151/AB XXIV. GP

Eingelangt am 07.01.2009
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0178-I/A/3/2008

Wien, am   5. Jänner 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an meine Amtsvorgängerin gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 188/J der Abgeordneten Mag. Gernot Darmann, Ursula Haubner, Kolleginnen und Kollegen nach den mir vorliegenden Informationen wie folgt:

 

 

Frage 1:

Ja. Die Studie von Weiß u. a. versucht die gesundheitsökonomischen Vorteile des Sports auf der Basis einer Gegenüberstellung von Kosten für Behandlung, Krankenstände und Erwerbsunfähigkeitspensionen bei verschiedenen Erkrankungen und den Kosten von Sportunfällen abzuleiten. Die Grundlage bildeten Risikoabschätzungen aus verschiedenen Interventionsstudien.  Demnach bestünde durch Sportausübung ein Einsparungspotential von etwa 3 % der Gesundheitsausgaben.

 

Die Studie von Helmenstein beschäftigt sich mit dem ökonomischen Nutzen betrieblicher Gesundheitsförderungssysteme und erlaubt zur Frage der ökonomischen Auswirkungen von Sport und Bewegung eigentlich keine eindeutigen Aussagen. 

 

Frage 2:

Der gesundheitspräventive Nutzen von Sport und Bewegung ist ein wesentlicher Bestandteil bei allen gesundheitsfördernden Aktivitäten. Dies wurde und wird etwa beim Arbeitsprogramm des FGÖ (siehe z. B. Schwerpunkte Ernährung und Bewegung oder auch aktuell Herz- Kreislauf), bei den Kooperationen des FGÖ („Fit für Österreich“), aber auch bei der Definition der Förderschwerpunkte des Ressorts berücksichtigt.

 

Frage 3:

Die Einsparungspotentiale sind prozentmäßig nur schwer zu definieren. Allen diesbezüglichen Schätzungen – wie auch den eingangs erwähnten – haften grobe Ungenauigkeiten und nicht quantifizierbare Einflussfaktoren, wie beispielsweise die Multikausalität bei gerade diesen Erkrankungen, die auch im Mittelpunkt der Abschätzungen stehen (wie etwa die Herz-Kreislauferkrankungen), an.

 

Frage 4:

Grundsätzlich kann hier auf die Antwort unter 2. verwiesen werden. Ergänzend wird in diesem Zusammenhang auch auf gemeinsame Aktivitäten mit anderen Ressorts aufmerksam gemacht, die zumindest in Teilbereichen Bewegungsförderung zum Inhalt haben, wie etwa beim Projekt „Gesunde Schule“ mit dem Unterrichtsressort und dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, oder beim „Kinder-Umwelt-Gesundheitsaktionsplan für Österreich“ mit dem Lebensministerium.

 

Initiativen und Maßnahmen zur Förderung von Bewegung und Sport werden aus meiner Sicht im Rahmen der Möglichkeiten unterstützt. Einschlägige Expertise dazu ist sowohl aus dem Bereich der Sozialversicherung als auch anderen öffentlichen Institutionen und der Privatwirtschaft willkommen. So wird etwa in der Sozialversicherung für die Jahre 2009 bis 2013 für den Bereich Gesundheitsförderung und Prävention das Thema „Bewegung“ einen Schwerpunkt darstellen. Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass die Träger der Sozialversicherung bereits gegenwärtig mit einigen Projekten zur Förderung von Sport und Bewegung beitragen.

 

Frage 5:

Bereits derzeit ist „Bewegung“ eines der Maßnahmenfelder der im Rahmen der von der Sozialversicherung angebotenen Gesundheitsförderung und Prävention. Hingewiesen wird etwa auf die Leistungen im Rahmen der dem Sektor der Tertiärprävention zuzurechnenden Rehabilitationsmaßnahmen. Dieser Bereich wurde in den letzten Jahren im Rahmen der ambulanten kardiologischen Rehabilitation um einen wesentlichen gesundheitssportlichen Bestandteil erweitert.

 

Darüber hinaus bieten einzelne Sozialversicherungsträger ihren Versicherten – im speziellen für Risikogruppen – entsprechende Bewegungsangebote an. Das Themenfeld Bewegung findet etwa mit standardisierten Bewegungsangeboten im betrieblichen Setting Eingang. Aber auch mit Initiativen wie „Rücken ohne Tücken“ oder mit dem Projekt „Gesunde Schule“ werden Impulse gesetzt und Anleitungen gegeben, um Bewegung zu fördern und den gesundheitlichen Folgen von Bewegungsmangel entgegen zu wirken.

 

Heute gilt als erwiesen, dass regelmäßige körperliche Aktivität bis ins hohe Alter eine gesundheitsfördernde Wirkung hat bzw. Bewegungsmangel einen zentralen Risikofaktor für verschiedene Krankheiten darstellt. Damit körperliche Aktivitäten einen positiven Gesundheitseffekt haben und als Interventionen im Sinne der Gesundheitsförderung und Prävention aufgefasst werden können, müssen sie gewisse Qualitätskriterien erfüllen. Sportliche Aktivitäten aus den Bereichen Wettkampf- und Leistungssport können zwar auch mehr oder weniger zufällig einzelne Gesundheitsaspekte fördern, sind damit aber noch kein Gesundheitssport. Gleichwohl können Elemente aus diesen Bereichen in Gesundheitssportprogrammen sinnvoll integriert werden

 

Im kürzlich beschlossenen Konzept des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger zur Prioritätensetzung in der Gesundheitsförderung und Prävention für die Jahre 2009 bis 2013 ist daher „Bewegung“ eines der neun Handlungsfelder.

 

Eine „Aufnahme von Bewegungs- und Sportangeboten in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung“ in dem angesprochenen allgemeinen Sinn ist aus ho. Sicht aber weder sinnvoll noch wünschenswert und in der gegenwärtigen finanziellen Lage der Krankenversicherungsträger auch nicht finanzierbar. Bewegung und Sport sind Teil der privaten Lebensführung und sollen aus intrinsischen Motiven einen wichtigen Stellenwert im Leben der einzelnen Personen einnehmen. Sinnvoll ist die Motivation der Menschen zur Ausübung angemessener Bewegung sowie die Förderung entsprechender Strukturen (z.B. der Sportvereine aber auch des Schulsports), nicht jedoch eine generelle Finanzierung von Sportangeboten aus Mitteln der Krankenversicherung, da dies völlig unspezifisch wirkt und lediglich „Mitnahmeeffekte“ hätte. Demgegenüber können präventive Bewegungs- und Sportangebote als gezielte Einzelmaßnahmen mit strukturierten Programmen und Erfolgskontrolle bei entsprechender Qualitätssicherung bereits auf Basis der geltenden Rechtslage durch die Krankenversicherungsträger (mit)finanziert werden (siehe §§ 116, 155 und 156 ASVG). Entsprechende Maßnahmen, wie z.B. Diätcamps für von Adipositas betroffene Kinder, wurden und werden von den Versicherungsträgern schon gesetzt.

 

Aus ho. Sicht sind die gegebenen Rechtsgrundlagen ausreichend und geeignet, durch entsprechende Entwicklung und/oder Ausbau maßgeschneiderter Angebote die Aufgabenstellung der gesetzlichen Krankenversicherung zu erfüllen.

 

Frage 6:

Der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger hat hiezu folgendes mitgeteilt:

 

Solche Kontakte hat es mehrfach gegeben, allerdings wird darüber nicht in einer formellen Form so Buch geführt, dass die erwünschten Angaben im gegebenen Zeitrahmen verfügbar wären.

 

Im Rahmen des Kooperationsprojektes „gesunde Schule“ – ein Projekt des Bildungsministeriums, des Gesundheitsministeriums und dem Hauptverband wurde auch das Thema Bewegung diskutiert. Im Zuge dessen wurde auch die Kooperation mit dem zuständigen Staatssekretär forciert. aufgrund der Regierungsumbildung kam es hierbei zu personellen und institutionellen Änderungen. Wir sind bestrebt bestehende Kooperationen weiter zu verfolgen und neue aufzubauen.

 

Der Hauptverband ist mit den Sozialversicherungsträgern in Kontakt getreten, eine Projektgruppe zur „Produktentwicklung“ wurde installiert, um die erforderlichen Arbeitsvorgänge systematisch und qualitätsorientiert abzuwickeln. auf der operativen Ebene waren BGF-Verantwortliche einzelner Sozialversicherungsträger in die Entwicklung einbezogen. Öffentlichkeitsarbeit für die „Bewegungsprodukte MitarbeiterInnen bewegen MitarbeiterInnen und Gestalten und Bewegen“ wurde auf breiterer Ebene betrieben, sodass möglichst viele Betriebe über diese SV-Angebote informiert wurden.“

 

Frage 7:

Bewegung und Sport stellen eine Querschnittsmaterie dar, die ressortübergreifend ist. Eine Zusammenarbeit hinsichtlich der Förderung von Bewegung und Sport zugunsten der Gesundheit ist mit folgenden Ressorts denkbar bzw. bereits Realität:

 

BM für Landesverteidigung (Sportagenden)

BM für Wirtschaft und Arbeit (Arbeitsmarkt)

BM für Unterricht, Kunst und Kultur (Bewegungsförderung in Bildungseinrichtungen inklusive PflichtschullehrerInnenausbildung)

BM für Wissenschaft und Forschung (Universitäre Ausbildung sowie wissenschaftliche Studien)

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Umwelt und Gesundheit)

BM für Finanzen (Finanzierung)

BMVIT (Infrastrukturmaßnahmen)

 

Frage 8:

Ja.

 

Frage 9:

In den Jahren 2005-2007 gab es eine Kooperation zwischen dem FGÖ und „Fit für Österreich“ welche die Förderung der Gesundheit durch Bewegung zum Ziel hatte. Diese Kooperation sah vor, Projekte, welche durch die Sportdachverbände ASKÖ, ASVÖ und Sportunion beim FGÖ beantragt und gefördert wurden, zu je 50% aus Mitteln der beiden Kooperationspartner (FGÖ und BKA Sport) zu finanzieren.

 

Durch diese Kooperation konnten 20 Projekte mit einer Gesamtfördersumme von rund 2.8 Mio. Euro gefördert werden. Durch Kooperationen im Bereich der Fortbildungen konnte auch die Qualität dieser Projekte im Sinne der Gesundheitsförderung gesteigert werden. Der Kooperationsvertrag ist 2008 ausgelaufen. Projekte werden seither regulär beim FGÖ eingereicht und nach seinen Förderkriterien bewertet und gefördert. Alleine im Jahr 2008 wurden weitere 4 Projekte eingereicht. An einer verstärkten Zusammenarbeit mit „Fit für Österreich“ wird auch im Rahmen der FGÖ Initiative„Mein Herz und ich. Gemeinsam gesund“ festgehalten.

 


Frage 10:

Mit der Auswahl des Schwerpunktthemas „Herz-Kreislauf-Gesundheit“ setzt der FGÖ derzeit einen erheblichen Schwerpunkt auf Gesundheitsförderung durch Bewegung. Das österreichweite Programm „Mein Herz und ich. Gemeinsam Gesund“ trägt zu einer Sensibilisierung für das Thema Bewegung als gesundheitsförderliche Maßnahme bei und soll durch die Zusammenarbeit und Kooperation mit kompetenten Ansprechpartnern die Rahmenbedingungen für mehr Bewegung schaffen. Diese Kooperation soll weiter ausgebaut werden.

 

Frage 11:

Auf Grund der derzeit meinem Ressort zur Verfügung stehenden finanziellen und personellen Ressourcen ist keine weitere Steigerung der Aktivitäten denkbar.

 

Frage 12:

Aus Sicht meines Ressorts ist diese Frage zu verneinen. Das österreichische Sozialversicherungssystem beruht auf dem Prinzip der Solidarität. Dies bedeutet konkret im Bereich der sozialen Krankenversicherung, dass durch das gesetzliche Modell der Pflichtversicherung ein Ausgleich zwischen Kranken und Gesunden, zwischen Jungen und Alten, zwischen Armen und Reichen, zwischen Kinderlosen und Unterhaltsverpflichteten sowie zwischen Erwerbstätigen und PensionistInnen erfolgt und eine Selektion der Versicherten bzw. Anspruchsberechtigten nach ihrem jeweiligen Gesundheitszustand bzw. Krankheitsrisiko ausgeschlossen ist. Dieses Solidaritätsprinzip würde sowohl durch immer wieder zur Diskussion gestellte Malussysteme (z.B. für Risikosportarten oder für unterschiedliche Formen ungesunden Lebensstils) wie auch durch Bonussysteme unterlaufen.

 

Ein Bonussystem würde jedenfalls von all jenen ernsthaft Erkrankten, die kein Verschulden an ihrem schlechten Gesundheitszustand trifft, weil sie beispielsweise durch erbliche Disposition belastet sind, zweifellos als ungerecht und unsozial empfunden werden, weil diese Personen nicht in den Genuss einer Bonifikation kommen könnten. Weiters gilt es zu bedenken, dass die den Gesunden gewährten Beitragsvorteile das gesamte Finanzvolumen der Versichertengemeinschaft schmälern und somit durch zusätzliche Mittel aller Versicherten kompensiert werden müssten, zumal nicht anzunehmen ist, dass ein solches Bonussystem den Leistungsaufwand im selben Umfang sinken ließe, weil ja viele in den Genuss einer Bonifikation gelangenden Versicherten ohnedies aus intrinsischen Motiven gesundheitsbewusst leben und der finanziellen Anreize nicht bedürften („Mitnahmeeffekt“). Dort, wo aber das Bonussystem in der Weise wirksam wird, dass aus finanziellen Erwägungen zwecks Erlangung eines Bonus auf medizinische Leistungen verzichtet wird, könnte sich dies allenfalls als negativer Lenkungseffekt mit langfristig schädlichen Auswirkungen erweisen, weil etwa die rechtzeitige Diagnose und Behandlung einer Krankheit unterblieben ist. Ein Bonussystem, das all die skizzierten Umstände berücksichtigt und unerwünschte Lenkungseffekte hintan hält, müsste sehr differenziert ausgestaltet sein, was zu einem erheblichen Verwaltungsaufwand mit entsprechenden Administrationskosten führen würde, zumal bereits die legistisch einwandfreie Definition eines „gesunden Lebensstils“ als Anknüpfungspunkt allfälliger Bonifikationen erhebliche Probleme bereitet.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Alois Stöger dipl.

Bundesminister