz vor dem Zeitpunkt, ab dem die chemischen Anforderungen dieser Richtlinie gelten.
Ein wichtiges Ziel der Arbeitsgruppe ist die Erstellung einer Liste von Substanzen, die in Anhang C der Richtlinie 2009/48/EG über die Sicherheit von Spielzeug aufgenommen werden sollen (Anlage C: „Gemäß Artikel 46 Abs. 2 festgelegte spezifische Grenzwerte für chemische Stoffe, die in Spielzeug verwendet werden, das zur Verwendung durch Kinder unter 36 Monaten bestimmt ist, bzw. in anderem Spielzeug, das dazu bestimmt ist, in den Mund genommen zu werden“).
Aktuelle Diskussionen befassen sich u.a. mit folgenden CMR-Stoffen: Formamid (Puzzlematten; Inhalationsgrenzwert), Formaldehyd, Bisphenol A, Phenol, etc.
Die Gruppe befasst sich dabei nicht nur mit der Frage, ob für bestimmte Substanzen ein Grenzwert festgelegt werden muss und wenn ja, in welcher Höhe, sondern auch mit der Frage, mit welcher Analysenmethode ein derartiger Grenzwert in der Praxis überhaupt überprüfbar ist.
Ein weiterer Punkt, der in der Gruppe nach wie vor bearbeitet wird, ist die teilweise Anwendung der Rechtsmaterien der Lebensmittelkontaktmaterialien auf Spielzeug. Gemäß der Richtlinie 2009/48/EG gelten Materialien, die den Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 entsprechen, auch als sicher für Spielzeug. Diese vorläufige Regelung endet jedoch am 20. Juli 2017: Es muss daher eine Entscheidung getroffen werden, ob künftig Anforderungen für Kontaktmaterialien auf Spielzeug übertragbar sind.
Es besteht derzeit Einigkeit darüber, dass die Anforderungen nicht „eins zu eins“ übernommen werden können, weil bei Spielzeug durchaus andere Expositions-bedingungen vorliegen als bei Kontaktmaterialien.