14126/AB XXIV. GP

Eingelangt am 10.06.2013
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

Alois Stöger

Bundesminister

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMG-11001/0111-I/A/15/2013

Wien, am 4. Juni 2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 14490/J des Abgeordneten Ing. Lugar und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Die Wiederherstellung und langfristige Absicherung der finanziellen Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung war eines der Hauptanliegen meines Ressorts in der laufenden Gesetzgebungsperiode. Ein wesentlicher Beitrag zur Verbesserung der Gebarungsergebnisse und der Finanzlage der KV-Träger in den letzten Jahren wurde mit dem Budgetbegleitgesetz 2009, BGBl. I Nr.52/2009, gesetzt, das eine Reihe von Maßnahmen zur Erreichung dieser Zielsetzung enthält. Dazu zählt z.B. die Einrichtung eines „Kassenstrukturfonds“ (Artikel 50 des Budgetbegleitgesetzes) mit der Aufgabe der finanziellen Unterstützung von Maßnahmen der zielorientierten Steuerung (Ausgabendämpfung, integrierte Versorgung, Qualitätssicherung, Nahtstellenmanagement) durch die Gebietskrankenkassen. Dieser Fonds wurde für das Jahr 2010 mit 100 Mio. Euro und für die Jahre 2011 bis 2015 mit jeweils 40 Mio. Euro dotiert. Korrespondierend dazu wurde den Gebietskrankenkassen ein Kosten-dämpfungspfad mit Finanzzielen in sechs Teilbereichen (im niedergelassenen Bereich bei der vertragsärztlichen Hilfe und den Instituten, im Heilmittelbereich, bei den Heilbehelfen und Hilfsmitteln, bei der Physiotherapie und bei den Transportkosten) vorgegeben, deren Erreichung die Vorbedingung für die Auszahlung der Kassen-strukturfondsmittel an die Gebietskrankenkassen darstellte. Die Kassen konnten diese Ziele nicht nur erreichen, sondern haben im Zeitraum 2010 bis 2013 sogar ein deutlich höheres Kostendämpfungspotential realisiert.

 

Im Budgetbegleitgesetz 2009 wurde (im Artikel 51) zusätzlich ein Verzicht auf Bundesforderungen in Höhe von insgesamt 450 Mio. Euro in den Jahren 2010 bis 2012 und eine Einmalzahlung in der Höhe von 45 Mio. Euro im Jahr 2009 (Artikel 48 – ASVG-Änderung) für die Gebietskrankenkassen mit negativem Reinvermögen  vorgesehen. Schließlich ist die – ab dem Jahr 2009 durch die Senkung des Umsatz-steuersatzes für Arzneimittel von 20 % auf 10 % entstandene – Überdeckung der pauschalen Beihilfe nach dem Gesundheits- und Sozialbeihilfegesetz (GSBG), die im Jahr 2009 rund 96.107,40 Mio. Euro betrug, ab diesem Jahr ebenfalls auf die Versicherungsträger mit negativem Reinvermögen aufgeteilt worden.

 

Frage 2:

Die Gebarungsergebnisse der Krankenversicherungsträger stellen sich in den Jahren 2010 bis 2012 (vorläufige Gebarungsergebnisse 2012 per 15.5.2013) wie folgt dar:

 

Beträge in Euro

2010

2011

2012

Alle Krankenversicherungsträger

+ 362.437.132 

+ 292.190.712 

+ 181.919.912 

Gebietskrankenkassen

+ 268.273.220 

+ 165.715.154 

+ 132.133.823 

GKK Wien

+ 65.607.322 

+ 9.164.389 

+ 53.423.422 

GKK Niederösterreich

+ 27.529.106 

+ 24.861.276 

GKK Burgenland

+ 7.185.972 

+ 1.781.237 

GKK Oberösterreich

+ 37.234.956 

+ 41.506.523 

+ 10.771.041 

GKK Steiermark

+ 54.873.056 

+ 48.635.115 

+ 39.888.734 

GKK Kärnten

+ 28.334.467 

+ 30.129.888 

+ 12.197.326 

GKK Salzburg

+ 15.569.325 

+ 9.636.726 

+ 15.853.300 

GKK Tirol

+ 26.440.182 

GKK Vorarlberg

+ 5.498.834 

Betriebskrankenkassen

+ 3.292.851 

+ 4.379.390 

+ 1.790.135 

VA f. Eisenbahnen u. Bergbau

+ 6.433.069 

+ 9.607.051 

+ 4.176.755 

VA öffentlich Bediensteter

+ 63.091.656 

+ 81.969.192 

+ 19.385.899 

SVA der gewerbl. Wirtschaft

- 16.040.504 

+ 4.618.791 

- 8.896.700 

SVA der Bauern

+ 37.386.840 

+ 25.901.134 

+ 33.330.000 

 


Die aktuellsten Prognosezahlen der vorläufigen Erfolgsrechnungen 2013 und der Gebarungsvorschaurechnungen für die Jahre 2014 und 2015 (jeweils per 15.5.2013) lassen für die Jahre 2013 bis 2015 die folgende Ergebnisentwicklung erwarten:

 

Beträge in Euro

2013

2014

2015

KV insgesamt

+ 58.635.726 

- 176.906.399 

- 248.507.318 

Gebietskrankenkassen

+66.203.744 

- 117.975.569 

- 192.600.966 

GKK Wien

+63.564.205  

- 26.391.552 

- 56.516.959 

GKK Niederösterreich

- 19.186.416 

- 35.241.639 

GKK Burgenland

GKK Oberösterreich

+4.250.665 

- 25.055.401 

- 46.622.568 

GKK Steiermark

- 18.350.700 

- 12.361.000 

GKK Kärnten

- 11.686.100 

-14.779.400 

- 9.823.900 

GKK Salzburg

+10.216.274 

+7.172.700 

+ 4.158.800 

GKK Tirol

- 141.300 

- 18.036.800 

- 31.120.700 

GKK Vorarlberg

- 3.348.000 

- 5.073.000 

Betriebskrankenkassen

- 91.121 

- 1.645.727 

- 2.851.862 

VA f. Eisenbahnen und Bergbau

- 1.361.897 

- 6.321.103 

- 7.461.490 

VA öffentlich Bediensteter

- 7.473.000 

- 20.694.000 

- 42.071.000 

SVA der gewerbl. Wirtschaft

- 21.851.000 

- 39.523.000 

- 24.651.000 

SVA der Bauern

+23.209.000 

+9.253.000 

+ 21.129.000 

 

Ich möchte allerdings betonen, dass es sich bei diesen Prognosen um Schätzungen der einzelnen Versicherungsträger handelt, die nach dem Prinzip der kaufmännischen Vorsicht (dieses Prinzip besagt, dass Aufwendungen in voller Höhe und Erträge eher vorsichtig geschätzt in Ansatz zu bringen sind) vorgenommen werden und von mir nicht beeinflussbar sind. Besonders die Prognosen für die Jahre 2014 und 2015  sind aufgrund der Unsicherheit im Bereich der Wirtschaftsprognosen mit Vorsicht zu genießen. Weiters sind die geplanten kostendämpfenden Maßnahmen für diese Jahre noch nicht berücksichtigt.

 

Frage 3:

Zum Stichtag 31.12.2012 weist lediglich die GKK Wien Schulden in der Höhe von rd. 182,3 Mio. Euro auf (auf Basis des vorläufigen Jahresüberschusses des Jahres 2012 per 15.5.2013). Alle anderen KV-Träger waren per 31.12.2012 schuldenfrei.

 

Frage 4:

Die Beantwortung dieser Frage hängt – sofern ein „Überschuss“ nicht der allge-meinen Rücklage zuzuführen ist – von der Art der beabsichtigten Mittelverwendung im Einzelfall ab (etwa ob die Mittel veranlagt werden sollen, ob neue Leistungen in das Spektrum der Kassenvertragsleistungen aufgenommen werden sollen, ob satzungsmäßige (Mehr-)Leistungen erbracht werden sollen, ob der Unterstützungs-fonds dotiert wird und aus diesem freiwillige Leistungen gewährt werden, ob sonstige freiwillige Leistungen – wie etwa Kuraufenthalte – erbracht werden oder ob die Mittel zur Finanzierung von Projekten zur Gesundheitsförderung und Prävention, zur Verhütung von Unfällen, zur Sicherstellung der Leistungen ärztlicher Hilfe oder Betreuung von Kranken oder auch zur Förderung der Niederlassung von Vertrags-ärzt/inn/en in medizinisch schlecht versorgten Gebieten und der Aufrechterhaltung der Praxis in solchen Gebieten im Sinne des § 116 Abs. 3 ASVG verwendet werden sollen) und ist daher nur überblicksartig möglich.

 

Grundsätzlich ist zu sagen, dass die Geschäftsführung eines Versicherungsträgers gemäß § 434 Abs. 1 ASVG dem Vorstand obliegt, soweit diese nicht durch das Gesetz der Generalversammlung oder einem Landesstellenausschuss zugewiesen ist (siehe hiezu auch die §§ 433 und 435 ASVG). Der Vorstand kann unbeschadet seiner eigenen Verantwortlichkeit Ausschüsse aus Mitgliedern der Generalversammlung einsetzen und diesen sowie einem Landesstellenausschuss einzelne seiner Obliegenheiten übertragen; darüber hinaus kann er einzelne seiner Obliegenheiten der Obfrau/dem Obmann bzw. der/dem Vorsitzenden eines Landesstellenausschusses und die Besorgung bestimmter laufender Angelegenheiten dem Büro des Versicherungs-trägers übertragen. Die diesbezüglichen Delegationsbeschlüsse finden sich in den Anhängen zu den Geschäftsordnungen der Vorstände der Versicherungsträger, welche auf der Homepage www.sozdok.at nachzulesen sind.

 

Die Aufnahme neuer vertraglicher Leistungen in den sozialversicherungsrechtlichen Leistungskatalog ist das Ergebnis von Vertragsverhandlungen mit den Interessen-vertretungen der Leistungserbringer, insbesondere den Ärztekammern. Formal erfolgt der Abschluss von Gesamtverträgen für die ärztlichen Leistungen durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger im Namen und mit Zustimmung des jeweiligen Krankenversicherungsträgers mit der örtlich zuständigen Ärztekammer. Teil eines solchen Gesamtvertrages ist die Honorarordnung, welche die Leistungen und die dafür vom Krankenversicherungsträger bezahlten Tarife enthält. Der Gesamtvertrag ist Teil des mit einem/einer einzelnen Vertragsarzt/-ärztin oder einer Vertragsgruppenpraxis abgeschlossenen Einzelvertrages.

 

Die entsprechenden Beschlüsse werden im Krankenversicherungsträger vom Vor-stand (diese bedürfen gemäß § 437 Abs. 1 Z 6 ASVG der Zustimmung der Kontroll-versammlung, wenn die abzuschließenden Verträge eine wesentliche dauernde Belastung des Versicherungsträgers herbeiführen) und beim Hauptverband vom Verbandsvorstand gefasst.

 

Beschlüsse über satzungsmäßige (Mehr-)Leistungen eines KV-Trägers fasst dessen Generalversammlung (§ 433 Abs. 1 Z 3 ASVG).

 

Frage 5:

Die Mittel der Sozialversicherung dürfen gemäß § 81 ASVG nur für die gesetzlich vorgeschriebenen oder zulässigen Zwecke verwendet werden.


Mehrfach nennt das Gesetz als Kriterium für die grundsätzliche Entscheidung über eine Leistungserbringung die „finanzielle Leistungsfähigkeit“ (vgl. §§ 116 Abs. 5, 121 Abs. 3, 123 Abs. 8, 131a, 131b Abs. 1, 132c Abs. 3, 150a und 155 Abs. 1 ASVG) und das „wirtschaftliche Bedürfnis der Versicherten“ (vgl. §§ 131a, 131b Abs. 1 und 121 Abs. 3 ASVG). Die hier angegebenen Bestimmungen des Allgemeinen Sozialversiche-rungsgesetzes finden in den sozialversicherungsrechtlichen Parallelgesetzen ihre Entsprechung.

 

Nach den sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften muss die Krankenbehandlung ausreichend und zweckmäßig sein, sie darf jedoch das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Diese grundsätzliche Anordnung des Gesetzgebers ist als Maßstab des Handelns der Krankenversicherungsträger im Leistungsrecht zu betrachten.

 

Selbstverständlich müssen auch der medizinische Fortschritt und aktuelle Erkennt-nisse, etwa bezüglich des effektiven Einsatzes von vermehrten Gesundheitsförde-rungs- oder Präventionsmaßnahmen, in die grundsätzlichen Überlegungen zur Mittelverwendung Eingang finden.

 

Frage 6:

Der Gesetzgeber hat die Angelegenheiten der gesetzlichen Sozialversicherung den hiervon betroffenen Personenkreisen der Versicherten und ihrer Dienstgeber/innen (diese beiden Gruppen bilden auch die gemeinsame Gruppe der Beitragszahler/in-nen) zur Besorgung in Selbstverwaltung übertragen. Die hinter dieser Konzeption stehende Erwartung ist die eines Interessenausgleichs zwischen diesen Gruppen und somit auch der Schaffung einer entsprechenden Basis zur Kompromissfindung.

 

Darüber hinaus hat auch der Gesetzgeber durch verschiedene Regelungen, siehe etwa die Ausführungen zu Frage 1, aber auch durch eine Vielzahl anderer dem Leistungsrecht zuzurechnender Maßnahmen entsprechende wegweisende Vorgaben gesetzt. Nicht zuletzt durch das Gesundheitsreformgesetz 2013 wird durch die ange-strebte Vernetzung zwischen Bund, Länder und Sozialversicherung eine breite Basis für eine abgestimmte Planung im Gesundheitsbereich gelegt.