1436/AB XXIV. GP
Eingelangt am 15.05.2009
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung

DIE
BUNDESMINISTERIN
FÜR
JUSTIZ
BMJ-Pr7000/0099-Pr 1/2009
An die
Frau Präsidentin des Nationalrates
W i e n
zur Zahl 1427/J-NR/2009
Der Abgeordnete zum Nationalrat Ing. Norbert Hofer und weitere Abgeordnete haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Rezertifizierungen von Sachverständigen “ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1 bis 4:
Zu den in den Fragen 1. bis 4. abgefragten Zahlen darf zunächst festgehalten werden, dass zum Stichtag 27. März 2009 8.449 Sachverständige in die Gerichtssachverständigenliste eingetragen waren. Ferner wurden seit dem 1. Jänner 2008 für 3.454 Sachverständige über die im Internet abrufbare Sachverständigen- und Dolmetscher/innen-Liste (SDG-Liste) Sachverständigenausweise bestellt, sodass grundsätzlich davon ausgegangen werden kann, dass dies im Zuge einer Rezertifizierung erfolgte. Darüber hinausgehendes detailliertes Zahlenmaterial zu Fragen der Rezertifizierung steht dem Bundesministerium für Justiz nicht zentral zur Verfügung und ist nach dem Informationsstand meines Hauses auch bei den die Gerichtssachverständigenliste führenden Präsident/innen der Landesgerichte nicht in elektronischer Form verfügbar. Soweit die entsprechenden Akten überhaupt noch vorhanden sind und nicht bereits skartiert wurden (was bei den entsprechenden Unterlagen aus den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts durchwegs der Fall sein dürfte), würde die Datenermittlung daher eine händische Durchsicht jedes in Betracht kommenden Jv-Akts notwendig machen. Ich bitte um Verständnis, dass von einer solchen, mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu bewerkstelligenden Erhebung durch alle listenführenden Präsident/-innen der Landesgerichte Abstand genommen wurde.
Zu 5:
Mit der vom Nationalrat in seiner Sitzung am 11. März 2009 einhellig verabschiedeten, mit 1. April 2009 in Kraft getretenen Zivilverfahrens-Novelle 2009, BGBl. I Nr. 30, wurde in § 6 Abs. 1 Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG) die Befristung der Eintragung in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste nach bereits einmal erfolgter Rezertifizierung (die „Ersteintragung“ des Sachverständigen war bereits bisher mit fünf Jahren befristet) von zehn auf fünf Jahre verkürzt. Diese Gesetzesänderung geht auf eine Anregung des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen (und somit der Sachverständigen selbst) zurück, der sich auch der Österreichische Verband der Gerichtsdolmetscher/-innen angeschlossen hat. Erklärtes Anliegen dieser – nicht durch die Kritik an einer bestimmten Sachverständigengruppe motivierten – Maßnahme ist dabei eine weitere Qualitätssteigerung in allen Bereichen des Sachverständigen- und Dolmetscherwesens. Gerade die heute rasant voranschreitende wirtschaftliche, technische und wissenschaftliche Entwicklung einschließlich der doch häufigen Änderungen der maßgeblichen Normen, Richtlinien und Grenzwerte macht in den meisten Sachverständigenbereichen eine permanente Fortbildung erforderlich. Die Überprüfung der Einhaltung der Verpflichtung zur Fortbildung, deren Stellenwert in § 6 Abs. 3 SDG besonders betont wird, ist flächendeckend nur im Rahmen der Rezertifizierung möglich. Auf die absolvierten Fortbildungsaktivitäten hat der/die Sachverständige in seinem/ihrem Antrag auf Rezertifizierung hinzuweisen und diese durch entsprechende Nachweise (wofür insbesondere der „Bildungspass“ des Hauptverbands der Gerichtssachverständigen in Betracht kommt) zu belegen.
Freilich erschöpft sich das Rezertifizierungsverfahren bei weitem nicht nur in der Kontrolle der Nachweise über absolvierte Fortbildungsveranstaltungen. Vielmehr hat der/die listenführende Präsident/in gerade im Bereich der Prüfung der Sachkunde dann, wenn die Eignung der oder des Sachverständigen ihm nicht ohnehin – besonders wegen der häufigen Heranziehung in Gerichtsverfahren – bekannt ist, bei den Gerichten, für die der/die Sachverständige seit der Eintragung bzw. (bei häufiger Heranziehung) in einem maßgeblichen Zeitraum vor der Antragstellung tätig geworden ist, Stellungnahmen über die Eignung einzuholen; in diesen ist insbesondere über die Sorgfalt der Befundaufnahme, die Rechtzeitigkeit der Gutachtenserstattung sowie über die Schlüssigkeit, die Nachvollziehbarkeit und den richtigen Aufbau der Gutachten zu berichten. Diesen Stellungnahmen von Richtern/innen kommt im Rezertfizierungsverfahren eine zentrale Rolle zu.
Das (Re-)Zertifizierungssystem des österreichischen Gerichtssachverständigenwesens ist aus meiner Sicht insgesamt ein Garant dafür, dass den Gerichten und damit auch und insbesondere den Verfahrensparteien höchst geeignete Sachverständige zur Verfügung stehen. Die Verkürzung der Befristung der Eintragung in die Gerichtssachverständigenliste stellt aus meiner Sicht ein geeignetes Mittel dar, um dieses System noch zu verbessern.
. Mai 2009
(Mag. Claudia Bandion-Ortner)