14342/AB XXIV. GP

Eingelangt am 26.06.2013
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                    Wien, am           Juni 2013

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0145-I/4/2013

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 14610/J vom 26. April 2013 der Abgeordneten Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Das Bundesministerium für Finanzen versteht – wie die meisten anderen Geber und Partnerländer – die Landfrage, d.h. Sicherung eines inklusiven und gleichberechtigten Zugangs zu Land und dessen Nutzen, als entscheidende Grundbedingung für die Sicherung der Lebensbedingungen sowie von nachhaltiger Entwicklung und armutsorientiertem Wirtschaftswachstum auf lokaler Ebene. Land ist in Partnerländern der OEZA (Österreichische Entwicklungszusammenarbeit) oft die einzige Ressource, welche insbesondere armen, benachteiligten und verwundbaren Bevölkerungsgruppen zur Verfügung steht und von dem die Sicherung ihrer Existenz abhängt. Die parlamentarische Entschließung wird als klares Bekenntnis der österreichischen Regierung zur Eindämmung negativer Formen der Landnahme und Fortsetzung der Bemühung um eine sozial gerechte und ökologisch nachhaltige Wirtschaftsentwicklung verstanden.

 


Zu 2.:

Den Forderungen, zu denen sich die österreichische Regierung in Bezug auf die Landfrage bekennt, wird in der Tätigkeit der Internationalen Finanzinstitutionen (IFIs) sowie der Österreichischen Entwicklungsbank (OeEB) durch die Anwendung der IFC Performance

 

Standards und der FAO „Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests in the Context of National Food Security“ Rechnung getragen. Die Internationalen Finanzinstitutionen haben Sicherung von Landrechten und Zugang zu Land außerdem entsprechend ihren Zielsetzungen zu Förderprioritäten erklärt und in den jeweiligen Länderstrategien verankert.

 

Zu 3.:

Die zitierten Fälle und Umstände sind Vorwürfe, die trotz Kontaktaufnahme unmittelbar nach Bekanntwerden der Vorwürfe noch nicht verifiziert werden konnten und somit auch nicht als faktische Folgen dargestellt werden können, aus welchen Lehren zu ziehen wären.

 

Grundsätzlich setzt sich das Bundesministerium für Finanzen bei den IFIs und bei der Österreichischen Entwicklungsbank für die Einhaltung hoher Standards und stärkerer Kontrollen speziell bei entwicklungspolitisch sensiblen Projekten ein.

 

Zu 4.:

Die Themen Landbesitz und Landnutzung werden durch die Anwendung der FAO „Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests in the Context of National Food Security“ berücksichtigt, die sich auch in den IFC Performance Standards wiederfinden. Die Einhaltung dieser Standards wird bei Investitionsprojekten mit der OeEB und den IFIs vertraglich festgelegt.

 

Zu 5.:

Das Bundesministerium für Finanzen wird weiterhin entsprechende Vorhaben der IFIs in dem Bereich unterstützen und setzt sich für die Einhaltung strenger Standards in der Umsetzung sämtlicher Investitionsprojekte von Seiten der IFIs oder der Österreichischen Entwicklungsbank ein.

 


Zu 6.:

Das Bundesministerium für Finanzen übt über seine Vertretungen in den IFI-Boards Einfluss auf die Politiken der Institutionen aus. Von den IFIs und ihren Aktionären wird Land Grabbing und die damit bedingten negativen Auswirkungen auf die betroffenen Menschen abgelehnt. Die Finanzierung von Landerwerb durch ausländische Großinvestoren gehört nicht zu den Aufgaben der IFIs und wird von diesen nicht gefördert. Investitionsentscheidungen werden von den Boards der Institutionen nach ausführlicher Erörterung und Überprüfung der Vorhaben getroffen. Damit wird die satzungsgemäße Verwendung der Mittel sichergestellt.

 

Zu 7.:

Die Entschließung des Nationalrates vom 6. Dezember 2012 wird im Rahmen des Zuständigkeitsbereiches des Bundesministeriums für Finanzen in der aktualisierten IFI-Strategie berücksichtigt werden.

 

Zu 8.:

Es gibt ca. 500 Mio. Kleinbauern in den Entwicklungsländern, die bei günstigen Rahmenbedingungen bis zu 2 Mrd. Menschen ernähren und damit einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherheit leisten können. Zur Hebung dieses Potenzials sind förderliche Rahmenbedingungen wie Anerkennung der Landnutzungsrechte der Kleinbauern, moderne Arbeitsmethoden und Saatgut erforderlich. Durch Einbindung des Privatsektors im Rahmen der Wertschöpfungsketten kann wirtschaftliches Wachstum erzeugt und die Armutsspirale durchbrochen werden.

 

Zu 9. bis 11.:

Die Basis für sämtliche Projektgenehmigung der OeEB ist die Einhaltung der EDFI „Principles for Responsible Finance“, die ebenso die IFC Performance Standards und in Bezug auf Landbesitz und Landnutzung die FAO Voluntary Guidelines umfassen. Dieselben Anforderungen und Kriterien kommen auch bei Finanzierungen über Fonds und andere Finanzintermediäre zur Anwendung und werden streng geprüft. Bei der Kreditvergabe an oder Investition in einen Fonds bedeutet dies, dass die OeEB prüft, inwieweit die oben beschriebenen Anforderungen vom Fonds erfüllt werden. Die Verpflichtung zur Einhaltung dieser Anforderungen wird in den Verträgen mit dem jeweiligen Fonds aufgenommen. Darin enthalten sind auch Berichtspflichten des Fonds zur Umsetzung der Umwelt- und Sozialauflagen.

 


Zu 12.:

Entscheidungsprozesse: Die Prüfung der Umwelt- und Sozialrisiken ist ein integraler Bestandteil der Projektprüfung innerhalb der OeEB. Dies gilt für direkt finanzierte Projekte ebenso wie für Finanzinstitutionen und Fonds. Generell sind diese Prüfungen sehr umfassend, werden oftmals auch mit Unterstützung eines oder mehrerer externer Experten durchgeführt und nehmen oft lange Zeiträume (bis hin zu mehreren Jahren) in Anspruch. Innerhalb des Prozesses in der OeEB fließt das Ergebnis der Umwelt- und Sozialprüfung (inkl. Empfehlungen sowie Auflagen) in die Gesamtprojektbeurteilung ein, welche die Basis für die Genehmigung darstellt.

Verhandlungsprozesse: Wie oben beschrieben, werden entsprechende Auflagen, die die Erfüllung der relevanten Umwelt- und Sozialkriterien sicherstellen sollen, in die Verträge zwischen OeEB und ihren Kreditnehmern aufgenommen. Auch Konsequenzen bei Vertragsbruch dieser Klauseln werden definiert.

 

Zu 13.:

Für Projekte über Finanzintermediäre oder Fonds, bei denen die OeEB oder IFIs beteiligt sind, gelten dieselben Anforderungen im Umwelt- und Sozialbereich wie für direkte Projektfinanzierungen. Diese Anforderungen werden in die Kreditverträge aufgenommen und unterliegen strengen und regelmäßigen Kontrollen.

 

Zu 14.:

Die derzeitigen Mechanismen werden laufend weiterentwickelt, dies geschieht auch im Dialog mit den anderen Entwicklungsbanken. Die IFIs und die OeEB bringen sich in diesen Prozess aktiv ein. 

 

Zu 15.:

Die Miteinbindung unabhängiger, externer Evaluatoren bei entwicklungspolitisch sensiblen Projekten ist bereits jetzt gängige Praxis. Projekte dieser Art unterliegen besonders strengen Prüfkriterien und Berichtspflichten.

 

Zu 16.:

Die IFC Performance Standards, die die Basis für die Umsetzung von Investitionsprojekten der OeEB und der IFIs sind, sehen vor, dass Projekte einen Beschwerdemechanismus für ihre Beschäftigten (inkl. Sub-Auftragnehmer) und externe betroffene Bevölkerung implementieren. Im Monitoring solcher Projekte wird die Implementierung dieses Mechanismus mit geprüft.


Im Fall von komplexen Multi-Geber-Projekten steht – abgesehen von der grundsätzlichen Verantwortlichkeit gegenüber nationalen Gerichten – eine Vielzahl von Beschwerdemechanismen zur Verfügung. Beispielsweise bietet die African Development Bank (AfDB) die Möglichkeit, dass Menschen, welche durch AfDB-finanzierte Projekte negativ betroffen sind, im Rahmen eines unabhängigen Mechanismus Beschwerden vorbringen können (www.afdb.org/en/about-us/structure/independent-review-mechanism). Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, auf Grundlage der OECD-Leitsätze für Multinationale Unternehmen eine Beschwerde vorzubringen.

 

Zu 17.:

Die OEZA hat sich im Rahmen des Erarbeitungsprozesses der „Voluntary Guidelines on the Responsible Governance of Tenure of Land, Fisheries and Forests in the Context of National Food Security“ aktiv beteiligt (insbesondere über die Teilnahme der EU-Arbeitsgruppe zu Landfragen) und verfolgt auch weiterhin den Umsetzungsprozess dieser Leitlinien.

 

Die in den Voluntary Guidelines enthaltenen Prinzipien finden sich bereits in den Anforderungen und Standards wieder, die von der OeEB und den IFIs bei der Umsetzung von Investitionsprojekten angewendet werden.

 

Zu 18.:

Zunächst handelt es sich beim angesprochenen Projekt nicht um eine direkte Unterstützung einer Unternehmung in Sierra Leone, sondern um eine Finanzierung von Seiten eines Multi-Geber Fonds, an dem die OeEB beteiligt ist. Darüber hinaus sind weder die IFI-Aktivitäten des Bundesministeriums für Finanzen noch die Finanzierungen der OeEB auf die Schwerpunktländer der OEZA beschränkt. Im Übrigen ist Westafrika eine Schwerpunktregion der OEZA. Ein thematischer Schwerpunkt der OEZA in der Region ist die Förderung alternativer Energieressourcen, beispielsweise durch Unterstützung des ECOWAS-Regionalzentrums für erneuerbare Energien und Energieeffizienz. Ein Ziel ist es, Voraussetzungen für kommerzielle Projekte zu schaffen.

 

 

Mit freundlichen Grüßen