14887/AB XXIV. GP

Eingelangt am 16.08.2013
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BM für Unterricht, Kunst und Kultur

Anfragebeantwortung

Bundesministerium für

Unterricht, Kunst und Kultur

 

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Frau

Präsidentin des Nationalrates

Mag. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

Geschäftszahl:

BMUKK-10.000/0247-III/4a/2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Wien, 13. August 2013

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 15190/J-NR/2013 betreffend persönlicher Frage­bogen vor Mathetests an Volksschulen, die die Abg. Stefan Markowitz, Kolleginnen und Kollegen am 17. Juni 2013 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

Zu Frage 1:

Die Kontextbefragung ist Teil der Standardüberprüfung auf der 4. Schulstufe. An dieser Erhebung nehmen die Schülerinnen und Schüler der 4. Schulstufe an allen Volksschulen österreichweit teil. Die Verordnung über Bildungsstandards im Schulwesen (BGBl. II Nr. 1/2009 idgF.) legt die Zielgruppe bei der Standardüberprüfung fest. Im Frühling 2013 nahmen 3.050 Volksschulen an der Standardüberprüfung teil.

 

Zu Frage 2:

Ja, die Durchführung der Bildungsstandards-Überprüfungen durch das Bundesinstitut für Bildungsforschung, Innovation und Entwicklung des österreichischen Schulwesens (BIFIE) entspricht der Wahrnehmung einer der gesetzlichen Kernaufgaben des Bundesinstituts und es wurde mit der 4. BIFIE-Erhebungsverordnung, BGBl. II Nr. 97/2013, die Mitwirkungspflicht der Schülerinnen und Schüler erwirkt. Alle Fragebögen wurden vorab vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Schulpartner-Vertretung besprochen und abgestimmt und erst danach zur Verwendung durch das BIFIE freigegeben.


Zu Frage 3:

Folgend dem Angebot-Nutzung-Modell (Helmke, 2009) wird der Kompetenzerwerb multikausal beeinflusst. Er identifiziert die Familie, das Lernpotenzial, die Unterrichtsqualität, die Unterrichts­zeit, die Lernaktivitäten sowie den Kontext als Einflussgruppen auf die Lernergebnisse. Entsprechend dieses Modells wurden Fragebogenitems und -skalen entlang dieser Themen­felder eingesetzt. Die Themenfelder des Schülerfragebogens (BIST-UE M4) sind nachzulesen unter https://www.bifie.at/node/2120. Andere Modelle identifizieren ähnliche Einflussgrößen, die konkrete Bezeichnung weicht etwas ab.

 

Zu Frage 4:

Der Schülerfragebogen (BIST-UE M4) ist seit 28. Mai 2013 online abrufbar unter https://www.bifie.at/node/2228.

 

Zu Frage 5:

Im Bereich des Large-Scale-Assessments (also groß angelegten Schülerleistungstests) ist es international üblich, zusätzlich zur Kompetenzmessung wichtige schulische und außerschulische Rahmenbedingungen des Lehrens und Lernens mittels Fragebogen zu erfassen. Die Standard­überprüfung erfasst die Leistungen/Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler. Der Test selbst bzw. die Überprüfungsergebnisse selbst liefern keine Hinweise über das Zustandekommen der Leistungen und Wirkfaktoren. Diese werden im Fragebogen erfasst.

Die Daten aus dem Schülerfragebogen dienen den Analysen für die Rückmeldung an Lehrerinnen und Lehrer als auch Schulleitungen: So sind dadurch Subgruppenvergleiche (nach Geschlecht, nach Bildungshintergrund etc.) oder ein sogenannter „fairer Vergleich“ möglich. In diesen Vergleich fließt die Schülerkomposition einer Schule ein, dh. es werden die Ergebnisse von Schulen miteinander verglichen, die unter ähnlichen Rahmenbedingungen arbeiten müssen – für diese Analysen werden die Daten aus dem angesprochenen Bereich erfasst.

In den zusammenfassenden Berichten (Länder, Bund, Zyklusbericht) werden diese Merkmale aus den Kontextfragbögen in Kombination mit Leistung analysiert und erforscht, ob die Kompetenzentwicklung von familiären, unterrichtlichen und schulischen Merkmalen abhängt. Beruf und Bildung der Eltern sowie kulturelles Kapital (Bücher) werden hierfür zu einem sozioökonomischen Index zusammengefasst und für weitere Analysen herangezogen.

 

Zu Frage 6:

Die Ergebnisse des Kontextfragebogens zeigen auf, unter welchen Rahmenbedingungen Kompetenzen entstehen. Zusammenhänge zwischen Rahmenbedingungen und Kompetenzen liefern wichtige Ansatzpunkte für die Unterrichtsentwicklung. Jeder Schulstandort ist verpflichtet, auf Basis der Ergebnisse aus der Standardüberprüfung Qualitätssicherungs- bzw.
-entwicklungsmaßnahmen durchzuführen und zu dokumentieren. Hintergrundinformationen wie jene aus den Kontextfragebögen helfen Schulleiterinnen und Schulleitern sowie den Lehrkräften, diese Maßnahmen maßgeschneidert zu planen.

Im Rahmen der Analysen interessieren – wie oben dargestellt – Fragebogenitems nicht einzeln, sondern werden zu einem Index gebündelt (zB. sozioökonomischer Status) – dh. bestimmte Merkmale (wie die Anzahl der Bücher) dienen hier als Indikator.

 

Zu Frage 7:

Bildungsstandards verfolgen den Zweck, das Bildungswesen regelmäßig zu evaluieren, um daraus Rückschlüsse für dessen qualitative Entwicklung ableiten zu können. Dafür werden Informationen aus dem persönlichen Umfeld der Schülerinnen und Schüler benötigt (zB. über den Leistungsstand in einem Gegenstandsbereich). So gesehen besteht ein in der Natur der Sache gelegenes Spannungsverhältnis zwischen dem Interesse des Staates an wissen­schaftlich basierten Ergebnissen zum Erhalt und zum Fortentwickeln eines leistungsfähigen, sich der Chancengleichheit verpflichtend fühlenden Schulsystems (Art. 14 Abs. 5a B-VG) und dem Grundrecht der Schülerinnen und Schüler und deren Eltern auf Datenschutz nach § 1 DSG 2000, BGBl. I Nr. 165/1999 idgF. Die mit den Bildungsstandards verbundenen Erhebungen stellen zwar einen Eingriff in das Grundrecht auf Datenschutz dar, was eine Güterabwägung zwischen diesem Grundrecht und dem Verfassungsauftrag nach Art. 14 Abs. 5a B-VG erforderlich macht. Dabei ist auch zu beachten, dass das Erheben von Bildungsstandards kein Selbstzweck ist, sondern die qualitative Weiterentwicklung des Schulwesens und damit ein besseres Einlösen des Grundrechtes auf Bildung (Art. 2 1. Zusatzprotokoll zur Europäischen Menschenrechtskonvention) bewirkt werden, was in weiterer Folge eine Verbesserung von Lebenschancen von Schülerinnen und Schülern nach sich ziehen soll. Eine bildungsrelevante Grundrechtsposition der Schülerinnen und Schüler wird durch einen staatlichen Eingriff optimiert. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Frage 8 verwiesen.

 

Zu Frage 8:

Diese angesprochenen Rechte wurden nicht verletzt, weil die Erhebung nach den gesetzlichen Vorgaben durchgeführt wurde. Die Möglichkeit, Bildungsstandards zu verordnen, ist gesetzlich vorgesehen (§ 17 Abs. 1a des Schulunterrichtsgesetzes). Die näheren Modalitäten ergeben sich aus der Verordnung über Bildungsstandards im Schulwesen, BGBl. II Nr. 1/2009 idgF. Die Mitwirkung des BIFIE regelt das BIFIE-Gesetz 2008, BGBl. I Nr. 25 idgF., im konkreten Fall ergänzt durch die 4. BIFIE-Erhebungsverordnung, BGBl. II Nr. 97/2013. Dort sind auch Kontexterhebungen angesprochen. Die entsprechenden Daten dürfen nur indirekt personen­bezogen erhoben werden. Außerdem darf der Kontextfragebogen keine Daten erfassen, die das DSG 2000 als sensibel einstuft (§ 2 leg. cit.).

 

Zu Frage 9:

Der Mathematik-Test gibt Auskunft über das Vorhandensein von mathematischen Grund­kompetenzen, der Kontextfragebogen hilft, zentrale Einflussgrößen auf die Kompetenzen zu identifizieren. Die Analysen zwischen Leistung und Unterrichtsmerkmalen oder Leistung und familiären Hintergrund sind daher wichtiger Baustein der Ergebnisrückmeldung an die Schulen. Sie liefern konkrete Ansatzpunkte für Unterrichtsentwicklungsmaßnahmen.

 

Zu Frage 10:

Bildungsmonitoring ist gemäß § 2 BIFIE-Gesetz 2008, BGBl. I Nr. 25 idgF., eine der Kernaufgaben des Bundesinstituts. Begründungen zur sinnhaften Verbindung von Kompetenz­überprüfungen und Kontextfragebögen wurden in den vorangegangenen Punkten mehrfach angeführt. Die Verordnung über Bildungsstandards im Schulwesen, BGBl. II Nr. 1/2009 idgF., führt in § 4 aus, dass Standards so zu überprüfen sind und Auswertungen so zu erfolgen haben, dass auf deren Basis Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung bundesweit, landesweit und schulbezogen erfolgen können. Das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur ordnet die Überprüfungen an und stellt die Mitwirkung der Schulen sicher, die operative Abwicklung der Erhebung liegt in der Verantwortung des BIFIE.


Zu Frage 11:

Alle Schulleiterinnen und Schulleiter haben im April 2013 vom BIFIE der Schüleranzahl entsprechend Informationsschreiben sowie Flyer für Eltern erhalten. In diesen Dokumenten wird auch der Schülerfragebogen thematisiert. Es lag im Verantwortungsbereich der Schulleitungen, die Informationsmaterialien entsprechend zu verteilen. Die Themenfelder des Schülerfrage­bogens waren bereits vor der Testung auf der BIFIE-Website nachzulesen. Alle Fragebögen wurden vorab vom Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur mit der Schulpartner-Vertretung besprochen und abgestimmt.

 

Zu Frage 12:

Wie oben ausgeführt stellt § 2 der 4. BIFIE-Erhebungsverordnung, BGBl. II Nr. 97/2013, die rechtliche Grundlage für die Kontextfragebögen dar. Eine Zustimmungserklärung im Sinn von § 4 Z 14 DSG 2000 ist nur für Datenverwendungen erforderlich, für die keine Rechtsgrundlage besteht. Das Einholen von Zustimmungserklärungen trotz vorhandener Rechtsgrundlage wäre überdies kontraproduktiv. Gemäß der genannten datenschutzrechtlichen Regelung kann eine einmal erteilte Zustimmung jederzeit widerrufen werden. Geschieht dies, erwartet der Betroffene zu Recht, dass seine Daten nicht mehr genutzt werden. Dieser Erwartungshaltung aber kann das BIFIE, das einen rechtlichen Auftrag zur Verwendung der Daten hat, nicht entsprechen.

 

Zu Frage 13:

Seitens des BIFIE wurden die Eltern der betroffenen Kinder vorab über den Ablauf der Standardüberprüfung, die Zielsetzung (und damit auch die Kontextbefragung) informiert. Gleich­zeitig wurde Ihnen seitens des BIFIE eine E-Mail-Adresse sowie eine Telefonnummer für weiterführende Fragen mitgeteilt. An der Hotline wurden ca. 100 Telefonate mit Eltern im Zeitraum März bis Juni 2013 registriert.

Eltern, die Kontakt aufgenommen haben, erhielten konkrete Auskunft. Schreiben bzw. Anfragen, die sowohl an das BIFIE als auch an das Bundesministerium für Unterricht, Kunst und Kultur gerichtet wurden, wurden hinsichtlich ihrer Beantwortung abgestimmt – Kein Schreiben und keine Anfrage blieben unbeantwortet.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

Dr. Claudia Schmied eh.