14757/AB XXIV. GP

Eingelangt am 12.08.2013
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

 

 

 

 

Frau Präsidentin

des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer                                                           Wien, am 31. Juli 2013

Parlament

1017 Wien                                                                GZ: BMF-310205/0185-I/4/2013

 

 

 

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

 

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 15049/J vom 12. Juni 2013 der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Die Vermögensteuer ist auf Sachverhalte, die nach dem 31. Dezember 1993 verwirklicht wurden, nicht mehr anzuwenden. 1993 lag das Aufkommen umgerechnet bei 612,34 Mio. €.

Die letzte Vermögensteuer-Statistik wurde 1994 für das Jahr 1989 veröffentlicht. Dabei ergab sich folgender Anteil der Bundesländer an der Zahl der Steuerpflichtigen und an der entstehenden Abgabenschuld:


 

Bundesland

Anteil Steuerpflichtige

Anteil Abgabenschuld

Abgabenschuld (Mio. ATS)

Burgenland

2,4%

0,7%

47,6

Kärnten

7,9%

4,0%

259,0

Niederösterreich

14,2%

8,0%

522,9

Oberösterreich

16,1%

16,9%

1.099,9

Salzburg

9,2%

7,6%

497,0

Steiermark

11,6%

9,0%

588,5

Tirol

10,5%

6,8%

445,2

Vorarlberg

4,6%

5,2%

339,0

Wien

23,5%

41,7%

2.720,2

 

Zu 2. und 3.:

Für die bis Ende 1993 erhobene Vermögensteuer bildete die Summe der Vermögenswerte aus den folgenden vier Vermögensarten das Rohvermögen, nämlich

1.  aus dem land- und forstwirtschaftlichem Vermögen

2.  aus dem Grundvermögen

3.  aus dem Betriebsvermögen und

4.  aus dem sonstigen Vermögen.

Vom Rohvermögen wurden die Schulden und Lasten abgezogen, somit ergab sich das Gesamtvermögen. Dieses wurde nach Abzug der Freibeträge mit 1 % besteuert.

Die Vermögensteuer kannte bei natürlichen Personen die sogenannte Haushalts-veranlagung, in deren Rahmen Ehepartner gemeinsam mit im Haushalt wohnenden Kindern mit ihrem Gesamtvermögen veranlagt wurden. Für jeden Haushaltsangehörigen konnte ein persönlicher Freibetrag von rund 10.901 € (150.000 Schilling) abgezogen werden. Die Veranlagung erfolgte immer für drei Jahre. Während dieses Zeitraumes kam es nur dann zu einer Neuveranlagung, wenn sich das Gesamtvermögen um mehr als ein Fünftel änderte.

Das Vermögen der einzelnen oben angeführten Vermögensarten wurde zusätzlich pro haushaltszugehörige Person um sachliche Freibeträge vermindert, diese betrugen:

·         rund 21.802 € (300.000 Schilling) für Sparguthaben, Forderungswertpapiere und noch nicht fällige Ansprüche aus Lebensversicherungen

·         rund 14.535 € (200.000 Schilling) für Aktien

Folgende Freibeträge konnten höchstens für zwei haushaltszugehörige Personen gewährt werden:


·         rund 10.901 € (150.000 Schilling) für Schmuck und Edelmetall

·         rund 21.802 € (300.000 Schilling) für Kunstgegenstände

Zur Gänze von der Vermögensteuer waren befreit:

·         Ansprüche aus der gesetzlichen Sozialversicherung (nicht jedoch private Renten)

·         der Hausrat

·         Kunstgegenstände lebender österreichischer Künstler

 

Zu 4.:

Bei den ersten drei Vermögensarten (siehe Aufzählung zu den Fragen 2. und 3.) ging dem Abgabenfestsetzungsverfahren ein Feststellungsverfahren voran. Dabei wurden das land- und forstwirtschaftliche Vermögen mit einem Ertragswert, das Grundvermögen mit dem gemeinen Wert bewertet.

Von diesem Feststellungsverfahren waren ca. 2,3 Mio. wirtschaftliche Einheiten des Grund-vermögens und ca. 600.000 wirtschaftliche Einheiten des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens betroffen. In diesem Verfahren wurde der sogenannte Einheitswert gesondert festgestellt, der laut Gesetz neun Jahre Gültigkeit hatte. Die letzte Hauptfeststellung von ca. 2,3 Mio. der wirtschaftlichen Einheiten des Grundvermögens wurde zuletzt zum 1. Jänner 1973 durchgeführt. Wertfortschreibungen erfolgen nur bei Wert-veränderungen ab 10 % beim Grundvermögen bzw. 5 % beim land- und forstwirtschaft-lichen Vermögen, wobei aber aus Gleichheitsgründen auch bei Fortschreibungen weiterhin die Wertmaßstäbe zum Hauptfeststellungszeitpunkt anzuwenden sind.

Das Betriebsvermögen wurde mit der Summe der Teilwerte abzüglich der betrieblichen Schulden und Lasten bewertet, wobei diese Werte (auf Grund des bei der Bilanzierung geltenden Vorsichtsprinzips) nicht immer mit den Bilanzwerten ident waren. Zu überprüfen waren ca. 500.000 wirtschaftliche Einheiten, für welche bei steuerlicher Relevanz zeitgleich zur Hauptveranlagung der Vermögensteuer eine Hauptfeststellung der Einheitswerte des Betriebsvermögens durchgeführt wurde. Diese Werte hatten grundsätzlich drei Jahre Gültigkeit, wobei dieser Zeitraum mit dem Hauptveranlagungszeitraum der Vermögensteuer deckungsgleich war. Eine Wertfortschreibung erfolgte, wenn sich der Wert um mehr als 20 % änderte, weshalb nicht von einer jährlichen Überprüfung abgesehen werden konnte.

Bei der vierten Vermögensart, dem sonstigen Vermögen, erfolgte eine Einzelbewertung mit dem gemeinen Wert. Dazu wurde in der Vermögensteuererklärung ein Wert vom Steuerpflichtigen erklärt, der im Zuge der Veranlagung bzw. Betriebsprüfung überprüft wurde.

Wertpapiere der Wiener Börse wurden mit dem Börsenkurs bewertet. Diese Werte wurden vom Bundesministerium für Finanzen veröffentlicht. Dazu ist jedoch festzuhalten, dass diese Art der Bewertung vom Verfassungsgerichthof als verfassungswidrig aufgehoben wurde (VfSlg. 13726) und eine Reparatur durch den Gesetzgeber infolge der Aufhebung der Vermögensteuer unterblieben ist.

Aktien nicht notierter Gesellschaften sowie GmbH-Anteile wurden in einem vorgelagerten Feststellungsverfahren gesondert bewertet.

Nicht notierte Forderungswertpapiere wurden mit dem Nennwert bewertet, wobei Abweichungen des tatsächlichen Wertes (z.B. Anleihen insolvenzgefährdeter Emittenten) nachgewiesen werden mussten.

 

Zu 5.:

Angesichts des erzielbaren Aufkommens und des auf Seiten der Finanzverwaltung anfallenden Bewertungs-, Einhebungs- und Überprüfungsaufwandes würde der Nettoertrag aus einer Vermögensteuer – wenn überhaupt - bescheiden sein. Es ist daher aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht sinnvoll.

 

Zu 6.:

Die Bemessungsgrundlage der bis 1993 erhobenen Vermögensteuer ist heute aus folgenden Gründen nicht mehr anwendbar: Grundvermögen war nach dem Einheitswert zu bewerten; das Heranziehen der derzeit geltenden Einheitswerte als Bemessungsgrundlage wurde allerdings vom VfGH in mehreren Abgabengesetzen als nicht verfassungskonform angesehen. Zudem ist Kapitalvermögen gemäß § 1 Abs. 1 Z 2 Endbesteuerungsgesetz durch die Entrichtung der Kapitalertragsteuer endbesteuert und eine etwaige Vermögensteuer bei Forderungen gegenüber Kreditinstituten und bei Forderungswertpapieren damit bereits abgegolten. Dabei handelt es sich um ein Verfassungsgesetz. Schließlich ist hervorzuheben, dass mehr als die Hälfte des Aufkommens der Vermögensteuer von Körperschaften erbracht wurde; der Ausfall der daraus resultierenden Vermögensteuer wurde 1994 durch Einführung der Mindestkörperschaftsteuer kompensiert.

Die Datenlage zur Vermögensverteilung hat sich zwar verbessert, ist aber für eine genaue Berechnung einer Vermögensteuer nach alter Rechtslage nicht geeignet.


Das wird zusätzlich durch die Aufgabe erschwert, bereits abgegoltene Kapitalstämme herauszurechnen. Da ein Freibetrag von 1 Mio. € die damals geltenden Freibeträge um ein Vielfaches übersteigt, kann aber davon ausgegangen werden, dass mit einer Vermögensteuer nach alter Rechtslage aus den genannten Gründen nur ein Bruchteil des damaligen Aufkommens zu erzielen wäre. Eine seriöse Schätzung ist jedoch nicht möglich.

 

Zu 7.:

Das Modell des SPÖ-Abgeordneten Dr. Matznetter ist dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt.

 

Zu 8.:

Das Aufkommen, die Freigrenze und der Prozentsatz einer Vermögensteuer sind von der genauen Ausgestaltung bzw. von der Bemessungsgrundlage einer solchen Vermögensteuer abhängig. Je nachdem, welche Vermögensarten bzw. welche Vermögenswerte konkret der Steuerpflicht unterliegen würden (z.B. auch Betriebsvermögen und private Pensions-ansprüche) und wie dieses Vermögen zu bewerten wäre (z.B. Grundvermögen), kann die Antwort auf diese Frage extrem differieren.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass Daten zur Vermögensverteilung oft das Weltvermögen ausweisen. Bei der Besteuerung sowohl von unbeweglichem als auch von betrieblichem Vermögen (was die Mehrheit der Vermögenswerte bei konzentriertem Vermögen ausmacht) wird jedoch nach international üblichen Standards (OECD-Musterabkommen für Doppelbesteuerungsabkommen) das Besteuerungsrecht grundsätzlich dem Lagestaat zugeteilt. Somit kann im Ausland gelegenes Vermögen in Österreich nur eingeschränkt bis gar nicht besteuert werden.

Prognosen sind daher sehr schwierig. Betrachtet man jedoch den Erfolg der alten Vermögensteuer in Höhe von rund 0,6 Mrd. €, erscheint bei einem angestrebten Abgaben-erfolg in Höhe von 2 bzw. 5 Mrd. € der Spielraum für Freibeträge äußerst gering.

 

Zu 9. bis 12.:

Die Beantwortung dieser Fragen ist von der konkreten Ausgestaltung bzw. von der Bemessungsgrundlage abhängig und kann aufgrund der dem Bundesministerium für Finanzen vorliegenden Informationen, die nur Grenzwerte sowie Steuersätze betreffen und nichts über die Bemessungsgrundlage aussagen, nicht beantwortet werden.

 


Wie auch bereits zu Frage 8. ausgeführt, würde eine Antwort auf diese Frage je nachdem, welche Vermögens-arten bzw. welche Vermögenswerte konkret der Steuerpflicht unterliegen würden und wie dieses Vermögen zu bewerten wäre, extrem differieren.

 

Zu 13.:

Rund 80 % des Aufkommens der bis 1993 erhobenen Vermögensteuer wurde von Unternehmen getragen. Wenn Betriebsvermögen von der Besteuerung ausgenommen wäre, ist stark zu bezweifeln, dass ein entsprechendes Aufkommen zu erzielen wäre. Zudem bestünde dann die Gefahr, dass Vermögen steuerschonend vom Privatvermögen in das Betriebsvermögen verlagert wird. Wenn mit einer Vermögensteuer ein entsprechendes budgetäres Aufkommen erzielt werden soll, wäre es daher unvermeidlich, Betriebsvermögen mit einzubeziehen und somit Firmen und Betriebe zu belasten.

 

Zu 14.:

Auch bei einem entsprechend hohen Freibetrag müsste deutlich mehr Vermögen bewertet werden als vermögensteuerpflichtig wäre. Theoretisch müsste sogar das gesamte Vermögen der Österreicherinnen und Österreicher einer entsprechenden Bewertung unterzogen werden. Anders könnte nicht beurteilt werden, ob der Vermögenswert in Summe unter oder über dem jeweiligen Freibetrag liegt.

Vermögen richtig zu bewerten ist aufwendig und zudem schwierig, da es keine objektiv nachprüfbaren Verkehrswerte gibt. Es besteht daher kein Zweifel, dass eine Vermögen-steuer einen immensen Verwaltungs-, Bewertungs- und Überprüfungsaufwand mit sich bringen würde.

 

Zu 15. und 16.:

Ohne das Wissen über die genaue Ausgestaltung einer Vermögensteuer und im Gegenzug einer möglichen Verringerung anderer Steuern sind Aussagen zu den möglichen Auswirkungen auf Kapitalmarkt und Bankensystem nur sehr beschränkt möglich. Vermögen-steuern sind nur ein Teil der gesamten Besteuerung der Kapitaleinkommen und müssen im Zusammenhang mit anderen vermögensbezogenen Steuern beurteilt werden.

In den letzten Jahrzehnten ist es aufgrund von Globalisierungs-, Automatisierungs- und Liberalisierungsprozessen zu einem deutlichen Anstieg der internationalen Mobilität des Kapitals gekommen. Deshalb muss jede neue Steuer auch daraufhin geprüft werden, ob sie Kapitalabflüsse aus Österreich auslösen könnte.


Angesichts der sinkenden Umsätze an der Wiener Börse in den letzten Jahren könnte aber eine zusätzliche Besteuerung von Vermögen negative Auswirkungen auf das Aktien- und Investitionsklima haben.

In einer kleinen, offenen Volkswirtschaft wie Österreich ist der Kapitalmarktzins hauptsächlich durch internationale Faktoren bestimmt, die heimischen Fundamentaldaten spielen nur eine zweitrangige Rolle. Unter dieser Annahme wären die Finanzierungskosten der Unternehmen durch eine höhere Vermögensteuer zunächst nicht betroffen. Allerdings ist seit der Finanzkrise 2008 festzustellen, dass die Zinsentwicklung zusehends volatiler wird und die Märkte zunehmend auch die Nachhaltigkeit der Budgetpolitiken miteinbeziehen. Zinsen für Unternehmensanleihen folgen in der Regel der Entwicklung der Zinsen für Staatsanleihen.

Vermögensbezogene Steuern reduzieren in erster Linie die Nettorendite der heimischen Sparer und verringern das im Inland angesparte Finanzvermögen. Selbst unter der (theoretischen) Annahme eines gleichbleibenden bzw. von außen bestimmten Marktzinses sinken wegen des geringeren Finanzvermögens die Kapitalerträge vor Steuern. Eine geringere Ersparnisbildung und etwaige Verlagerungen von Produktion bzw. Vermögen ins Ausland würden die österreichische Wirtschaft langfristig negativ beeinträchtigen.

Die Folgen der vermögensbezogenen Steuern sind nicht nur auf die Verringerung der Ersparnisbildung beschränkt. Bei unveränderter Staatsverschuldung und Investitionstätigkeit nimmt mit sinkenden heimischen Ersparnissen die Nettoauslandsverschuldung zu, da zusätzliches Kapital aus dem Ausland notwendig ist, um das Investitionsniveau aufrecht zu erhalten.

 

 

Mit freundlichen Grüßen