13948/AB XXIV. GP
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BMJ-Pr7000/0076-Pr 1/2013 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Eingelangt am 10.05.2013
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Justiz
Anfragebeantwortung
Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 14230/J-NR/2013
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier und GenossInnen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gerichtliche Strafverfahren nach § 168 a Strafgesetzbuch im Jahr 2012“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage – auf Basis der von den Staatsanwaltschaften übermittelten Berichte – wie folgt:
Zu 1:
Zentrale Staatsanwaltschaft zur Verfolgung von Wirtschaftsstrafsachen und Korruption:
Im Jahr 2012 war keine Anzeige zu verzeichnen.
Staatsanwaltschaft Wien:
Je eine Anzeige wegen „Schneeballsystem in Österreich“, „Café Noir“, „Chart“, „Kellergwölb“ und „Splendid Bar Italia“.
Staatsanwaltschaft Graz:
Zwei Anzeigen gegen die Beschuldigten E.T. u.a. sowie gegen R.F. u.a.
Staatsanwaltschaft Klagenfurt:
Je eine Anzeige betreffend „OnlineShopKonzept shoppino“, „Expert Advisor 24 AG“ und ein weiteres Pyramidenspiel.
Staatsanwaltschaft Salzburg:
Zwei Anzeigen.
Staatsanwaltschaft Feldkirch:
Eine Anzeige betreffend „pww4you.com“ bzw. „pancrutus.ch“.
Zu 2:
Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht.
Von den im Jahr 2012 angezeigten Fällen ist jeweils ein Verfahren im Sprengel der Staatsanwaltschaft Wien (jedoch erst im Jahr 2013) sowie der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt in das Stadium des Hauptverfahrens gelangt.
Zu 3 und 15:
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz vom 18. Dezember 2012 wurden zehn Angeklagte im Verfahren „Euro Success GmbH“ jeweils wegen § 168a Abs. 1 und 2 StGB verurteilt, wobei vier Angeklagte ein Rechtsmittel angemeldet haben. Sechs Angeklagte wurden mittlerweile rechtskräftig zu mehrmonatigen bedingten Freiheitsstrafen, in der Hälfte der Fälle kombiniert mit einer unbedingten Geldstrafe, verurteilt; zwei Freisprüche wurden ebenfalls rechtskräftig.
Zu 4 und 5:
Da das Gesetz nicht zwischen einer Zurücklegung der Anzeige und einer Einstellung des Verfahrens differenziert, werden diese Fragen gemeinsam beantwortet.
Auf Grund von im Jahr 2012 erstatteter Anzeigen wurden bei der Staatsanwaltschaft Wien drei, bei den Staatsanwaltschaften Klagenfurt und Salzburg jeweils zwei und bei den Staatsanwaltschaften Graz und Innsbruck jeweils ein Verfahren eingestellt.
Zu 6:
Nach den mir vorliegenden Berichten führten die Staatsanwaltschaften im Jahr 2012 in dem von der Anfrage umfassten Bereich keine diversionellen Maßnahmen durch.
Zu 7:
Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf bei Gerichten durch Anklageerhebung anhängig gewordene Verfahren bezieht.
Nach den mir vorliegenden Informationen ist derzeit ein bezirksgerichtliches Verfahren (betreffend „Chart“) in Wien anhängig.
Zu 8:
Ich gehe davon aus, dass sich diese Frage auf staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren bezieht.
Nach den mir vorliegenden Informationen ist derzeit bei der Staatsanwaltschaft Wien ein Verfahren („Splendid Bar Italia“) anhängig.
Zu 9:
Nach den mir vorliegenden Berichten war anhand der von der Bundesrechenzentrum GmbH zur Verfügung gestellten Daten eine Beantwortung dieser Frage zumeist nicht möglich, sodass dazu vorwiegend Fehlberichte erstattet wurden.
Nach dem Bericht der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt wurde ein Verfahren mangels Ausforschung des Täters abgebrochen und bislang nicht wieder aufgenommen. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck berichtet, dass ein Verfahren, das bereits im Jahr 2007 angefallen und abgebrochen worden war, im Jahr 2012 wieder aufgenommen und eingestellt wurde. Auch das bei der Staatsanwaltschaft Feldkirch im Jahr 2012 angefallene Verfahren wurde zufolge unbekannten Aufenthalts des Beschuldigten abgebrochen.
Zu 10:
Es bestehen keine Statistiken, ob bzw. wie viele Übergabe- oder Auslieferungsersuchen in Zusammenhang mit einem in Österreich wegen § 168a StGB geführten Strafverfahren 2012 an Mitgliedsstaaten der EU oder Drittstaaten gestellt bzw. ob Strafverfahren wegen § 168a StGB an das Ausland abgetreten wurden.
Da die Verbreitung eines ausländischen Pyramidenspiels in Österreich die inländische Gerichtsbarkeit zur Folge hat, ergeben sich im Wesentlichen keine anderen Vorgangsweisen als bei inländischen Pyramidenspielen. Allerdings ergibt sich oftmals die Notwendigkeit von Rechtshilfeersuchen.
Zu 11:
An der Einschätzung der Staatsanwaltschaften hat sich gegenüber der Vorjahresantwort (Probleme bei der Ausforschung der Verantwortlichen) nichts geändert.
Zu 12 und 13:
Bei der Staatsanwaltschaft Wr. Neustadt wurden vier bekannte und ein unbekannter Täter im Zusammenhang mit „Schenkkreisen“ angezeigt. Während die Verfahren gegen drei bekannte Täter zur Einstellung gelangten, kam es in dem zur Anklage gebrachten Fall zu einem Freispruch.
Bei der Staatsanwaltschaft Leoben wurde ein weiteres Verfahren betreffend einen Schenkkreis in München anhängig, das letztlich eingestellt wurde.
Bei der Staatsanwaltschaft Graz ist weiterhin ein Verfahren gegen 188 Beschuldigte im Zusammenhang mit sogenannten Schenkkreisen anhängig.
Zu 14:
Beim Landesgericht Salzburg sind derzeit zwei Hauptverfahren gegen jeweils fünf Angeklagte bzw. Beschuldigte anhängig.
Zu 16:
Diesbezüglich verweise ich auf die Beantwortung der schriftlichen Anfrage „Vorwürfe und Unklarheiten gegenüber Lyoness“ Zl. 13277/J-NR/2012. Das Ermittlungsverfahren ist nach wie vor anhängig.
Zu 17:
In der Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs vom 13. März 1996, 5 Ob 506/96 (RS0102178), geht es um die Nichtigkeit des Pyramidenspiels. In dieser Entscheidung wird ausgeführt, dass die zivilrechtliche Unerlaubtheit eines Spiels nicht allein daran gemessen werden kann, ob die Beteiligung einen speziellen Straftatbestand erfüllt. Vielmehr sind jene Spiele im Sinn des § 1174 Abs. 2 ABGB verboten und damit nichtig im Sinne des § 879 Abs. 1 ABGB, die den in § 168 Abs. 1 StGB und in § 1 Abs. 1 Glücksspielgesetz angeführten Charakter haben, bei denen also Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen. Das wird für das Pyramidenspiel bejaht.
Mit der Haftung im Zusammenhang mit dem Pyramidenspiel befassen sich – soweit überblickbar – mehrere Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs aus der jüngeren Vergangenheit. In der Entscheidung 1 Ob 182/97i (RS0108073) geht es etwa um die Haftung des Anlagevermittlers bzw. -beraters. Er ist danach zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet; ihn treffen gegenüber dem Anlageinteressenten Schutz- und Sorgfaltspflichten. Zumindest dann, wenn die Risikoträchtigkeit einer Kapitalanlage auf der Hand liegt, ist er verpflichtet, richtig und vollständig über diejenigen tatsächlichen Umstände zu informieren, die für den Anlagenentschluss des Interessenten von besonderer Bedeutung sind. Verfügt er nicht über objektive Daten bzw. entsprechende Informationen, muss er dies offenlegen. Bei Verletzung dieser Pflichten haftet er persönlich aus einem (schlüssig zustande gekommenen) Auskunftsvertrag.
In der Entscheidung 2 Ob 202/10k hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass die bloße Kenntnis der Unrichtigkeit einer Auskunft für einen Schadenersatzanspruch nach § 1300 zweiter Satz ABGB nicht ausreicht, vielmehr muss auch der eingetretene Schaden von dem die Auskunft Erteilenden zumindest in Kauf genommen worden sein (dolus eventualis). Kann dieser damit rechnen, dass kein Schaden eintritt, so entfällt seine Haftung.
Einige neuere Entscheidungen (etwa 3 Ob 230/12p; 3 Ob 231/12k; 2 Ob 248/12b oder 2 Ob 250/12x) beschäftigen sich mit Schadenersatzansprüchen gegen den Abschlussprüfer und die dabei zum Tragen kommende Verjährungsfrist. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist der Vertrag zwischen Abschlussprüfer und der geprüften Gesellschaft ein Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter, nämlich aller potentieller Gläubiger der Gesellschaft, die durch die Veröffentlichung des Bestätigungsvermerks angesprochen werden sollen. Die verjährungsrechtliche Norm gilt nicht nur gegenüber der geprüften Gesellschaft, sondern auch gegenüber Dritten und ist je nach dem, ob den Schadenersatzansprüchen fahrlässiges oder vorsätzliches Fehlverhalten zugrunde liegt, als objektive oder subjektive Frist ausgestaltet.
Zu 18:
Die Gerichtliche Kriminalstatistik 2012 liegt noch nicht vor. Die Verurteilungsstatistik zu § 168a StGB auf Grundlage der Gerichtlichen Kriminalstatistik der Statistik Austria kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Eine Aufschlüsselung nach Gerichten ist nicht möglich. Die rechtskräftigen Verurteilungen können lediglich einzelnen Landesgerichtssprengeln örtlich zugeteilt werden. Aus den nicht aufgelisteten Sprengeln kamen Leermeldungen.
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LG-Sprengel
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LG für Strafsachen Wien |
LG Wiener Neustadt |
LG Linz
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LG Salzburg
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LG für Strafsachen Graz |
LG Klagenfurt
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LG Feldkirch
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Jahr |
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2002 |
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2003 |
1 |
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2004 |
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4 |
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2005 |
1 |
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3 |
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2006 |
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3 |
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2007 |
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2008 |
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1 |
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1 |
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2009 |
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2010 |
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2011 |
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1 |
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Zu 19:
Besondere Probleme im Zusammenhang mit § 168a StGB sind meinen Fachabteilungen nicht bekannt geworden; siehe aber auch meine Antwort zu Fragepunkt 11.
Wien, . Mai 2013
Dr. Beatrix Karl