14706/AB XXIV. GP

Eingelangt am 07.08.2013
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BM für Gesundheit

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag.a Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

Alois Stöger

Bundesminister

 

 

 

GZ: BMG-11001/0193-I/A/15/2013

Wien, am  2. August 2013

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische

Anfrage Nr. 15059/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

Fragen 1 und 2:

Bei der zitierten Studie handelt es sich um eine retrospektive epidemiologische Analyse, entsprechende Untersuchungen in Österreich sind meinem Ressort nicht bekannt.

 

Fragen 3 bis 5:

Bei einer Vielzahl an Grunderkrankungen tritt Schmerz als Begleitsymptom auf. Wichtig ist dabei eine exakte Diagnose und Therapie der Grunderkrankung, welche bei einem stationären Aufenthalt auch statistisch erfasst wird. Erfolgen Behandlung und Therapie im niedergelassenen Bereich ist dazu keine Aussage möglich. Dem Bundesministerium für Gesundheit liegen daher keine diesbezüglichen Daten vor.

 

Frage 6:

In Österreich sind 455 Arzneispezialitäten (einschließlich diverser Stärken und Darreichungsformen) zugelassen, die zur Schmerzbekämpfung bei Kindern - zumindest teilweise - eingesetzt werden können (eine Auflistung ist in der Beilage angeschlossen). Es handelt sich dabei um 54 Wirkstoffe, die sowohl als Monosubstanz als auch in Kombination verwendet werden können.

 

Frage 7:

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass aus der meinem Ressort vorliegenden Dokumentation in Krankenanstalten diesbezüglich keine aussagekräftigen Informationen ableitbar sind. Soweit Kinder und Jugendliche als Schmerzpatientinnen und -patienten stationär versorgt werden, ist davon auszugehen, dass dies auch in den Abteilungen für Kinder- und Jugendheilkunde der Krankenanstalten erfolgt. Kinder und Jugendliche mit Schmerzen im Bewegungsapparat, die durch schwerwiegende orthopädische  Krankheiten verursacht werden, werden in kinderorthopädischen Zentren versorgt.

 

Frage 8:

Bekannte Nebenwirkungen bei Analgetika sind Kopfschmerzen, bei langfristiger Einnahme subtoxischer Dosen Intoxikationssymptome und dauerhafte Nierenschäden.

 

Langzeittherapien mit nicht-steroidalen Antirheumatika lassen vor allem Veränderungen der Nierenfunktion und des Blutbildes erwarten. Eine hochdosierte Langzeittherapie mit nicht-steroidalen und antiinflammatorischen Arzneimitteln erhöht die Wahrscheinlichkeit gastrointestinaler Ulzera und Blutungen.

 

Langzeittherapien mit Opioiden weisen häufig Obstipation und psychiatrische Nebenwirkungen auf, meist psychische und physische Abhängigkeit, was in weiterer Folge mit Ende der Therapie zu Entzugssymptomen führen kann. Die Gefahren einer Atemdepression sowie eines Opioidmissbrauchs sind in der Fachinformation beschrieben.

 

Detaillierte Informationen zu den Nebenwirkungen sind den einzelnen Fachinformationen der zugelassenen Arzneispezialitäten zu entnehmen. Diese sind dem Arzneispezialitätenregister auf der Homepage des Bundesamtes für Sicherheit im Gesundheitswesen (www.basg.gv.at) unter folgendem Link entnehmbar:

(https://aspregister.basg.gv.at/aspregister/faces/adf.task-flow;jsessionid=bYxzRhCJwrLCkhHv29wGrJYgT8bGRnmpPxpQ1p1HK1QCTZ4jTQzc!1466548813?_id=aspregister-btf&_document=WEB-INF/aspregister-btf.xml&_afrLoop=3963914620673461&_afrWindowMode=0&_afrWindowId=null)


Fragen 9 bis 12:

Mögliche Folgen einer langfristigen Schmerzmedikation können sowohl beim Erwachsenen, als auch bei Kindern vor allem Nervosität, Depression, Halluzinationen, Verwirrtheit, Schlafstörungen, Ängstlichkeit, Albträume, Stimmungsveränderungen (Euphorie oder Dysphorie), Veränderung der Aktivität (von Agitiertheit bis hin zu Lethargie), Veränderungen der kognitiven und sensorischen Leistungsfähigkeit (z.B. Entscheidungsverhalten, Wahrnehmungsstörungen, selten auch Sprachstörungen), Geschmacksstörungen, Sehstörungen, Hyperakusis und Schlaflosigkeit umfassen.

 

Weiters sind bei Schmerzmitteln, welche Opioide enthalten, nach deren Absetzen Symptome einer Entzugsreaktion zu erwarten.

 

Um die psychischen Folgen von chronischen Schmerzen einerseits und Schmerzmitteln andererseits ursächlich unabhängig voneinander und in Interaktion miteinander zu untersuchen, ist ein experimentelles Untersuchungsdesign notwendig, das eine Versuchsgruppe von Kindern mit chronischen Schmerzen, die keine Schmerzmittelbehandlung erhalten, einschließt. Da ein solches Untersuchungsdesign aus ethischen Gründen vielfach abgelehnt wird, gibt es dementsprechend wenige Studien dazu. Diese methodischen Herausforderungen und der Bedarf an weiteren entsprechenden Studien wurde u.a. in einem Workshop, unterstützt durch die US Food and Drug Administration, diskutiert (siehe Berde et al, 2012[1]; siehe auch McGrath et al, 2008[2]).

 

Außerdem ist eine generelle Antwort auf die Fragen nach den psychologischen Folgen von Schmerzmitteln bei Kindern mit chronischen Schmerzen aufgrund der unterschiedlichen Wirkungen und Nebenwirkungen verschiedener Schmerzmittel schwierig. Es gibt jedoch einige wenige Studien, die sich dieser Frage differenziert in Bezug auf einzelne Arten von Schmerzmittelpräparaten widmen. Eine Studie von Mrakotsky et al. (2013)[3] untersucht zum Beispiel die psychologischen Effekte von „Corticosteriods“. Die Ergebnisse dieser Studie deuten auf akute negative Effekte in Kognition, Emotion und Verhalten hin. Eine andere Studie untersucht „neonatal morphine use“ und findet keine wesentlichen negativen Effekte (de Graaf et al, 2013[4]).


Es kann aber jedenfalls von einer hohen Rate an Komorbiditäten von Schmerzen und psychischen Gesundheitsproblemen bei Kindern mit chronischen Schmerzen ausgegangen werden (siehe z.B. Lidewij et al, 2012[5]), wobei sich die

 

Wahrscheinlichkeit von Medikamentenmissbrauch bei komorbiden chronischen Schmerzen und psychischen Gesundheitsproblemen erhöhen kann, zum Beispiel bei Patient/inn/en mit chronischen Kopfschmerzen und emotionalen Problemen (Pakalnis et al., 2007[6]).

 

 

 

 

 

Beilage

 

 

 

 

 

 

Anmerkung der Parlamentsdirektion:

Die vom Bundesministerium übermittelten Anlagen stehen nur als Image, siehe Anfragebeantwortung (gescanntes Original) zur Verfügung.

 



[1] Berde et al. (2012). Pediatric Analgesic Clinical Trial Designs, Measures, and Extrapolation: Report of an FDA Scientific Workshop. Pediatrics, 129, 354-364.

 

[2] McGrath et al. (2008). Consensus Statement: Core Outcome Domains and Measures for Pediatric Acute and Chronic/Recurrent Pain Clinical Trials: PedIMMPACT Recommendations. The Journal of Pain, 9 (9), 771-783.

 

[3] Mrakotsky et al. (2013). Acute Cognitive and Behavioral Effects of Systemic Corticosteriods in Children Treated for Inflammatory Bowel Disease. Journal of the International Neuropsychological Society, 19, 96-109.

 

[4] De Graaf et al. (2013). Does neonatal morphine use affect neuropsychological outcomes at 8 to 9 years of age? Pain, 154, 449-458.

 

[5] Lidewij et al. (2012). The course of chronic pain with and without psychiatric disorders. J Clin Psychiatry, 73 (1), e134-e139.

 

[6] Pakalnis et al. (2007). Emotional problems and prevalence of medication overuse in pediatric chronic daily headache. Journal of Child Neurology, 22 (12), 1356-1359.