14185/AB XXIV. GP
Eingelangt am 20.06.2013
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BM für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft

Anfragebeantwortung
NIKOLAUS BERLAKOVICH
Bundesminister
An die Zl. LE.4.2.4/0052-I/3/2013
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag.a Barbara Prammer
Parlament
1017 Wien Wien, am 18. JUNI 2013
Gegenstand: Schriftl. parl. Anfr. d. Abg. z. NR Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen
vom 22. April 2013, Nr. 14489/J, betreffend Almchaos – über 64 Mio. Euro
EU-Anlastungsforderung an Österreich
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage der Abgeordneten Erich Tadler, Kolleginnen und Kollegen vom 22. April 2013, Nr. 14489/J, teile ich Folgendes mit:
Zu den Fragen 1 bis 3:
Vor Beantwortung dieser Fragen sind grundsätzliche Erläuterungen zum Instrument der Anlastung (Ausschluss bestimmter Beträge von der gemeinschaftlichen Finanzierung gemäß Art. 31 VO (EG) 1290/2005 – finanzielle Berichtigung) notwendig. Finanzielle Berichtigungen werden vorgenommen, wenn die Europäische Kommission (EK) zur Überzeugung gelangt, dass die betreffenden Ausgaben nicht in Übereinstimmung mit den EU-rechtlichen Vorgaben getätigt wurden. Der Betrag wird unter Berücksichtigung der Tragweite der festgestellten Nichtübereinstimmung, der Art und Schwere des Verstoßes und des der EU entstandenen finanziellen Schadens bestimmt. Dies kann durch Ablehnung einzelner Anträge, für die die erforderlichen Kontrollen nicht durchgeführt wurden oder durch Hochrechnung der Ergebnisse der Überprüfung in Form einer repräsentativen Stichprobe erfolgen. Bei Systemprüfungen wird eine Beurteilung des Risikos vorgenommen, das sich aus dem Systemfehler ergibt. Wenn sich die tatsächliche Höhe der unrechtmäßigen Zahlungen nicht bestimmen lässt, werden, abhängig von der Höhe des Risikos, pauschale Berichtigungen in der Höhe von 2 %, 5 % oder 10 % (in Ausnahmefällen auch höhere bis zu 100 %) der erklärten Ausgaben vorgenommen.
Die angedrohte finanzielle Berichtigung durch die EK in der Höhe von ursprünglich 64 Mio. Euro geht auf eine Flächenprüfung der EK für die Jahre 2006 bis 2008 zurück. Dieser Betrag wurde von der EK pauschal anhand der in Frage stehenden flächenbezogenen Zahlungen festgesetzt. Dieses Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Eine letztmalige Prüfung durch die EK erfolgte vom 16.-18. April 2013; durch die von Österreich in der Zwischenzeit gesetzten Maßnahmen (Umstellung des Referenzsystems auf Feldstück, rückwirkende Flächenprüfung im Falle von Flächenveränderungen etc.) kann davon ausgegangen werden, dass die letztlich von der EK auszusprechende finanzielle Berichtigung deutlich niedriger ausfallen dürfte. Da der konkrete Betrag noch nicht feststeht, ist weder eine Aufgliederung nach Bundesländern noch eine Aussage über die Bedeckung möglich.
In diesem Zusammenhang ist auch anzumerken, dass Österreich mit einer Anlastung von 0,54 € je 1.000 € Förderung eine äußerst niedrige Anlastung aufweist. Vergleichend dazu beträgt im Durchschnitt der EU-15 die Anlastung je 1.000 € Förderung 19,25 € und im Durchschnitt der EU-27 Anlastung je 1.000 € Förderung 19,12 €.
Zu Frage 4:
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) bedient sich der Landwirtschaftskammern als Einreichstelle für die Förderanträge (z.B. Mehrfachantrag Flächen oder Herbstantrag). Weiters können Meldungen an die Rinderdatenbank im Wege der Landwirtschaftskammern eingereicht werden. Die Landwirtschaftskammern sind auch mit der Digitalisierung der Referenzflächen im Rahmen des INVEKOS-GIS beauftragt.
Anträge, die im Wege automationsunterstützter Datenverarbeitung eingereicht werden (MFA online oder online-Meldungen an die Rinderdatenbank), sind direkt bei der AMA einzubringen.
Mit der verstärkten Nutzung der online-Schiene wird sich auch eine Neubeurteilung des derzeitigen Einreichsystems ergeben. Betreffend die Feststellung der Referenzfläche wird derzeit einerseits die Möglichkeit einer stärkeren Nutzung technischer Möglichkeiten (EDV gestützte Flächenberechnung) und eine Übernahme bestimmter Tätigkeiten bei der Referenzflächenfeststellung und –wartung direkt durch die Zahlstelle AMA analysiert und diskutiert.
Zu Frage 5:
Das Zivilrecht bietet die Möglichkeit der Minderung des Entgelts, welches mit den Landwirtschaftskammern für die Übernahme der Digitalisierungsarbeiten vereinbart wurde. Vor Geltendmachung derartiger „Regressforderungen“ gegenüber den Landwirtschaftskammern ist zu beurteilen, wie weit tatsächlich eine falsche Umsetzung vorgelegen ist, die zu einer Entgeltminderung berechtigen würde.
Zur Frage der „Regressforderungen“ von Landwirten bzw. Landwirtinnen gegenüber den Landwirtschaftskammern ist anzumerken, dass mangels eines direkten Vertragsverhältnisses zwischen dem Landwirt bzw. der Landwirtin und der Landwirtschaftskammer nur eine deliktische Haftung als Grundlage für eine derartige Forderung in Betracht kommt.
Zu Frage 6:
Die Flächendigitalisierung am Luftbild durch die AMA im Winter 2012/2013 war ein erster Schritt in Richtung Übertragung der Referenzflächenfeststellung hin zur Zahlstelle AMA. Da solche Systemumstellungen nicht auf einmal durchführbar sind, ist jetzt ein Zwischenschritt erforderlich, in dem die Landwirte bzw Landwirtinnen gemeinsam mit den Kammern erneut die Möglichkeit haben, die Referenzfläche anzupassen. Änderungen gegenüber der von der AMA festgestellten Fläche sind dabei genau zu dokumentieren und zu begründen.
Eine sanktionslose Richtigstellung in die Vergangenheit ist dabei möglich, solange der Landwirt bzw. die Landwirtin von der zuständigen Stelle (im konkreten Fall von der AMA) noch nicht über die Fehlerhaftigkeit des Antrags oder über eine durchzuführende Vorortkontrolle informiert wurde. Wurde die Fläche bereits (im Rahmen einer Verwaltungs- oder Vorortkontrolle) beanstandet, ist ein Absehen von Sanktionen in den Fällen des Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 möglich, nämlich, wenn der Landwirt bzw. die Landwirtin belegen kann, dass ihn bzw. sie keine Schuld trifft. Die Anwendung des Art. 73 Abs. 1 VO (EG) 1122/2009 hat - wie schon bisher - im Rahmen einer Einzelfallprüfung zu erfolgen. Seitens des BMLFUW wurde bei der EK um eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Almflächenangaben (15.05.2013) angesucht. Mit der von der EK zugesagten, bis zum 28.06.2013 verlängerten Abgabefrist für Almbetriebe steht mehr Zeit für eine nochmalige genaue Bearbeitung und Angabe der Almfutterflächen zur Verfügung.
Wie bereits vorstehend dargestellt, gibt es für sogenannte Altfälle klare Vorgaben und Regelungen. Im Falle der Erhebung eines Rechtsmittels werden diese dem jeweiligen Vorbringen entsprechend geprüft und entschieden.
Der Bundesminister: