152/AB XXIV. GP

Eingelangt am 07.01.2009
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BM für Gesundheit, Familie und Jugend

Anfragebeantwortung

 

 

Frau

Präsidentin des Nationalrates

Maga. Barbara Prammer

Parlament

1017 Wien

 

 

 

GZ: BMGFJ-11001/0184-I/5/2008

Wien, am   5. Jänner 2009

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

 

Ich beantworte die an meine Amtsvorgängerin gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 205/J der Abgeordneten Dr. Belakowitsch-Jenewein und weiterer Abgeordneter wie folgt:

 

Einleitend ist festzuhalten, dass meine Amtsvorgängerin zu parlamentarischen Anfragen zum Thema „Missbrauch der e-card“ und zur tatsächlichen (geringen) Zahl der bekannten Missbrauchsfälle unter Heranziehung von dazu eingeholten Informationen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger ausführlich Stellung genommen hat. An den dort festgestellten Tatsachen hat sich nichts geändert. Insbesondere ist nicht bekannt geworden, dass die ärztliche Standesvertretung nunmehr vorbehaltlos bereit wäre, e-cards mit Fotos auch tatsächlich durch ihre Mitglieder kontrollieren zu lassen. Fotos auf der e-card sind allerdings grundsätzlich nur dann sinnvoll, wenn sie auch lückenlos kontrolliert werden.

 

Zu den einzelnen Fragen führe ich unter Zugrundelegung der mir dazu vorliegenden Informationen des Hauptverbandes Folgendes aus:

 

Frage 1:

Die Anforderungen an die neue e-card-Generation wurden in einer Projektgruppe der SV-Chipkarten Betriebs- und Errichtungsgesellschaft m. b. H. erarbeitet, die mit Beschluss des Verbandsvorstandes von 19. September 2007 mit der Konzeption der nächsten e-card-Generation und der Durchführung des Vergabeverfahrens beauftragt wurde. In Abstimmungsrunden wurde u. a. die ARGE ELGA eingebunden, welche keine neuen Anforderungen an die e-card hatte, sowie das Bundeskanzleramt im Zusammenhang mit der Aktivierung der Bürgerkartenfunktion.

 

Mit der Frage der Aufbringung eines Fotos auf der e-card wurde der beratende Ausschuss „Krankenversicherung und Prävention“ des Hauptverbandes (§ 441f Abs. 3 ASVG) am 7. April 2008 befasst.

In den Unterlagen für das Vergabeverfahren über die Lieferung der neuen Karten wurde eine Option „Einführung eines neuen Kartentyps „e-card mit Foto“ vorgesehen, um jenen Teil der Kosten, der rein produktionstechnischer Natur ist, eruieren zu können.

 

Die Kennzeichnung der e-card der neuen Generation mit einem Kennzeichen in Braille-Schrift („taktiler Identifier“) wurde in der Sitzung des Verbandsvorstandes des Hauptverbandes am 17. Dezember 2008 beschlossen.

 

Zu den Änderungen gegenüber der bisherigen Kartengeneration:

Die meisten Aktualisierungen waren technisch bedingt, die erforderlich waren, um die Karte nach dem aktuellen Stand der Technik („state of the art“) zur Verfügung zu stellen. Die e-card wurde mit folgenden neuen bzw. geänderten fachlichen bzw. technischen Anforderungen ausgeschrieben:

 

·       Die Kryptografie- und Hashalgorithmen wurden auf einen neuen Stand gebracht.

·       Für die Anwendungen der Bürgerkarte (gewöhnliche Signatur, qualifizierte Signatur, Infoboxen) wurden die Erkenntnisse aus den letzten 3 Jahren Betrieb und die Erkenntnisse des beteiligten Unternehmens berücksichtigt, um die Anwendungen benutzerfreundlicher und flexibler zu machen.

·       Der EKVK (Europäische Krankenversicherungskarte) -Datensatz wurde mangels Normierungen ergänzt, aber nicht wesentlich geändert.

·       Der Prozess zur Personalisierung der Karte (Aufbringen der individuellen Karteninhaberdaten) wurde leicht geändert, damit er schneller und damit kostengünstiger durchgeführt werden kann.

·       Weiters wurde in Form von beauftragbaren Optionen gefordert, dass

o     eine taktile (tastbare) Kennzeichnung der e-card in Braille-Schrift durchgeführt werden kann (der Auftrag für diese Funktion wurde mittlerweile erteilt)

o     ein schwarz-weiss Foto auf der e-card aufgedruckt (aufgelasert) werden kann und

o     zur Ordinationskarte ein weiterer Administrations-Kartentyp eingeführt werden kann.

 

Frage 2:

Die Erhöhung der Missbrauchssicherheit wird durch die genannten verbesserten Sicherheitskriterien und durch begleitende Maßnahmen so vorgenommen werden, dass ein Ansteigen des bisher ohnedies geringen Missbrauchspotentials verhindert wird und Maßnahmen gegen erkennbare Missbrauchsansätze getroffen werden. Grundsätzliche Linie ist es, die PatientInnenen und Ärzte/Ärztinnen bzw. Behandlungsstellen mit Missbrauchsbekämpfungs-maßnahmen eher nicht zu belasten, aber im Hintergrund alle Möglichkeiten auszuschöpfen, welche das tagfertig, sehr exakt und höchst ausfallsicher arbeitende e-card-System in solchen Zusammenhängen bietet. Hier sind im Vergleich zum früheren Krankenscheinsystem wesentlich bessere Ansatzpunkte für begleitende Kontrollen etc. vorhanden.

 

Frage 3:

Das Vergabeverfahren wurde am 26. Juni 2008 durch Absendung der Bekanntmachung nach § 46 Abs. 1 Z 1 Bundesvergabegesetz (BVergG 2006) an das Amt für amtliche Veröffentlichungen der Europäischen Gemeinschaften eingeleitet. Das Vergabeverfahren wurde als offenes Verfahren durchgeführt (EU-Do­ku­men­ten­num­mer 2008/S 125-166564).

Zum Ende der Angebotsfrist (18. August 2008) wurden vier Angebote gelegt.

 

Frage 4:

Die Ausschreibung umfasst insgesamt 769 Anforderungen, woraus ersichtlich ist, dass diese im Rahmen der Beantwortung der gegenständlichen Anfrage nicht im Detail dargestellt werden können. Hinsichtlich der neuen/geänderten Anforderungen verweise ich auf die Beantwortung der Frage 1. Die für Kartensysteme üblichen Anforderungen waren insbesondere:

o     Haltbarkeit für 8 Jahre und entsprechende Gewährleistungsregelungen für diesen Zeitraum;

o     Anforderungen an das Betriebssystem (Kommandos, Kryptografiealgorithmen, Performance, etc.);

o     Anforderungen an freien Speicher auf der Karte zum Nachladen weiterer Datenstrukturen;

o     Anforderungen an die Sicherheit und Zertifizierung, Anforderung an die Anwendung qualifizierte Signatur;

o     fachliche Anforderungen aus dem Anwendungsbereich (SV, Bürgerkarte).

 

Der bewertungsrelevante Gesamtpreis des siegreichen Angebotes hat 22.666.106,75 € betragen.

 

Zu den Fragen hinsichtlich der Form und Kosten, mit der die einzelnen Bieter die Anforderungen umgesetzt hätten, verweist der Hauptverband auf § 23 Bundesvergabegesetz 2006, wonach „Auftraggeber, Bewerber und Bieter … den vertraulichen Charakter aller den Auftraggeber als auch die Bewerber und Bieter und deren Unterlagen betreffenden Angeben zu wahren haben.“

 

Frage 5:

Die Option „Foto auf der e-card“ war verpflichtend anzubieten und wurde von allen Bietern angeboten.

Die beim siegreichen Angebot zusätzlichen Kosten für ein Foto auf der e-card betragen einmalig ca. 151.000 €, die Kartenkosten je ausgestellter Karte erhöhen sich zusätzlich um 0,23 € - wohlgemerkt: dies alles, wenn die Fotos bereits für die Kartenproduktion zur Verfügung stehen.

 

Frage 6:

Ja. Das Vergabeverfahren wurde am 2. Oktober 2008 durch Zuschlagserteilung an die Giesecke & Devrient GmbH beendet. Der Zuschlagserteilung ist eine vierzehntägige Stillhaltefrist nach § 132 Bundesvergabegesetz 2006 vorangegangen, während derer die unterlegenen Bieter die Möglichkeit gehabt hätten, die Zuschlagsentscheidung durch das Bundesvergabeamt überprüfen zu lassen. Ein Nachprüfungsverfahren beim Bundesvergabeamt wurde weder beantragt noch eingeleitet.

 

Die Kosten pro e-card betragen 1,95 € inkl. Personalisierung, Begleitbrieferstellung (Lettershop) und Versandkosten, ohne Optionen und Einmalkosten, was einer Reduktion der Kartenkosten um ca. die Hälfte gleichkommt.

 

Hinsichtlich der Änderungen verweise ich auf die Ausführungen zu Frage 1.

 

Frage 7:

Derzeit ist keine Ausstellung von e-cards mit Fotos vorgesehen.

Die produktionsseitige Vorlaufzeit für ein Foto auf der e-card liegt bei neun Monaten ab Beauftragung der Option. Wie lange die zusätzliche Vorlaufzeit für die Beistellung der Fotos dauern würde, kann aus derzeitiger Sicht weder vom Hauptverband noch von mir beurteilt werden.

                                                                                                                   Frage 8:

Die ausgegebenen Karten haben eine technisch geforderte Haltbarkeit von acht Jahren. Das bedeutet allerdings nicht, dass die Karten nach acht Jahren jedenfalls defekt würden, je nach Verwendungshäufigkeit und Aufbewahrung werden sie noch länger halten. Auch fachlich gesehen gibt es keine Limitierung der Gültigkeit der e-card im Inland, da diese in der e-card-Systemzentrale jederzeit gesperrt werden können.

 

Allerdings hat die Europäische Krankenversicherungskarte (EKVK) auf der Rückseite ein Ablaufdatum, d. h. die Karte könnte zwar im Inland, aber nicht im EU-Bereich verwendet werden. Das ist eines der Sicherheitskriterien der Karte. Bei Verzögerungen müssten entweder eine getrennte EKVK ausgegeben oder weiterhin die heute in Verwendung stehenden Karten ausgegeben werden. Es ist auch die Möglichkeit eines EKVK-Ersatzbeleges denkbar. Da diese Vorgänge keine allzu großen Vorlaufzeiten benötigen (die EKVK ist keine Chipkarte), kann hier kurzfristig reagiert werden, sollte es tatsächlich zu Schwierigkeiten bei der Einführung der neuen Kartengeneration kommen. Dafür sind derzeit keine Anzeichen erkennbar.

 

Die Eignung der bisher verwendeten Chipkarten für die Nutzung als Bürgerkarte wird aufgrund der eingesetzten Hash- und Kryptographiealgorithmen

voraussichtlich in den nächsten Jahren ablaufen, was die Dauer der Verwendbarkeit als Signaturkarte einschränken würde. Ob und welche Folgerungen dies hat, hängt von den Vorgaben des Signaturrechts ab, berührt jedoch den Anspruch auf Versicherungsleistungen der Sozialversicherung nicht.

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Alois Stöger dipl.

Bundesminister