14424/AB XXIV. GP
Eingelangt am 12.07.2013
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BM für Justiz
Anfragebeantwortung
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BMJ-Pr7000/0119-Pr 1/2013 |
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Museumstraße 7 1070 Wien
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Tel.: +43 1 52152 0 E-Mail: team.pr@bmj.gv.at
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Frau
Präsidentin des Nationalrates
Zur Zahl 14718/J-NR/2013
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Werner Kogler, Freundinnen und Freunde haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Zusammenlegung der Bezirksgerichte Hartberg und Fürstenfeld“ gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Zu 1:
Hinsichtlich des Personalstandes der angesprochenen Bezirksgerichte verweise ich auf die nachfolgende Übersicht (VZK = Vollzeitkräfte; Stand: April 2013):
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BG Hartberg |
BG Fürstenfeld |
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Richter |
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SOLL |
2,80 |
1,70 |
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IST-VZK |
2,80 |
1,70 |
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IST-Köpfe |
3 |
2 |
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A2-Bedienstete |
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SOLL |
4,00 |
2,30 |
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IST-VZK |
4,00 |
2,25 |
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IST-Köpfe |
4 |
4 |
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übrige Beamte/VB |
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SOLL |
8,00 |
4,50 |
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IST-VZK |
7,63 |
4,50 |
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IST-Köpfe |
8 |
5 |
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Lehrlinge |
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SOLL |
1,00 |
1,00 |
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IST-VZK |
1,00 |
1,00 |
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IST-Köpfe |
1 |
1 |
Zu 2 bis 9:
Ich darf zunächst die grundsätzlichen Überlegungen, die der laufenden Strukturoptimierung der Gerichtsorganisation zu Grunde liegen, noch einmal festhalten:
Die Zusammenlegung von Bezirksgerichten ist keine isolierte, rein der Budgetentlastung dienende Maßnahme, sondern vielmehr Teil eines Maßnahmenbündels, das letztlich eine deutliche Verbesserung des Services für die Bevölkerung und eine Erhöhung der Sicherheit in Justizgebäuden bringen wird. Um die hohe Qualität von Entscheidungen der österreichischen Justiz und die in internationalen Vergleichen mehrfach bestätigte kurze durchschnittliche Dauer von Verfahren vor den österreichischen Gerichten angesichts immer komplexerer Verfahren auch weiterhin sicherstellen zu können, ist es unumgänglich, den Bediensteten eine gewisse Spezialisierung zu ermöglichen. Dies gilt in besonderem Maß für Richterinnen und Richter, Rechtspflegerinnen und Rechtspfleger.
Daraus ergibt sich mein Bestreben, Standorte mit einer gewissen Mindestgröße zu schaffen, die – bei gleichzeitiger Spezialisierung – eine ausreichende Anzahl von Entscheidungsorganen auslasten.
Ich plane jedoch auch weitergehende Maßnahmen, wie die Einrichtung von Justiz-Servicecentern, die aber erst ab einer gewissen Mindestgröße eines Gerichts effizient organisierbar bzw. überhaupt leistbar sind. In solchen Justiz-Servicecentern können viele Leistungen der im jeweiligen Gebäude untergebrachten Justizdienststelle zentral, einfach zugänglich und möglichst unkompliziert im direkten Kontakt mit der Bevölkerung erbracht werden, woraus sich eine auch für die Bevölkerung spürbare Verbesserung ergibt. Da die Umsetzung des Justiz-Servicecenter-Konzepts nur bei ausreichend großen Gerichten organisatorisch und finanziell rechtfertigbar ist, reicht die abstrakte bauliche Eignung eines Standorts zur Einrichtung eines Justiz-Servicecenters alleine nicht aus. Damit würde der Weiterbestand kleinerer Bezirksgerichte letztlich sogar zu einer Benachteiligung der Bevölkerung in den Sprengeln dieser Gerichte führen, zumal diese bei „ihrem“ Klein-Bezirksgericht keinen Zugang zu dieser modernen und zukunftsweisenden Form der Behandlung ihrer Anliegen hätte.
Der Zugang zum Recht ist nicht ausschließlich auf Basis der geographischen Nähe zum Wohnort zu beurteilen. Vielmehr sind auch die Qualität von Entscheidungen, die Verfahrensdauer und die am Standort des jeweiligen Gerichts möglichen Justizleistungen von besonderer Bedeutung. Auch bei den Bezirksgerichten steigt die Komplexität der zu bearbeitenden Rechtssachen laufend an. Neben wirtschaftsrechtlichen Streitverfahren, welche in immer stärkerem Maße auch Bezirksgerichte berühren, sind es beispielsweise vermehrte Verfahren mit Auslandsbezug, in denen neben internationalen Rechtsakten immer wieder auch ausländisches Recht von österreichischen Bezirksgerichten anzuwenden ist.
Schließlich
sprechen auch Sicherheitserwägungen für Standortzusammenlegungen,
zumal
– wie zahlreiche Vorfälle in der Vergangenheit leider gezeigt haben
– die unbedingt notwendigen lückenlosen Eingangskontrollen samt
erforderlicher technischer Ausstattung nur an ausreichend großen
Standorten mit einem vertretbaren finanziellen und personellen Aufwand
realisierbar sind.
Zur Standortentscheidung im konkreten Fall der Bezirksgerichte Hartberg und Fürstenfeld muss ich darauf hinweisen, dass – wie sicher bekannt ist – eine Zusammenlegung von Bezirksgerichten gemäß § 8 Abs. 5 lit. d des Übergangsgesetzes vom 1. Oktober 1920, BGBl. Nr. 2/1920 idF BGBl. Nr. 368/1925, geändert durch BGBl. Nr. 393/1929, BGBl. Nr. 205/1962 und BGBl. I Nr. 2/2008, wegen der damit einhergehenden Sprengelgrenzenänderungen (ausgenommen in Wien) nur mit Zustimmung der Regierung des jeweils betroffenen Landes zulässig ist. Die Entscheidung über die konkret zusammenzulegenden Bezirksgerichte fußt daher jeweils auf dem Ergebnis der Verhandlungen mit der betreffenden Landesregierung, wobei die formale Umsetzung durch eine im Einvernehmen mit der jeweiligen Landesregierung ergehende Verordnung der Bundesregierung erfolgt (siehe dazu die Bezirksgerichte-Verordnung Steiermark 2012, BGBl. II Nr. 243/2012).
Im konkreten Fall der Zusammenlegung der Bezirksgerichte Hartberg und Fürstenfeld wurde die Vorgehensweise im Rahmen der Verhandlungen mit der steirischen Landesregierung erarbeitet. Die Ende 2010 von der Steiermärkischen Landesregierung entsprechend dem Regierungsübereinkommen beauftragte Umsetzung einer Verwaltungsreform 2011-2015 sieht unter anderem eine Bezirksreorganisation in der Steiermark (und konkret auch die Fusion der politischen Bezirke Fürstenfeld und Hartberg) vor. Während bei der Zusammenführung der Bezirke Hartberg und Fürstenfeld zur „BH Hartberg-Fürstenfeld“ der Standort der Bezirkshauptmannschaft mit Hartberg festgelegt wurde, fiel die Wahl des Standortes des Bezirksgerichtes auf Fürstenfeld. Für das Bundesministerium für Justiz ist es sowohl aus finanzieller als auch aus organisatorischer Sicht nicht von Bedeutung, an welchem Standort das Bezirksgericht angesiedelt ist. Auch für die Zusammenarbeit zwischen den verwaltungsbehördlichen und den gerichtlichen Einrichtungen etwa im Bereich der Personenfürsorge oder im Grundbuch sind daraus keinerlei Nachteile zu erwarten.
Ich bin davon überzeugt, dass mit der Gerichtszusammenlegung eine für die Bevölkerung der Region sinnvolle Lösung gefunden wurde, die den Sicherheitserfordernissen ebenso wie den Anforderungen an einen modernen Rechtsstaat in gleicher Weise und vor allem bestmöglich Rechnung trägt. Ich ersuche daher um Verständnis für diese zukunftsorientierte Maßnahme.
Wien, . Juli 2013
Dr. Beatrix Karl