14758/AB XXIV. GP
Eingelangt am 12.08.2013
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
Frau Präsidentin
des Nationalrates
Mag. Barbara Prammer Wien, am 31. Juli 2013
Parlament
1017 Wien GZ: BMF-310205/0186-I/4/2013
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 15050/J vom 12. Juni 2013 der Abgeordneten Peter Haubner, Kolleginnen und Kollegen beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1. und 2.:
Das Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955 kannte Freibeträge (diese mindern die Bemessungsgrundlage), aber keine Freigrenzen (bei Überschreiten der Freigrenze besteht Steuerpflicht für den Gesamtbetrag, nicht nur für den überschrittenen Betrag). Es gab persönliche Freibeträge und sachliche Befreiungen, die zum Teil vom Verwandtschafts-verhältnis abhängig waren. Das System war eine Erbanfallsteuer, das heißt es wurde jeder einzelne Anfall beim Erwerber besteuert.
Es gab fünf Steuerklassen, diese waren nach der Nähe der Verwandtschaft zwischen Erblasser bzw. Geschenkgeber und Begünstigtem bzw. Geschenknehmer gestaffelt.
In der Steuerklasse I waren Ehegatten und Kinder, in der Steuerklasse II Enkel und Urenkel, in der Steuerklasse III Eltern und Geschwister, in der Steuerklasse IV Schwiegerkinder, Neffen und Nichten, in der Steuerklasse V die übrigen Erwerber.
Die Höhe der persönlichen Freibeträge betrug:
· 2.200 Euro in den Steuerklassen I und II,
· 440 Euro in den Steuerklassen III und IV und
· 110 Euro in der Steuerklasse V
Bei Schenkungen unter Ehegatten gab es einen zusätzlichen Freibetrag von 7.300 Euro.
Im Folgenden werden beispielhaft einige wichtige sachliche Befreiungen kurz dargestellt:
Hausrat war in den Steuerklassen I und II zur Gänze, in den Steuerklassen III und IV bis 1.460 Euro steuerfrei. Andere bewegliche körperliche Gegenstände (z.B. PKW, Schmuck) waren in den Steuerklassen I und II bis 1.460 Euro, in den Steuerklassen III und IV bis zu 600 Euro steuerfrei.
Weiters gab es Befreiungen für Schenkungen zwischen Ehegatten zum gleichteiligen Erwerb der bis zu 150 m² großen Ehewohnung, für Schenkungen an politische Parteien, für Schenkungen an kirchliche, gemeinnützige oder mildtätige Organisationen und Kirchen und Religionsgesellschaften sowie für Erwerbe von endbesteuertem Kapitalvermögen bei Erwerben von Todes wegen (nicht jedoch bei Schenkungen).
Bestimmte Übertragungen von Unternehmen waren ebenfalls begünstigt: Bei Erwerben von Todes wegen (generell) und bei Schenkungen (unter bestimmten Voraussetzungen) gab es einen Freibetrag von 365.000 Euro (oder einen Anteil davon, wenn nur ein Anteil am Unter-nehmen überging).
Die Steuersätze waren von der Steuerklasse und von der Höhe des Erwerbes (progressiver Tarif) abhängig:
· In der Steuerklasse I zwischen 2% (bis zu einem Erwerb von 7.300 Euro) und 15% (bei Erwerben über 4.380.000 Euro)
· In der Steuerklasse II zwischen 4% (bis zu einem Erwerb von 7.300 Euro) und 25% (bei Erwerben über 4.380.000 Euro)
· In der Steuerklasse III zwischen 6% (bis zu einem Erwerb von 7.300 Euro) und 40% (bei Erwerben über 4.380.000 Euro)
· In der Steuerklasse IV zwischen 8% (bis zu einem Erwerb von 7.300 Euro) und 50% (bei Erwerben über 4.380.000 Euro)
· In der Steuerklasse V zwischen 14% (bis zu einem Erwerb von 7.300 Euro) und 60% (bei Erwerben über 4.380.000 Euro)
Zu 3.:
Bei der Erbschaftssteuer wurden alle Vermögenswerte, die der Erblasser hinterlassen hat, abzüglich aller Schulden, die er am Todestag hatte (Erbfallsschulden), erfasst. Abgezogen wurden auch die Erbgangsschulden (Begräbnis, Verfahrenskosten usw.). Dieser Betrag war dann die Ausgangsbasis für die Berechnung der Steuer für die einzelnen Erwerber (bei diesen wurden die unter Punkt 1. und 2. dargestellten Befreiungen berücksichtigt).
Zu 4.:
Die Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer fiel bei jedem Übergang von Vermögen an. Es gab eine Begünstigung in der Form, dass sich die Steuer bei Erwerb durch Personen der Steuerklassen I und II um die Hälfte reduzierte, wenn dasselbe Vermögen innerhalb der letzten fünf Jahre von Personen der gleichen Steuerklassen erworben worden war. Erfolgte der Übergang zwischen fünf und zehn Jahren, reduzierte sich die Steuer um ein Viertel.
Zu 5.:
Allgemeiner Bewertungsmaßstab war der gemeine Wert. Grundstücke wurden mit dem dreifachen Einheitswert, Betriebsvermögen mit dem Teilwert, Kapitalforderungen und Schulden mit dem Nennwert und wiederkehrende Leistungen mit dem Kapitalwert bewertet.
Zu 6.:
Die Erbschafts- und Schenkungssteuer ist auf Sachverhalte, die sich nach dem 31. Juli 2008 ereignet haben, nicht mehr anzuwenden. Daher war 2007 das letzte Budgetjahr, in dem durchgehend Abgabenschulden nach dem Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz entstanden sind. Seit dem Budget 2011 werden Resteingänge der Erbschafts- und Schenkungssteuer nicht mehr gesondert ausgewiesen.
|
Jahr |
Aufkommen (Mio. EUR) |
|
1990 |
76,73 |
|
1991 |
89,67 |
|
1992 |
117,37 |
|
1993 |
96,62 |
|
1994 |
93,27 |
|
1995 |
82,02 |
|
1996 |
89,46 |
|
1997 |
90,40 |
|
1998 |
104,48 |
|
1999 |
119,58 |
|
2000 |
111,18 |
|
2001 |
165,77 |
|
2002 |
148,08 |
|
2003 |
157,01 |
|
2004 |
154,38 |
|
2005 |
139,66 |
|
2006 |
131,89 |
|
2007 |
155,17 |
|
2008 |
142,67 |
|
2009 |
116,03 |
|
2010 |
35,14 |
Zu 7.:
Man kann einschließlich Stiftungseingangsbesteuerung von Werten zwischen 40 und 60 Mio. Euro ausgehen, also etwa einem Drittel des früheren Aufkommens.
Zu 8. und 10:
Die Beantwortung dieser Fragen fällt nicht in den Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Finanzen.
Zu 9.:
Ohne eine Änderung der Bemessungsgrundlage ist das genannte Aufkommen nicht zu erreichen.
Zu 11.:
Eine Erbschaftssteuer mit einer Freigrenze von 150.000 Euro würde insbesondere auch den Mittelstand treffen.
Zu 12.:
Nein
Mit freundlichen Grüßen