1430/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.05.2009
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE
BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0093-Pr 1/2009
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 1404/J-NR/2009
Der Abgeordnete zum Nationalrat Dr. Gerhard Kurzmann und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „die Verbesserung des Schutzes von Kindern“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 3:
Schutz durch Recht ist das Leitbild für die Justizpolitik in dieser Gesetzgebungsperiode. Das jüngst vom Nationalrat verabschiedete Zweite Gewaltschutzgesetz zeigt das ganz deutlich, etwa im Bereich der Strafschärfungen von Taten gegen die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung von Kindern oder durch die Ausdehnung des Tatbestandes der pornografischen Darstellungen Minderjähriger auch auf den wissentlichen Zugriff auf entsprechende Internetseiten. Auch die Regelungen des Tätigkeitsverbots und der gerichtlichen Aufsicht bei Sexualstraftätern und sexuell motivierten Gewalttätern sollen dazu beitragen, Rückfall und neuerliche Tatbegehung zu vermeiden.
Wie Sie wissen, sind die Bemühungen um eine Präzisierung der Anzeigepflicht – insbesondere von Jugendwohlfahrtsträgern und Personen, die für die (medizinische) Betreuung von Kindern tätig sind – schon in der abgelaufenen Legislaturperiode unter meiner Amtsvorgängerin gescheitert. In dem von den Fraktionen der SPÖ und ÖVP eingebrachten Antrag betreffend ein Zweites Gewaltschutzgesetz, 271A XXIV. GP waren keine Vorschläge in die erwähnte Richtung enthalten. Auch in der Debatte im Justizausschuss wurde dieses Thema nicht aufgegriffen. Am 11. März 2009 hat der Nationalrat den Gesetzesbeschluss betreffend ein Zweites Gewaltschutzgesetz in dritter Lesung einstimmig angenommen; am 26. März 2009 wurde vom Bundesrat einstimmig beschlossen, gegen den Beschluss des Nationalrates keinen Einspruch zu erheben.
Für mich besteht daher kein Anlass, das Thema erneut zu aktualisieren. Allerdings habe ich mich bereits in zahlreichen Gesprächen mit Vertretern/Vertreterinnen von Kinderschutzeinrichtungen, zuletzt etwa in Gesprächen mit den Kinder- und Jugendanwaltschaften, darüber informiert, dass deren Bedenken gegen eine Verschärfung der strafprozessualen Anzeigepflicht nach wie vor aufrecht sind. So werden insbesondere Befürchtungen geäußert, dass Anzeigen Kinder ungeachtet ihres Alters oder des erlittenen Traumas unvorbereitet den Belastungen eines Strafverfahrens aussetzen würden. Gerade in einem Deliktsbereich, in welchem vielfältige psychologische, familiäre und soziale Problemstellungen Einfluss finden und das Opfer besonders traumatische Erlebnisse zu verarbeiten hat, müssen diese Bedenken ernst genommen und die Argumente mit Umsicht und Besonnenheit abgewogen werden, was durch die Regelung des § 78 StPO in Verbindung mit den Bestimmungen über die berufsrechtlichen Meldepflichten im Jugendwohlfahrtsgesetz (JWG) gewährleistet wird.
Was nun die Regelung der ärztlichen Anzeigepflicht betrifft, so muss ich darauf hinweisen, dass diesbezüglich die Vollziehung nicht in den von mir zu verantwortenden Zuständigkeitsbereich fällt und ich den zuständigen Bundesminister nicht präjudizieren möchte.
. Mai 2009
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)