14142/AB XXIV. GP

Eingelangt am 14.06.2013
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMG-11001/0104-I/A/15/2013

Wien, am 13. Juni 2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 14437/J der Abgeordneten Judith Schwentner, Freundinnen und Freunde nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Frage 1:

Von den als Antitranspirantien verwendeten Aluminiumverbindungen ist nur Aluminium-Zirkonium-Hydroxo-Chloridhydrat in seiner Verwendung in Anhang III der Kosmetikverordnung Nr. 1223/2009/EG geregelt und darf bis zu einer Konzentration von 20 Prozent in schweißhemmenden Mitteln eingesetzt werden. Darüber hinaus müssen Antitranspirantien, die diese Verbindung enthalten, den Warnhinweis „nicht auf verletzter oder gereizter Haut verwenden“ tragen; die Verwendung dieser Verbindung in Aerosolen ist verboten. Alle übrigen Antitranspirantien, die Aluminiumverbindungen beinhalten, dürfen erst nach dem Durchlaufen einer Sicherheitsbewertung in Verkehr gebracht werden.


Gemäß der Kosmetikverordnung müssen grundsätzlich alle Bestandteile eines kosmetischen Mittels in abnehmender Reihenfolge ihres Gewichtes am Produkt angegeben werden. Eine Gewichtsangabe ist hierbei nicht vorgesehen.

 

Fragen 2 und 3:

Abgesehen von einer verpflichtenden Kennzeichnung von Aluminium-Zirkonium-Hydroxo-Chloridhydrat ist eine weitere über die Kennzeichnung der Inhaltsstoffe hinausgehende Anbringung von Warnhinweisen derzeit nicht vorgesehen. Eine Änderung der Kosmetikverordnung hinsichtlich einer generellen Anbringung des Warnhinweises „nicht auf gereizter oder verletzter Haut“ für Antitranspirantien befürworte ich und werde mich auch auf EU-Ebene dafür einsetzen.

Die Anbringung eines gesonderten Warnhinweises „enthält Aluminium“ ist meiner Ansicht nicht erforderlich, da dies ohnehin aus der Liste der Bestandteile hervorgeht.

 

Frage 4:

Im Oktober 2011 hat die französische Agentur für die Sicherheit von Gesundheits-produkten (Agence française de sécurité sanitaire des produits de santé, Afssaps) einen Bericht über Aluminium in Antitranspirantien veröffentlicht mit dem Ergebnis, dass kein Zusammenhang zwischen Krebs und der perkutanen Exposition gegenüber Aluminium nachgewiesen werden konnte. Aufgrund der neurotoxischen Risiken und der Gefährdung für die Knochen bei einer Langzeit-Anwendung schlägt die Agentur vor, die Aluminiumkonzentration in Antitranspirantien oder Deodorants auf 0,6 Prozent zu senken und Antitranspirantien nur auf unverletzter, d.h. nicht rasierter Haut ohne Mikroschnitte anzuwenden. Die Afssaps hat diesen Bericht der Europäischen Kommission mit dem Ersuchen um Stellungnahme durch den wissen-schaftlichen Ausschuss übermittelt. Ein Endbericht ist noch nicht verfügbar, weshalb es mir noch nicht möglich war, mir eine abschließende Meinung bilden zu können.

 

Frage 5:

Aluminium wirkt erst in hohen Dosen toxisch. Normalerweise nimmt man mit der Nahrung etwa zehn bis 15 Milligramm Aluminium pro Tag zu sich. Insbesondere in Arzneimitteln wie Antazida können bei Gabe unter zugelassener Höchstdosierung höhere Mengen an Aluminium bis zu etwa drei Gramm pro Tag zugeführt werden. Diese Aluminiumverbindungen werden jedoch kaum resorbiert. Aufgenommene Aluminiumverbindungen werden primär an Plasmaproteine gebunden und über die Niere ausgeschieden, daher ergeben sich bei normalen Dosen üblicherweise keine Probleme. Bei nierenkranken Personen und bei Langzeitanwendung kann es, da dann höhere kumulative Dosen erreicht werden, mitunter zur Einlagerung von Aluminium ins Gewebe kommen. Dieser Umstand ist in der Fach- und Gebrauchsinformation der betreffenden Arzneimittel explizit beschrieben. Eine zusätzliche Kennzeichnung ist derzeit nicht vorgesehen.

 


Fragen 6 und 7:

Fragen der Forschung fallen grundsätzlich nicht in meine Zuständigkeit. Mein Ministerium hat allerdings eine Expert/inn/enstudie in Auftrag gegeben mit dem Ziel, Daten über „Aluminium und dessen Verbindungen in Lebensmitteln, Lebensmittel-kontaktmaterialien und Kosmetika mit besonderer Berücksichtigung der Nanoform“ zu recherchieren und zu interpretieren. Ein Endbericht wird voraussichtlich Ende August vorliegen und über die Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit bzw. über die Website „www.nanoinformation.at“ zugänglich sein.

 

Frage 8:

Die Bedenken, dass Aluminiumsalze als Bestandteil von Antiperspirantien oder Deodorants alleine oder in Kombination mit Parabenen bzw. Rasieren der Achsel gehäuft Brustkrebs auslösen könnten, gehen auf wenige Publikationen zurück.

Derartige Berichte zirkulieren seit Ende der 1990er Jahre wiederholt in Internetforen, die Ursache wird mehrheitlich darin gesehen, dass ärztlicherseits von der Verwendung von Deodorants und Antiperspirantien vor der Durchführung von Mammographien abgeraten wurde, da die enthaltenen Aluminiumpartikel die Inter-pretation des Mammogramms erschweren könnten. Es besteht also möglicherweise eine Verwechslung zwischen empfohlenen Maßnahmen zur Optimierung von Diagnostik mit der Gefährlichkeit einer Substanz.

 

Auch von den folgenden anerkannten Institutionen wird die Darstellung des postulierten Zusammenhangs als Mythos interpretiert:

·        National Cancer Institute of the US (Fact Sheet, reviewed 01/04/2008)

·        Cancer Research UK („…there is still non strong evidence for a link“)

·        American Cancer Society („All of these claims are largely untrue“, http://www.cancer.org/cancer/cancercauses/othercarcinogens/athome/antiperspirants-and-breast-cancer-risk, 23.09.2010)

·        Food and Drug Administration (FDA) USA

 

Angesichts der multifaktoriellen Genese von Brustkrebs (genetische bzw. familiäre Faktoren, Beginn von Menarche und Menopause, Stillstatus, Zahl der Geburten, Einnahme von Hormonersatztherapie, Body-Mass-Index, Körpergröße, Ausmaß körperlicher Bewegung, anderen Lebensstilfaktoren wie Alkohol und Nikotin sowie deren jeweiliger Interaktion) sind die bisher erfolgten klinisch-epidemiologischen Untersuchungen als wenig bis nicht aussagekräftig zu bewerten.

 

Zudem ist aus statistischen Gründen die Häufung von Tumoren in den äußeren oberen Quadranten der Brust zu erwarten, da diese Areale reicher an Epithelzellen sind als andere Abschnitte der Brust. Die Aufbringung von Deodorants und Antiperspirantien in diesem Bereich und die Häufigkeit von Brustkrebs in dieser Region sprechen daher nicht aus sich selbst heraus für ein Kausalitätsverhältnis.

 


In diesem Zusammenhang ist eine im Jahr 2008 erschienene Publikation zu erwähnen, die alle 19 bis dahin publizierten Studien zum Zusammenhang zwischen Parabenen, Aluminiumsalzen und Brustkrebs untersuchte (Namer et al., The use of deodorants/antiperspirants does not constitute a risk factor for breast cancer Bull Cancer. 2008 Sep;95(9):871-80. doi: 10.1684/bdc.2008.0679; und http://www.cancerresearchuk.org/cancer-help/about-cancer/cancer-questions/deodorants-antiperspirants-and-breast-cancer). Die meisten der untersuchten Studien waren methodisch inadäquat und nicht direkt auf die relevanten Fragen fokussiert. Die Autor/inn/en schlossen daraus: „no scientific evidence to support the hypothesis was identified and no validated hypothesis appears likely to open the way to interesting avenues of research“.

Die Autor/inn/en befanden sich damit in Übereinstimmung mit den französischen und anderen europäischen und amerikanischen Gesundheitsbehörden.

 

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass aufgrund der derzeitigen wissenschaftlichen Datenlage keine Evidenz für einen kausalen Zusammenhang zwischen der Verwendung von Aluminium hältigen Antiperspirantien und Deodorants und der Entstehung von Brustkrebs hergestellt werden kann. Es liegen keine Daten zu mechanistischen und kausalen Zusammenhängen auf experimenteller Ebene (Tierexperiment; Reagenzglas) vor. Den wenigen epidemiologischen Untersuchungen, die einen Zusammenhang postulieren – allerding mit sehr geringen Fallzahlen und damit eingeschränkter Aussagekraft, stehen eine Mehrheit von größeren Studien gegenüber, die keinen oder sogar einen inversen Zusammenhang finden.

 

Frage 9:

Aluminiumhältige Adjuvantien werden seit den 1930er Jahren für Impfstoffe ver-wendet. Sie zählen zu den weltweit am häufigsten verwendeten Adjuvantien, optimieren die Immunantwort und verbessern die Wirksamkeit von Impfstoffen wie z.B. gegen Diphtherie, Tetanus, Keuchhusten, Polio, FSME, HPV oder Hepatitis A und B. Die Dosierungen liegen in einem sehr geringen Bereich von ein Milligramm und darunter pro Injektion. Von allen bekannten Adjuvantien bieten Aluminiumsalze das größte bekannte Datenmaterial: Weltweit zeigen mehr als drei Milliarden verimpfte Einzeldosen in den letzten 80 Jahren ein positives Nutzen-Risiko-Profil.

Wissenschaftlich haltbare Evidenz, die Probleme mit Aluminium als Adjuvans auf-zeigt, ist nicht gegeben. Alle Adjuvantien, die Aluminiumsalze enthalten, werden im Zuge der Zulassung jedes Impfstoffes getestet.

Sie entsprechen dem Europäischen Arzneibuch, in dem der Grenzwert für Aluminium pro Impfstoffdosis festgelegt ist. Eine Umfrage unter Vertreter/inne/n der Safety Working Party der europäischen Arzneimittelagentur bestätigte erst im letzten Jahr, dass in der Verwendung von Aluminium als Adjuvans in Impfungen kein Problem gesehen wird. Dies entspricht auch der Einschätzung der Expert/inn/en der AGES.