13931/AB XXIV. GP

Eingelangt am 06.05.2013
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                   Wien, am            April 2013

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0107-I/4/2013

 

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 14220/J vom 6. März 2013 der Abgeordneten Mag. Bruno Rossmann, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Eingangs wird darauf hingewiesen, dass in der Begründung der Anfrage der Text des „Q&A Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)“ unvollständig zitiert wurde. Richtig ist, dass zunächst erwähnt wird, dass Österreich – zum Zeitpunkt der Ein­bringung der Anträge der Abgeordneten Dr. Peter Wittmann, Dipl.‑Kfm. Dr. Günter Stummvoll und Dr. Alexander Van der Bellen – „laufend auf die geplanten Verfahren angesprochen“ wurde. Dabei wurde sowohl „Verständnis für die Notwendigkeit der Unterrichtungspflicht und der Einbindung bei den wichtigsten Entscheidungen“ gezeigt als eben auch Kritik (und Bedenken), „dass die Entscheidungsautonomie und damit die Funktionsfähigkeit des ESM gefährdet sein könnte.“


Dass dem Konzept der Entscheidungsautonomie hohe Bedeutung zukommt, war den Ver­tretern der Mitgliedstaaten bereits seit der vorläufigen Ansicht von Eurostat vom 7. April 2011 bzw. der Stellungnahme des Ausschusses für die Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ) bewusst: „Specifically regarding the governance structure, a majority of the CMFB considered that it would provide the ESM with autonomy of decision. Nevertheless, a number of members expressed concerns that the governance structure could jeopardize the “decision making autonomy in respect of its principal function” as required by ESA-95 for institutional units.”[1]

 

Diese Frage nahm deshalb eine große Bedeutung ein, weil die Entscheidungsautonomie ein Teil der Begründung dafür war, Schulden des ESM in der Statistik nicht den ESM-Mitgliedern anzurechnen – anders als bei der Europäischen Finanzstabilitätsfazilität (EFSF). Eine aus Sicht der Mitgliedstaaten negative Entscheidung von Eurostat hätte also bedeutet, dass Finanzierungen des ESM über die Kapitalmärkte den Schuldenstand der ESM-Mitglieder anteilsmäßig erhöht hätten. Während des gesamten Verhandlungsverlaufs waren daher alle Vertragsparteien bemüht, diese Vorgabe einzuhalten. Initiativen, die mit der Frage der Entscheidungsfindung der ESM-Organe zusammenhängen – auch die Frage, wie gebunden die Mitglieder des Gouverneursrats in ihren Entscheidungen sind – wurden daher sowohl von Seiten der Mitgliedstaaten als auch von der Europäischen Kommission mit erhöhtem Interesse verfolgt.

 

Die am 31. Jänner 2013 veröffentlichte endgültige Entscheidung von Eurostat bestätigt im Übrigen, dass einzelne Mitglieder des Ausschusses für die Währungs-, Finanz- und Zahlungsbilanzstatistiken (AWFZ) weiterhin Bedenken hegten: “a few members were concerned that the proposed system of governance for the ESM would not provide enough autonomy in its decision-making process.“[2]

 

In diesem Kontext ist es nicht weiter verwunderlich, dass Österreich und andere Mitglied­staaten auf die parlamentarischen Mitwirkungsrechte wiederholt angesprochen und um Auf­klärung über deren Bedeutung gebeten wurde. Dabei wurde nicht Kritik an einzelnen Bestimmungen geübt – das gibt der Text des Q&A auch nicht vor.


Zu 2.:

Selbstverständlich sehe ich mich an die verfassungsrechtliche Bestimmung des Art. 50c B‑VG gebunden, die eine unverzügliche Unterrichtung des Nationalrats durch den zuständigen Bundesminister in Angelegenheiten des ESM gemäß den Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Geschäftsordnung des Nationalrats, sowie eine regelmäßige Berichterstattung durch diesen über die im Rahmen des ESM getroffenen Maßnahmen vorsieht.

 

Seit in Kraft treten des ESM-Vertrages am 27. September 2012 wurden bis Ende April 2013 ungefähr 60 Dokumente aus den Gremien des ESM vom Bundesministerium für Finanzen für den Nationalrat aufbereitet und diesem übermittelt. In den meisten Fällen erhielt der NR diese großteils vertraulichen Unterlagen innerhalb von 24 Stunden nach Einlangen im BMF. Den Sicherheitseinstufungen der Organe des ESM über eine Vertraulichkeit der Vorlagen, Dokumente, Berichte und Vorschläge für Beschlüsse im Rahmen des ESM im Sinne des § 74g GOG wurde dabei jeweils Rechnung getragen und der Nationalrat wurde im Einzelfall auf die Vertraulichkeit der übermittelten Dokumente hingewiesen. Es kam zudem in diesem Zeit­raum zu drei Sitzungen des Ständigen Unterausschusses in ESM-Angelegenheiten, sowie zu mehreren Sitzungen des Budget- und Finanzausschusses, in denen ich die Mitglieder des Nationalrats in Angelegenheiten des ESM unterrichtet habe. Darüber hinaus werden dem Nationalrat durch das BMF regelmäßig Quartalsberichte über die im Rahmen des ESM getroffenen Maßnahmen vorgelegt, in dem diese beschrieben und erläutert werden.

 

Darüber hinaus sehe ich mich selbstverständlich auch an eine etwaige Stellungnahme des Nationalrats in Angelegenheiten des ESM bei Verhandlungen und Abstimmungen in Organen desselben gebunden, wie in Art. 50c Abs. 2 B‑VG vorgesehen.

 

Zu 3.:

Nein.

 

Zu 4.:

Das „Q&A Europäischer Stabilitätsmechanismus (ESM)“ betitelte Dokument auf der Home­page des Bundesministeriums für Finanzen entstand im Sommer 2012 anlassbezogen und klärt nur einzelne Fragen im Zusammenhang mit dem ESM ohne Anspruch auf Vollständig­keit. So wird darin auch die parlamentarische Einbindung nur gestreift. Eine systematische Behandlung des ESM auf der Homepage des BMF gab es bisher nicht. Diese ist jedoch schon geplant und wird voraussichtlich Anfang Mai 2013 online gestellt.

 

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Maria Fekter eh.



[1] http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/government_finance_statistics/documents/Eurostats_preliminary_view_on_the_recording_of_the_futu.pdf

[2] http://epp.eurostat.ec.europa.eu/portal/page/portal/government_finance_statistics/documents/Eurostat_Decision_on_ESM.pdf