14429/AB XXIV. GP

Eingelangt am 15.07.2013
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0143-I/A/15/2013

Wien, am 12. Juli 2013

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 14747/J der Abgeordneten Mühlberghuber und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

 

Frage 1:

Den nachfolgenden tabellarischen Darstellungen sind einige grundsätzliche Anmerkungen voranzustellen:

 

In Tabelle 1[1] findet sich die Spitalsentlassungsstatistik der österreichischen Krankenanstalten und Sonderkrankenanstalten mit der absoluten Anzahl an stationär behandelten Personen, bei welchen als Hauptdiagnose „Alkoholabhängigkeit“[2] festgestellt wurde, gegliedert nach Alter und Geschlecht für die Jahre 2008 bis 2011.

 

In Tabelle 2[3] wird neben der Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit auch die als Nebendiagnose festgestellte Alkoholabhängigkeit nach Geschlecht für die Jahre 2008 bis 2011 aufgegliedert.

 

Alkoholabhängigkeitsdiagnosen österreichischer Krankenanstalten bezogen auf

15‑ bis 99-Jährige[4] in Prozentangabe sind in Tabelle 3 angeführt; bezogen auf die Jahre 2008 bis 2011 ergibt sich jeweils ein gleichbleibender Durchschnittswert (bezogen auf Haupt-und Nebendiagnosen zusammen) von 0,4 Prozent an stationär aufgenommenen Personen, bei denen Alkoholabhängigkeit diagnostiziert wurde.

 

 

Tabelle 1: Hauptdiagnosen „Alkoholabhängigkeit“ (=F10.2. und F10.3 laut ICD-10) nach Jahr, Alter und Geschlecht (Absolutzahlen)[5]

2008

2009

2010

2011

m

w

Ges.

m

w

Ges.

m

w

Ges.

m

w

Ges.

bis 4 Jahre

2

2

5 bis 9 Jahre

1

1

10 bis 14 Jahre

5

2

7

3

4

7

1

1

2

2

2

4

15 bis 19 Jahre

84

41

125

82

27

109

84

19

103

43

22

65

20 bis 24 Jahre

199

100

299

204

61

265

200

113

313

165

98

263

25 bis 29 Jahre

436

219

655

471

136

607

469

175

644

384

168

552

30 bis 34 Jahre

780

331

1111

733

339

1072

751

294

1045

679

329

1008

35 bis 39 Jahre

1680

549

2229

1453

526

1979

1404

514

1918

1335

479

1814

40 bis 44 Jahre

2283

1016

3299

2235

831

3066

2165

905

3070

1829

821

2650

45 bis 49 Jahre

2810

1056

3866

2566

939

3505

2346

913

3259

2259

959

3218

50 bis 54 Jahre

2016

860

2876

2076

851

2927

2125

974

3099

2188

879

3067

55 bis 59 Jahre

1347

461

1808

1194

409

1603

1303

467

1770

1439

540

1979

60 bis 64 Jahre

736

281

1017

706

317

1023

758

312

1070

783

305

1088

65 bis 69 Jahre

498

228

726

419

153

572

395

205

600

331

175

506

70 bis 74 Jahre

130

60

190

147

84

231

237

84

321

191

89

280

75 bis 79 Jahre

50

13

63

47

21

68

58

37

95

62

26

88

80 bis 84 Jahre

21

4

25

16

5

21

12

6

18

22

2

24

85 bis 89 Jahre

3

2

5

6

6

6

2

8

1

4

5

90 Jahre und älter

1

1

2

2

2

1

1

1

3

4

Gesamt

13081

5224

18305

12359

4705

17064

12314

5022

17336

11714

4901

16615

 


Tabelle 2: Alkoholabhängigkeitsdiagnosen nach Haupt- und Nebendiagnosen, Jahr und Geschlecht (Absolutzahlen)[6]

Hauptdiagnosen                                             Nebendiagnosen                          Haupt- und Nebendiagnosen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Jahr

m

w

Ges.

m

w

Ges.

m

m

Ges.

2008

13.081

5.224

18.305

11.801

3.990

15.791

24.882

9.214

34.096

2009

12.359

4.705

17.064

12.909

4.574

17.483

25.268

9.279

34.547

2010

12.314

5.022

17.336

12.889

4.508

17.397

25.203

9.530

34.733

2011

11.714

4.901

16.615

11.834

4.420

16.254

23.548

9.321

32.869

 

 

Tabelle 3: Alkoholabhängigkeitsdiagnosen bezogen auf 15- bis 99-Jährige[7] (Prozentangabe)

Hauptdiagnosen                                                                                Nebendiagnosen

Jahr

m

w

Ges.

m

w

Ges.

2008

0.4%

0,1%

0,2%

0.3%

0.1%

0.2%

2009

0.4%

0,1%

0,2%

0.4%

0.1%

0.2%

2010

0.4%

0,1%

0,2%

0.4%

0.1%

0.2%

2011

0,3 %

0,1 %

0,2 %

0,3 %

0,1 %

0,2 %

 

Die Zahlen sind jedoch insgesamt mit Vorsicht zu interpretieren, da bei den Spitalsentlassungsdiagnosen generell zu beachten ist, dass dabei Entlassungen und nicht Patient/inn/en gezählt werden. Jemand, der im Rahmen eines Spitalsaufent-halts z.B. für eine Untersuchung kurz in ein anderes Krankenhaus transferiert wird, wird grundsätzlich zweimal gezählt, auch wenn es sich nur um einen Aufenthalt handelt.

 

Sollte z.B. eine Person im Verlauf eines Jahres insgesamt zehnmal in unterschied-lichen Krankenanstalten mit der gleichen Diagnose behandelt und entlassen worden sein, so scheint diese Person daher zehnmal in der Statistik auf.

Ferner ist auch zu beachten, dass sich einige alkoholkranke Personen ausschließlich einer ambulanten Behandlung bzw. auch keiner Behandlung unterziehen (stattdessen Aufsuchen einer Selbsthilfegruppe etc.) und somit von dieser Statistik nicht erfasst sind.

 

In Summe ergibt sich für 2011 im Vergleich zu den Jahren 2009 und 2010 ein leichter Rückgang an Personen, die wegen der Diagnose (sowohl Haupt- als auch Nebendiagnose) Alkoholabhängigkeit stationär behandelt wurden.

 

Daten aus den Jahren 2012 und 2013 liegen noch nicht vor.


Frage 2:

Die vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Beantwortung dieser Frage initiierte Umfrage bei den Krankenversicherungsträgern hat - auf das Wesentliche zusammengefasst - zu folgendem Ergebnis geführt:

Aus Gründen der Diagnosecodierung insbesondere im niedergelassenen Bereich liegen nur bedingt Daten vor, welche auf die Suchtkrankheit Alkohol fokussieren.

Da offenbar auch sehr sensibel bei der Datendokumentation vorgegangen wird, liegen vielfach keine validen Daten über die Anzahl der aktuell in Therapiepro-grammen befindlichen Personen vor. Auch aus den vorliegenden Daten zu den verordneten Medikamenten können keine eindeutigen Aussagen zum Vorliegen von Alkoholkrankheiten getroffen werden. Es muss aber auch bedacht werden, dass es nicht nur stationäre Therapieformen gibt, sondern auch zahlreiche Therapiemög-lichkeiten bestehen, welche sich auch meistens außerhalb der Zuständigkeit der Krankenversicherungsträger vor allem im sozialen Bereich befinden. Bei den Lang-zeittherapien finden sich auch andere Kostenträger.

Wird eine allfällige statistische Auswertung aufgrund der Erstdiagnose (Erstfest-stellung durch die Ärztin/den Arzt, das Krankenhaus, etc.) durchgeführt, werden Zusatzdiagnosen, welche sich erst im weiteren Krankheitsverlauf ergeben, zwar gespeichert, sind aber nicht über die ICD-10 Codes auswertbar. Die Mehrheit der Krankenstandsfälle bzw. der ambulanten und stationären Krankenhausaufenthalte wird aber unter Beschwerdediagnosen, wie z.B. Leberbeschwerden etc., gemeldet. Daher ist eine vollzählige Auswertung nicht möglich.

Lediglich ein geringer Prozentsatz aller Krankenstandsfälle und aller Krankengeldfälle ist eindeutig als „Suchtkrankheit Alkoholismus“ gekennzeichnet, sodass auch mit dem sich daraus ergebenden jährlichem Krankengeldaufwand keine realistischen Zahlen wiedergegeben würden. Auch ist eine reine Auswertung für den Bereich Alkoholis-mus nicht immer möglich, da sich vorhandene Daten auf Suchtkranke im Allgemeinen (Alkohol, Medikamente und Drogen) beziehen.

 

Frage 3:

 

Mit den vorliegenden Zahlen aus dem stationären und ambulanten Bereich können keine seriösen Angaben gemacht werden. Ich verweise dazu auch auf die Beantwortungen der Fragen 1 und 2.

 

Es darauf hinzuweisen, dass Alkoholismus oftmals auch eine sekundäre Erkrankung darstellt und  die Grunderkrankung ebenso Kosten verursacht.

Auch können die Kosten für die Behandlung diverser Folgekrankheiten - wie etwa Leberzirrhose oder Ösophagusvarizen - nach Mitteilung des Hauptverbandes nicht ausgewertet werden. Die von der sozialen Krankenversicherung übernommenen Kosten für Medikamente, die ausschließlich für die Behandlung der Alkoholabhängigkeit zugelassen sind (ATC Code N07BB), betrugen von 2008 bis 2012 € 12.150.197,--.


Die tatsächlichen Medikamentenkosten zur Behandlung von Alkoholismus liegen vermutlich höher, weil einige Arzneimittel (vor allem Benzodiazepine, die beispielsweise zur Behandlung von Entzugssymptomen verwendet werden) auch in anderen Anwendungsgebieten (z.B. als Beruhigungsmittel etc.) zum Einsatz kommen.

 

Eine auf die Suchtkrankheit Alkoholismus eingeschränkte Auswertung der Kosten ist daher nicht möglich. Außerdem liegt der Preis mancher dieser Präparate unter der Rezeptgebührengrenze, wodurch der Krankenversicherung keine Daten vorliegen.

Die Höhe der tatsächlichen Mehrkosten für das öffentliche Gesundheitssystem durch Alkoholabhängigkeit kann daher vom Bundesministerium für Gesundheit nicht abschließend beurteilt werden.

 

 



[1] Auswertung des Bereichs Suchtpräventionsforschung und -dokumentation (SucFoDok) des Anton-Proksch-Institutes (API), welcher die  Daten vom Österreichischen Bundesinstitut für Gesundheit (ÖBIG) bezieht. In Österreich behandelte Personen, die keinen Wohnsitz in Österreich haben, sind in der Spitalsentlassungsstatistik nicht inkludiert.

[2] Hauptdiagnose Alkoholabhängigkeit (=F10.2. und F10.3 laut ICD-10); Nichtberücksichtigung der Nebendiagnosen, wonach Alkoholabhängigkeit  allein nicht zur Aufnahme in ein Spital geführt hat.

[3] Handbuch Alkohol, Band 1:  Statistiken und Berechnungsgrundlagen, Uhl et al. 2013, S 22, http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/6/4/1/CH1039/CMS1305198709856/handbuch_alkohol_band1_statistiken_2013.pdf

[4] Handbuch Alkohol, Band 1: Statistiken und Berechnungsgrundlagen, Uhl et al. 2013, S 23, http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/6/4/1/CH1039/CMS1305198709856/handbuch_alkohol_band1_statistiken_2013.pdf; die  Bezugsgruppe wurde auf die 15-99-Jährigen festgelegt, wodurch internationale Vergleichbarkeit gewährleistet wird.

[5] Inkl. 0-Tagesaufenthalte (d. h. inkl. der  PatientInnen, die am Tag der stationäre Aufnahme vor Mitternacht wieder entlassen wurden)

[6] Handbuch Alkohol, Band 1: Statistiken und Berechnungsgrundlagen, Uhl et al. 2013, S 22, http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/6/4/1/CH1039/CMS1305198709856/handbuch_alkohol_band1_statistiken_2013.pdf; inkl. 0-Tagesaufenthalte

[7] Handbuch Alkohol, Band 1: Statistiken und Berechnungsgrundlagen, Uhl et al. 2013, S 23, http://bmg.gv.at/cms/home/attachments/6/4/1/CH1039/CMS1305198709856/handbuch_alkohol_band1_statistiken_2013.pdf; die Bezugsgruppe wurde auf die 15-99-Jährigen festgelegt, wodurch internationale Vergleichbarkeit gewährleistet wird.