15220/AB XXIV. GP
Eingelangt am 10.09.2013
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Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
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An die Präsidentin des Nationalrats Maga Barbara PRAMMER Parlament 1017 W i e n |
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GZ: BKA-353.110/0168-I/4/2013 |
Wien, am 10. September 2013 |
Sehr geehrte Frau Präsidentin!
Die Abgeordneten zum Nationalrat DI Dr. Pirklhuber, Freundinnen und Freunde haben am 11. Juli 2013 unter der Nr. 15557/J an mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend Missstände bei der Förderungsabwicklung bei EU-Regionalentwicklungs-Programmen gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1 und 2:
Ø Sind Ihnen die in der Anfragebegründung skizzierten Missstände bei FLC, ausgelagerten Controllingaufgaben, Zahlungsabwicklung und Vertragstreue bei der Abwicklung von EU-Regionalprogrammen, hier insbesondere „Alpine Space“ und „Central Europe“, bekannt?
Ø Wenn ja, wie erklären Sie diese Missstände im Einzelnen?
Dem Bundeskanzleramt (BKA) ist bekannt, dass bei den durchschnittlichen Durchlaufzeiten von der Einreichung der Unterlagen bis zur Rückerstattung aus EFRE-Mitteln für die genannten Programme an die Begünstigten noch Potenzial zur Verkürzung besteht.
Für die Durchlaufzeiten sind nach den dem BKA vorliegenden Informationen mehrere Faktoren ausschlaggebend. Zum einen ist die Komplexität der Abwicklung von EU-Programmen für die Regionalentwicklung gestiegen und es werden erhöhte rechtliche und technisch-administrative Anforderungen an die förderwerbenden Projektträger gestellt. Zum anderen trägt die Vielzahl von beteiligten Akteuren bzw. nationalen Dienststellen bei der Abwicklung der Europäischen Kooperationsprogramme mit dazu bei, dass die Prozesse noch Optimierungsbedarf aufweisen.
Zu Frage 3:
Ø Welcher Mehrwert für die Qualität der Programmabwicklung und die Qualität der Programmergebnisse ist insbesondere damit verbunden, mit wichtigen Aufgaben im Rahmen dieser Abwicklung Anlern-Personal bei Mainstream-Beraterfirmen zu befassen, dem dann regelhaft die Projektabwickelnden unter die Arme greifen müssen, ohne dass dies sich in ihrem Projektbudget niederschlagen würde?
Das BKA bedient sich – wie auch andere Bundes- und Landesstellen – für die Prüfung im Rahmen der „First Level Control“ externer Wirtschaftsprüfer. Diese sind vertraglich verpflichtet, für diese Tätigkeit entsprechend qualifiziertes Personal einzusetzen. Das BKA führt Qualitätskontrollen über die von den externen Kanzleien erbrachten Leistungen durch. Diese Überprüfungen zeigen durchwegs gute Qualität.
Zu Frage 4:
Ø Welche kurzfristigen Gegenmaßnahmen mit dem Ziel
spürbarer Verbesserungen in der noch laufenden Programmperiode
a) haben Sie bereits gesetzt,
b) werden Sie bis wann setzen?
Das BKA finanziert für die gezielte Unterstützung und Beratung der österreichischen Projektträger bei der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) eine Nationale Kontaktstelle für die transnationalen ETZ-Programme und Netzwerkprogramme der EU (NCP). Projektträger können bei offenen Fragen die transnationalen Programmsekretariate sowie die Nationale Kontaktstelle bei der ÖROK konsultieren. Weiters werden von den Programmsekretariaten regelmäßig Seminare für Projektträger organisiert. Das BKA bietet an der Verwaltungsakademie Seminare zum Thema „EFRE-Prüfung von Projekten“ für FLC-PrüferInnen an.
Zu Frage 5:
Ø Welche grundsätzlichen Gegenmaßnahmen im Hinblick auf die bevorstehende neue Programmperiode
a) haben Sie bereits gesetzt,
b) werden Sie bis wann setzen?
Für die FLC-Aufgaben der Programmperiode 2014-2020 sind unter den programmbeteiligten Stellen des Bundes und der Länder im Lichte der laufenden Periode erst die entsprechenden Entscheidungen herbeizuführen.
Schwerpunkte für Verbesserungsmaßnahmen sind nach Einschätzung des BKA in einer intensivierten Projektträgerberatung zu sehen; weiters in einer Gesamtbetrachtung der Verantwortungskette und in Anreizen zu vertragskonformen Verhalten aller Systembeteiligten, beginnend bei den Projektträgern bis zu den auszahlenden Stellen mit dem Ziel einer kohärenten Prüfkultur.
Zu Frage 6:
Ø Welcher Anteil der Programmbudgets der genannten Programme
wird insgesamt bzw. in Österreich
a) für FLC inkl. ausgelagerten Controlling-Aufgaben (bitte Aufgliederung),
b) für die jeweiligen Programmsekretariate aufgewendet?
Zum finanziellen Gesamtaufwand für die FLC-Aufgaben und dem Programmsekretariaten liegen dem BKA keine detaillierten Daten vor.
Zu Frage 7:
Ø Ist Ihnen bewusst, dass nach dem erst kürzlich aktualisierten EU-rechtlich basierten Zahlungsverzugsgesetz Österreichs Zahlungsfristen der Öffentlichen Hand von in der Regel 30 Tagen, keinesfalls aber mehr als 60 Tagen, vorgesehen sind?
Im vorliegenden Fall ist das BKA vom Zahlungsvollzug nicht berührt, da die Auszahlung der EU-Strukturfondsmittel an die Begünstigten (nach Ausstellung des Prüfzertifikats) den Verwaltungsbehörden der jeweiligen Programme bzw. der damit beauftragten kontoführenden Stellen und in weiterer Folge dem LEAD-Partner (LP) des Gesamtprojektes. Der LEAD-Partner leitet diese Mittel für ihren jeweiligen Projektanteil an die projektbeteiligten Partner (Begünstigte) weiter.
Zu Frage 8:
Ø Ist Ihnen bewusst, dass Zahlungsverzögerungen der Öffentlichen Hand gegenüber Projektträgern aus dem NGO-, Vereins- und EPU-Spektrum von 12 bis 18 Monaten selbst hinter dem ansonsten gern kritisierten Zahlungsmoral-Niveau von Staaten wie Italien weit zurück bleiben?
Die Auszahlung der Strukturfondsmittel an die Begünstigten nach Ausstellung des Prüfzertifikats, der einen Zahlungstitel begründet, obliegt nicht dem BKA, sondern den Verwaltungsbehörden der jeweiligen Programme bzw. der damit beauftragten kontoführenden Stellen. Zu Zahlungszielen und Zahlungsverzögerungen aus EFRE-Mitteln liegen dem BKA keine internationalen Vergleichsdaten vor.
Zu Frage 9:
Ø Ist Ihnen bewusst, dass Zahlungsverzögerungen der Öffentlichen Hand gegenüber Projektträgern aus dem NGO-, Vereins- und EPU-Spektrum von 12 bis 18 Monaten aufgrund der begrenzten Möglichkeiten dieser Projektträger zur Vor- und Zwischenfinanzierung dazu geeignet sind, diese Projektträger mittelbar von der Programmteilnahme auszuschließen und damit zu diskriminieren?
Auch das BKA ist an einer Beteiligung von Projektträgern aus dem NGO- und Vereinsspektrum an den ETZ-Kooperationsprogrammen und an der Beseitigung von Hürden, die eine Programmbeteiligung erschweren, interessiert. Wie aber die Praxis zeigt, sind Projektträger unabhängig ihrer Größe unter den gegebenen Bedingungen durchaus in der Lage, die komplexen Anforderungen bzw. die EU- und nationalen Rechtsvorschriften sowie auch die technisch-administrativen Qualitätsanforderungen für die Projektabrechnung und -prüfung zu erfüllen.
Zu Frage 10:
Ø Ist Ihnen bewusst, dass diese Situation umgekehrt den Konzernen und Großinstitutionen der Beratungs- und Angewandten Forschungsszene einen massiven Konkurrenzvorteil verschafft?
Diese Feststellung kann anhand der Ergebnisse der vom BKA durchgeführten Projektprüfungen nicht nachvollzogen werden.
Zu Frage 11:
Ø Ist die strukturelle Bevorzugung innerstaatlicher, aber auch internationaler Konzerne und Großinstitutionen der Beratungs- und Angewandten Forschungsszene beim Zugang zu EU-Geldern bewusstes Ziel Ihrer Politik? Wenn ja warum?
Nein. (Siehe auch Beantwortung zu Frage 9.)
Mit freundlichen Grüßen